dann würden wir uns mit diesen Informationen strafbar machen. Das wäre der Straftatbestand der Untreue. Darüber gibt es höchstrichterliche Gutachten, die das eindeutig festlegen.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Ihre Rechts- kenntnis hat sich ja sehr bewährt in den letz- ten zwei Tagen! – Dirk Kienscherf SPD: Das war Schrott, was du gemacht hast!)
Das ist die Situation. Da stellt sich doch die Frage, warum Aktionäre von privaten Unternehmen eigentlich besser geschützt werden vor fahrlässigen Ausgaben und Investitionen einer Geschäftsführung als der Steuerzahler vor den Ausgaben von Parlamentariern und Senatoren? Diese Frage müssen Sie einmal beantworten.
Es wäre die Aufgabe eines Parlaments gewesen zu sagen, dass man die Informationen nicht hat, um das überhaupt beurteilen zu können. Aber die Mehrheitsfraktion hat auf dieses Recht freiwillig verzichtet. Was soll denn eine Opposition in einer solchen Situation anderes tun als zu versuchen, die Rechte von Abgeordneten, auf die die SPD-Fraktion freiwillig und ohne Not verzichtet hat, vor Gericht einzuklagen?
Es ist richtig, dass das Hamburgische Verfassungsgericht aus formalen Gründen gesagt hat, dass die Abstimmung heute nicht verschoben werden dürfe. Wenn Sie sich das Urteil ansehen, dann stellen Sie aber fest,
(Dr. Andreas Dressel SPD: Du hast es offen- sichtlich nicht gelesen! – Dirk Kienscherf SPD: Alles Legendenbildung!)
dass das Verfassungsgericht nicht in der Sache entschieden hat. Deshalb ist es heute noch immer vollkommen offen und ungeklärt, ob es rechtmäßig ist, dass dieser Senat Hunderte von Millionen Euro in einem hochriskanten Geschäft ohne Wertgutachten ausgibt. Deshalb werde ich, wenn Sie heute mit Ihrer Mehrheit diesen Deal beschließen,
dass der Senat solche Beteiligungen ohne Wertgutachten eingehen kann, und ob es eigentlich zulässig ist, dass Abgeordnete als Volksvertreter darauf verzichten, den Wert eines Unternehmens zu ermitteln, das sie kaufen sollen. Es ist notwendig, eine solche Klärung vorzunehmen, nicht, weil man dann bei Hapag-Lloyd Risiken von der Stadt abwenden kann, aber dieser Senat ist gerade dabei, zum Wiederholungstäter zu werden.
In drei Wochen, wenn es darum geht, einen 25-Prozent-Anteil an den Netzen zu kaufen, werden wir wieder die Situation haben, dass der Senat auf grundlegende Sorgfaltspflichten bei der Ermittlung des Werts verzichtet hat. Als wir die Experten am letzten Donnerstag fragten, ob sie uns empfehlen würden, Anteile zu kaufen ohne Due Diligence, ohne die Erkenntnis von Gutachten, haben sie uns gefragt, ob das ein Witz oder eine rhetorische Frage sei.
Es ist notwendig, einmal die Rechte des Parlaments und die Pflichten des Senats vom höchsten Gericht feststellen zu lassen, um zu klären, ob das, was wir heute erleben, zulässig ist. Sonst wird Hamburg das teuer bezahlen müssen.
Deshalb müssen wir eines feststellen: Nach einem Jahr absoluter Mehrheit der SPD gehört es anscheinend zum guten Regieren à la Scholz, Hunderte von Millionen Euro ohne Risikoanalyse auszugeben und dass Abgeordnete der Opposition gezwungen sind, vor das Verfassungsgericht zu gehen, um überhaupt noch ihre Rechte als Abgeordnete wahrnehmen zu können.
Das wird nicht der letzte Scheck gewesen sein, den wir in dieser Frage ausgeben. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kerstan, gestatten Sie eine Vorbemerkung. Ich meine schon, dass wir die rechtliche Beurteilung dieses Vorgangs denjenigen überlassen sollten, die dafür berufen, zuständig und qualifiziert sind, nämlich den Gerichten. Unsere Aufgabe im Parlament ist es, eine politische Beurteilung der Senatsvorlage vorzunehmen, und zu der möchte ich an dieser Stelle zurückkehren.
Wir haben uns in den vergangenen Wochen viel mit der Frage beschäftigt, ob eine Erhöhung der städtischen Beteiligung an Hapag-Lloyd ein vertretbares Risiko darstellt und ob es für die Stadt ein gutes oder eher ein schlechtes Geschäft ist. Ich halte bereits diese Frage für falsch, um nicht zu sagen für irreführend. Diese Frage kann sich ein Unternehmen oder ein Kaufmann stellen, etwa Herr Kühne oder die anderen privaten Investoren des Albert-Ballin-Konsortiums, aber die Stadt muss sich eine ganz andere Frage stellen und die lautet: Welchen öffentlichen Nutzen hat es, die Beteiligung an einem privaten Unternehmen aufrechtzuerhalten oder sogar zu erhöhen?
Der öffentliche Nutzen muss also im Vordergrund stehen, nicht die Erwartung eines guten Geschäfts, eines Gewinns oder einer Rendite. Das ist über die Landeshaushaltsordnung unmittelbar geltendes
Recht, für den Senat in seinem Handeln bindendes Recht. Die Landeshaushaltsordnung besagt, dass sich die Freie und Hansestadt Hamburg an einem bestehenden Unternehmen nur dann beteiligen soll, wenn – das ist die Voraussetzung – ein wichtiges staatliches Interesse vorliegt. Das wirft die Frage auf, welches wichtige staatliche Interesse vorliegt, um sich noch einmal höher an Hapag-Lloyd zu beteiligen, hierzu weitere 420 Millionen Euro Schulden zu machen und den laufenden Haushalt mit jährlich 15 Millionen Euro zu belasten. Auf genau diese Schlüsselfrage haben wir bislang keine Antwort bekommen, weder in der Senatsdrucksache, noch in der Regierungserklärung des Bürgermeisters, noch in der Senatsanhörung. Das lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Es gibt ein solches wichtiges staatliches Interesse nicht.
Wenn es aber kein wichtiges staatliches Interesse gibt, das für eine Beteiligung oder sogar eine Erhöhung der Beteiligung spricht, dann müssen wir uns mit der Folgefrage auseinandersetzen, welche Risiken bei einem Alternativhandeln bestehen. Wenn wir also die Erhöhung der Beteiligung, wie sie vom Senat vorgeschlagen wird, nicht machen, welche Auswirkungen hätte es dann für den Güterumschlag, für die Beschäftigung oder das Steueraufkommen, wenn TUI nach dem 30. September frei wäre, das Drag-Along-Recht auszuüben und 50,1 Prozent an einen dritten Investor zu verkaufen? Diese Frage ist in der Sachverständigenanhörung vorige Woche klar beantwortet worden. Herr Kollege Quast, als ich Ihren Debattenbeitrag vorhin gehört habe, dachte ich, wir wären auf zwei unterschiedlichen Veranstaltungen gewesen.
Professor Haucap, Professor Bräuninger und Philip Damas, also eher unabhängige Experten, die nicht direkt beruflich oder persönlich mit Hapag-Lloyd verflochten sind, haben ein ziemlich übereinstimmendes Bild gegeben, nämlich dass bei einem Verkauf der Mehrheitsbeteiligung von Hapag-Lloyd an einen Investor negative Folgen auf den Güterumschlag eher unwahrscheinlich seien, allenfalls gering ausfielen und wenn sie eintreten sollten, dann langfristig. Die in der Senatsdrucksache wiedergegebene Aussage, dass Hamburg bei einem Ausscheiden von Hapag-Lloyd aus dem Markt 60 Prozent des Frachtvolumens verlieren würde, ist also nicht nur völlig unrealistisch und falsch, sondern an dieser Stelle vor allen Dingen irreführend.
Professor Haucap, Vorsitzender der Monopolkommission, hat das sehr anschaulich auf den Punkt gebracht. Hapag-Lloyd ist ein gut geführtes Unternehmen, das bislang vergleichsweise gut durch eine schwierige Marktsituation gekommen ist. Daher wird ein neuer Eigentümer versuchen, möglichst viel so zu belassen, wie es in diesem gut geführten Unternehmen ist und nicht alle Verkehrsströme anders leiten als in der Vergangenheit.
Ein weiterer Aspekt aus der Senatsanhörung. Der Senat will durch die Beteiligung den Mehrheitsverkauf von Hapag-Lloyd an einen Investor verhindern, um so Umschlag und Beschäftigung für den Hafen zu sichern. Aber die Befürchtungen, die mit einem Verkauf der Mehrheit verbunden sind, gelten dann doch nicht nur für den Verkauf nach dem 30. September 2012, sondern diese Befürchtungen gelten logischerweise gleichermaßen für einen späteren Börsengang. Daher ist das Argument Beteiligungserhöhung zur Sicherung von Umschlag und Beschäftigung eigentlich ein Argument für eine Beteiligung auf Dauer und nicht nur für einige Zeit, wie es der Senat erklärtermaßen will. Mit anderen Worten: Die Argumentation des Senats ist entweder falsch oder unredlich.
Das Zwischenergebnis lautet also: Es entsteht erstens aus der Erhöhung der städtischen Beteiligung bei Hapag-Lloyd kein besonderer öffentlicher Nutzen und zweitens sind bei der Veräußerung einer Mehrheitsbeteiligung an einen Dritten nach dem 30. September die Risiken eher gering. Diesem geringen öffentlichen Nutzen stehen aber Risiken von erheblichem Umfang gegenüber. Nach den Kapitalmaßnahmen, wie sie vom Senat vorgeschlagen werden, wird die Kapitalbindung der Stadt bei Hapag-Lloyd auf gigantische 1,1 Milliarden Euro anwachsen. Über die HSH Nordbank kommen mittelbar weitere 96 Millionen Euro dazu. 1,2 Milliarden Euro für die Beteiligung an einem Unternehmen, das 2009 fast kollabiert wäre, erhebliche Verlustvorträge in den Büchern stehen hat und sich in einem ausgesprochen schwierigen volatilen, also wechselhaften Marktumfeld bewegt, wie uns dies ausnahmslos alle Experten bei der Anhörung bestätigt haben – das ist ziemlich genau das Gegenteil einer sicheren Anlage.
Wir haben daher bei der Expertenanhörung die Sachverständigen bewusst nach dem maximalen Risiko dieser erhöhten Beteiligung befragt. Professor Haucap, der Vorsitzende der Monopolkommission, hat das Risiko hoch eingeschätzt. Er hat die Frage aufgeworfen, ob man hier nicht ein Geschäft eingehe, bei dem man nach einem Börsengang viel weniger zurück bekommt als man heute zahlt. Und – das ist schon fast ironisch – Professor Hau
cap hat festgestellt, dass im Gegensatz zur HSH Nordbank das maximale Risiko wenigstens auf den maximalen Verlust der Beteiligung, also 1,1 Milliarden Euro, begrenzt sei. Ich kann nur sagen, der Mann hat wirklich Humor.
Unter diesen Voraussetzungen soll die Stadt also weitere 420 Millionen Euro in die Hand nehmen, Schulden machen, um TUI-Aktien zu 80 Prozent des Buchwerts zu kaufen. Wie wurde der Kaufpreis von 80 Prozent überhaupt ermittelt? Vertraglich vorgesehenes Bewertungsgutachten – Fehlanzeige. Vielleicht ein internes Bewertungsgutachten der Verkäuferseite – ebenfalls Fehlanzeige. Due Diligence – Kollege Kerstan hat darauf hingewiesen, Fehlanzeige. Wahrscheinlich wurde der Kaufpreis von Herrn Klemmt-Nissen irgendwie erfühlt oder ertastet,
Meine Damen und Herren! Viele Experten halten den Kaufpreis für zu hoch. Torsten Teichert, einer der anerkannten Fachleute im Bereich der Schiffsfinanzierung, hatte ich bereits in der letzten Debatte genannt. Auch der Steuerzahlerbund ist in seinem am Montag veröffentlichten Positionspapier zu der Einschätzung gelangt, dass der Preis das Ergebnis einer politischen Interessenabwägung sei und bei einer ordnungsgemäßen Wertermittlung – ich bitte hinzuhören – wohl erheblich niedriger ausgefallen wäre. Mit Verlaub, Frau Präsidentin, wir halten das für einen Skandal. Die Stadt ist Treuhänderin öffentlicher Gelder. Sorgfalt und Verantwortung sehen anders aus, Zocken soll man denen überlassen, die es mit eigenem Geld tun und nicht mit Steuergeldern.
Noch einmal: 80 Prozent des Buchwertes für die Aktien eines Unternehmens, das zum 31. Dezember 2011 einen Verlust von 29 Millionen Euro eingefahren hat,