Protocol of the Session on March 28, 2012

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist erkennbar nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Jetzt haben wir noch fünf Minuten für die nächsten Themen. Wird vonseiten der beantragenden Fraktionen eine Verschiebung auf morgen gewünscht? – Das ist der Fall. Damit ist die Aktuelle Stunde für heute beendet. Wir setzen sie morgen mit dem dritten Thema fort.

Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 71, Drucksache 20/3552, Antrag der FDP-Fraktion: Hamburgs Potenzial nutzen – Hafeninvestitionen mit weiterer HHLA-Privatisierung sichern.

[Antrag der FDP-Fraktion: Hamburgs Potenzial nutzen – Hafeninvestitionen mit weiterer HHLA-Privatisierung sichern – Drs 20/3552 –]

Diese Drucksache möchte die FDP-Fraktion an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Kluth hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit dem 13. März liegt uns nun – wenn auch mit einiger Verspätung, aber immerhin – der Hafenentwicklungsplan-Entwurf 2025 vor. Der Entwurf enthält für den Antrag der FDP-Fraktion, den wir heute zur Abstimmung stellen, nämlich den Senat zu beauftragen, ein Konzept für eine weitere Teilveräußerung der HHLA zu entwickeln, drei wesentliche Aussagen.

Erstens: Der Hafen ist und bleibt das Herzstück des Clusters maritime Wirtschaft mit herausragender Bedeutung für Wirtschaft, Beschäftigung und das Steueraufkommen, und zwar nicht nur für Hamburg, sondern für die gesamte Metropolregion, auch mit Ausstrahlungswirkung auf ganz Deutschland. Die Bruttowertschöpfung des Hamburger Hafens lag im Jahre 2010 bei etwa 20,6 Milliarden Euro, davon 12,6 Milliarden Euro allein in Hamburg. Im Jahre 2011 wird sich diese Zahl noch einmal voraussichtlich deutlich erhöhen, und wir sprechen dabei nicht nur von den wenigen großen Umschlagsund Industrieunternehmen, sondern von über 500, zum Teil hochspezialisierten kleinen mittelständischen Unternehmen. Ebenso hoch ist die Bedeutung des Hafens für Beschäftigung und Ausbildung. Die Zahl der in Hamburg hafenabhängig Beschäftigten belief sich im Jahre 2010 auf fast 134 000 Menschen. Mit anderen Worten sind 11,8 Prozent und damit fast jeder achte Hamburger Arbeitnehmer direkt oder indirekt in seinem Beschäftigungsverhältnis vom Hafen abhängig. Und schließlich generiert der Hamburger Hafen jährlich rund 750 Millionen Euro Einkommen- und Unternehmenssteuern für Hamburg.

Zweitens: Der Hamburger Hafen hat auch weiterhin hervorragende Entwicklungsperspektiven. Das betrifft insbesondere den Containerumschlag, bei dem der Senat von einer Steigerung von gegenwärtig 9 Millionen TEU auf 25 Millionen TEU in 2025 ausgeht. Diese Prognose des Senats für den Containerumschlag mag man für realistisch halten oder auch nicht. Lassen Sie mich aber für die FDPFraktion darauf hinweisen, dass man diese Steigerung nur dann bewerkstelligen wird, wenn man die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens sichert. Dazu gehören günstige Umschlagkosten, eine moderne und effiziente Hafeninfrastruktur und vor allem – damit sind wir bei der dritten wesentlichen Feststellung des Hafenentwicklungsplan-Entwurfs – die Lösung der Probleme der Verkehrsanbindung auf Straße, Schiene und Binnenschiff. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens zu sichern, bedarf es also erheblicher Investitionen in die allgemeine Hafeninfrastruktur und in die Verkehrsanbindung, und zwar seeseitig, Stichwort Fahrrinnenanpassung, Stichwort Wasserstraßennetz bahnseitig, Stichwort mehr Effizienz und Zuverlässigkeit im Schienengüterverkehr, Ertüchtigung der Hafenbahn, Y-Trasse und auch straßenseitig Stichwort der Hafenquerspange und Ausbau A27 und A26. Zahlreiche wei

(Kai Voet van Vormizeele)

tere Projekte sind im Masterplan Straßenverkehr Hafen genannt. Ich nenne stichwortartig Zufahrt Burchardkai, Neubau Retheklappbrücke, Umgestaltung Knotenpunktsystem Neuhof/Kattwykbrücke.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Verzeihung. – Herr Dr. Kluth hat das Wort.

Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP (fortfahrend) : – Vielen Dank, Herr Präsident.

Meine Damen und Herren! Was Sie im Hafenentwicklungsplan-Entwurf 2025 aber nicht finden, ist eine Aussage zur weiteren Finanzierung des Hafens. Das Konzept "Hafen finanziert Hafen" – das ist inzwischen allgemeiner politischer Konsens – gilt als gescheitert. Die HHLA-Milliarde ist spätestens 2013 verbraucht und verplant. Zugleich hat uns die HPA einen Projekt- und Investitionsplan für den Hafen vorgelegt, der allein für den Zeitraum 2014 bis 2020, und zwar nach Hafenlasten, im Saldo ein Gesamtvolumen von 850 Millionen Euro ausweist. Das sind Jahr für Jahr 120 Millionen Euro, die aus dem laufenden Haushalt finanziert werden müssen. Und wer die Kostenentwicklung von öffentlichen Bauvorhaben in Hamburg kennt, der weiß, dass es sicher nicht weniger wird.

Meine Damen und Herren! Die FDP macht daher heute einen konkreten Finanzierungsvorschlag. Wir schlagen vor, zur Finanzierung der für den Hafen notwendigen Infrastruktur und Verkehrsprojekte eine weitere Teilveräußerung der HHLA vorzunehmen, und wir beantragen, den Senat damit zu beauftragen, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln. In der jüngeren Geschichte der bereits sehr langen Geschichte der HHLA seit 1885 hat es zwei Entscheidungen von Senaten gegeben, die sowohl für den Hafen wie auch für das Unternehmen richtig und wichtig waren. Die erste Entscheidung aus dem Jahre 1970 stammt von einem SPD-Senat, nämlich die Entscheidung, die staatlichen Aufgaben im Hafen einschließlich der Bereitstellung von Infrastruktur und Grundstücken einerseits zu trennen von der hafenwirtschaftlichen Tätigkeit andererseits.

Die zweite Entscheidung aus dem Jahre 2007 stammt von einem CDU-Senat, einen Teilverkauf von 30 Prozent an der HHLA vorzunehmen, um mit den Erlösen aus diesem Börsengang die Modernisierung und Instandsetzung des Hamburger Hafens zu finanzieren. Das war ein richtiger und wichtiger Schritt zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und für mehr Beschäftigung im Hamburger Hafen, vielleicht aber nicht mutig genug.

(Beifall bei der FDP)

Der Teilverkauf hat dem Unternehmen nicht geschadet, sondern gut getan, denn wir haben bei der HHLA seit dem Börsengang trotz internationaler Güterverkehrskrise 2009 einen Zuwachs an Arbeitsplätzen, Güterumschlag und Umsatz. Wenn man sich die damalige Drucksache 18/6210 zum Teilverkauf noch einmal anschaut, so hat sich an der Aktualität und den guten Gründen wenig geändert. Heute wie damals brauchen wir in den kommenden Jahren hohe Investitionen für wichtige Infrastruktur- und Hafenprojekte, um die Wettbewerbsfähigkeit, den Umschlag und die Beschäftigung im Hamburger Hafen langfristig zu sichern. Unter den Bedingungen von konsequenter Haushaltssanierung und verfassungsrechtlichem Gebot der Schuldenbremse wird dies aus dem Haushalt jedoch kaum zu stemmen sein. Alles spricht also dafür, über eine Hafenfinanzierung durch einen weiteren Teilverkauf der HHLA nachzudenken, und nichts spricht dagegen.

(Beifall bei der FDP)

Nach unseren Berechnungen liegt der zu erwartende Erlös je nach Umfang der Teilveräußerung und Börsenkurs bei bis zu 1,1 Milliarde Euro. Um diesen Betrag würde der Haushalt entlastet und zugleich Spielraum für die Haushaltskonsolidierung geschaffen. Der Zeitpunkt ist günstig: Das Unternehmen steht gut da. Wie man dem dritten Quartalsbericht 2011 entnehmen kann, haben sich Ergebnis, Umsatz und Umschlagsvolumen noch einmal gesteigert. Die HHLA war, ist und bleibt ein Unternehmen mit hoher Börsenattraktivität, das spiegelt sich auch in den positiven Kurserwartungen für die HHLA-Aktien wieder. Experten gehen von einem kurzfristigen Kursziel zwischen 31 und 37 Euro aus, und 13 von 17 Banken empfehlen den Erwerb von HHLA-Aktien. Das ist ein guter Zeitpunkt, viel Geld für die notwenigen Infrastruktur- und Verkehrsinvestitionen in die Hamburger Stadtkasse zu spülen.

Meine Damen und Herren! Wir wollen heute noch keine Festlegung darüber treffen, ob es Sinn macht, eine Mehrheitsbeteiligung von 50,1 Prozent oder nur eine strategische Beteiligung von 25,1 Prozent im städtischen Besitz zu halten. Wir wollen auch keine Vorentscheidung, ob der Teilverkauf im Wege des Börsengangs oder vielleicht besser gezielt an einen oder mehrere strategische Investoren erfolgen sollte. Für die letzte Variante spricht allerdings der vorgelegte Hafenentwicklungsplan-Entwurf, der zur Verstetigung und Krisenfestmachung des Hafens und Umschlagvolumens empfiehlt, internationale Schifffahrtslinien stärker an die Hamburger Terminals zu binden. Die FDP möchte mit ihrem Antrag eine Diskussion darüber anstoßen, wie über einen weiteren Teilverkauf der HHLA ein sinnvoller und richtiger Beitrag zur Finanzierung der notwendigen Infrastrukturund Verkehrsinvestitionen geleistet werden kann. Wir halten dies für den richtigen Weg oder jeden

falls für besser, als den Hamburger Haushalt jährlich mit 120 bis 150 Millionen Euro zu belasten, Geld, das nicht vorhanden ist oder an anderer Stelle bei der Bildung, der Inneren Sicherheit oder im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge dringender benötigt wird.

(Beifall bei Finn-Ole Ritter und Katja Suding, beide FDP)

Wir beantragen daher, unseren Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zu überweisen und bitten um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke. – Das Wort hat Herr Balcke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Kluth, die Analyse war aus unserer Sicht zum Teil korrekt, aber die Schlussfolgerung der FDP geht in eine völlig verkehrte Richtung. Einen Ausverkauf der HHLA wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei der SPD)

Seit Kurzem liegt der Hafenentwicklungsplan-Entwurf vor. Dieser geht nun in die Abstimmung, und verschiedene Verbände sind aufgerufen, sich an dieser breiten Diskussion zu beteiligen. Sie hatten Ausführungen zum Inhalt gemacht und viele Rahmenbedingungen sind korrekt beschrieben. Die aktuelle Situation um die Finanzierung des Hafens entspricht nicht unseren Idealvorstellungen. Wir haben kein Konzept, das bis 2020 und darüber hinaus reicht, wir müssen uns also Gedanken machen.

(Katja Suding FDP: Bis wann reicht das Konzept denn?)

Allerdings ist die Frage, ob wir heute eine Entscheidung treffen sollten, die weitreichende Konsequenzen für die Freie und Hansestadt Hamburg hat. Wir sind der Überzeugung, dass das zum heutigen Zeitpunkt weder erforderlich noch angebracht ist. Wir haben – meine Damen und Herren von der FDP, damals waren Sie noch nicht in diesem Parlament vertreten – bereits 2009 einen diesbezüglichen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht. 2008 war bereits erkennbar, dass bei einem jährlichen Abschmelzen der HHLA-Milliarde von 250 Millionen Euro das Geld irgendwann zu Ende ist, und vor der Situation befinden wir uns nun. GAL und CDU haben sich auf dem Verzehr der HHLA-Milliarde ausgeruht und den Anteil aus dem Haushalt auf ein absolutes Minimum heruntergefahren – das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD – Katja Suding FDP: Machen Sie es doch besser!)

Trotzdem haben Sie damals vollmundig erklärt, dass alles gut würde. Ich zitiere aus der damaligen Drucksache "Hafen finanziert Hafen":

"[Die Finanzierung der Hafeninvestitionen] im erforderlichen Umfang [ist] auch durch den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg […] sichergestellt."

Welch ein Trugschluss.

(Katja Suding FDP: Eben!)

Der schwarz-grüne Senat wollte die Realität offensichtlich nicht wahrhaben und hat mit rein spekulativen Einnahmezuwächsen gerechnet.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Ihre Rede ist ein Plädoyer für unseren Antrag, Herr Bal- cke!)

Doch irgendwann musste Schluss sein mit dem warmen Regen der HHLA-Milliarde. Ich sagte schon, die Analyse ist das eine, die Schlussfolgerung das andere.

Die Finanzierung des Hafens ist aus dem Haushalt zu gewährleisten. Das hat der Bürgermeister im Wahlkampf und in seiner Regierungserklärung sehr deutlich gesagt, und das ist selbstverständlich nach wie vor die Position der SPD-Fraktion. Die Regierung aus CDU und GAL hat den Anteil aus dem Haushalt auf 24 Millionen Euro abgesenkt. Interessant ist, dass das noch nicht einmal Hamburger Geld war, sondern ein durchlaufender Posten, Mittel aus dem Bundeshaushalt, die nur zweckgebunden eingesetzt und weitergeleitet wurden. Faktisch wurde der Hamburger Anteil damals auf Null gesetzt. Wir stellen die Finanzierung nun wieder auf eine solide Grundlage.

(Finn-Ole Ritter FDP: Aha! Wie denn? – Kat- ja Suding FDP: Wie denn?)

Die Ansätze sind gemacht. Ab 2014 werden jährlich 100 Millionen Euro aus dem Haushalt in den Hafen investiert, das haben Sie nicht gesagt, und ab 2015 kommen weitere 64 Millionen Euro hinzu. Wir investieren in unseren Hafen bis 2020 deutlich mehr als 700 Millionen Euro, und das ist ein Wort.

(Beifall bei der SPD)

Für einen Verkauf und eine Absenkung des Anteils an der HHLA gibt es aus unserer Sicht überhaupt keine Gründe. Sie haben die hervorragenden Geschäftszahlen eben selbst erwähnt, Herr Dr. Kluth. Die HHLA schüttet jährlich rund 40 Millionen Euro an ihre Anteilsnehmer aus. Es wäre volks- und betriebswirtschaftlich unsinnig, sich jetzt von diesem erfolgreichen Engagement zu trennen. Außerdem würde das für erhebliche Unruhe in der Stadt und, wie wir nachvollziehen können, auch in der Belegschaft sorgen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Lieber noch mal weite- re Anteile kaufen!)

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Das Unternehmen bringt der Stadt jährlich verbindliche und perspektivisch steigende Einnahmen, und mit diesen Einnahmen rechnen wir auch.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir den Gedanken der FDP weiterspinnen und die HHLA verkaufen, dann wird der gleiche Fehler, den seinerzeit CDU und GAL gemacht haben, die Stadt in ein paar Jahren umso stärker erneut treffen, denn ab 2020 gilt die Schuldenbremse, und dann werden wir andere Antworten zu formulieren haben. Hamburg will und braucht ein sicheres Engagement und ein Steuerungsinstrument im Hafen. Dazu bekennen wir uns ausdrücklich. Unsere Stadt ist damit unabhängig von Standortentscheidungen auswärtiger Unternehmen.