Protocol of the Session on May 23, 2012

Meine Hoffnung ist eigentlich nur, dass die SPDFraktion – vielleicht durch die stete Wiederholung – langsam verinnerlicht, dass noch mehr nötig ist, als nur den Rechtsanspruch herabzusetzen und möglicherweise in den KESS-Gebieten das Personal aufzustocken. Die Sprachentwicklung hinkt nämlich nicht nur in KESS-Gebieten hinterher, sondern auch in Gebieten, in denen Mittelstandsfamilien leben und wo man eigentlich ein gutes Bildungsniveau erwartet; auch dort gibt es viele Kinder mit Sprachdefiziten. Insofern ist das Problem bei Weitem nicht auf die KESS-Gebiete begrenzt.

Ich möchte auch daran erinnern, dass der schwarz-grüne Senat zur Weiterentwicklung der Sprachförderung eine Arbeitsgruppe eingesetzt hatte. Diese Arbeitsgruppe tagte zwischen zwei Behörden und sie ist versandet. Seit der Übernah

me des Senats durch die SPD gibt es sie anscheinend nicht mehr. Es reizt mich – auch, weil Herr Czech dazu überhaupt kein Wort gesagt hat –, dazu wieder einmal eine Anfrage zu stellen, um zu erfahren, was Sie eigentlich mit dieser Arbeitsgruppe gemacht haben. Sie hatte bis zum Ende der schwarz-grünen Regierung gut gearbeitet und konnte auch schon einige Ergebnisse vorweisen und ist jetzt irgendwie untergegangen. Es scheint mir doch so, dass bei der SPD-Fraktion das Thema Sprachbildung eine eher untergeordnete Rolle spielt. Das Einzige, was in dieser Legislaturperiode geschehen ist – und daran hat die SPD kein Verdienst –, ist das Förderprogramm der Bundesregierung, die mit den "Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration" Mittel in die Bundesländer gegeben hat, um die Sprachbildung voranzubringen. Hätten wir diese Mittel nicht gehabt, wäre es in Hamburg zum totalen Stillstand gekommen.

Mich überrascht das alles wirklich nicht, weil ich nach wie vor glaube, dass der Schwerpunkt der SPD-Fraktion in der Kita-Politik zu einseitig nur auf der Befreiung von den Gebühren liegt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist mit dem KITA-KESS?)

Davon wird leider kein Kind gefördert, dazu brauchen wir noch ganz andere Maßnahmen.

(Beifall bei der GAL)

Herr Ritter, Sie bekommen das Wort.

Es sind doch wieder ein paar SPD-Abgeordnete da, wie schön.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, da sind wir flexibel!)

Das Thema erzeugt große Einigkeit. Sprache ist die Voraussetzung für Bildungserfolg und Integration, ich glaube, so weit sind wir uns einig. Es wurde vorher schon von Herrn de Vries erwähnt, das Verfahren der verpflichtenden Vorstellung von Viereinhalbjährigen wurde 2003/2004 unter FDP-Verantwortung eingeführt; man kann es gar nicht oft genug sagen.

(Beifall bei Katja Suding FDP)

Das war ein erfolgreicher Schritt. Mittlerweile gibt es diese Tests oder Verfahren schon in vielen anderen Bundesländern.

Wir sind uns auch einig, je früher die Sprachförderung einsetzt, desto besser ist es; mit viereinhalb Jahren setzt die Förderung zu spät ein.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Die Defizite bis zum Schulbeginn auszugleichen, wird schwer. Es ist daher zu begrüßen, dass die

CDU beantragt, den Sprachstand früher festzustellen, da so mehr Zeit zur Verfügung steht, um diese Defizite aufzuholen.

Wir haben schon von Herrn Czech gehört, dass die Vernetzung von Schule und Kita ein ganz wichtiger Faktor in diesem ganzen Komplex ist; diese Vernetzung müssen wir verbessern. Es gibt an vielen Schulen leider keine Informationen darüber, wie viele Kinder, die in der Grundschule Sprachförderung erhalten, schon in der Kita gefördert wurden. Deshalb muss eine längerfristige, übergreifende Begleitung der sprachgeförderten Kinder von der Kita bis zur Schule gewährleistet werden. Nur dann ist es möglich, die Erfolge bei der Beseitigung von Defiziten zu messen und für die weiteren Planungen zu berücksichtigen. Was die Form der Sprachförderung angeht, ist sich die Wissenschaft doch eher uneinig, ob die additive oder die integrative Förderung den größeren Erfolg verspricht. Selbstverständlich ist Sprachförderung in den Kita-Alltag einzubinden und die Erzieherinnen sind auch weiterhin zu qualifizieren.

Liebe CDU, der Kita-Besuch tut Kindern für die Sprachentwicklung gut. Die CDU verweist auch auf Sprachförderung für unter Dreijährige. Vor diesem Hintergrund kann ich die CDU nur noch einmal auffordern, das Betreuungsgeld zu überdenken.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, einen Moment bitte.

Meine Damen und Herren! Es redet nur Herr Ritter. Wenn Sie sich unterhalten möchten, ist das sehr in Ordnung, aber bitte nicht in diesem Raum, sondern vor der Tür. – Vielen Dank.

Herr Ritter, fahren Sie bitte fort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt kommt der entscheidende Satz!)

– Jetzt kommt der entscheidende Satz. Ich wollte das gerade richtig aufrollen, jetzt muss ich noch einmal anfangen.

Vor dem Hintergrund dessen, was ich gesagt habe, und weil Sie alle zugehört haben, möchte ich die CDU noch einmal auffordern, die Idee des Betreuungsgeldes zu überdenken nach dem Motto: Jeder irrt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten. – Wir sind für eine Überweisung.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Vielen Dank, Herr Ritter. – Das Wort hat Herr Yildiz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einige Punkte des vorliegen

(Christiane Blömeke)

den CDU-Antrags unterstütze ich. Dazu gehört, dass die Sprache entscheidend für die Entwicklung des Kindes ist, dass Kinder leichter eine neue Sprache erlernen, dass Kinder zwischenmenschliche Bindungen brauchen und dass es wissenschaftlichen Studien zufolge wichtig ist, dass Kinder rechtzeitig und frühzeitig die Möglichkeit haben, die Sprache zu erlernen. Dazu gehört meiner Ansicht nach allerdings auch, dass Kinder mit Kindern lernen.

Was die Schlussfolgerungen angeht, bin ich nicht ganz mit Ihnen einverstanden, Herr de Vries. Darauf möchte ich gern Punkt für Punkt eingehen.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, einen Moment bitte.

Um es konkret auszudrücken: Der Senat, die CDUFraktion, die FDP-Fraktion, die SPD-Fraktion und auch die GAL-Fraktion mögen bitte daran denken, dass nur Herr Yildiz redet und sonst niemand. – Vielen Dank.

Fahren Sie bitte fort.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Punkt 1: Sie schreiben richtig, dass Kinder viele zwischenmenschliche Bindungen brauchen, um die Sprache zu erlernen. Der beste Weg, diese zwischenmenschlichen Indikatoren zu gewährleisten, sind Ganztagsplätze für alle Kinder. Der Ansatz, mit "Kita-Plus" zumindest in den sozialen Brennpunkten dieser Stadt für eine bessere Erzieher-Kind-Relation zu sorgen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ohne den Druck der Volksinitiative hätte auch die SPD-Fraktion da nicht nachgegeben.

(Roland Heintze CDU: Ja, das ist richtig!)

Unsere Fraktion hätte sich gewünscht, dass durchgehend in allen Kitas, nicht nur in den sozialen Brennpunkten, der Erzieher-Kind-Schlüssel verbessert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Punkt 2: Sie erwähnen wissenschaftliche Studien, wonach Kinder durch ausreichende Zeit in der Kita besser Deutsch lernen. Es ist richtig, dass Studien das bestätigen. Reden Sie nur mit den Erzieherinnen und Erziehern in den Kitas, auch sie werden Ihnen sicher bestätigen, dass Kinder, die rechtzeitig in der Kita sind und lange dort bleiben, durch die Beziehungen zu den Erziehern und zu den Kindern die Sprache schneller und besser erlernen, als wenn man sie testet und nach viereinhalb Jahren prüft, ob sie Deutsch können oder nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Punkt 3: Sie fordern, dass überprüft werden soll und die Sprachstandstests nach einem Jahr fortgesetzt werden. Ich meine, man braucht die Kinder nicht zu überprüfen. Wir kritisieren das und viele Experten kritisieren das ebenfalls. Statt die Kinder mit dreieinhalb oder viereinhalb Jahren zu überprüfen, sollte man ihnen die Möglichkeit geben, dass sie – ab dem zweiten Lebensjahr, wie der SPD-Senat beschlossen hat – ganztägig, mindestens acht Stunden täglich, in die Kita gehen. Dann lernen sie schneller Deutsch. Das ist besser, als Kinder ständig zu überprüfen und sie nur auf die Vorschule und die Schule vorzubereiten. Dann fehlen den Kindern ihre kindlichen Erlebnisse.

(Beifall bei der LINKEN)

Punkt 4: Es ist richtig, dass Kinder durch ihre Eltern die Sprache lernen und dass kostenlose Sprachkurse zur Verfügung gestellt werden sollten. Es ist aber auch richtig, Herr de Vries, dass die Bundesregierung bei den Integrationskursen kürzt. Deswegen muss man der Bundesregierung noch einmal auf die Füße treten – Sie sind in der Bundesregierung – und sagen, Sprachkurse müssen gefördert werden. Und ich fordere auch vom SPDSenat, dass er nicht nur Bundesmittel, sondern auch Landesmittel zur Verfügung stellt, damit Eltern nicht monatelang auf Wartelisten stehen und nicht nur 900 Stunden bekommen, sondern die Möglichkeit haben, die deutsche Sprache vernünftig zu erlernen, um ihre Kinder zu unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich freue mich, dass die CDU einen Schritt nach vorne gemacht hat; jahrelang haben Sie sich geweigert. Seit wir in der Hamburgischen Bürgerschaft sind, fordern wir, dass die Sprache als ein Indikator genutzt wird, dass diese Kinder einen Ganztagsplatz bekommen. Deswegen haben wir dazu letztens einen Antrag gestellt und die SPD hatte ihn an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überwiesen. Ich freue mich, dass auch dieser Antrag dahin überwiesen wird. Gut, dass Sie auch nach vier Jahren zu dieser Ansicht gekommen sind und wir gemeinsam einen Schritt nach vorne gehen.

Daher machen Sie bitte auch den Schritt, die Herdprämie abzuschaffen und die Gelder, die dafür eingeplant sind, in die Kitas fließen zu lassen, damit Kinder frühzeitig die Möglichkeit haben, eine Kita zu besuchen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Wie ich sehe, sind wir fast fraktionsübergreifend einer Meinung. Einen großen Unterschied gibt es allerdings für uns: Wir möchten nicht, dass unsere Kinder ständig überprüft werden, sondern dass die Kinder einen Rechtsanspruch bekommen. Wir haben durch das Kita-Gutschein-System Folgendes erfahren: Wenn Kinder, auch Migrantenkinder und