Wenn man die Zahlen Hamburgs mit den anderen Bundesländern vergleicht, fällt schon auf, dass Hamburg an der einen oder anderen Stelle prozentual, was das Abrufen des Geldes angeht, darüber liegt. Aber ich erinnere mich daran, dass wir vor circa eineinhalb Jahren, als das Paket eingeführt wurde, über ein sehr niedrigschwelliges und unbürokratisches Verfahren gesprochen haben in der Hoffnung, dass dann die Akzeptanz und die Annahmequote sehr viel höher sein werden, und dies nicht nur im Bereich der schulischen Leistungen, sondern vor allem auch im Bereich der soziokulturellen Teilhabe. Die 17,3 Prozent entsprechen in Zahlen knapp 7500 Kindern und Jugendlichen. Es sind im Bereich der kulturellen Teilhabe – da muss man sich wirklich festhalten – 761 Kinder von 43 000 Kindern und Jugendlichen, die kulturelle Angebote wahrnehmen.
Frau Heyenn hat es eben schon angesprochen. Ich habe mir einen Auszug der Website geholt, wo bestimmte Angebote aufgelistet sind. Es ist völlig richtig, dass man für 10 Euro im Monat, gerade über "Kids in die Clubs", vielleicht noch ein sportliches Angebot bekommt,
aber auch nur die klassischen Sportarten wie Fußball, Handball oder Basketball, dass es aber bei Musik, Theater und Kunst richtig düster aussieht. Musikalische Früherziehung kostet 30 Euro im Monat, Klavierunterricht 110 Euro, Malkurse 64 Euro und Ballett 30 Euro im Monat. Und wenn man einmal schaut, was das für die Familien bedeutet, die diese 10 Euro Zuschuss bekommen, aber mitnichten in der Lage sind, den Rest zu bezahlen, dann erklärt sich, warum dort die Annahmequote so gering ist. Da müssen wir mit vereinten Kräften noch einmal herangehen. Das ist so nicht hinnehmbar.
Ein zweiter Punkt, den ich noch einmal ansprechen möchte, ist der Bereich der nicht abgerufenen Mittel.
Von den 45 Millionen Euro – das sagten Sie, Herr Scheele, oder auch andere Vorrednerinnen vorhin – sind im Moment 15 Millionen Euro nicht verbraucht oder nicht genutzt worden. Die Spitzabrechnung für das Bildungs- und Teilhabepaket erfolgt erst ab nächstem Jahr, das heißt, diese 15 Millionen Euro werden dem Haushalt zugeführt. Wir haben die deutliche Bitte an den Senat, auch im Zuge der anstehenden Haushaltsberatungen dieses Geld nicht irgendwo im Haushalt versanden zu lassen, um Löcher zu stopfen, sondern damit möglicherweise die angekündigten Kürzungen im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit auszugleichen. Das kann keine dauerhafte Finanzierung sein, sondern nur eine Überbrückung, aber
das wäre eine Möglichkeit, das Geld zu verwenden. Dazu erwarten wir von Ihnen, Herr Senator, deutliche Worte, denn sonst würde das Geld vom Bund irgendwo im Haushalt versanden und niemand wüsste genau, wo das Geld, das eigentlich für die Kinder und Jugendlichen aus den benachteiligten Familien bestimmt ist, eingesetzt wird. Das ist noch einmal ein deutlicher Appell von uns.
Ansonsten stimme ich mit vielem überein, was von den Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt wurde. Frau Heyenn hat noch einmal darauf hingewiesen, wie dieses Paket zustande gekommen ist und dass es mit verfassungswidrigen Regelsätzen zu tun hat. Von daher war das ein Versuch, Barrieren abzubauen und Kindern, deren Eltern nicht die Mittel dazu haben, die Türen zu Bildungsangeboten und anderen sportlichen oder kulturellen Angeboten zu öffnen. Aber es hapert bei der Umsetzung, Herr Scheele, und die Umsetzung eines Gesetzes, das in Berlin entstanden ist, erfolgt hier.
Ich habe vorhin sehr genau hingehört, als Sie sagten, das Verfahren müsse an einigen Stellen geändert werden. Wir sind gern bereit, das zu unterstützen und gemeinsam zu überlegen, wie das gelingen kann. Aber diese niedrigen Prozentzahlen, selbst wenn sie 1, 2, 3 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegen, sind für eine Stadt wie Hamburg, die ohnehin von einer großen sozialen Spaltung betroffen ist, nicht hinnehmbar. Das müssen wir in Angriff nehmen, und zwar gerne gemeinsam. – Danke.
Wer einer Überweisung der Drucksache 20/3809 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen.
Wer diese Drucksache darüber hinaus mitberatend an den Schulausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist nicht zustande gekommen.
Wir kommen zum Punkt 6, Drucksache 20/3788, Große Anfrage der FDP-Fraktion: Bürgerschaftliches Engagement in Hamburg – Ehrenamt und Freiwilligendienste.
[Große Anfrage der FDP-Fraktion: Bürgerschaftliches Engagement in Hamburg – Ehrenamt und Freiwilligendienste
Die Fraktionen der SPD und FDP möchten diese Drucksache an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Kaesbach.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es bleiben noch viele da, das freut mich, denn das Thema Ehrenamt ist wichtig.
Ehrenamtliches Engagement ist aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Was würden wir machen ohne die vielen ehrenamtlichen Übungsleiter, die Freiwillige Feuerwehr, die Stadtteilinitiativen, die Jugendgruppen, die Lese- und Bildungspaten. Unsere Stadt wäre um viele Initiativen und Aktivitäten ärmer. Für eine freiheitliche, liberale Gesellschaft haben bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Tätigkeiten eine nicht zu unterschätzende, große Bedeutung.
Fragt man die Menschen, warum sie sich ehrenamtlich engagieren, erhält man vielfältige Antworten. Sie möchten die Gesellschaft im Kleinen mitgestalten, die eigenen sozialen Kompetenzen verbessern oder Fertigkeiten erwerben, die für eine spätere Berufstätigkeit hilfreich sein könnten. Viele Menschen werden ehrenamtlich tätig, weil sie selbst in jungen Jahren vom Ehrenamt profitiert haben und diese Erfahrung nun weitergeben möchten. Wie wichtig bürgerschaftliches Engagement für unsere Gesellschaft ist, sieht man zum Beispiel an den vielen ehrenamtlich Tätigen in den Hamburger Sportvereinen – das sind rund 40 000 Menschen –, aber auch an der hohen Prozentzahl derjenigen, die am Ehrenamt interessiert sind.
Die Sozialbehörde hat im Jahr 2010 im Rahmen einer Sonderauswertung des Freiwilligensurveys – der Freiwilligensurvey ist die aktuellste Studie zum Ehrenamt deutschlandweit – festgestellt, dass 29 Prozent der Hamburger ehrenamtlich tätig sind. Im Vergleich zum deutschlandweiten Durchschnittswert von 36 Prozent ist das noch ausbaufähig. Und wir haben in Hamburg Potenzial für noch mehr ehrenamtliches Engagement, das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus den Antworten auf diese Große Anfrage.
Ehrenamtliches Engagement ist und bleibt freiwillig. Aber jeder Einzelne von uns kann Menschen ermutigen, mitzumachen, sich zu engagieren und eigene Talente und Fähigkeiten für andere einzusetzen.
Die Politik insgesamt kann und muss die notwendigen Rahmenbedingungen dafür setzen, denn leider sind einige Gruppen unterrepräsentiert. Erst vor Kurzem fand der Seniorentag in Hamburg statt;
engagierte und motivierte Senioren aus ganz Deutschland nahmen daran teil. Hier liegt aber ein großes Bereitschaftspotenzial für ehrenamtliches Engagement in Hamburg brach. 30 Prozent der über Sechzigjährigen sind bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren; das ist ein großes Potenzial, das angesprochen werden sollte. Diese Menschen haben einen großen Wissensschatz und viel Lebenserfahrung, Ressourcen, von denen unsere Gesellschaft profitieren sollte. Hier würden beispielsweise Freiwilligenbörsen und Freiwilligenagenturen vor Ort in den Bezirken für Zulauf sorgen, denn das Interesse ist da.
Auch die Schüler bilden eine Gruppe, die verstärkt für das Ehrenamt angesprochen werden sollte. Schüler sind grundsätzlich besonders engagiert, das belegt zum Beispiel die Zahl der Bewerber für das Freiwillige Soziale Jahr. Aber auch in dieser Gruppe gibt es Ausnahmen. Jugendliche ohne Schulabschluss engagieren sich im Vergleich zu anderen Gruppen kaum. Doch gerade diese Gruppe könnte von mehr Engagement profitieren, der Umgang mit anderen wäre ein Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und auch zur Berufsqualifikation. Das vom Arbeiter-Samariter-Bund ins Leben gerufene Modell, über das Praktikum "Sozial macht Schule" eine Benotung im Zeugnis zu erhalten und darüber zum Ehrenamt motiviert zu werden, sollte auf jeden Fall ausgebaut werden.
Gerade einmal 16 Schulen nehmen an diesem Projekt teil, das ist eindeutig zu wenig. Denn durch die Koppelung von Ehrenamt und Schule könnten Fähigkeiten unter Beweis gestellt werden, wie es in der Schule vielfach gar nicht möglich ist. Und das Ehrenamt macht da im wahrsten Sinne des Wortes Schule.
Es gibt in Hamburg unzählige Preise, Auszeichnungen und Nachweise für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Dennoch lautet ein Kritikpunkt, der immer wieder geäußert wird, dass eine bessere öffentliche Anerkennung notwendig sei. Hier sollte die Bürgerschaft noch einmal genauer hinschauen, warum der Eindruck entsteht, dass das Ehrenamt nicht ausreichend anerkannt wird, und gegebenenfalls Ideen entwickeln.
Wir beantragen eine Überweisung an den Sozialausschuss, um dort zu erarbeiten, wie die Rahmenbedingungen verbessert werden können und wie wir noch mehr Menschen für ehrenamtliches Engagement gewinnen können.
Liebe Präsidentin, liebes Präsidium! Liebe Frau Kaesbach, ich habe mich sehr über die Große Anfrage gefreut, denn freiwilliges Engagieren ist in Hamburg sehr wichtig. Bei vielem, was Sie gesagt haben, kann ich mich anschließen. Für mich war es etwas schwierig, mich auf diese Rede vorzubereiten, denn in Ihrer Anfrage haben Sie einen großen Rundumschlag gemacht. Sie haben sehr viel vermischt, ob es nun um Schule ging oder um Sport.
Der Bundesfreiwilligendienst, den Sie eben in Ihrer Rede nicht erwähnt haben, kam auch noch vor. Dazu kann ich nur sagen, dass das Ideal der Zivilgesellschaft, dass sich möglichst viele Bürger für öffentliche Angelegenheiten interessieren und Verantwortung für das Gemeinwesen übernehmen, eigentlich alles beinhaltet. Ob es sich um Sport, Kultur, Umwelt, Soziales, Gesundheit, Schule, Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Verbände oder Kammern dreht – da ist alles inbegriffen.
Wir wollen auch nicht die 40 Prozent "nur" Aktiven vergessen. Es sind genau diese Aktiven, die beispielsweise am 2. Juni hoffentlich alle mit auf dem Rathausmarkt sein werden. Wir brauchen nicht nur Leute, die bei Ihrem Engagement feste Aufgaben übernehmen. Es gibt sehr viele Menschen in Hamburg, die sich – wie heißt es so schön – unverbindlich engagieren und die in dem Survey als "nur aktiv Beteiligte" bezeichnet werden. Das sind nämlich die Leute, die in die Sportvereine und die Theater gehen und ohne die vieles gar nicht funktionieren würde.
Ich freue mich sehr, wenn wir uns im Ausschuss mit dem Thema beschäftigen. Wir wollen auch nicht vergessen, dass es noch eine Große Anfrage der GAL zum Thema Bundesfreiwilligendienst gibt, auf deren Beantwortung wir hoffnungsvoll warten, damit wir die Themen miteinander verbinden können. – Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Anfrage zum Bundesfreiwilligendienst, liebe Frau Müller, kommt übrigens von der CDU.
Liebe Frau Kaesbach, zunächst habe ich mich, ehrlich gesagt, anders als Frau Müller gefragt, warum Ihre Fraktion diese Große Anfrage zum bürgerschaftlichen Engagement in Hamburg zur Debatte angemeldet hat. Auf den ersten Blick, das zeigen auch die bisherigen Beiträge, herrscht doch
mittlerweile breiter Konsens über die Bedeutung dieses Engagements im Allgemeinen und seine Förderwürdigkeit im Besonderen. Von der Jugendmannschaft im Sportverein bis zur Pfadfindergruppe der Kirchengemeinde, von der Freiwilligen Feuerwehr bis zu den Bachpatenschaften des NABU, von der Hamburger Tafel bis zu den Besuchsdiensten im Krankenhaus, von den Elternräten in den Schulen bis hin zu den Fachschaftsräten an der Uni – alle diese Bereiche könnten nicht überleben, wenn sich nicht viele Hamburgerinnen und Hamburger freiwillig dafür engagieren würden.