Protocol of the Session on November 22, 2011

(Robert Heinemann CDU: Kostenlose Kita- Plätze! Hören Sie auf!)

Lassen Sie uns die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, lassen Sie uns die Beseitigung der Sünden jahrzehntelanger verfehlter Ausgabenpolitik als ernste Sache begreifen und nicht als etwas, wozu jeder mal etwas sagt.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine große Stadt, und es ist die Aufgabe dieses Parlaments und des Senats, die Potenziale und Möglichkeiten, die damit verbunden sind, zu nutzen. Dafür müssen wir viele Voraussetzungen erfüllen. Die erste ist, dass wir auf die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt setzen und alles dafür tun, dass sich jeder so entfalten kann, wie es seinen Vorstellungen entspricht,

(Robert Heinemann CDU: Ohne Schulwahl- freiheit!)

und deswegen werden wir in Bildung investieren, von der Krippe bis zur Universität. Das ist das, was wir als Senat uns vorgenommen haben.

(Beifall bei der SPD)

Das bedeutet, dass wir die Wohnungen bauen, die dazu gehören, und dabei auch den einen oder anderen Streit oder Widerstand nicht fürchten. Das bedeutet, dass wir dafür Sorge tragen, dass der öffentliche Nahverkehr mit großer Verve weiter ausgebaut wird. Das bedeutet, dass wir für moderne, erneuerbare Energienetze sorgen und dafür, dass die Energiewende in Hamburg gelingt. Und das bedeutet, dass wir die Wirtschaft in dieser Stadt stärken, damit wir die Voraussetzungen für Wachstum

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

und Arbeitsplätze schaffen. Es bedeutet, dass wir – anstatt Sprüche zu klopfen

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

und zu behaupten, man sei ein ganz großer Konsolidierer – tatsächlich den Hamburger Haushalt in Ordnung bringen. – Schönen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Herr Heintze, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, eines vorweg: Ihre Reise muss wirklich gut gewesen sein; es gibt wieder Visionen. Einige kamen mir sehr bekannt vor, aber ich bin beruhigt, dass Sie überhaupt wieder Visionen für diese Stadt haben. Das ist etwas, was es in der Vergangenheit nicht gab und was übrigens auch in diesem Haushalt sehr fehlt.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben Dinge gesagt, die richtig sind. Es müssen alle notwendigen Schritte gegangen werden, damit junge Menschen ihre Chancen nutzen können. Sie haben aufgezählt, was alles dazugehört – ein Riesenprogramm – und betont, wie präzise Sie an diesen Dingen arbeiten. Kommen Sie einmal in unsere Haushaltsausschuss-Sitzungen und hören sich Ihre Senatoren an, dann werden Sie ein Gefühl sicherlich nicht mehr haben, dass Ihr Senat präzise an Projekten in dieser Stadt arbeitet. Das Auskunftsvermögen war unter aller Kanone.

(Beifall bei der CDU)

Das kommt in vielen Ausschussprotokollen und in den vielen Nachtragsforderungen deutlich zum Ausdruck. Wenn Sie hier von hoher politischer Verantwortung sprechen, kann ich Ihnen einen Vorwurf nicht ersparen: Übernehmen Sie erst einmal die Verantwortung für die politische Arbeit dieses Senats und setzen Sie diese so präzise auf die Spur, wie Sie versuchen vorzugaukeln, dass sie es sei.

(Hans-Detlef Roock CDU: Richtig!)

Hier wird mitnichten präzise gearbeitet.

(Beifall bei der CDU)

Was wir in diesem Doppelhaushalt erleben, ist weitab aller Präzision. Dabei haben Sie einen vielversprechenden Anfang gemacht, als Sie am 23. März erklärten:

"Dieser Senat wird finanzpolitische Solidität wieder zu einem Markenzeichen Hamburgs machen. Auch mit knappen Kassen kann man entschlossen gute Politik machen, wenn man die Nervenstärke dazu besitzt."

Eines haben die letzten acht Monate gezeigt: Von Nervenstärke, mit der Sie den Haushalt konsolidieren wollen, ist bei Ihnen nichts mehr zu sehen. Das ist gescheitert.

(Beifall bei der CDU)

Was Sie Solidität nennen, hat sehr viel mit tricksen, täuschen und tarnen zu tun,

(Dirk Kienscherf SPD: Wersich konnte das immer!)

und wenn das Ihre haushaltspolitische Kernkompetenzen sind, wird es schwierig.

Ich nenne Ihnen als Beleg drei konkrete Maßnahmen. Die Kollegen, die mit mir im Haushaltsausschuss saßen, werden wissen, worauf ich mich beziehe. Sie haben gesagt, die Solidität im Haushalt werde mit "pay as you go", der 1-Prozent-Regel und – die Geheimwaffe, die heute noch gar nicht angesprochen wurde – globalen Minderausgaben in den Fachbehörden erreicht.

Zu "pay as you go" haben wir heute schon viel gehört. Sie haben bisher keines Ihrer Wahlgeschenke auch nur ansatzweise hinreichend gegenfinanziert. Für das Jahr 2011 können wir bei Mehrausgaben von insgesamt 27 Millionen Euro gerade einmal bei 600 000 Euro eine Gegenfinanzierung nach diesem Prinzip sehen. Wenn Sie das solide nennen wollen, Herr Bürgermeister, ist das schiefgegangen.

(Beifall bei der CDU)

Statt "pay as you go" regiert das Rasenmäherprinzip. Sie verlangen von den Bezirken, dieses Jahr 12,3 Millionen Euro in ihren Haushalten einzusparen – 2014 sollen es 22,5 Millionen Euro sein –, lassen aber offen, wie das gehen soll, irgendwie wird es schon klappen. Das ist Rasenmäher-Politik, damit konsolidiere ich aber keinen Haushalt. Ihre Fraktion scheint das erkannt zu haben. Von daher, Herr Dressel, lehnen wir auch nicht alles ab, was Sie vorschlagen. Wir halten eine Aufgabenkritik für sehr sinnvoll und sind gespannt, was bei der Umsetzung Ihres Antrags herauskommt. Das, was wir bisher gesehen haben, funktioniert nicht.

Der zweite Ansatz, den Sie gewählt haben, ist die 1-Prozent-Regel. Ich kann nicht verstehen, Herr Bürgermeister, wie Sie dazu kommen, hier zu erzählen, diese Regel werde eingehalten.

(Jan Quast SPD: Ich erkläre es noch mal!)

Es gibt wirklich niemanden mehr, der das noch glaubt. Ich kann auch nicht sehen, dass das in der medialen Berichterstattung in irgendeiner Weise verfangen hat, und zwar zu Recht nicht, weil es die 1-Prozent-Regel in Ihrem Haushalt de facto nicht mehr gibt.

(Beifall bei der CDU und bei Robert Bläsing FDP)

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

Sie haben Ihre eigene Regel bereits im ersten Jahr gebrochen. Die Ausgaben steigen bei Ihnen deutlich schneller an als die Einnahmen. Im Abschluss 2010 stehen rund 11 Milliarden Euro Ausgaben, ein Defizit gegenüber den Einnahmen von ungefähr 925 Millionen Euro. Für 2011 planen Sie 10,4 Milliarden Euro bereinigte Einnahmen, 11,5 Milliarden Euro sind bereinigte Ausgaben und wir haben ein Defizit von 1,173 Milliarden Euro und das, obwohl wir 2010 gezeigt haben, dass man diese Stadt mit deutlich weniger Geld regieren kann, und zwar gut. Ich kann nicht verstehen, wo da irgendwo 1 Prozent versteckt sein soll. Sie genehmigen sich gleich in der ersten Runde eine Steigerung der bereinigten Ausgaben von 4,8 Prozent und eine Steigerung des Defizits, die deutlich über dem liegt, was Schwarz-Grün im Ist abgeliefert hat. Das hat nichts mit der 1-Prozent-Regel zu tun. Sie können es noch fünfmal sagen, ich hoffe nur, dass dann auch der Letzte verstanden hat, dass das der zweite große Trick in Ihrem Haushalt ist, der nicht funktioniert.

(Beifall bei der CDU)

Besonders schön wird es, Herr Dr. Dressel, wenn Sie uns sagen, wir hätten unsere Sparvorschläge nicht dezidiert durchgerechnet. Zum einen haben wir Beschlüsse nicht mitgetragen, und zwar dezidiert nicht mitgetragen, die wir für falsch halten. Das sind Einsparvorschläge unsererseits. Zum anderen: So wie Sie mit den globalen Minderausgaben umgehen, sehe ich keinen einzigen Behördenhaushalt, der in irgendeiner Weise erahnen ließe, wo die SPD sparen will. Ihr Trick ist: Wir haben Reste und globale Minderausgaben; das bringt sich schon irgendwie in Deckung. Ich habe alle Senatoren gefragt, keiner konnte das auch nur annähernd konkretisieren. Es sieht ernsthaft so aus, dass hier auf Fehlveranschlagung erheblichen Ausmaßes spekuliert wird, damit Sie das solides Sparen nennen können. Mit diesen globalen Minderausgaben haben Sie aus unserer Sicht einen dritten Verstoß gegen eine solide Haushaltsführung begangen. Das hat überhaupt nichts mit verantwortungsvoller Haushaltspolitik zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt noch weitere Tricks. Den Trick, die 500 Millionen Euro mitzunehmen, obwohl wir sie eigentlich gar nicht brauchen, habe ich schon angesprochen. Auch der Finanzsenator räumte Ende Oktober, als er in der "Bild"-Zeitung über Steuersünder-CDs fabulierte, ein:

"Ich sage Ihnen hier voraus, dass wir noch in diesem Jahr ein geringeres Defizit haben werden als der Vorgängersenat."

Super, Herr Finanzsenator. Dann planen Sie doch Ihre Haushalte so, dass Sie das mit einpreisen, dann sparen wir uns eine Menge Schulden für die Stadt. Das würde helfen.

(Beifall bei der CDU)

Nichtsdestotrotz gibt es auch noch andere Instanzen, die darauf geschaut haben, wie wir diesen Haushalt gestalten. Dazu gehört die Bundesbank, die traditionell eher zurückhaltend und diplomatisch ist. Aber auch sie geißelt Ihren Trick, wenn sie von Sprungschanzen-Effekten durch überhöhte Ansätze spricht, vor denen sie die Bundesländer mit Blick auf Erreichung der Schuldenbremse dringend warnt. Damit ist Hamburg gemeint. Sie schaffen sich einen Sprungschanzen-Effekt und behaupten auch noch, das sei gute Haushaltspolitik. Bei aller Liebe: Auch hier haben Sie versagt.

(Beifall bei der CDU)

Das ist zumindest im "Hamburger Abendblatt" angekommen, in dem zu lesen ist:

"Die Differenz zwischen Soll und Ist gibt ein schönes Polster ab, um in den Folgejahren allzu dramatische Einschnitte abzufedern."