Protocol of the Session on March 28, 2012

"Für eine solche Ungleichbehandlung von Familien besteht kein sachlicher Grund."

(Dr. Walter Scheuerl)

Stimmt, dafür besteht kein sachlicher Grund. Aber wenn das durch einen Gesetzestext noch einmal verewigt, juristisch wahr und klar und umfänglich beschrieben werden soll, sind wir da leidenschaftslos und pragmatisch. Wir stimmen dem Antrag der SPD zu.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Dennoch halten wir diese Diskussion um die Präzisierung des Gesetzestextes für überflüssig. Es ist unheimlich viel Wirbel gemacht worden und es wurde viel Energie dafür aufgewendet. Wenn man so viel Wirbel und Verve in Inklusion, Stadtteilschulen und Bildungsgerechtigkeit geben würde, dann wären wir schon weiter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Karin Prien CDU)

Frau von Treuenfels, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Anbetracht der Tatsache, dass wir die Fakten jetzt schon alle kennen, werde ich meine Rede stark abkürzen.

(Beifall bei Jens Kerstan GAL und Karin Pri- en CDU)

Vielen Dank für den Beifall von der CDU.

Meine Botschaft an Herrn Senator Rabe lautet schlicht und ergreifend: Hören Sie auf mit diesem Zickzack-Kurs. Sie verunsichern die Eltern. Wir begrüßen Ihren Antrag, den wir der Fraktion zu verdanken haben. Erst der Aufschrei der Eltern und der Opposition haben dazu geführt, dass er überhaupt eingereicht wurde. Sie müssen bedenken, dass da Eltern stehen, die nicht wissen, wie es weitergehen soll, ob ihre Kinder nun an der Schule ihrer Geschwister angemeldet werden können oder nicht. Mit solchen Sachen darf man nicht spielen. Wir unterstützen Ihren Antrag, aber so etwas darf nicht passieren. Sie müssen Kontinuität und Verlässlichkeit in Ihre Bildungspolitik bringen, darauf muss die Stadt zählen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Heyenn, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wundere mich über diese Debatte und ich wundere mich auch darüber, dass wir es nach dem in 2009 mit großem Brimborium zwischen CDU, SPD und GAL geschlossenen Schulfrieden im laufenden Jahr ständig mit neuen Änderungsvorschlägen zu tun haben. Es fing mit der Änderung der Schullaufbahnempfehlung an,

die erst von Senator Wersich und dann von der SPD völlig entgegen dem Geist des Schulgesetzes gehandhabt wurde. Jetzt gibt es Vorschläge, das Sitzenbleiben doch nicht abzuschaffen, und Vorschläge aus der CDU, das Abschulungsverbot ab Klasse 7 des Gymnasiums wieder zu kippen. Die im Gesetz festgelegten kleinen Klassen werden auch immer größer. Nachdem wir die gymnasiale Oberstufe umgewandelt und mit Profilen neu eingerichtet haben, wurde als Letztes bekannt, dass das Zentralabitur kommen soll – eine Änderung nach der anderen. Wir hatten recht: So ein Schulfrieden war Quark und bleibt Quark.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben in 2009 mit allen Fraktionen in diesem Haus das Schulgesetz geändert; jetzt liegt uns ein neuer Vorschlag der SPD vor, das Schulgesetz zu ändern, was die Anmeldeverbünde betrifft. Eine falsche Handreichung einer Behörde ist das eine, aber die Änderung des Schulgesetzes muss man sich genau überlegen. Die Abschaffung der Anmeldeverbünde ist nichts Neues, da wird das Rad nur zurückgedreht. Im Jahr 2005 hat der CDU-Senat dafür gesorgt, dass die Anmeldepflicht in den regional zuständigen Grundschulen, damals Bezirksschulen genannt, abgeschafft wurde. SPD und GAL waren damals zu Recht sehr dagegen. Eltern konnten auch damals schon aufgrund bestimmter Profile – früher nannte man es besondere Angebote in Schulen – Anträge stellen, damit ihre Kinder von der Bezirksgrundschule in eine andere Grundschule wechseln konnten. Die unselige Senatorin Dinges-Dierig

(Unmutsäußerungen bei der CDU)

ich kann das so sagen, weil sie meine oberste Dienstfrau war – hat dann die Anmeldeverbünde eingeführt, von denen die CDU heute sagt, das sei nur zu Planungszwecken gemacht worden. Schauen wir uns einmal an, was damals passiert ist: Die CDU-Fürsten haben einen Riesenkrieg angezettelt, um zu erreichen, das ganz bestimmte Schulen in einem bestimmten Schulverbund landen.

(Glocke)

Frau Heyenn, entschuldigen Sie bitte. – Die Sitzung ist gleich zu Ende, vielleicht halten Sie es noch so lange aus und unterhalten sich, wenn hier Feierabend ist. – Fahren Sie bitte fort, Frau Heyenn.

Sie müssen es auch aushalten, dass wir eine andere Auffassung haben. Das passiert öfter in diesem Hause, und das ist auch gut so.

Die Idee für die freie Schulwahl geht zurück auf Milton Friedman mit seiner neoliberalen Idee, dass eben alles frei sein muss, und das hängt ganz

(Dr. Stefanie von Berg)

stark zusammen mit dem Ranking nach dem Motto, dass es gute und schlechte Grundschulen gibt und die Eltern wählen können sollten. Genau das will jetzt auch die CDU. Man muss den Antrag der SPD-Fraktion im Zusammenhang mit der Schulinspektion sehen. Wenn jetzt jedes Kind auf jeder Grundschule in der Stadt angemeldet werden kann und es keine Verbünde mehr gibt, dann muss man sich fragen, ob das eigentlich zu Ende gedacht ist.

Was bedeutet das in der Konsequenz? In der Konsequenz heißt das, dass es Schulen geben wird, die wiederholt viel zu viele Anmeldungen bekommen, und dass es Schulen geben wird, die wiederholt viel zu wenige Anmeldungen bekommen. Da hilft es auch nicht, wenn Sie, Frau von Berg, in Ihrer berechtigten Kritik zur Inklusion fordern, dass die Schulbehörde die Schülerströme klug lenken soll. Wie soll das denn gehen bei den Kriterien, die es gibt? Wir fürchten ganz einfach – und das haben wir bei der Anhörung des SEPL im Schulausschuss gehört –, dass eine Schule, die das dritte Jahr in Folge zu wenige Anmeldungen bekommt, dann geschlossen wird. Bei diesem Antrag ist nichts zu Ende gedacht. Was passiert eigentlich bei diesem unterschiedlichen Nachfrageniveau? Müssen dann Schulen geschlossen werden, muss bei anderen Schulen angebaut werden oder bekommen sie noch ein paar Container auf den Hof? Wir fürchten einfach, dass dieser Schnellschuss dazu führen wird, dass wir in Kürze darüber sprechen, wie wir verhindern, dass bestimmte Schulen geschlossen werden. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Senator Rabe, Sie haben das Wort. – Ich bitte das Plenum noch einmal um Aufmerksamkeit und darum, dem Senator zuzuhören und selbst nicht zu reden.

Alle wollen nach Hause, und dafür habe ich Verständnis. Ich habe auch nicht einmal einen Zettel mitgebracht. Keine Angst, es dauert nicht lange, aber ich will auf einen Punkt eingehen. Es ist richtig, dass Eltern die Schule wählen können und dass es an einigen Schulen, da hat Frau Heyenn völlig recht, dann zu einer Überanbuchung kommt. Dann braucht man ein faires Verfahren, nach dem gesichert wird, wer jetzt zum Zuge kommt und wer nicht. Das Verfahren haben wir eigentlich. Zunächst kommen Härtefälle dran, dann die Geschwisterkinder und dann geht es nach Entfernung. Das ist klar und einfach und funktioniert, wenn nicht eine Besonderheit wäre, und diese Besonderheit ist der sogenannte Anmeldeverbund. Manchmal wohnt ein Schüler nämlich in Sichtweite einer Schule, aber dazwischen liegt eine für ihn unsichtbare Grenze, nämlich ein Anmeldeverbund, eine Verwaltungsgrenze, und er darf nicht zu dieser Schule gehen, obwohl die

Wohnortnähe wunderbar stimmen könnte. Da sich diese Grenzen immer wieder einmal ändern, weil die Verwaltung sich ändert und neue Grenzen zieht, verursacht das regelmäßig Verdruss und Chaos. Diese Anmeldeverbünde sind dummes Zeug und gehören weg, damit das Verfahren klar und transparent ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin deshalb hier nach vorne gekommen, weil Herr Scheuerl drei Wochen lang mit allen möglichen Beispielen versucht hat, so zu tun, als hätte ich diese Anmeldeverbünde geschaffen. Er hat dabei auch in der Öffentlichkeit wiederholt Dinge erzählt, die einfach nicht stimmen, und zwar in wachsender Lautstärke. Eben ging es mit dem Vergreifen in der Tonlage weiter, weil er wohl die Taktik verfolgt, dass, wenn man lange genug das Falsche erzählt, etwas davon hängen bleibt. Deswegen bin ich hier nach vorne gegangen, um Ihnen zu sagen: Damit kommen Sie nicht durch, Herr Scheuerl.

(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich ist die Idee der Anmeldeverbünde nicht meine Idee gewesen,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig, so ist es!)

darauf hatte Frau Heyenn hingewiesen, sondern es war die Idee von CDU und GAL in der letzten Legislaturperiode, die Sie ins Schulgesetz geschrieben haben. Obwohl Sie immer so getan haben, Herr Scheuerl, als hätte ich im Verwaltungshandeln durch die kalte Küche irgendetwas erfunden, haben Sie jetzt – und ich frage mich, warum – den Antrag eingebracht, das Gesetz zu ändern, vielleicht, weil ich doch recht hatte. Es war Ihr Gesetz und nicht mein Verwaltungshandeln, das dieses dumme Zeug verursacht hat. Das muss man hier einmal klar sagen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen sehe ich Ihren Antrag als Bestätigung meiner eigenen Position. Es war nicht die Behörde, sondern ein Gesetz, an das wir uns halten mussten, und dieses Gesetz müssen wir jetzt ändern. Auch hier zeigt sich, dass Ihre Partei genau das nicht gelernt hat, denn Ihre Gesetzesänderung belässt es immer noch bei Anmeldeverbünden und versucht, irgendeinen schrägen Ausweg zu schaffen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das Schlimme ist, es ist ja gar nicht seine Partei!)

während wir klar gesagt haben: Schluss mit diesem dummen Zeug.

(Glocke)

Verzeihen Sie bitte, Herr Senator. Ich weiß nicht, ob "dummes Zeug" auf der Liste der unparlamen

(Dora Heyenn)

tarischen Worte steht, aber Sie haben es schon ein zweites Mal erwähnt. Bitte mäßigen Sie sich etwas, und fahren Sie gerne fort.

– Also Schluss damit.

Wir machen das gründlich und richtig und werden deshalb diese seltsame Verwaltungsregelung, die eine andere Partei erfunden hat, jetzt zu den Akten legen und ein klares und transparentes Handeln ermöglichen, das den Eltern hilft. Das ist unsere Marschrichtung, das ist vernünftig und ich freue mich, wenn das Haus dem zustimmt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. von Berg, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz noch einmal auf den Vorwurf reagieren, den Frau Heyenn gerade erhoben hat. Ich erliege nicht der Illusion, dass man durch eine Aufrechterhaltung der Anmeldeverbünde Schülerströme so steuern kann, dass alle Schulen gleichmäßig belegt werden. Das wird man niemals schaffen, das wird Herr Senator Rabe nicht schaffen, und das wird auch kein anderer Senat schaffen. Das ist leider einfach so, und von daher ist die Schulweglänge das entscheidende Kriterium, die Geschwisterkinder und hoffentlich auch die Vorschulkinder, das wird noch geklärt werden müssen. Wir werden niemals alle Kinder gleichmäßig verteilen können. So ist es einfach und deswegen möchte ich diese Kritik deutlich zurückweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Karin Prien CDU)

Herr Dr. Scheuerl, Sie haben jetzt das Wort.