Protocol of the Session on February 29, 2012

Darüber hinaus sprechen wir aber auch über weitergehende Forderungen, die Sie angesprochen haben und die auch im GAL-Antrag zu finden sind. Es geht dabei nicht um eine grundstücksbezogene Kostenbeteiligung, sondern um Gewinnabschöpfung durch Pauschalbeträge, um Prozentsätze an einem errechneten Grundstücksgewinn, die pauschal abgezogen werden. Sie verhandeln das unter dem Stichwort Münchner Modell, deswegen auch Ihre Einleitung, wobei ich nicht weiß, ob so viele sehen möchten, wenn in Bremen Fußball gespielt wird und dabei auch noch Tim Wiese im Tor steht. Insofern können wir uns diesem Thema durchaus konzentriert widmen.

Ich bin ein bisschen skeptisch, ob wir bei den sehr unterschiedlichen Grundstückssituationen in Hamburg mit einer pauschalen prozentualen Abgabe tatsächlich besser fahren als mit der individuellen Vereinbarung eines städtebaulichen Vertrags, der grundstücksbezogen festlegt, was wir dort für richtig halten, natürlich immer vor dem Hintergrund, die planungsbedingte Wertsteigerung entsprechend aufzunehmen. Wir werden das im Ausschuss ausführlich weiter diskutieren.

Ich will aber ein paar Worte zum Münchner Modell sagen. München hat tatsächlich eine ganze Reihe interessante wohnungspolitische Instrumente eingeführt, nicht nur das eine. Wir haben immer gesagt, dass es richtig ist und sich lohnt, das anzuschauen, aber wir haben nie gefordert, alles eins zu eins zu übernehmen. Der Blick über den Tellerrand war natürlich gerade in der Vergangenheit besonders naheliegend, als wir uns in Hamburg in der wohnungspolitischen Diaspora befunden und sehnsüchtig nach Erfolgsmodellen Ausschau gehalten haben. Nun hat sich die Lage geändert. Seit einem Jahr haben wir eine neue Wohnungsbaupolitik und eine ganze Reihe neuer Modelle und Instrumente erfolgreich auf den Weg gebracht. Ich kann Ihnen mitteilen, dass im April eine Münchner Delegation nach Hamburg kommt, um sich über unsere erfolgreiche Wohnungsbaupolitik zu informieren. Der Blickwinkel hat sich inzwischen verändert: Die Opposition blickt nach München, München blickt nach Hamburg. Das muss man in die Diskussion auch mit einbeziehen.

Zu den Forderungen aus dem Antrag der LINKEN: Sie fordern erstens, das Instrument städtebaulicher Verträge nach den Paragrafen 11 und 12 des Baugesetzbuchs konsequenter umzusetzen. Das ist völlig unbenommen und wir stehen auf Ihrer Seite, gerade wenn es darum geht, die Verpflichtung zum geförderten Wohnungsbau wieder stärker mit hineinzunehmen.

Zweitens fordern Sie 50 Prozent Sozialwohnungsbau. Wir haben das schon diskutiert und werden es noch weiter diskutieren. Wir halten es für falsch, wir glauben, dass 30 Prozent der richtige Anteil für alle Grundstücke ist. 50 Prozent Sozialwohnungen in neu entstehenden Quartieren schafft Monostrukturen und keine sozial stabilen Quartiere. Sie können sich das in einer ganzen Reihe von Quartieren anschauen, die eine Quote von 50 und mehr Prozent Sozialwohnungen haben.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Das baut Ihnen auch keiner. Sie werden kaum jemanden finden, der das umsetzt. In bestimmten Einzelfällen kann man das machen, aber als flächendeckende Regelung taugt es nicht. Nehmen wir als Beispiel die Neue Mitte Altona mit Tausenden von Wohnungen. Wir halten dort einen Sozialwohnungsanteil von 50 Prozent nicht für richtig, das werden wir im weiteren Verlauf des Verfahrens noch diskutieren.

Es ist richtig, dass der Anteil an geförderten Wohnungen drastisch schmilzt, aber wir müssen die Zahl der preisgebundenen Wohnungen auch auf anderem Wege stabilisieren. Nur mit Neubau allein werden wir das nicht schaffen. 2000 Wohnungen im Neubau, also 30 Prozent, sind realistisch. Den Rest werden wir durch geförderte Modernisierungen mit anschließender Preisbindung, durch Sanierung und den Ankauf von Belegungsbindungen erbringen müssen. Diese Instrumente und Kombinationen müssen den Rest bringen, den wir an der Stelle brauchen. Das ist ein sinnvollerer Weg als die Pauschalforderung nach 50 Prozent auf jedem Grundstück.

Es gibt eine dritte Forderung, und die halte ich für am problematischsten. Sie wollen on top zusätzlich zur maximalen Ausschöpfung des Instruments der städtebaulichen Verträge eine pauschale Abschöpfung planungsbedingter Wertsteigerungen durch eine neue fiskalische Abgabe, die über ein neues Bundesgesetz verankert werden soll. Das wird so nicht gehen. Auch wenn man findet, dass es Privateigentum an Grundstücken sowieso nicht geben sollte und jeder, der damit Geld verdient, dieses Geld wieder abgeben sollte, wird das in der Praxis nicht funktionieren.

Sie müssen sich für ein Modell entscheiden, Sie können eine Wertsteigerung nur einmal umverteilen, nicht zweimal. Wenn Sie das tatsächlich ernsthaft weiter verfolgen und beide Instrumente gleichzeitig anwenden wollen, werden Sie damit nicht nur den bösen Spekulanten treffen, sondern jedes Wohnungsunternehmen, das in Hamburg am Start ist, auch die Genossenschaften und die SAGA. Das würde am Ende dazu führen, dass eine ganze Reihe von Wohnungsbauplanungen wegen wirtschaftlicher Sinnlosigkeit nicht realisiert würde. Das ist ausdrücklich nicht unser Ziel. Über alles

andere können wir gerne im Ausschuss sprechen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat das Wort Herr Hamann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Grote, ich glaube, Sie haben Ihren Spickzettel liegengelassen. Ich reiche Ihnen den gern rein, Sie dürfen ihn sich abholen.

Frau Kollegin Sudmann,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wollen Sie meinen Zettel auch haben?)

nein, den will ich nun gerade nicht haben –, der Kollege Grote hat Ihnen in der bekannten Ausführlichkeit aufgezeigt, was alles verkehrt ist an Ihrem Antrag. Das brauche ich nicht im Einzelnen zu wiederholen, es wird reichen, das an zwei, drei Punkten zu vertiefen. Dass Sie ausgerechnet München als Erfolgsmodell sehen, wo wir doch alle die Situation auf dem dortigen Wohnungsmarkt – auch ich war in München und habe mit den Kollegen vor Ort gesprochen – und die Preise kennen, ist mehr als fraglich.

Ihr grundsätzlicher Ansatz, möglichst alles abzuschöpfen, was in irgendeiner Weise mit Gewinn oder Erfolg zu tun hat, mag in Ihren politischen Überlegungen begründet sein. Sie wollen dazu ein zusätzliches Modell schaffen. Ich bitte Sie, einmal zu bedenken, dass wir schon ein Prinzip haben, nach dem wir solche Fälle behandeln, es ist mit dem Begriff "Steuern" recht gut beschrieben. Jeder, der investiert und jeder, der etwas entwickelt, plant und gewinnt, zahlt Steuern. Jetzt können Sie natürlich sagen – und damit haben Sie nicht unrecht –, dass unter der SPD-geführten Bundesregierung die Unternehmensgewinne auf einen historisch hohen Stand und die Steuern auf einen historisch niedrigen Stand geführt wurden; darauf müssen dann die Kollegen von der SPD antworten. Trotzdem haben wir immer noch ein sehr dichtes, sehr umfassendes Steuersystem, und wenn es Planungsgewinne gibt, dann kann man sie damit abschöpfen. Nun noch weitere Methoden einzuführen, würden den Wohnungsbau nur zusätzlich drangsalieren. Damit tun wir letztlich niemandem einen Gefallen.

Sie scheinen zudem unser gesamtes Rechtssystem zu verkennen. Grundansatz des Baugesetzbuchs ist es, Bebauungspläne aufzustellen. Es gibt kein großes Entschließungsermessen, das Gesetz sagt eindeutig, dass Bebauungspläne aufzustellen sind, wenn es erforderlich ist. Da steht nicht, wir machen es so, wie Frau Sudmann und DIE LINKE es möchten, um möglichst viel abzuschöpfen. Es geht um die Frage, was rechtlich zulässig ist. Und

das ist durch Gesetzgebung und Rechtsprechung definiert, da gibt es kein großes Ermessen. Auch an diesem Punkt krankt es.

Wenn die Kollegen von der SPD die Globalrichtlinie nun doch wieder aufgreifen und verlängern wollen, sehen wir das mit Interesse. Grundsätzlich haben wir hier ein Prinzip, mit dem wir etwaige Planungsgewinne beziehungsweise die Kosten von Baumaßnahmen steuern können, das sind städtebauliche Verträge. Wir haben das in Hamburg immer sehr erfolgreich gemacht, wir brauchen kein zusätzliches Modell. Aber wir sehen dem mit Interesse entgegen.

So, wie Ihr Antrag formuliert ist, ist er allein sprachlich fast ein Genuss.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das freut mich aber!)

Ich weiß nicht, wo Sie das alles her haben, ich wage schon fast zu bezweifeln, dass Sie ihn selbst gelesen haben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Im Gegensatz zu Ihnen lese ich meine Sachen!)

Sie formulieren in Absatz 1:

"[…] das Instrument […] bei allen infrage kommenden Maßnahmen und Planungen in vollem Umfang anzuwenden."

Was soll das heißen, was wollen Sie denn damit sagen? Fordern Sie konkret etwas, haben Sie irgendeine Vorstellung? Wann, Frau Kollegin Sudmann, wird der Mensch geboren, der versteht, was Sie hier fordern?

Noch schlimmer – das erspare ich uns – ist Absatz 2 b. Wer wirklich einmal Genuss an Sprache haben möchte, der möge ihn sich durchlesen. Vielleicht überfordert er mich auch intellektuell, ich mag zugestehen, dass Ihre Fraktion dort höhere Künste entwickelt hat. Aber abgesehen von diversen Substantivierungen und Füllworten – es ist nicht ein Komma in dem Satz – ist schon sprachlich unverständlich, was Sie wollen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich sehe gerade, dass meine Anmerkung viele zum Lesen angeregt hat. Vielleicht sollten Sie das auch noch einmal tun.

Das Einzige, was ich bei den Kollegen von der SPD nicht verstehe, ist, warum ein solcher Antrag überwiesen und nicht gleich abgelehnt werden soll. In diesem Antrag ist nun wirklich nichts, worüber man diskutieren kann, er ist noch nicht einmal verständlich, Frau Kollegin Sudmann. Von daher lehnt zumindest unsere Fraktion ihn ab. – Vielen Dank.

Herr Duge, Sie haben das Wort.

(Andy Grote)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat habe ich mir die Frage gestellt, warum dieser Antrag von den LINKEN eingebracht wurde, denn er wurde eigentlich bereits gestellt, aber eben noch nicht von jedem. Wir haben am letzten Sitzungstag mit unserem Antrag die städtebaulichen Verträge und deren regelhafte Anwendung an den Ausschuss überwiesen, was in Punkt 1 noch einmal wiederholt wird. Die Anwendung der sozialen Bodennutzungsordnung haben wir in unserem Antrag Ende Januar eingebracht, und dies taucht jetzt, zwei Wochen später, unter Punkt 2 wieder auf. Warum eigentlich das Ganze?

Dieses Thema zu debattieren ist wichtig, weil die Grundstücksfrage einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Mietenhöhe und die soziale Durchmischung in den einzelnen Stadtteilen hat. Deswegen muss hier etwas gemacht werden. Wir haben 2000 unter Rot-Grün gemeinsam die Kostenbeteiligung bei der Bauleitplanung beschlossen und eine Beteiligung für die Kosten eingeführt, die in der Verwaltung entstehen, um die Bebauungspläne aufzustellen. Für diese trägt dann der jeweilige Grundeigentümer die Kosten mit, zu Recht, denn er hat auch im Planungsgewinn den Vorteil der Grundstückswerte.

(Beifall bei Jens Kerstan und Antje Möller, beide GAL)

Ich habe mir natürlich auch die Frage gestellt, warum die SPD diese Kostenbeteiligung nicht schon längst verlängert hat. Ich bin schon etwas verwundert, dass wir erst die Anträge einbringen müssen, um Sie auf Trab zu bringen.

(Andy Grote SPD: Ach! Das denken aber auch nur Sie, Herr Duge! Ich kann Ihnen den Brief vom Staatsrat zeigen, dass man das nicht braucht!)

Ich bin aber ganz glücklich, Herr Grote, dass Sie den Ball aufgenommen haben, wir können nun zusammen weiterkicken.

Die Kostenbeteiligung, die wir lange Zeit gehabt haben und die es seit 2011 leider nicht mehr gibt, führt dazu – das muss man sich wirklich vor Augen halten –, dass aus öffentlichen Mitteln, also aus Steuerzahlermitteln, diejenigen indirekt subventioniert werden, die die Planungsgewinne haben. Das kann nicht angehen, und deswegen wird es höchste Zeit, dass hier etwas gemacht wird.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Sie mögen vielleicht sagen, man könne das auch individuell in einzelnen Verträgen abhandeln, aber das Problem dabei ist, dass jedes Mal neu ausgehandelt werden muss.

(Andy Grote SPD: Das ist auch gut so!)

Wir brauchen regelhafte Abschöpfungen, die jeder kalkulieren kann, was übrigens für die Investoren

auch eine Kalkulationssicherheit bringt und viel transparenter ist, als wenn jedes Mal einzeln individuell ausgehandelt wird und kein Mensch weiß, was eigentlich in den Verträgen steht.

(Beifall bei Jens Kerstan und Antje Möller, beide GAL)

Diese Grundstücksspekulationen – der Bezirk Hamburg-Mitte und Altona wurden schon angesprochen – gibt es auch in anderen Teilen. Da werden 15 Hektar landwirtschaftliche Fläche am Buchenkamp in Volksdorf aufgekauft und in den Baustufenplänen landwirtschaftlich ausgewiesen in der Hoffnung, dass dort Bauland entsteht. Und es wird massiver Druck ausgeübt, mehrere Hundert Wohneinheiten darauf entstehen zu lassen, ohne dass irgendwelche entsprechenden Leistungen erbracht werden, und das von einer Gesellschaft, die noch nicht eine einzige Wohnung auf den Weg gebracht hat, also eine ganz dubiose Sache. Diese Spekulationen mit Boden greifen um sich, und dem müssen wir Einhalt gebieten. Der Schritt zur sozialen Bodennutzung, die dann Plangewinne abschöpft, ist wichtig, um solchen Machenschaften Einhalt zu gebieten.

(Beifall bei Jens Kerstan und Dr. Till Steffen, beide GAL)

Meine Damen und Herren! Zum Antrag der LINKEN ist bereits einiges gesagt worden, auch was die 50-prozentigen Anteile der geförderten Wohnungen im ersten Förderungsweg betrifft. Auch wir halten das für eine zu starke Wohnungsstrukturierung, die zu sozialen Problemen in den einzelnen Gebieten führt. Das ist Stadtplanungspolitik der Siebzigerjahre und führt eher zu einer Gettoisierung als zu einer Durchmischung. Davon müssen wir wegkommen, das wollen wir nicht.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Nee!)