Protocol of the Session on March 28, 2012

Der Senat musste im Übrigen einräumen – was eine ganz wichtige Erkenntnis war –, dass unsere HGV, die den Kauf tätigen soll, kurzfristig gar keine Bürgschaftsermächtigung braucht, denn sie hat noch eine ungenutzte Ermächtigung über 540 Millionen Euro vom vergangenen Jahr. Das heißt, der Senat braucht gar nicht die Zustimmung der Bürgerschaft,

(Andy Grote SPD: Ist das nun zu viel oder zu wenig Beteiligung? Trotzdem zu wenig Transparenz!)

sondern er könnte – wie übrigens auch der Senat 2008 – im Rahmen der bestehenden Regeln selbst

entscheiden. Und dieses hat die Expertise des Bundes der Steuerzahler in der vergangenen Woche auch nachgewiesen.

Aber genau diese Entscheidung will der Senat nicht selber treffen. Stattdessen will er laut Petitum von der Bürgerschaft nicht nur, dass wir dem Kauf mit 420 Millionen Euro zustimmen, sondern auch noch

"den möglichen finanziellen Auswirkungen".

Warum? Bürgermeister Scholz will sagen, wo es lang geht, aber die Verantwortung für die Entscheidung will er auf das Parlament abwälzen,

(Beifall bei der CDU – Lachen bei Gabi Do- busch SPD – Andy Grote SPD: Das ist ein Skandal, dass das Parlament darüber be- schließt!)

nicht nur die Verantwortung für die Sache an sich, sondern auch für den Kaufpreis und, Herr Grote, vorab für alles, was möglicherweise finanziell kommen wird.

(Zurufe von der SPD)

Wenn das Ihr Umgang mit Verantwortung ist, dann mag das so sein. Sie stehen auch in einer besonderen Verpflichtung. Aber wir haben vorhin schon gehört, dass die Opposition dafür da ist, zu kontrollieren und kritische Fragen zu stellen, und das müssen Sie sich gefallen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb sage ich noch einmal: Es geht nicht, Verantwortung auf das Parlament abzuwälzen, ohne dass wir an den Verhandlungen beteiligt sind, ohne Transparenz, bezogen auf die Fakten und Überlegungen, ohne eine Risikoanalyse und ohne Wertgutachten – und das alles dann auch noch mit einer umfassenden Ermächtigung und unter immensem Zeitdruck. Das können wir von der CDU mit gutem Gewissen nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Das Einzige, was nicht geht, ist die CDU!)

Wenn das Parlament für Senatsentscheidungen mithaften soll, dann müssen wir ausreichend Zeit haben. Wir müssen aber auch geeignete Instrumente zur Überprüfung haben, und dazu gehören eben eine Risikoanalyse und auch ein Wertgutachten, anstatt hier auf "friss, Vogel, oder stirb" zu machen.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Das ist die Flucht aus der parlamentarischen Verantwortung, was Sie hier machen!)

Herr Grote, wenn das nicht mehr funktioniert, dann erleben wir in Wahrheit eine Degeneration parlamentarischer Kontrolle oder, um es anders auszudrücken, Senat und SPD drehen mit Zeitdruck und ihrer absoluten Mehrheit alle Sicherun

gen bei diesem Geschäft heraus, und das ist nicht gut für Hamburg.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Till Steffen GAL)

Meine Damen und Herren, Herr Bürgermeister! Machen Sie das, was in Ihrer Macht und Verantwortung steht. Legen Sie uns detaillierte und begründete Vorlagen zu allen Entscheidungen und insbesondere zu den Folgekosten vor, und zwar dann, wenn sie anstehen, und nicht im Vorhinein auf alle Zeit. Und geben Sie uns dann genügend Zeit, unsere Verantwortung wahrzunehmen. Wir als CDU stellen keine Blankoschecks zulasten der Hamburger Bürger aus.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Feigheit pur ist das!)

Zum Schluss eine nicht ganz unbedeutende Erkenntnis: Wer den Hamburger Hafen stärken will, macht keine Schulden, um Staatsanteile an einer Reederei zu kaufen, sondern er muss in die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Hafens investieren. Herr Senator Horch, Sie sind gefordert. Überlassen Sie die Wirtschaft nicht SPD und Linken in Hamburg.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU – Hei- terkeit bei der SPD)

Herr Dr. Tjarks hat das Wort.

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

– Den Applaus können wir gleich wiederholen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Wochen gelernt, dass Hapag-Lloyd ein gut aufgestelltes Unternehmen der Containerschifffahrt ist, vielleicht sogar das bestaufgestellte Unternehmen seiner Branche, und wir haben gelernt, dass wir in diesem Hause bestimmt eine noch längere Diskussion über seinen Wert und denjenigen für Hamburg führen können. Das ist die positive Seite dieser Debatte und aller Verfahrensanweisungen. Wir haben aber auch gelernt, dass sich Hapag-Lloyd in einem Markt bewegt, der an Volatilität – auf Deutsch: Schwankungsanfälligkeit – kaum zu überbieten ist und am ehesten mit spekulativen Börsengeschäften zu vergleichen ist. Man muss sehr kritisch hinterfragen, ob sich eine Stadt noch stärker engagieren soll. Schließlich ist der Containertransport von A nach B keine Aufgabe der Daseinsvorsorge, und deswegen sind und bleiben wir bei diesem Geschäft sehr skeptisch.

(Beifall bei der GAL)

(Dietrich Wersich)

Damit sind wir bei der Frage des Risikos für die Stadt bei diesem Geschäft, und die unterschiedlichen Redner aller Couleur, ob sie es nun befürworten oder dagegen sind, haben das Risiko durchaus erwähnt, mal stärker, mal weniger stark. Wir finden, dass der Senat ohne Not – denn einen Käufer für die Anteile der TUI gibt es nicht, und zwar nicht erst seit gestern, sondern schon seit ein paar Jahren – die Beteiligung an Hapag-Lloyd erhöht und das in einem Unternehmen, das sich in einer solchen Branche bewegt.

Herr Tschentscher, in Bezug auf die Anleihen haben Sie zwar einiges gesagt, aber eben auch weggelassen, dass Ratingagenturen diese Anleihen so bewerten, dass mit einem 70-prozentigen Zahlungsausfall bis 2015 zu rechnen ist. Ein Experte hat gesagt, dass das nicht der letzte Scheck war, den die Stadt für Hapag-Lloyd ausgestellt haben wird. Vor diesem Hintergrund müssen Sie sich schon fragen, ob Sie, wenn Sie jetzt erhöhen, dann auch den nächsten Scheck tragen wollen. Ein ehrbarer Kaufmann würde diese Zockerei mit geliehenem Steuergeld nicht machen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der FDP)

Wo wir beim Risiko sind, der Bürgermeister hat in der ersten Debatte gesagt, dass er ein globales Monopoly verhindern möchte. Nun stellen wir fest, dass der Bürgermeister selbst Teil dieses globalen Monopolys ist. Bei den Diskussionen, die wir über den Preis, das Anleiherating und das Risiko für dieses Geschäft geführt haben, muss der Bürgermeister aufpassen, dass er sich nicht die Badstraße für den Preis der Schlossstraße gekauft hat.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der FDP)

Wir freuen uns, dass Sie, Herr Bürgermeister, nach anfänglichem Zögern gesagt haben, Sie wollen in einem überschaubaren Zeitraum die Erhöhung – also nicht die Beteiligung – an Hapag-Lloyd wieder zurückfahren. Wir nehmen auch zur Kenntnis, dass die SPD-Fraktion an dieser Stelle noch einmal nachjustieren und einen Antrag stellen will, wo – Zitat –

"ein zeitlich befristetes Engagement"

an Hapag-Lloyd festgeschrieben ist. Das Hauptproblem bei diesem Antrag ist aber, dass er keine Frist enthält, und eine Befristung ohne Frist ist nichts als heiße Luft. Jeder andere Zusatzantrag enthält eine Befristung, und das ist auch an dieser Stelle sinnvoll.

(Zurufe von der SPD)

Herr Grote, der Finanzsenator hat in diesem Zusammenhang ein interessantes Wort gebraucht und gesagt, dass das die endgültige Lösung für Hapag-Lloyd sei. Das klingt eher nach dauerhafter Beteiligung an Hapag-Lloyd.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Wir hatten eine Expertenanhörung, in der der Senat und die SPD-Fraktion keinen einzigen Experten darbieten konnten, der keine wirtschaftlichen Interessen bei Hapag-Lloyd verfolgt. Dementsprechend gibt es auch keine unabhängige Meinung, warum wir diesem Geschäft zustimmen sollten. Ich muss Ihnen zugestehen, dass das schon deutlich besser ist als bei den Energienetzen, wo Ihre eigenen Experten sagen, dass das, was Sie machen, Schmarrn ist. Aber das ist immer noch deutlich zu wenig für eine Zustimmung.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Ich bin auch beeindruckt, lieber Herr Kollege Hackbusch, von Ihrer Position. Als ich die Pressemitteilung gelesen habe, fand ich Folgendes bemerkenswert: Früher war man neoliberal, wenn man Staatsunternehmen verkaufen wollte, heute ist man schon neoliberal, wenn man eine Reederei nicht kaufen möchte.

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL, der CDU und der FDP)

Das läuft trotz Ihrer Zusatzanträge auf eine Glaubwürdigkeitsfrage hinaus, denn Sie kritisieren nicht zu Recht, dass es Risiken in diesem Deal oder beträchtliche Intransparenz und Inkonsequenz in der Bewertungsfrage gibt.

(Andy Grote SPD: Zu Unrecht, wollten Sie sagen!)

Zu Unrecht, vielen Dank.

Herr Kluth hat alles gesagt, als er sagte, dass Herr Klemmt-Nissen ein bisschen ertastet hat, wie viel das wert sein könnte. Es ist gut, dass der Senat das weiß, aber wir wissen das nicht.

(Jan Quast SPD: Dass Sie den Schwach- sinn jetzt wiederholen, spricht nicht für Sie!)

Sie haben auch damit Recht, dass die Beratungszeit insgesamt sehr kurz war.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist eine Frage der Perspektive!)