Umso unverständlicher, weil es auch Ihr Ziel ist, Hamburg zur familienfreundlichsten Stadt zu machen, sind mir daher die Jubelankündigungen der CDU-Fraktion zum Thema Betreuungsgeld, zumal angesichts der sozialen Herausforderungen in einer Großstadt. Das wird Sie auf dem Weg zur modernen Großstadtpartei nicht voranbringen.
Zu einer guten Infrastruktur zählt auch, dass Arbeits- und Rahmenbedingungen für die Jugendhilfe verbessert werden. Auch die Eltern und Kinder, die im Alltag mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen konfrontiert sind, haben einen Anspruch auf Unterstützung durch diese Stadt. Das Ziel der SPD-Fraktion ist es, Familienhilfen so zu leisten, dass sie bei den Familien auch ankommen und die Lebens- und Bildungschancen der Kinder wirklich verbessern. Wir beschließen daher heute eine auskömmliche Finanzierung der Hilfen zur Erziehung, denn mit dem Haushaltsplan-Entwurf der SPD für 2011 und 2012 gibt es erhöhte und damit erstmals – Herr Scheele hat das auch schon gesagt – wieder realistische Veranschlagungen. Die Ansätze für Betriebsausgaben, für einzelfallfinanzierte Hilfen nach dem SGB VIII sind für 2011 und 2012 jeweils um gut 60 Millionen Euro erhöht worden. Nur mit einem entschlossenen Ausbau der so genannten Sozialraumangebote, also der Angebote im Stadtteil vor Ort, die allen Eltern offenstehen, kann es gelingen, dass Familien zuallererst diese Angebote nutzen und nicht bereits im ersten Schritt beim Jugendamt eine förmliche Hilfe zur Erziehung beantragen müssen. Dies ist die Grundlage, um sich seriös um die Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung und ihre stärkere Wirksamkeit zu kümmern.
Damit das gelingt, setzen wir auch vor Ort in den Bezirken auf vorhandene Kompetenz. Wir wollen mit unserem Antrag sicherstellen, dass die Verantwortlichen im Stadtteil auch zukünftig mitplanen können. Deswegen wird ein nicht unerheblicher Anteil wieder in einer Rahmenzuweisung zur Verfügung gestellt. Wir wollen das gern fortschreiben, denn wir finden es richtig, dass auch die Jugendhilfeausschüsse beteiligt werden.
An der konstruktiven Gestaltung dieses sinnvollen Veränderungsprozesses müssen in Wahrheit alle Fraktionen des Hauses ein Interesse haben. Wir finden es daher richtig und wichtig, dass sich einige bereits auf den Weg gemacht haben, diesen Weg mitzugehen und ihn gegebenenfalls kritisch zu begleiten. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass ausgerechnet die GAL, die im vergangenen Jahr in Regierungsverantwortung einer Absenkung des Titels "Hilfen zur Erziehung" um 60 Millionen Euro noch zugestimmt hatte, nun jede Gelegenheit zu nutzen versucht, um Legenden über einen vermeintlichen Abbau von Familienhilfsangeboten durch die SPD zu bilden. Der vorliegende Haushaltplan-Entwurf dokumentiert ganz deutlich, dass das nicht der Fall ist. Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, dass die Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung gelingt, damit wir als Stadt unsere Handlungsfähigkeit langfristig erhalten, Handlungsfähigkeit, die wir brauchen, um Familien zu fördern
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Leonhard, Ihr Kommentar zur Herdprämie beziehungsweise zum Betreuungsgeld hat mir sehr gut gefallen, die Kritik daran können wir voll unterstützen.
Weniger gut gefallen hat mir, dass Sie wieder das Märchen erzählen, dass Schwarz-Grün den Titel "Hilfen zur Erziehung" abgesenkt hat.
Darüber haben wir in der letzten Bürgerschaftssitzung schon einmal gesprochen. Der Titel war nicht auskömmlich finanziert, das ist richtig. Aber das ist ein Rechtsanspruch, und am Ende des Jahres ist dieses Geld aus dem Gesamthaushalt für die Hilfen zur Erziehung zur Verfügung gestellt worden.
Aber wir wollen zur Hamburger Situation zurückkommen. Im Mittelpunkt der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik stehen aktuell drei Themen in Hamburg. Das erste ist die Kinderbetreuung, das zweite die Umsteuerung der Jugendhilfe und das dritte die ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen. Mit dem vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf und dem ab 2012 geplanten Rechtsanspruch auf Betreuung ab dem zweiten Lebensjahr verbessert der Senat ohne Frage den Zugang zu frühkindlicher Bildung. Das findet auf jeden Fall unsere Zustimmung. Mit dem Kita-Sofortprogramm, das müssen wir auch sagen, entlasten Sie die Familien finanziell. Man kann darüber streiten, ob das kostenlose Mittagessen für alle Familien nicht ein bisschen über das Ziel hinausschießt, aber wichtig ist am Ende doch die Tatsache, dass einkommensschwache Familien eine finanzielle Hürde weniger haben, ihre Kinder in die Kindertagesbetreuung zu stecken. Das kostenlose Mittagessen ist ein wichtiger Beitrag für das gesunde Aufwachsen der Kinder.
Jetzt komme ich zu dem, was kritisch ist. Die SPD setzt zu einseitig auf die Gebührensenkung und den Platzausbau und vernachlässigt dabei die Qualität der pädagogischen Arbeit.
Meine Damen und Herren der SPD, Sie verschlafen dadurch eine wichtige Weichenstellung bei der frühkindlichen Bildung. Während die SPD früher in der Opposition noch davon gesprochen hat, dass Kinderbetreuung mehr ist als nur satt und sauber und die frühkindliche Bildung für die Bildungschancen der Kinder eine große Rolle spielt, ist davon bei der Regierungs-SPD, zumindest in diesem Haushalt, nichts mehr zu merken.
Aber es gibt eine Brücke. Wir Grünen machen Ihnen heute mit unseren Anträgen ein Angebot, Ihren Kurs in der Kinderbetreuung zu korrigieren und zu ergänzen.
Wir machen es maßvoll und mit konkreten Beispielen zur Finanzierung. Denn für uns ist klar, dass es eine deutliche Ausweitung der Ausgaben auf Pump mit uns nicht geben wird.
Ich will gleich einen Schlenker zur Linksfraktion machen, aus diesem Grund enthalten wir uns auch bei Ihren Anträgen. Diese sind zwar in der Sache richtig, aber es gibt leider keine solide, nachhaltige Gegenfinanzierung.
Wir wollen für die Verbesserung der Betreuungsqualität rund 14 Millionen Euro investieren und legen einen besonderen Schwerpunkt auf die Sprachförderung, wo wir die Mittel nahezu verdoppeln. Damit geben wir der Sprachförderung in Hamburg ein solides Fundament und ergänzen die Bundesmittel, die nur zeitlich befristet sind.
Liebe Kollegen und Kolleginnen der SPD-Fraktion, gehen Sie doch mit uns gemeinsam den Schritt der Qualitätsverbesserung. Das ist so einfach, stimmen Sie nur unserem Antrag zu.
Meine Damen und Herren der SPD, mit Sorge sehen wir im Bereich der Kindertagesbetreuung die Planung des Senats zur ganztägigen Bildung und
Betreuung an Schulen. Diese entwickelt sich unter der Regie von Sozialsenator Scheele und Schulsenator Rabe zu einer echten Hängepartie für Eltern, Hortträger und Schulen.
Die Verhandlungen mit den Verbänden sind immer noch nicht abgeschlossen, obwohl die Senatoren Scheele und Rabe schon Anfang September den Eindruck erweckt haben, alles sei längst in trockenen Tüchern und der Abschluss des Landesrahmenvertrags nur noch eine reine Formsache. So war es nicht, das wissen wir heute. Gleichzeitig beklagen sich viele Eltern, aber auch der LEA – der Landeselternausschuss –, dass der Senat keine Antwort auf ihre Fragen hat. Sie wollen zu Recht eine solide Planung, die ihnen Gewissheit gibt, dass ihre Kinder kindgerecht und mit qualifiziertem und ausreichendem Personal betreut werden. Doch auf ihre Fragen bekommen die Eltern keine Antwort und werden vertröstet.
Übrigens werden auch wir als GAL-Fraktion vertröstet, denn wir hatten im Fachausschuss angeregt, bei der zurzeit erheblichen Unruhe beim Thema ganztägige Bildung und Betreuung eine Selbstbefassung zu machen. Die SPD-Fraktion hat das leider in das nächste Jahr verschoben. Das finden wir sehr bedauerlich, und Dialogfähigkeit sieht für uns anders aus.
Abschließend noch zum dritten Bereich, zum Bereich der Jugendhilfe. Hier hat der Senat eine Menge neue Ideen. Einige davon, wie die ehemals geplante Abschaffung des Rechtsanspruches auf Hilfen zur Erziehung, entpuppen sich allerdings schnell als Flächenbrand, den zu löschen der Senat alle Mühe hatte. Hartnäckig hält der Senat jedoch an der geplanten Umsteuerung in der Jugendhilfe fest und will die individuellen Familienhilfen zur Ausnahme erklären, um stattdessen Kindern und Jugendlichen ein Gruppenangebot an Schulen zu geben. Die Eltern sollen sich, so die Empfehlung des Senators, parallel Hilfe zum Beispiel in Erziehungsberatungsstellen suchen. Das Ziel ist, die Kosten zu senken.
obwohl es keinerlei Wirkungsanalyse und keine Ursachenforschung gibt, oder ob nicht am Ende vielmehr die hilfesuchenden Familien im Regen stehen gelassen werden und die Folgekosten noch viel höher werden. Was passiert denn, Herr Kienscherf, wenn die Kinder nach dem Gruppenange
bot aus der Schule wieder nach Hause kommen und dort auf psychisch kranke Eltern, Gewalt und Vernachlässigung oder fehlende Strukturen treffen? Dieses Thema kann das beste Gruppenangebot an den Schulen nicht lösen. Es darf bei diesen Hilfen zur Erziehung kein Entweder-oder geben, sondern nur ein Sowohl-als-auch. Das ist das, was wir wollen.
Einen Satz noch zum SPD-Antrag und den sozialräumlichen Angeboten. Wir werden den ersten beiden Punkten natürlich zustimmen. Das tun wir auch deswegen, weil es in dieser Bürgerschaft schon einmal einen einstimmigen Beschluss gab, den Schwarz-Grün damals initiiert hatte. Es geht um 4,3 Millionen Euro, die als Rahmenzuweisung wieder in die Bezirke gehen sollen. Das hat die SPD jetzt nicht erfunden, sie hat nur gesagt, wir erneuern diesen Beschluss. Das kann man machen, aber es ist nichts, womit Sie sich rühmen können. Wir stimmen diesen beiden Punkten zu. Akzeptanz finden Sie allerdings nicht für den dritten Punkt, indem Sie 20 Prozent der Mittel aus sozialräumlichen Angeboten in die offene Kinder- und Jugendarbeit umschichten wollen.