Meine Erklärung war eigentlich, dass etwas mit der Antwort auf die Große Anfrage nicht stimmt, nur haben wir jetzt durch den Fall Tesa den Hinweis, dass vielleicht doch etwas anderes dahinter steckt. Herr Balcke, ich freue mich, dass der Bürgermeister wirtschaftspolitisch mittlerweile auch in Kategorien wie Metropolregion denkt – das war bisher eher nicht der Fall –, aber ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass dieses Haus in Sachen Beiersdorf eine besondere Rolle gespielt hat und dieses Unternehmen ein besonderes Unternehmen für Hamburg ist. Bürgerschaft und Senat sind mit über 1 Milliarde Euro ins Risiko gegangen, um diese Firma in Hamburg zu halten. Dass keine zehn Jahre später eine Standortentscheidung gegen die Stadt getroffen wird, erfasst mich schon mit Enttäuschung und ein wenig Bitterkeit, und ich würde mir an dieser Stelle auch vom Wirtschaftssenator ein paar erklärende und vielleicht auch klärende Worte wünschen.
Meine Damen und Herren! Wir freuen uns darüber, dass es gemäß der Antwort auf die Große Anfrage bis 2013 – vielleicht auch ein bisschen später, man kennt das ja von diesen Projekten – ein einheitliches Flächenmanagement in der Stadt geben soll. Das ist notwendig, nicht nur für die Industrie. Wir alle wissen: Es gibt ein zu Recht ambitioniertes Wohnungsbauprogramm. Wir wissen aber auch, dass es eine Knappheit von Flächen gibt. Und genau deswegen finden wir es unbefriedigend, wenn Sie in Ihrer Antwort die Nutzungsoptimierung und die Verdichtung etwas vage als Querschnittsaufgabe bezeichnen. Nutzungsoptimierung und Verdichtung von Flächen passieren nicht irgendwie; das muss integraler Bestandteil eines zentralen Flächenmanagements sein, damit wir diese knappe Ressource in Hamburg vernünftig einsetzen können.
Mit Antritt des neuen Senats haben wir eine Behörde mit einem sehr wohlklingenden Namen bekommen: Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Eine Innovationsbehörde ist eigentlich eher ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich. Ich glaube, der Lackmustest für diese Innovationsbehörde wird die Frage sein, wie es mit der Innovationsstiftung und der Investitionsbank vonstatten gehen wird. Wir alle haben bei der Expertenanhörung im Ausschuss die klaren Worte von Herrn Dr. Eifert gehört: Innovationsförderung ist etwas anderes als normale
Wirtschaftsförderung. Sie ist in Hamburg wichtiger denn je, denn wir brauchen mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich. Die Innovationsbehörde sollte deswegen für die Erhaltung der Innovationsstiftung kämpfen. Damit steht und fällt eigentlich auch, ob die Behörde diesen Namen tragen darf.
Meine Damen und Herren! Wir haben mit Freude gelesen, dass Sie das Programm der Umweltpartnerschaft verlängern wollen, und werden darauf schauen, wie genau Sie das ausgestalten werden. Wir freuen uns auch, dass Sie unsere Initiative des Nachhaltigkeitsberichts für den Hafen beziehungsweise die HPA positiv aufgenommen haben, möchten an dieser Stelle aber noch einmal darauf hinweisen, dass das mit Abstand erfolgreichste Programm die freiwillige Selbstverpflichtung der Großindustrie ist, dort CO2-Tonnen zu sparen. Ihre Aussage, ob diese freiwillige Selbstverpflichtung, die immerhin einiges an CO2 gespart hat, noch einmal kommt, ist sehr vage. Wir hoffen, Herr Senator Horch, dass Sie das klare Bekenntnis einfordern werden, dass auch die Hamburger Großindustrie weiterhin bereit ist, CO2 zu sparen.
Der Kollege Balcke sprach es schon an: Sietas ist ein Fall, der uns noch länger beschäftigen wird. An dieser Stelle leisten Sie gute Arbeit, aber wir müssen auch schauen, wie es weitergeht. Wir hoffen, dass wir mit Ihnen darüber konstruktive Gespräche führen können werden.
Zu den Plänen: Der Hafenentwicklungsplan wurde uns zum 31. Dezember versprochen, der "Masterplan Industrie" ist auch schon überfällig. Man muss ein bisschen aufpassen, dass man nicht völlig planlos wird, wenn nirgendwo ein Plan vorliegt. Insofern hoffen wir, dass die Pläne bald kommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Stemmann, was war das denn für eine Rede von Ihnen? Wahrscheinlich CDU-Erinnerungskultur mit partiellem Gedächtnisverlust.
Die CDU hat mit der Großen Anfrage sicherlich eine ansehnliche Fleißarbeit geleistet, das ist anzuerkennen, aber, Herr Stemmann, welche politische Absicht Sie damit verfolgen oder welche politische Botschaft Sie kommunizieren wollen, das hat sich mir nicht so richtig erschlossen, weder nach dem Studium der Großen Anfrage noch nach dem Anhören Ihres Debattenbeitrags.
Da fragen Sie allen Ernstes den im März 2011 ins Amt gekommenen SPD-Senat nach der Umsetzung eines industriepolitischen Masterplans, der 2007 noch unter einem CDU-Alleinsenat mit dem Industrieverband und der Handelskammer vereinbart wurde, dann aber zwischen 2008 und Frühjahr 2011 von einem CDU/GAL-Senat nicht, widerstrebend oder nur halbherzig umgesetzt worden ist. Herr Stemmann, das macht wenig Sinn. Fakt ist doch, dass die CDU unter Schwarz-Grün die wirtschaftliche Vernunft weitgehend dem Koalitionsfrieden geopfert und für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wichtige Bereiche kampflos der GAL-geführten BSU überlassen hat.
Tatsache ist doch auch, dass unter Schwarz-Grün vielen Unternehmen schlicht die Ansprechpartner für ihre berechtigten Anliegen, für ihre Sorgen und ihre Probleme abhanden gekommen sind. Daher stellt sich für mich die Frage: Was wollen Sie mit dieser Großen Anfrage? Herr Stemmann, die für Hamburg industriepolitisch richtige und wichtige Frage lautet doch nicht: Ist alles vollständig abgearbeitet, was wir im Jahr 2007 aufgeschrieben haben? Die richtige und wichtige Frage muss doch lauten: Was sind die größten industriepolitischen Herausforderungen, die wir heute, also fünf Jahre später, in der Stadt haben? Was will der Senat zur Lösung dieser Herausforderungen tun, und wie weit ist der Senat bei der Fortschreibung des Masterplans Industrie 2012 und nicht bei der Erledigung des Masterplans von 2007? Da sind die Fragen der CDU flau und die Antworten des Senats mau.
Ich will daher für eine solche Fortschreibung des "Masterplans Industrie" vier Punkte nennen, die aus Sicht der FDP-Fraktion wichtig sind: Die Hamburger Industrieunternehmen brauchen erstens ausreichend Fachkräfte, zweitens genügend Industrieflächen, drittens eine sichere Energieversorgung und viertens mehr Forschung und Entwicklung und einen intensiven Austausch mit den Hochschulen.
Zum ersten Punkt, dem Fachkräftebedarf. Herr Stemmann hat es erwähnt, Michael Westhagemann, der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg, hat gestern das Hamburger Industriebarometer vorgestellt. Die wichtigste Botschaft des Industriebarometers lautet: Trotz gebremster Erwartung wollen die Hamburger Industrieunternehmen 2012 einstellen und investieren. Jedes dritte Hamburger Industrieunternehmen plant 2012 höhere Investitionen als im Vorjahr, 18 Prozent der Betriebe wollen in den kommenden Monaten mehr Personal einstellen. Günter Butschek, Vorsitzender
der Geschäftsführung von Airbus Deutschland, hat gestern bekannt gegeben, dass allein sein Unternehmen 1000 zusätzliche hochqualifizierte Mitarbeiter für die norddeutschen Standorte sucht, den größten Teil für den Standort Hamburg. Nur finden die Unternehmer diese Arbeitskräfte nicht mehr, der Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Insbesondere Facharbeiter, Techniker und Ingenieure sind mittlerweile rar wie Goldstaub. Der Masterplan 2012 wird also einen wesentlich stärkeren Schwerpunkt auf die Fragen legen müssen, was an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Beruf verbessert werden kann, wie die Stadt bundesweit, aber auch international den Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen kann und wie noch nicht vollständig ausgeschöpfte Beschäftigungspotenziale besser gehoben werden können.
Zum zweiten Punkt, den ausreichenden Gewerbeflächen für Industrieunternehmen. Industrieunternehmen, die sich erweitern oder ansiedeln wollen, brauchen geeignete Flächen, das liegt auf der Hand, und zwar in Hamburg und nicht im Umland. Da ist zunächst einmal erschreckend, dass die Wirtschaftsbehörde offensichtlich gar nicht weiß, wie viele Industrieunternehmen aus welchen Branchen sich in Hamburg in den vergangenen Jahren angesiedelt haben. Ich zitiere aus der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU:
"Umfassende statistische Übersichten zur Neuansiedlung von Industrieunternehmen in Hamburg liegen der zuständigen Behörde nicht vor."
Mit anderen Worten: Die Informationen der Wirtschaftsbehörde beruhen nur auf denjenigen Ansiedlungen, die die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung selbst betreut hat, sie sind also unvollständig. Wenn ich aber den Umfang der Ansiedlung von Industrieunternehmen gar nicht kenne, Herr Horch, wie will ich dann den Flächenverbrauch quantifizieren, wie will ich eine vernünftige vorsorgende Flächenpolitik betreiben?
Auch nur so ist erklärlich, dass der Flächenbedarf – Herr Tjarks hat es erwähnt – für neuangesiedelte Unternehmen für 2009 mit gerade einmal 6600 Quadratmetern außerhalb und 4300 Quadratmetern innerhalb des Hafens und für nach 2009 mit insgesamt rund 8300 Quadratmetern angegeben wird. Das entspräche – auch nach einer anderen Angabe des Senats in der Antwort auf diese Große Anfrage – gerade einmal dem Flächenbedarf von drei bis vier größeren Handwerksbetrieben. Wir halten diese Zahlen daher schlicht für unzutreffend und für unvollständig.
Industrieflächen muss beendet werden. In der Großen Anfrage werden die beteiligten Verwaltungsbehörden im Einzelnen aufgezählt: Finanzbehörde, Wirtschaftsbehörde, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, die Bezirksämter und die HPA. Wir halten wenig davon, dem mit einer komplizierten Lenkungsgruppe Herr werden zu wollen. Wir halten es für den richtigeren Weg, geeignete Gewerbe- und Industrieflächen der HWF, der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, zur Vermarktung an ansiedlungs- und erweiterungswillige Unternehmen an die Hand zu geben. Bei der Vermarktung von Gewerbeflächen darf es nicht um den einmalig höchstmöglichen Quadratmeterpreis gehen, sondern um die dauerhaft bestmögliche Wertschöpfung. Wir halten es auch für eine kluge Wirtschaftspolitik, transportaffine Industrieunternehmen im Hafenbereich anzusiedeln, denn das nutzt einer Verstetigung des Güterumschlags und macht den Hafen robuster gegen die konjunkturellen Ausschläge beim Containerumschlag.
Zum dritten Punkt, der sicheren Energieversorgung. Bei der Fortschreibung des "Masterplans Industrie" wird – im Gegensatz zum Masterplan Industrie 2007 – einer sicheren und verlässlichen Energieversorgung der Hamburger Unternehmen eine ganz erhebliche Bedeutung zukommen.
(unterbre- chend) : Nutzen Sie doch die Pause und schenken Sie sich etwas zu trinken ein. Wenn Herr Dr. Kluth dann wieder sprechbereit ist, hört ihm das Parlament bitte auch zu.
Ich nehme einen neuen Anlauf, auch die Aufmerksamkeit von Frau Schneider zu erlangen, und komme zurück zur sicheren Energieversorgung. Bei der Fortschreibung des "Masterplans Industrie" wird einer sicheren und verlässlichen Energieversorgung eine weitaus größere Bedeutung zukommen, als es noch im Masterplan 2007 der Fall war. Herr Melsheimer, der Präses der Handelskammer Hamburg, hat bereits in seiner Rede vom 30. Dezember darauf hingewiesen:
"In energieintensiven Branchen, wie beispielsweise unserer Hamburger Grundstoffindustrie, wachsen die Zweifel, ob sich Investitionen am Standort Deutschland noch rentieren, wenn die Strompreise weiter steigen und die Verlässlichkeit der Versorgung sinkt."
schen Energie-Agentur, brauchen wir pro Jahr 3000 Kilometer neue Leitungen. In den letzten Jahren wurden gerade einmal 80 Kilometer gebaut. Bei dem immensen Finanzierungsbedarf, den der Netzausbau mit sich bringt, macht es überhaupt keinen Sinn, jährlich rund 7,5 Milliarden Euro – und damit 50 Prozent der Förderung der erneuerbaren Energien – in eine Technologie, nämlich die Solartechnologie, zu stecken, die nur rund 3 Prozent des deutschen Stroms erzeugt.
Die Zeche zahlen am Ende die kleinen Unternehmen und die Verbraucher. Das ist übrigens ein gigantischer Umverteilungsmechanismus, und zwar von den Verbrauchern ganz unten nach oben in Richtung Investoren- und Kapitalanleger, bei dem ich mich jeden Tag neu frage, wo denn die Empörung der LINKEN und der Grünen bleibt.
Zum vierten und letzten Punkt. Innovative Industrieunternehmen brauchen Forschung und Entwicklung. Sie brauchen daher eine enge Verzahnung und Kooperation mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die FDP-Fraktion unterstützt daher ausdrücklich das Konzept von Technologieparks in direkter Nähe zu Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Diese Kooperationen stärken über eine Erhöhung des Drittmittelaufkommens auch die Leistungsfähigkeit der Hochschulen selbst und entlasten damit den Haushalt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Der "Masterplan Industrie" soll die Industrie fördern. Hamburg möchte attraktiv sein für die Industrie und Möglichkeiten schaffen, dass sich Unternehmer hier ansiedeln oder ihre Produktionen erweitern. Dabei sind etliche Handlungsfelder zu beachten und auch die internationale Entwicklung zu berücksichtigen. Die Frage ist, ob mit dem "Masterplan Industrie" wirklich die richtigen Zielsetzungen vereinbart und ob diese dann auch konsequent umgesetzt wurden. Ich will mich auf wenige Bereiche beschränken.
Der Anteil der Beschäftigten und der Auszubildenden ist zurückgegangen. Dies hat verschiedene Ursachen, die auch benannt werden. Dass die angeblich zahlreichen Initiativen zur Ausbildung und Qualifizierung wirksam gewesen sind – welche eigentlich, Sie beschreiben dies in der Antwort auf die Große Anfrage leider nicht –, kann man nicht sagen.
Ein weiteres Thema sind die Arbeitskosten, die in Hamburg angeblich sehr hoch sind. Aber macht das Hamburg weniger attraktiv für die Industrie? Mitnichten. Selbst im Masterplan steht, dass in Hamburg die höchste Bruttowertschöpfung pro Erwerbstätigen stattfindet und diese seit 2007 weiter gestiegen ist – leider, muss ich für meine Fraktion aber sagen, denn dies dürfte in nicht geringem Ausmaß an der massiven Ausweitung der Leiharbeit liegen, sodass dieses Ziel zulasten der von Arbeit abhängig Beschäftigten erreicht wurde.