Protocol of the Session on May 9, 2012

(Dirk Kienscherf SPD: Was ist mit den Ho- tels?)

Investitionen in Kinder und Jugendliche sind Investitionen in die Zukunft, das müssten Sie wissen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist mit dem Kita-Ausbau?)

Dazu komme ich gleich, ich habe erst die Schuldenbremse genommen.

Wir stellen fest, dass Geld in Milliardenhöhe da ist für die SPD. Zielgruppe, wenn wir die Streichung der Kinderkuren durchführen, sind Kinder aus besonders belasteten Familien. Sie bekommen während der Kur eine Auszeit von ihrer schwierigen Familiensituation.

Wie reagiert der Senat darauf? Die Sprecherin des Senators sagt, die Behörde tue ohnehin viel für die Förderung von Kindern aus sozial schwachen Familien, insbesondere beim Schutz und beim Kita-Ausbau. Interessant. Wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt, welche Struktur die Kinderkuren der Robert-Ballin-Stiftung gehabt haben, dann sind acht Plätze vorgesehen für Kleinkinder bis zu sechs Jahren, 34 Plätze für Drei- bis Achtjährige – also großenteils Schulkinder – und 60 Plätze für Schulkinder bis zu 16 Jahren.

(Dirk Kienscherf SPD: Da sind auch Hortkin- der dabei!)

(Dennis Gladiator)

Jetzt brauche ich eine Erklärung von Herrn Dressel, wie Schulkinder, die Kuren machen, vom Kita-Ausbau profitieren sollen. Da sind Sie mir eine Antwort schuldig.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: GBS! Schon mal gehört?)

Darauf komme ich jetzt, Herr Dressel.

Sie hauen mit Ihrer Axt mitten hinein in einen Umsteuerungsprozess, in dem die Ganztagsschule beziehungsweise die ganztags betreute Schule eingeführt wird. Die FDP ist realistisch, es werden Veränderungen kommen und wir stellen uns auch nicht grundsätzlich gegen Kürzungen in dem Bereich. Auch einige Angebote der offenen Kinderund Jugendarbeit werden nicht mehr notwendig sein, das müssen wir auch festhalten.

(Andy Grote SPD: Immerhin!)

Aber die Anpassung der Angebotsstruktur an die neue Schullandschaft, wenn neue Kooperationen entstehen, wird Zeit brauchen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist in Ord- nung!)

Hier mit dem Sparhammer zu kommen, geht uns zu schnell und ist konzeptionslos.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Das erfordert eine gute Angebotspla- nung!)

Der Senator macht den zweiten Schritt vor dem ersten. Sie wissen nicht, welche Angebote nicht mehr gefragt sind oder durch die Schulen ersetzt werden. Deswegen auch die Forderung unseres FDP-Antrags in der letzten Bürgerschaftssitzung. Wir wollen eine konkrete Bestandsaufnahme, wo und wie dieses funktionieren soll, wo welche Angebote nicht mehr notwendig sind und wo welche Kooperationen möglich sind oder schon bestehen. Aber das ist alles momentan noch unklar.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Daran wird ja auch gearbeitet!)

Jetzt kommt das Hauptargument, das Frau Leonhard wiederholt vorbrachte, nämlich dass insgesamt mehr Geld da sei. 13 oder 14 Prozent seien eine enorme Steigerung im Bereich Kinder- und Jugendarbeit,

(Zurufe von der SPD: Ja!)

zum Beispiel der vorzeitige Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Ich zähle es noch einmal auf, denn es hört sich anscheinend gut an, zum Beispiel die Einführung der "Ganztägigen Betreuung und Bildung an Grundschulen".

(Beifall bei der SPD)

Wir unterstützen diese Maßnahmen ausdrücklich, aber wie profitieren Schulkinder und Jugendliche von Krippenplätzen für unter dreijährige Kleinkin

der, wie profitieren 15-Jährige von der Ausweitung der Ganztagsbetreuung an Schulen oder an Grundschulen? Das müssen Sie uns einmal erklären.

(Andy Grote SPD: Zeitversetzt!)

Genau, zeitversetzt, aber Sie machen jetzt schon die Kürzungen?

Meine Damen und Herren! Schaffen Sie uns ein Konzept, und dann reden wir auch gern über notwendige Kürzungen in diesem Bereich. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! 25 bis 49 Millionen Euro sollten laut BASFI gekürzt werden. Zwischenzeitlich redet der Senat von 67,5 Millionen Euro. Dieser Sozialkahlschlag wird die Stadt teuer zu stehen kommen. Dass diese Kürzungen die soziale Infrastruktur gefährden, ist eindeutig. Statt nach den dramatischen Todesfällen im Bezirk Hamburg-Mitte die Angebote auszubauen, setzt der SPD-Senat die Axt an der offenen Kinder- und Jugendarbeit an. Ihr Trick mit den Kürzungen wird nicht flächendeckend erfolgen, sondern dazu führen, dass Einrichtungen nach und nach schließen müssen. Dafür bereitet der Senat eine regionale, soziale Landkarte vor.

Dass Sie sich dabei nicht trauen, alle Kürzungen auf den Tisch zu legen, macht für Sie auch Sinn. Ein Teil der Einrichtungen wird nämlich im Glauben gelassen, dass sie davonkommen könnten. Es wird Ihnen jedoch nicht gelingen, etwas dagegen zu tun, dass sich überall in den Bezirken und auf Landesebene Widerstand gebildet hat.

Und es gibt noch einen Grund, warum Sie mit diesen Kürzungsvorhaben nicht durchkommen dürfen. Wenn diese erst einmal bei der offenen Kinderund Jugendarbeit erfolgt sind, werden weitere Kürzungen in anderen Bereichen folgen. Die Kürzungen bei den Kinderkuren sind eines der besten Beispiele. Bei den Kitas deutet sich schon an, dass der Ausgabenanstieg auf 0,88 Prozent begrenzt werden soll. Dabei gibt es in den bezirklichen Einrichtungen nichts zu kürzen. Sie funktionieren ohne das Ehrenamt sowieso schon kaum.

In einem Schreiben der BASFI wird eine Recherche erwähnt, nach der von 169 Einrichtungen nur 123 über bis zu zwei Vollzeitstellen verfügen. Davon verfügen 54 Einrichtungen nur über eine volle Stelle. Diese Zahlen zeigen, wie prekär die Lage in einem Großteil der Einrichtungen ist.

Es zeigt allerdings auch, wie berechtigt unser Antrag auf eine Mindestausstattung ist. Wenn man

(Finn-Ole Ritter)

auch noch bedenkt, dass die offene Kinder- und Jugendarbeit seit Jahren keine zusätzlichen Mittel zugewiesen erhielt und damit in der Vergangenheit nicht einmal die Inflationsrate und die Tariferhöhungen beim Personal ausgleichen konnte, dann wird klar, dass der Senat damit spielt, diesen Bereich gegen die Wand zu fahren. Dass dieser Bereich als letzter gebührenfreier, niedrigschwelliger Ansatz eine Stützfunktion für viele Kinder und Jugendliche ist, wird leider nicht gewürdigt.

Herr Scheele, Sie wissen ganz genau, wem Sie die Möglichkeit der Freizeitgestaltung und die Teilhabe am öffentlichen Leben wegkürzen wollen. Das ist unsozial und spaltet die Stadt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen kennen ihre Stadtteile und ihre Probleme vor Ort; hören Sie auf sie.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt dass Sie in diesem Bereich kürzen, sollten Sie eigentlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit dankbar sein. Das wissen auch die Bezirke, und deswegen haben ausnahmslos alle Jugendhilfeausschüsse, der Landesjugendhilfeausschuss und viele Bezirksversammlungen gegen diese Kürzungen gestimmt. Dabei haben meine Vorredner auch erwähnt, dass auch Ihre SPD-Kolleginnen und -Kollegen in einigen Bezirken dagegen gestimmt haben, und das ist auch richtig. Nehmen Sie diesen Widerstand ernst.

Meine Damen und Herren! Der Widerstand der Einrichtungen, der Beschäftigten, der Familien und Kinder in den letzten Wochen hat gezeigt, dass der Senat nicht einfach über die Köpfe der Menschen hinweg den Rotstift ansetzen darf. Wir haben im Ausschuss eine Anhörung für den 29. Mai durchgesetzt. Für diesen Tag plant der "RADschlag" in Hamburg eine große Demonstration. Das werden ein heißer Sommer und auch ein heißer Herbst für Sie werden.

Gleichzeitig wird es eine Menge Ärger für die Regierung geben. Es ist gut, dass die Opposition in diesem Bereich zusammenhält und gemeinsam vorgeht. Aber gleichzeitig möchte ich die Opposition vor einem warnen: Es geht nicht, dass wir einen Bereich gegen den anderen ausspielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was im frühkindlichen Bereich richtig gemacht wurde, unterstützen wir, aber das heißt nicht, dass wir den Kürzungen der SPD zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Ja, aber das Geld ist ja nur einmal da!)

Herr Dressel, können Sie sich auf eines gefasst machen, nämlich dass es für Sie nicht einfach wird. – Danke schön.

Das Wort bekommt Senator Scheele.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gute Politik für Kinder und Jugendliche sichert die finanziellen Grundlagen des Gemeinwesens so, dass auch unsere Kinder die Gewissheit haben, dass ihnen mindestens die gleichen Gestaltungsspielräume für eine Kinder- und Jugendpolitik verbleiben, wie sie uns heute zur Verfügung stehen. Und dazu ist eine Politik notwendig, die sorgsam mit Finanzen umgeht und keine weiteren Schulden zulasten der Kinder und Jugendlichen in Zukunft anhäuft.