Protocol of the Session on November 24, 2011

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich nur drei Kennzahlen hierzu in Erinnerung rufen: Die Zahl der betreuten Kinder im Krippenbereich liegt heute mit fast 13 000 Kinder um rund 160 Prozentpunkte höher als im Jahr 2001. Insgesamt werden in Hamburg heute rund 71 000 Kinder betreut, das sind rund 22 000 Kinder mehr als noch vor zehn Jahren. Im Jahr 2010 lag Hamburg laut Bertelsmann Monitor mit einer Betreuungsquote von 28,7 Prozent im Krippenbereich klar an der Spitze aller westdeutschen Bundesländer.

(Beifall bei der CDU)

Sie sehen, die CDU hat Kinder und Familien in den Mittelpunkt ihrer Regierungspolitik gestellt und dafür gesorgt, dass Eltern in Hamburg Familie und Beruf heute entscheidend besser in Einklang bringen können, als noch zuzeiten der SPD-Senate.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie treten in diesem Bereich ein reiches Erbe an. Aber was hat nun der SPD-geführte Senat bislang selbst unternommen, um seinem Ziel näher zu kommen? In erster Linie setzen Sie in Ihrer Familienpolitik auf das Verteilen millionenschwerer Wohltaten – allerdings, und das ist das Problem, ohne zu sagen, woher Sie das Geld dafür nehmen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben zwar die letzte Erhöhung der Kita-Beiträge zurückgenommen, was wir grundsätzlich auch begrüßen, aber Sie haben es versäumt, die Beitragsstaffel grundlegend zu überprüfen.

(Andy Grote SPD: Das gehörte auch zu dem reichen Erbe!)

Bei der Abschaffung des Essensgeldes sind Sie dann aber doch über das Ziel hinausgeschossen, denn die Ernährung der Kinder gehört zum Kernbereich der elterlichen Fürsorge. Alleine in diesem Bereich fehlen Ihnen nun 21 Millionen Euro, die Sie an anderer Stelle dringend gebrauchen könnten.

(Beifall bei der CDU)

Anstatt also die Beitragsstaffeln zu überarbeiten und sozial auszugestalten, haben Sie die kurzsichtige Verteilung von Wahlgeschenken vorgezogen. Sie entlasten aber nicht nur die Eltern mit kleinen und mittleren Einkommen, was richtig gewesen wäre, sondern auch diejenigen, die eine Entlastung weder erwartet noch gebraucht hätten, weil sie zu den Spitzenverdienern in unserer Stadt gehören. Das scheint die neue Gerechtigkeit à la Olaf Scholz zu sein.

Vor diesem Hintergrund lässt einen die Ankündigung von Senator Scheele, die fünfstündige Grundbetreuung ab 2014 kostenfrei stellen zu wollen, angst und bange werden. Die finanzielle Entlastung aller Eltern hat für Sie Vorrang vor einer Qualitätsverbesserung und dem erforderlichen Ausbau der Betreuungskapazitäten. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur der falsche Ansatz, sondern das ist die Rückkehr zur sozialdemokratischen Politik der Neunzigerjahre. Finanzielle Segnungen werden verteilt, als gäbe es kein Morgen.

(Beifall bei der CDU)

Besonders bedauerlich ist es, dass es keine solide Gegenfinanzierung für Ihre Wohltaten gibt. Auf die wiederholte Frage, wie diese Mehrausgaben in immerhin dreistelliger Millionenhöhe finanziert werden sollen, hat Senator Scheele im Ausschuss nicht mehr zu sagen gewusst, als dass man dies irgendwie im Gesamthaushalt schon regeln werde. Damit werden die Entlastungen der Eltern heute zur Hypothek der Kinder von morgen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Beitragsentlastungen allein reichen bei weitem nicht aus, wenn wir die Kinder und Familien in unserer Stadt wirksam stärken möchten. Wer glaubt, dass es den Eltern nur um die Höhe ihrer Beiträge geht, der irrt sich gewaltig. Den allermeisten Eltern geht es um die Qualität der Betreuungsangebote. Daher müssen im Mittelpunkt einer klugen Politik der Ausbau der Angebote und eine stetige Verbesserung der Betreuungsqualität stehen. Hierzu haben wir von Senator Scheele bisher denkbar wenig hören können.

(Phyliss Demirel)

Nehmen wir zum Beispiel die Kindertagespflege. Sie ist seit Jahren eine wichtige Säule der Kinderbetreuung in Hamburg. Sie bietet eine familiennahe Betreuung und für Eltern ein hohes Maß an Flexibilität bei den Betreuungszeiten. Aus diesem Grund hat der Vorgängersenat den Ausbau und die Qualitätsentwicklung der Kindertagespflege mit unterschiedlichsten Maßnahmen vorangetrieben. Umso unverständlicher ist es, dass der SPD-Senat trotz eines steigenden Bedarfs in der Kinderbetreuung die Mittel für die Kindertagespflege allein in diesem Jahr um 2,3 Millionen Euro kürzen möchte. Wir alle müssen aufpassen, dass der Senat diese wichtige Säule der Kinderbetreuung in Hamburg nicht zum Einsturz bringt.

(Beifall bei der CDU)

Wir fordern deshalb den Senat zu einer Kehrtwende auf und beantragen, sauber gegenfinanziert, den Ansatz für die Kindertagespflege um 1,25 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2012 zu erhöhen. Die Überprüfungen der Leistungen und Betreuungsstandards in der Kindertagesbetreuung ist und bleibt eine wichtige Aufgabe. Deshalb haben wir als CDU-Fraktion die im Kinderbetreuungsgesetz bereits verankerte Einführung einer Kita-Inspektion gefordert, leider vergeblich, denn die Regierungsfraktion sträubt sich ebenso hartnäckig wie der Senat gegen die Umsetzung des gesetzlich vorgesehenen Kita-TÜVs. Trotz des berechtigten Interesses der Eltern möchte der Senat nicht prüfen, ob eine gute Betreuung der Kinder auch tatsächlich gewährleistet ist. Das ist keine verantwortungsvolle Politik.

(Beifall bei der CDU)

Auch eine verbesserte Personalausstattung zur Absenkung der Gruppengrößen in KESS-1- und KESS-2-Kitas auf 19 Plätze ist bisher nicht in Sicht, es gab nur Ankündigungen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, der Senat ist von seinem Ziel, Hamburg zur kinder- und familienfreundlichsten Stadt Deutschlands machen zu wollen, noch ein ganzes Stück entfernt. Das bisherige Handeln des zuständigen Senators Scheele gibt nur noch wenig Anlass zur Hoffnung, dass dieser Senat das jemals erreichen wird. Ich erinnere nur an das Hin und Her bei den geplanten Umsteuerungen der Hilfen zur Erziehung und das verantwortungslose Vorgehen in der Frage der Reduzierung der Ein-Euro-Jobs, über die heute schon gesprochen wurde. Auch über Ihre glücklose Kooperation mit Bezirksamtleiter Schreiber wurde heute gesprochen. Das sind nur wenige Beispiele für die Fehlleistungen in den ersten acht Monaten Ihrer Amtszeit. Herr Senator Scheele, Sie geben uns nicht die Hoffnung, dass die Kinder- und Familienpolitik bei Ihnen in guten Händen ist.

(Beifall bei der CDU)

Herr Senator Scheele, neben Frau Senatorin Blankau erweisen Sie sich momentan als zweite personelle Schwachstelle im Hamburger Senat.

(Heiterkeit bei der SPD – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Sie glauben ja noch nicht mal selbst, was Sie da erzählen!)

Für die Kinder und Jugendlichen, für die Familien in Hamburg bleibt zu hoffen, dass sich dies bald ändert. Richten Sie Ihren Blick nicht nur auf mögliche Beitragssenkungen, so verlockend das für Sie auch sein mag, sondern vor allem auf den erforderlichen Ausbau der Angebote und die Steigerung der Betreuungsqualität. Dann haben Sie auch unsere Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. Leonhard, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Manche Bemerkungen müssen sich einen Kommentar erst verdienen. Ihre Schlussbemerkung hat das nicht, deswegen gehe ich gar nicht darauf ein, was Sie zum Thema Senat und Senator Scheele gesagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Was das Thema Kinderbetreuung und Umsteuerungswilligkeit bei den Hilfen zur Erziehung betrifft, hatte ich eigentlich vor, Ihrer Partei gegenüber versöhnliche Töne anzustimmen.

(Roland Heintze CDU: Das ist aber nett! Ma- chen Sie das doch gerne!)

Jetzt bin ich aber doch genötigt, bei Ihnen eine bildungspolitische Schwachstelle auszubügeln.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Eine?)

Der Ausbau der Kindertagesbetreuung in Hamburg wurde durch die Rechtsansprüche entschieden vorangebracht, die Ihnen durch eine hamburgweite Elterninitiative unter Unterstützung der SPD aufgenötigt worden sind und dadurch überhaupt erst ins Kinderbetreuungsgesetz gekommen sind; das muss man ganz klar sagen.

(Beifall bei der SPD)

Das hat in Wahrheit dazu geführt – und das ist gut, da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht –, dass Hamburg im Vergleich der westlichen Bundesländer sehr weit fortgeschritten ist. Darauf können und sollten wir alle gemeinsam aufbauen, das geht in die richtige Richtung. Gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind nämlich ein zentraler Standortfaktor für die Zukunftsfähigkeit einer Stadt wie Hamburg. Mit dem Kita-Sofortprogramm, das Teil unseres Haushalts ist, haben wir bereits zum 1. August dieses Jahres – und das ist auch eine Besonderheit des laufen

(Dennis Gladiator)

den Haushaltsplans in Hamburg – einen großen Schritt in Richtung familienfreundliche Stadt gemacht. Das fing mit der Rücknahme der schwarzgrünen Gebührenerhöhung an und geht weiter mit der Wiederherstellung des Rechtsanspruches auf einen Hortplatz bis zum 14. Lebensjahr. Das sind wesentliche Verbesserungen für Hamburgs Familien.

(Beifall bei der SPD)

Wir halten Wort und werden heute die Haushaltsmittel für einen weiteren Schritt vorwärts beschließen, die Mittel für einen allgemeinen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr. Das ist die Grundlage für den Ausbau der Kinderbetreuung.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Punkt ist bildungs- und integrationspolitisch – und für die, denen das nicht reicht, in Wahrheit auch wirtschaftspolitisch – sehr wichtig. Hamburger Kinder und ihre Familien profitieren ein Jahr früher als von der Bundesregierung vorgesehen. Davon wird auch die Kindertagespflege in Hamburg insgesamt profitieren.

Noch ein Wort hierzu, Sie hatten schon einiges angesprochen. Auch der Anspruch auf den Platz bei einer Tagesmutter oder bei einem Tagesvater ist ein Rechtsanspruch. Das Geld für diese Rechtsansprüche, sollten Sie höher abgefordert werden, ist im Deckungskreis vorhanden. Deswegen ist es unwahr, von einer Kürzung zu sprechen. Das ist nicht der Fall und es ist auch unredlich, so etwas zu behaupten.

(Beifall bei der SPD)

Über diese Maßnahmen, die sich jetzt schon im Haushaltsplan-Entwurf wiederfinden, hinaus haben wir mit dem Landeselternausschuss Vereinbarungen zu Gruppengrößen und Förderbedingungen getroffen. Hier geht es um das Thema Qualität. Auch in dieser Frage werden wir Wort halten.

Alle diese Punkte bedeuten die Umsetzung von Positionen der SPD-Fraktion. An vielen Stellen haben wir, teils schon länger – Sie haben das auch angesprochen –, teils neuerdings wieder, die Unterstützung der Opposition. Das wird der Sache gerecht und dafür danken wir.

(Beifall bei der SPD)

Umso unverständlicher, weil es auch Ihr Ziel ist, Hamburg zur familienfreundlichsten Stadt zu machen, sind mir daher die Jubelankündigungen der CDU-Fraktion zum Thema Betreuungsgeld, zumal angesichts der sozialen Herausforderungen in einer Großstadt. Das wird Sie auf dem Weg zur modernen Großstadtpartei nicht voranbringen.