Protocol of the Session on January 25, 2012

(Jan Quast SPD: Sie sollten jetzt besser zum Schluss kommen! Hat Frau Möller auch gesagt!)

Wenn wir damit anfangen, die Bürgerbeteiligung mit Hürden zu versehen, werden wir die Bürgerbeteiligung in den Stadtteilen aushebeln.

(Jan Quast SPD: So ein Quatsch!)

Es wird Frust bei den Bürgern geben, weil sie wissen, sie kommen nicht mehr durch. Und die Bezirkspolitik weiß dann, dass die Bürger so viele Unterschriften sammeln können wie sie lustig sind, dass es ihnen aber mit dem stadtteilpolitischen Thema nie gelingen wird, die Mehrheit oder eine 20-prozentige Zustimmung im Bezirk zu bekommen. So wird es weniger Kompromisse geben. Das wollen wir aber nicht.

(Beifall bei Dr. Till Steffen GAL)

Wir wollen, dass die Kompromissfähigkeit von Bezirkspolitik und Bürgerinitiativen weiter erhalten bleibt. Deswegen bin ich froh, dass wir heute nicht darüber abstimmen, ob wir Hürden bei der Bürgerbeteiligung einziehen, und ich hoffe, dass wir auch in Zukunft nicht darüber abstimmen müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Regelungen, die wir heute verabschieden werden, dazu führen werden, dass die Bürgerbeteiligung einen großen Qualitätssprung nach vorne macht. Unterschätzt die Hamburger und Hamburgerinnen nicht, die verstehen sehr gut, wie sie mit solchen Sachen umzugehen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Nun hat Herr Dr. Duwe hat Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem großen Dank an diejenigen beginnen, die sich mehr als ein Jahr

(Christiane Schneider DIE LINKE: Zwei!)

(Farid Müller)

mehr als ein Jahr sind zwei, oder? –

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP, verein- zelt bei der SPD und der LINKEN)

bemüht haben und ein sehr gutes Paket zusammengeschnürt haben. Da kann man fast nichts verbessern. Das, was man verbessern könnte, ist das, was nicht drinsteht. Trotzdem herzlichen Dank und Anerkennung für die tolle Arbeit, die geleistet worden ist, das möchte ich auch im Namen der FDPFraktion loswerden.

(Beifall bei der FDP)

Das Thema Quoren wurde bereits angesprochen. Bürgerentscheide sind ein demokratisches Mittel, um auf Bezirksebene zu Entscheidungen zu kommen. Sie sind ein zusätzliches Mittel der Demokratie und kein Ersatz der parlamentarischen Demokratie, das wissen wir. Diese Entscheidungen bedürfen einer gewissen Legitimation. Wir haben jetzt die Lage, dass rein theoretisch fünf Leute bei einem Bürgerentscheid entscheiden könnten. Wenn nur fünf Leute mitmachen, dann ist deren Willen durchgesetzt. Deshalb ist ein Nullquorum völlig sinnfrei beziehungsweise verantwortungslos, und man muss darüber nachdenken, wie man das verbessert. Deshalb ist die FDP-Fraktion für ein Quorum.

Wir haben gehört, dass die beiden großen Parteien an ein 20-Prozent-Zustimmungsquorum denken. Ein 20-Prozent-Zustimmungsquorum bedeutet de facto fast eine 40-prozentige Wahlbeteiligung, wenn es mal ganz knapp wird. Von den zehn Bürgerentscheiden, die wir in Hamburg hatten, haben gerade zwei diese 40 Prozent überschritten, vier waren zwischen 20 und 40 Prozent und vier lagen unterhalb von 20 Prozent Beteiligung.

Sie haben gerade die Argumente genannt, warum man Zustimmungsquoren bräuchte und keine Quoren der Beteiligung. In Berlin gibt es zum Beispiel ein 10-prozentiges Zustimmungsquorum, was vielleicht bis maximal 20 Prozent Beteiligung ausmachen würde. Das bedeutet, dass eine Initiative, um etwas in ihrem Interesse durchzusetzen, nur ihr Netzwerk bedienen und versuchen muss, möglichst in ihrem Umfeld Reklame zu machen und den schlafenden Riesen nicht zu wecken. Sprich, Beteiligung ist eigentlich uninteressant, Hauptsache, wir optimieren unsere Wählerschaft beziehungsweise unsere Nachbarschaft oder Organisation. Das ist ein Ungleichgewicht in der Demokratie. So fördern wir kleine, sehr gut organisierte Gruppen und nicht das Allgemeinwohl. Wenn wir hingegen ein Beteiligungsquorum haben, von dem man nicht weiß, ob man dieses erreicht, zwingt man diejenigen, die einen Bürgerentscheid voranbringen wollen, möglichst viele Leute zu informieren, was bisher eigentlich nicht in deren Interesse liegt.

Meine Damen und Herren! Ich persönlich finde den Vortrag von Herrn Dr. Duwe gar nicht so uninteressant. Wenn Ihnen das anders geht und Sie sich lieber unterhalten mögen, dann tun Sie das doch bitte draußen.

Herr Dr. Duwe, fahren Sie bitte fort.

Ich sehe einen höheren Vorteil in einem Beteiligungsquorum als in einem Zustimmungsquorum, auch weil die Menschen so einen Maßstab viel leichter begreifen können als ein Zustimmungsquorum. Man stelle sich vor, es nehmen 25 Prozent teil, aber dummerweise haben dem nur 19,9 Prozent zugestimmt, das ist dann nicht gerade einfach zu erklären.

Wichtig ist, dass diese Quoren mit 20 Prozent Beteiligung sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene nicht zielführend sind, wenn man das Allgemeinwohl ins Auge fassen will und alle Mitbürger in einem Bezirk an einer Abstimmung teilnehmen sollen. Ich verstehe natürlich das Argument Finkenwerder, ich könnte mir auch andere Stadtteile vorstellen. Wenn man ganz kleinteilige Probleme hat, dann sehe ich eigentlich keinen großen Grund, Bürgerentscheide anzugehen, abgesehen davon, wenn das wirklich große Ungerechtigkeiten sind. Dann ist es auch egal, in welchem Stadtteil diese stattfinden, diese kann man ohnehin sehr gut nach außen kommunizieren. Deswegen sehen wir nicht, dass wir ohne Quoren auskommen.

Ich verstehe natürlich die Situation der SPD und die von "Mehr Demokratie". Sie erinnert mich an die Fabel vom Elefanten und der Maus, verewigt in vielen Zeichentrickfilmen. Die SPD sollte sich einen Ruck geben. Unser Angebot ist ein kleines Angebot, ein Kompromiss zwischen dem 20-prozentigem Zustimmungsquorum, das die direkte Demokratie auf Bezirksebene de facto abwürgen würde – acht der zehn Bürgerentscheide wären nicht durchgekommen. Und wahrscheinlich wären die beiden, die durchgekommen sind, IKEA und Bergedorfer Bahnhof, dann auch nicht durchgekommen, weil die Leute sich gesagt hätten, das schaffen sie nie.

Diese 20-Prozent-Beteiligung ist ein Angebot, jetzt ein Paket zu schnüren. In einem Jahr werden wir dieses Thema bestimmt wieder auf dem Tisch haben, weil ich nicht davon ausgehe, dass sich im nächsten Jahr das, was wir bisher an Wahlbeteiligung bei Bürgerentscheiden erlebt haben, dramatisch verbessern wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat Frau Schneider das Wort.

(Dr. Kurt Duwe)

– Nun habe ich einmal das Schlusswort, das ist auch schön.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Vor gefühlt zwei Stunden hat Herr Dressel gesagt, dass wir nicht mehr viel zu sagen brauchen, da wir zwei Jahre verhandelt haben. Es ist doch noch ziemlich viel gesagt worden, und zwar von allen. Ich mache es kurz.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Erstens haben wir einen vernünftigen Kompromiss gefunden, der die direkte Demokratie stärkt. Herzlichen Dank an alle, die daran beteiligt waren.

Ein Wermutstropfen ist zweitens, wenn man sich einmal ausrechnet, dass weit über 100 000, wahrscheinlich über 150 000 Stadtbürgerinnen und Stadtbürger an dieser Stärkung der direkten Demokratie nicht teilhaben können, nämlich die Menschen ohne deutschen beziehungsweise ohne EUPass. Es stünde uns gut an, eine neue Initiative für ein zumindest kommunales Wahlrecht für alle Menschen ohne deutschen Pass zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN, der GAL und verein- zelt bei der SPD)

Drittens ist viel zur Einführung des Quorums gesagt worden. Ein Argument ist in Ihrer langen Rede, Herr Müller, leider untergegangen; Sie haben es aber kurz angesprochen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die Einführung von Quoren schwächt den Kooperationsdruck. Unter anderem deswegen sind wir gegen die Einführung von Quoren. Wir werden der Überweisung der beiden Anträge an den Ausschuss nicht zustimmen, um das deutlich zu machen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und ver- einzelt bei der GAL)

Vielen Dank, Frau Schneider.

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung, zunächst zu dem Überweisungsbegehren.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/2952 und 20/2963 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das so überwiesen worden.

Nun zum Interfraktionellen Antrag aus Drucksache 20/2903. Wer möchte das darin aufgeführte Artikelgesetz beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann einstimmig so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer möchte also das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz auch in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Gesetz auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Punkt 3, Berichte des Eingabenausschusses, Drucksachen 20/2555 und 20/2556.

Ich beginne mit dem Bericht 20/2555.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/2555 –]

Hierzu ist mir mitgeteilt worden, dass aus den Reihen der SPD-Fraktion gemäß Paragraph 26 Absatz 6 unserer Geschäftsordnung das Wort gewünscht wird. Herr Schumacher, Sie haben es für maximal fünf Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Eingabenausschuss hat sich in seiner Sitzung am 16. Januar mit einer Eingabe zum Thema doppelte Staatsbürgerschaft beschäftigt. Hierzu möchte ich das Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion erläutern und unsere Position verdeutlichen.