Was wir immer positiv angemerkt haben, ist die Idee und die Aktion von CDU und GAL, das StadtRAD einzuführen, das nun rot ist, obwohl es eigentlich hätte grün sein sollen. Das ist hervorragend und vorbildlich für ganz Europa. Das Problem ist nur, dass das mit dem Regierungswechsel aufgehört hat. Es sind keine neuen Velorouten geplant worden, und wir können in der Großen Anfrage als Antwort sehen, dass es ohne Verbindlichkeit ist, wann sie geplant sind. Das Argument ist, es liege daran, dass die Lichtsignalsteuerung noch nicht in den Griff zu bekommen sei. Die Ausdehnung des StadtRAD-Modells sehen wir nicht, das finden wir sehr schade.
Wir teilen allerdings mit der SPD die Kritik am autofreien Sonntag und sind froh, dass Sie diesen abgeschafft haben. Das war eine Symbolpolitik, die der Umwelt in keiner Weise hilft.
Dann zu den Umweltpartnerschaften, die auch in der Großen Anfrage sehr ausführlich dargestellt werden. Die Zahl der Unternehmen ist von 2008 bis heute von 450 auf 3607 gestiegen; das ist eine beeindruckende Zahl. Die Frage ist aber, was das eigentlich bedeutet. Gezählt werden nur solche Unternehmen, die sich mit mindestens einem freiwilligen Beitrag an dem Projekt "UmweltPartnerschaft" beteiligt haben. Es kann sein, dass sie eine Umweltberatung im Betrieb durchgeführt haben, es kann aber auch sein, dass sie eine Maßnahme durchgeführt haben, zum Beispiel, dass sie ein Stromlastprofil haben überprüfen lassen.
In der Antwort auf die Große Anfrage, was der Senat denn mit den Umweltpartnerschaften erreichen will, findet man in allen Punkten das, was Frau Artus vorhin dargestellt hat: Es werden Ziele verfolgt, Programme gefördert oder Projekte aufgelegt. Alles, was man dort findet, sind Absichtserklärungen. Am meisten kritisieren wir beim Thema Umweltpartnerschaft das Prinzip der Freiwilligkeit.
Das Prinzip der Freiwilligkeit ist die Ursache für die magere Bilanz der Umweltpartnerschaften. Nach unserer Analyse tragen Umweltpartnerschaften mehr zur Wirtschafts- und Standortpolitik bei und wenig zur Umweltpolitik. Umweltpartnerschaften setzen nämlich keine quantitativen Ziele, sondern versuchen, auf freiwilliger Basis ein paar Punkte zu setzen. Ob das qualitativ ausreicht, um von einer Verbesserung der Umwelt zu sprechen, ist äußerst fraglich.
Unsere größte Kritik ist allerdings, und das haben wir gestern schon im Rahmen der Regierungserklärung vorgetragen, dass die Energiekonzerne über die Umweltpartnerschaften eine Plattform bekommen, um Kundenpflege zu betreiben und neue Kunden zu akquirieren, und das lehnen wir ab.
Wir treten, wie wir bereits in unserer Drucksache 20/2396 beantragt haben, die leider abgelehnt worden ist, bei den Umweltpartnerschaften für verbindliche, nachprüfbare und quantifizierbare Ziele an vier verschiedenen Punkten ein.
Zum Thema Grünflächen, das auch ein Kriterium für die EU war, um den Titel der Umwelthauptstadt an Hamburg zu vergeben. Hamburg ist eine grüne Stadt, auch wenn die öffentlichen Grünflächen im Vergleich zu anderen Städten eine geringere Fläche ausmachen. In der Großen Anfrage ist deutlich geworden, dass die städtischen Grünflächen qualitativ verbessert und ausgeweitet werden, es ist auch davon die Rede, dass Lücken geschlossen werden. Das begrüßen wir und das halten wir für eine ganz notwendige Lebensqualität für die Hamburgerinnen und Hamburger. Zu den Grünflächen gehört aber auch die Betrachtung der Naturschutzgebiete, des Waldes und des Forstes.
Die Naturschutzverbände kritisieren, dass die direkt den Bezirksamtsleitungen unterstehenden Naturschutzreferate aufgelöst wurden. Auch wir sind der Auffassung, dass das rückgängig gemacht werden muss, und haben in der Haushaltsdebatte einen Antrag gestellt, der das fordert. Leider ist dieser Antrag abgelehnt worden. Im gleichen Antrag haben wir beantragt, die Zuständigkeit für die Forstämter aus der Wirtschaftsbehörde in die BSU zu verlagern. Auch das sind Forderungen der Umweltverbände.
Nun noch einmal zu den Bäumen, zu dieser Aktion "Mein Baum – meine Stadt". Dr. Hans-Helmut Poppendieck, der Vorsitzende des Botanischen Vereins, hat das Ganze ein scheinheiliges Engagement des Senats für den Baumschutz genannt. Er hat das auch begründet und gesagt:
"Die verstärkte Pflanzaktion im Umwelthauptstadtjahr wird die Verluste der Vergangenheit nicht ausgleichen können."
Er ist in seiner Kritik noch härter geworden. Er hat nämlich darauf hingewiesen, dass der Senat zugesagt hat, für jede Spende bei der Baumpflanzaktion großzügig den gleichen Betrag dazuzulegen. Herr Kerstan hat diese PR-Aktion der Senatoren bereits erwähnt. Wenn die Bürger das Signal bekommen, dass der Senat den gleichen Betrag auch spendet, dann gehen die Bürger doch davon aus, dass das zusätzlich geschieht. Ich verlange gar nicht, dass die Senatoren das selber tun, aber es ist der Eindruck erweckt worden, der Senat würde fürs Bäumepflanzen zusätzlich Geld ausgeben. Das ist aber nicht der Fall gewesen, es ist aus dem Klimaschutzprogramm herausgenommen worden. Das ist natürlich ein völlig falsches Signal und im Grunde Betrug an den Bürgern, die sich engagiert haben.
Jetzt zum letzten Kriterium, dem Flächenverbrauch. Hamburg ist Spitzenreiter im Flächenverbrauch. Die Naturschutzverbände haben ausgerechnet, dass in Hamburg jeden Tag ein Hektar Fläche verbraucht wird und dass es keine Anzeichen gibt, dass das weniger wird. Gerade im Zuge der Wohnungsbauaktivitäten gibt es immer mehr Vorschläge, statt Lückenbebauung und Verdichtung Neubaugebiete auf der grünen Wiese auszuweisen. Dafür gibt es bereits Beispiele. Die Auflage der Umwelthauptstadt war es, den Flächenverbrauch zu reduzieren. Die Initiativen, die Umweltverbände und auch wir werden darauf achten, dass das so ist.
Wir glauben, dass in den folgenden Jahren, in denen wir nicht mehr Umwelthauptstadt sind, die wichtigsten Aufgaben vor uns liegen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass das 2-Grad-Ziel erreicht wird. Das bedeutet eine immense Anstrengung, weil der Umweltschutz bisher im Tempo einer Schnecke vorwärtsgegangen ist.
"Mein Eindruck ist: Es gab eine Menge interessanter Aktivitäten. Dazu zählt auch der Jugendumweltgipfel, der jungen Leuten ein Forum schuf. Die Baumpflanz-Aktion hat Hamburg noch grüner gemacht und viele Leute begeistert. […] Natürlich haben wir wahrgenommen, dass sich die neue Regierung zu
gunsten eines hochmodernen Bussystems von der Stadtbahn verabschiedete. Das ist dann kein Problem, wenn auch auf diesem Wege die umweltpolitischen Ziele erreicht werden."
Das ist ein Zitat von Karl Falkenberg aus dem "Hamburger Abendblatt" der letzten Woche. Karl Falkenberg ist der EU-Direktor Umwelt, der den Umweltpreis vergeben hat.
(Dora Heyenn DIE LINKE: Was soll er auch sonst sagen? – Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Da klatscht ja nicht mal die eigene Fraktion!)
Herr Kerstan, warum klatschen Sie eigentlich nicht? Das Programm, das in diesem Jahr umgesetzt worden ist, war mit wenigen Ausnahmen das Programm des vorherigen Senats, und wir haben nur drei Punkte verändert. Erstens haben wir die Umwelthauptstadtdialoge auf andere Füße gestellt, sodass ganz unterschiedliche Positionen diskutiert werden konnten und wir die Bürger und Bürgerinnen mitgenommen haben.
Zweitens haben wir den autofreien Sonntag abgeschafft, bei dem wir in den letzten Jahren kein CO2 eingespart haben, weil die Leute weiterhin mit den Autos gefahren sind, da nur eine Straße für Sie und die Umweltverbände gesperrt war und die Aktion teuer war.
Wir haben diese durch die Aktionswoche "Umsteigen auf Rad und ÖPNV" ersetzt und innerhalb von zwei Wochen knapp 10 000 neue Kundinnen und Kunden für Ihr Fahrradsystem gewinnen können, was auch unser Fahrradsystem ist, weil es ein richtiger Weg ist.
Das waren die drei einzigen Punkte, die wir in diesem Jahr an den klimapolitischen Setzungen des vorherigen Senats verändert haben. Ansonsten haben wir alles so durchgezogen, wie Sie es eigentlich vorhatten. Dann wundere ich mich schon, dass Sie Ihre eigene Umweltpolitik so schlechtmachen. Ich finde, wir sollten alle gemeinsam stolz sein, dass wir in diesem Jahr europäische Umwelthauptstadt waren.
Die Aktion "Mein Baum – meine Stadt" war deswegen so gut, weil sich die Bürgerinnen und Bürger angesprochen gefühlt und mitgemacht haben. In vielen anderen Fällen, bei denen wir Veranstaltungen durchgeführt haben, die von Ihnen geplant waren, gab es nette Diskussionen und man traf sich immer mal wieder.
Ich mache es ganz kurz. Sie sagen, dass Umweltpolitik nicht mehr stattfinde. Das ist völliger Unsinn. Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie und der Energiewende zeigen wir, dass sie ganz wesentlich für uns ist.
Zweitens geht es darum, Umweltpolitik zu betreiben, bei der wir wirklich die C02-Reduktion durchsetzen. Da gibt es beispielsweise Programme, auch von Ihnen, die ausgebaut werden müssen, wie "Unternehmen für Ressourcenschutz". Dafür haben wir übrigens dieses Jahr einen Preis bekommen. Wir erreichen Erfolge bedauerlicherweise nicht immer nur durch Großveranstaltungen, wo man viel diskutiert und das Bewusstsein von sich selbst verändern soll, sondern wir erreichen Erfolge durch konkrete Maßnahmen in den Unternehmen, bei denen wir das nutzen, was gut war an Ihren Programmen, nämlich beispielsweise der Ausbau des Fahrradsystems. Hier erreichen wir wesentlich mehr als vielleicht Sie mit Ihren Diskussionen in der Bürgerschaft.
Es stört Sie, dass Umweltpolitik stattfindet, aber andere Akzente gesetzt werden, als Sie es gern hätten.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Jens Ker- stan GAL: Ich denke, Sie haben überhaupt nichts verändert!)
Zum Nachhaltigkeitsbegriff gehört nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit, sondern dazu gehören auch die ökonomische und die soziale Nachhaltigkeit. Wir werden im nächsten Jahr einen Masterplan Klimaschutz vorlegen, und dann werden wir über die anderen umweltpolitischen Akzente sehr intensiv diskutieren können. Das machen wir dann vorab in den Ausschüssen, wo dies hingehört. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus Drucksache 20/2127 Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zu den Punkten 78 und 69, den Drucksachen 20/2442 und 20/2377, Antrag der FDP-Fraktion: Besondere Aufnahmeverfahren zur Stärkung der Schulprofile und Antrag der GAL-Fraktion: Der sozialen Spaltung entgegenwirken – Gerechteres Anmeldeverfahren an weiterführenden Schulen schaffen.
[Antrag der GAL-Fraktion: Der sozialen Spaltung entgegenwirken – Gerechteres Anmeldeverfahren an weiterführenden Schulen schaffen! – Drs 20/2377 –]