Protocol of the Session on June 13, 2012

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/4457 ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Mehr Transparenz über Sponsoring in Hamburg – Drs 20/4457 –]

Die Drucksache 20/4317 möchten die Fraktionen der SPD und der FDP an den Haushaltsausschuss überweisen. Die FDP hat beantragt, auch den Zusatzantrag an den Haushaltsausschuss zu überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Möller, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben zwar interfraktionell ein

(Senator Ties Rabe)

wunderbares Transparenzgesetz verabschiedet, bleiben aber bei einem ähnlichen Thema, nämlich der Berichterstattung über Sponsoring und Spenden, die diese Stadt erreichen, weit zurück. Wir bleiben hinter dem Bund zurück, wir bleiben hinter Bayern zurück. Niedersachen, NRW, Thüringen und Bremen sind viel weiter als wir. Dort gibt es Sponsoringberichte, und dort gibt es eine Untergrenze von Sponsoring, die auch in dieser Stadt dringend notwendig ist. Worum geht es? Privates Geld, private Sachspenden, private Dienstleistungen finanzieren öffentliches Handeln. Das ist eine heikle Schnittstelle, weil wirtschaftliches Handeln direkt mit behördlichem Handeln in Zusammenhang steht und behördliches Handeln politisch gesteuert wird.

Im Jahr 2004 hat man sich zum ersten Mal bundesweit auf Grundsätze verständigt. Hamburg hat seit 2007 eine Rahmenrichtlinie. Was heißt das aber konkret? Der Nutzen liegt auf beiden Seiten. Die chronisch knappe Kasse des Staates wird entlastet, und bei Privatleuten und Firmen gibt es viele Motive, die Verwaltung zu unterstützen; ich will zwei Beispiele nennen.

Wir haben eine Überweisung dieses Berichts beantragt. Da es für den späteren Abend andere Interessen gibt, will ich nur an zwei Beispielen deutlich machen, warum es so wichtig ist, dass wir in Hamburg unsere Position verändern. Das eine Beispiel betrifft die private Finanzierung eines E-Government-Projekts durch Firmen. Der sogenannte elektronische Aufgrabeschein, den man jetzt für alle Baumaßnahmen im Straßenraum braucht, ist von Vattenfall, HAMBURG WASSER und HAMBURG NETZ GmbH gesponsert. Das Interesse liegt auf der Hand, aber warum wissen wir überhaupt davon? Wir wissen lediglich aufgrund der Höhe dieser Mittel davon, es sind nämlich 250 000 Euro geflossen. Erst ab 50 000 Euro veröffentlicht die Finanzbehörde Einnahmen durch Sponsoring und Spenden. Das ist ein weitaus höherer Betrag als in allen anderen Bundesländern.

Das zweite Beispiel. Das Bundesverbraucherschutzministerium hat sich im Jahr 2011 von der Drogeriekette "dm" eine Anzeigenkampagne in der "Bild"-Zeitung mit 340 000 Euro sponsern lassen, graphisch so aufbereitet, dass der Bundesadler fast unmittelbar in der "dm"-Werbeanzeige integriert war. Das ist von wissenschaftlicher Seite massiv kritisiert worden. Es ist verfassungswidrig und erweckt zumindest den bösen Anschein, dass hier die Unabhängigkeit aufs Spiel gesetzt wird. Der Bund hat darauf reagiert; er ist sehr transparent. Im Bericht 2011 werden 700 Einzelzuwendungen aufgelistet, deren Finanzierungshöhe in Hamburg lediglich zu einer Auflistung von 102 dieser Spenden führen würde. Das macht vielleicht deutlich, warum es dringend notwendig ist, von einer Beliebigkeit der Finanzbehörde wegzukommen. Spenden, die höher als 10 000 Euro sind, müssen

von den Behörden an die Finanzbehörde gemeldet werden. Das erreicht aber nicht das Parlament, das erreicht nicht die Öffentlichkeit, erst Spenden ab 50 000 Euro können öffentlich bewertet werden, und das reicht nicht aus. Der Bund veröffentlicht ab 5000 Euro, Thüringen ab 2500 Euro, Bayern ab 1000 Euro. Wir müssen uns dieser Summe nähern, halten aus unserer Sicht aber eine Wertuntergrenze von 500 Euro für dringend notwendig. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, die Beitragspflicht erst bei 10 000 Euro oder noch höher beginnen zu lassen.

(Beifall bei der GAL)

Um es gleich deutlich zu sagen: Die Umsetzung des Transparenzgesetzes wird noch ein bisschen dauern. Wir wollen jetzt von diesen Wertobergrenzen herunter, und ich hoffe, dass wir im Ausschuss zu einem Einvernehmen kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Herr Dr. Petersen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Möller, Transparenz im Sponsoring ist ein wichtiges Thema. Dass es dazu unterschiedliche Ansätze gibt, zeigen Ihre beiden Anträge. Wir werden diese beiden Anträge im Ausschuss diskutieren, und auf diese Diskussionen freue ich mich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der LIN- KEN)

Herr Heintze, Sie haben das Wort.

Sponsoring ist wichtig, Transparenz auch. Bei Letzterem hat der Senat Nachholbedarf. Meinetwegen können wir auch mit der FDP noch über die Höhe diskutieren. Wir schließen uns der Überweisung an. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der GAL)

Herr Bläsing, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles wurde schon gesagt.

(Beifall und Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich möchte nur noch zwei kurze Gedanken dazu anbringen. Sponsoring ist per se nichts Unanständiges und wir sollten uns davor hüten, die Firmen,

(Antje Möller)

die sich zu Sponsoring entschließen, unter Generalverdacht zu stellen.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

Aber da die Firmen tatsächlich kein Interesse daran haben dürften, unter Generalverdacht zu stehen, sollte es auch in Ihrem Interesse sein, Transparenz herzustellen. Insofern begrüßen wir die Initiative der GAL-Fraktion ausdrücklich. In unserem Zusatzantrag geht es nur noch um die Höhe des veröffentlichungspflichtigen Betrags. Wenn wir eine Angleichung an die Bundesregelung wollen, dann halten wir die Regelung bezüglich der Höhe für übernehmenswürdig. Bei einer Bagatellgrenze von 500 Euro – darüber können wir im Ausschuss noch ausführlicher diskutieren – sehen wir allerdings die Gefahr, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.

Einen Gedanken möchte ich noch anbringen. Vielleicht könnten wir bei der Gelegenheit auch über das Sponsoring der öffentlichen Unternehmen reden. Dazu haben wir zwar keinen Antrag gestellt, aber ich hatte einmal eine Schriftliche Kleine Anfrage eingereicht, die Drucksache 20/1242. So kam unter anderem heraus, dass HAMBURG ENERGIE zum "Fest zum Protest" ein Castor-Blockade-Training finanziert hat. Vielleicht sollten wir uns auch einmal ansehen, was die öffentlichen Unternehmen in Hamburg sponsern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

Frau Sudmann, Sie haben das Wort.

Die Aussage, dass Sponsoring per se nichts Unanständiges ist, Herr Bläsing, muss die FDP in Bezug auf Mövenpick noch einmal genauer überdenken. Leider habe ich vergessen, Herrn Petersen zu sagen, dass er ausnahmsweise auch für uns sprechen darf. Wir schließen uns der Überweisung gern an.

(Beifall bei allen Fraktionen – Dirk Kien- scherf SPD: Sehr gut!)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/4317 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig überwiesen.

Wer möchte außerdem die Drucksache 20/4457 an den Haushaltsausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieses Überweisungsbegehren einstimmig so beschlossen.

Dann rufe ich den Punkt 59 auf, das ist die Drucksache 20/4322, Antrag der FDP-Fraktion: Schaffung eines Stiftungslehrstuhls für frühkindliche Entwicklung und Bildung.

[Antrag der FDP-Fraktion: Schaffung eines Stiftungslehrstuhls für frühkindliche Entwicklung und Bildung – Drs 20/4322 –]

Diese Drucksache möchte die FDP-Fraktion federführend an den Wissenschaftsausschuss sowie mitberatend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Ritter, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! "Großer Stress für kleine Kinder" oder: "Kinderkrippen machen schlau und reich" – so titeln zwei große Zeitungen und fassen damit aktuelle Studien zum Thema Krippenbetreuung zusammen. Die Liste ließe sich ohne Ende fortsetzen.

(Zurufe aus dem Plenum)

Die beiden Zitate lesen Sie nicht auf meiner Homepage.

Alle Studien haben aber eines gemeinsam. Es sind keine deutschen Studien und sie sind auch nicht übertragbar auf Deutschland.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Das Thema frühkindliche Bildung und Betreuung führt an deutschen Hochschulen ein Schattendasein. Zwar kommt langsam Bewegung in die Hochschullandschaft, immer mehr Studiengänge entstehen, das Angebot ist aber insgesamt immer noch zu gering. Nehmen wir zum Beispiel den BachelorStudiengang "Bildung und Erziehung in der Kindheit" an der HAW. Das ist natürlich als tolles Projekt zu bezeichnen, aber es gibt zehnmal so viele Bewerber wie Studienplätze. Deshalb fordern wir die Einrichtung eines Lehrstuhls in Hamburg. Das Thema ist aktueller denn je; Rechtsansprüche ab 2012 für Zweijährige und 2013 für Einjährige. Jeden Tag ist dieses Thema mittlerweile in der Berichterstattung der Medien präsent. Auch wenn weiterhin hier und da ideologische Grabenkämpfe um die Richtigkeit frühkindlicher Bildung entstehen – die entscheidende Frage ist doch längst nicht mehr ob, sondern wie wir frühkindliche Bildung organisieren. Die Debatte konzentriert sich überwiegend auf die Quantität, also auf die fehlenden Plätze, aber Plätze allein bringen nichts. Wir brauchen qualifiziertes Personal, um die frühkindliche Bildung ordentlich zu organisieren. Im Jahr 2009 gab

(Robert Bläsing)

es eine große Umfrage unter Erzieherinnen und Erziehern. Das Ergebnis war, dass sich fast zwei Drittel ungenügend auf den Umgang mit Krippenkindern vorbereitet fühlen. Gleichzeitig werden immer höhere Anforderungen an die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher gestellt. Die Experten fordern daher einen Personalmix in Kitas, auch und vor allem mehr akademisch ausgebildete Fachkräfte.

Unser Antrag auf Einrichtung eines Lehrstuhls für frühkindliche Bildung und Entwicklung soll ein Beitrag zur besseren Ausbildung sein, eine wissenschaftliche Begleitung des Krippenausbaus beziehungsweise der Anforderungen an die moderne Ausbildung. Gleichwohl achten wir als FDP-Fraktion natürlich die Hochschulautonomie und plädieren deshalb für die Einrichtung eines Stiftungslehrstuhls. Ich habe vernommen, dass die SPD diesen Antrag an den Wissenschaftsausschuss überweisen will. Daher freue ich mich auf die Diskussion im Wissenschaftsausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)