Protocol of the Session on October 26, 2011

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen auch darauf achten – das hat Herr Grote schon richtig ausgeführt –, dass wir Vermieter oder potenzielle Vermieter nicht vergraulen. Wohnungsbau muss sich refinanzieren, wir dürfen nicht noch mehr Mietrechtsgängelungen ausführen.

Ich greife drei Punkte heraus, die zum Teil schon erwähnt wurden. Es ist doch geradezu absurd, eine allgemeine Mietobergrenze, abhängig vom Einkommen, zu erheben. Das meinen Sie doch nicht im Ernst, ganz abgesehen vom Transparenzverbot in diesem Falle. Da müssen doch Mieter finanziell die Hose herunterlassen, um darzulegen, wie viel Geld sie eigentlich verdienen. Das ist Unsinn, der Preis einer Wohnung hat doch nichts damit zu tun, was der Mieter an Geld verdient.

Ein zweiter Punkt: Sie können nicht ernsthaft sagen, dass wir in vier Jahren nur 15 Prozent Mieterhöhungen zulassen wollen – das ist nämlich aus dem Antrag der LINKEN. Das würde nämlich bedeuten, dass frühestens in neun Jahren der Mietenspiegeldurchschnitt erreicht werden kann. Das ist eine unnötige Gängelung, die Vermieter abschreckt.

Ein dritter Punkt, den ich erwähnen möchte, ist, dass eine Modernisierungsumlage nur noch 9 Prozent betragen darf. Wir wissen, dass DIE LINKE mit Investitionen, gerade im Wohnungsbau, nicht viel zu tun hat. In der DDR gab es das schließlich auch nicht. 9 Prozent bedeuten auf gut Deutsch doch nichts anderes, als dass Investitionen in Mietwohnungen in Hamburg unterbleiben, weil sie nicht umlegbar sind. Auch das ist ein ganz schlechter Vorschlag.

(Beifall bei der FDP)

Eine strenge staatliche Mietregulierung schadet am Ende den Mietern. Und was Sie, Herr Bischoff, und Ihre Partei uns als Schutzschirm für die Mieter verkaufen, ist am Ende nichts anderes als ein Trichter. Sie setzen nicht die Gefahren für die Mieter herab, sondern Sie konzentrieren sich noch auf die Mieter. Machen Sie eine andere Politik, lassen Sie uns Mietwohnungsbau fördern und nicht verhindern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Dr. Bischoff, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind in dem Punkt gar nicht auseinander, Herr Schinnenburg, dass wir Maßnahmen zur Beschleunigung des Mietwohnungbaus brauchen. Da werden wir kritisch schauen, was dieser neue Senat wirklich auf den Weg bringt. Bislang ist die Zeit zu kurz, um es abschätzen zu können.

(Jörg Hamann CDU: Das ist ja auch nichts Neues!)

Sie können sich doch gleich noch einmal melden, Herr Hamann.

Dieser Punkt ist völlig unstrittig. Wir diskutieren über verschiedene Maßnahmen, wie man diese Sache nach vorn bringen kann. Ich habe in der letzten Legislaturperiode und auch in dieser immer wieder gesagt, dass das Bündnis für Wohnen in Hamburg und auch der Versuch, sich mit den Bezirken zu arrangieren, aus meiner Sicht wichtige Schritte sind. Diese Angelegenheit funktioniert nicht im Dissens angesichts der Verfahrenheit der Situation. Insofern ist dies gut.

Gleichzeitig – dies ist doch der Punkt, den wir gerade diskutieren – ist meine tiefe Skepsis, ob die 2000 Wohnungen mit öffentlicher Förderung uns wirklich zu einer Veränderung bringen, und in welchem Zeitraum dies sein soll. Herr Roock, wenn Sie fragen, was diese Anmeldung eigentlich solle, dann kann ich nur antworten, dass dies nicht einfach nur eine Debatte ist, die wir im Ausschuss und im Parlament führen. Gerade die Unruhe bei diesem Themenbereich ist in der Stadt ein wirkliches Spannungsfeld.

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

Wir müssen vernünftige Antworten entwickeln. Selbst wenn jetzt alles angeschoben wird mit diesen 2000 öffentlich geförderten Wohnungen, dauert es mindestens zehn oder 15 Jahre, bis man einen Entspannungseffekt merkt. Ich gestehe Ihnen zu, dass das in anderen Großstädten anders ist. Aber es ist ein massives Problemfeld in zwei bis drei Metropolregionen und dazu gehört Hamburg.

An diesem Punkt bleiben wir bei unserer Position. Man müsste übergangsweise über andere Dinge nachdenken, um den Mieterschutz zu erhöhen. Das ist nicht in dem Sinne gemeint, dadurch den Neubaubereich zu blockieren, aber wir müssen einen Weg finden, um diese Mietpreisentwicklung zu stoppen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zum dritten Thema der Aktuellen Stunde, angemeldet von der SPD:

Eurokrise und die Folgen – Verlässlichkeit für öffentliche Haushalte

Das Wort hat Herr Völsch. Es sind noch zehn Minuten Redezeit vorhanden.

(Zuruf von Jens Kerstan GAL)

– Wenn ich die Geschäftsordnung richtig im Kopf habe, Herr Kollege Kerstan, dann entscheidet die anmeldende Fraktion, ob das Thema behandelt wird oder nicht. Ich habe mich zu Wort gemeldet, und das ist doch eindeutig genug.

Wir wissen nicht erst seit der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise, dass nur ein wirklich handlungsfähiger Staat Stabilität sichern kann. Wir wissen auch aus Hamburger Erfahrung, dass der Zusammenbruch einzelner, wichtiger Funktionsträger massiven Einfluss auf das Gesamtsystem haben kann. Das galt für den Zusammenbruch der Lehman Bank, es hätte gegolten für den möglichen Zusammenbruch der HSH Nordbank und es gilt in der aktuellen Diskussion für einzelne Länder der Eurozone.

Deshalb ist es gut, dass in Berlin und Brüssel jetzt Entscheidungen fallen und gefallen sind, zumindest in Berlin. Es ist auch gut, dass diese Entscheidungen mit einer breiten Mehrheit gefallen sind und dies hoffentlich in Brüssel genauso sein wird.

Der gemeinsame Entschließungsantrag von CDU, SPD, Grünen und FDP macht deutlich, dass wir zum Euro und zur Europäischen Union stehen. Er macht aber auch deutlich, dass die Hebelung des ESFS, wenn sie denn kommt, nicht ohne Risiko ist und dass sie auch für Deutschland nicht ohne Risiko ist. Es ist gut so, denn es ist ehrlich.

Es bleibt allerdings – das sage ich ganz ehrlich, gerade nach den Erfahrungen im Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank – die Skepsis gegenüber Instrumenten, die uns in den Jahren 2008 und 2009 noch als Auslöser einer weltweiten Finanzkrise begegnet sind. Es ist deshalb richtig, dass sich das Parlament damit erneut befassen muss in Berlin, sobald die Umsetzungsrichtlinien für die Beschlüsse vorliegen, die wahrscheinlich jetzt beim Eurogipfel getroffen werden. Erst nach den Gipfelbeschlüssen und den Richtlinien können die Risiken einer Hebelung der Milliardenbeträge des Rettungsschirms konkret eingeschätzt werden.

Meine Damen und Herren! Es ist gut und richtig, dass die Koalition auf Bundesebene den Weg für

eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene freigemacht hat.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GAL)

Diese Steuer wird sicherlich nicht der ultimative Rettungsanker sein, der uns in Zukunft vor irrwitzigen Transaktionen bewahren wird, aber sie ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zu einer besseren und möglicherweise etwas gerechteren Ordnung auf den Finanzmärkten. Und vielleicht trägt sie auch zu etwas mehr Verlässlichkeit für die öffentlichen Haushalte bei, eine Verlässlichkeit, die wir dringend benötigen.

Hamburg ist eine Wirtschafts- und Handelsmetropole. Wir haben schon 2008 schmerzhaft erfahren, was es bedeutet, wenn der internationale Handel zusammenschnurrt und die Finanzkrise auf die Realwirtschaft übergreift, was es bedeutet, wenn in einer solchen Situation die Staatsschulden bereits in einem Maße entglitten sind, wie dies in anderen Ländern gegenwärtig der Fall ist. Wir können uns vermutlich gar nicht vorstellen, welche Reaktionen das hervorruft.

Man stelle sich einmal vor, wir wären in Deutschland oder in Hamburg zu Maßnahmen wie in Griechenland gezwungen: Steuererhöhungen, Rentenkürzungen, Entlassungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes. Wir würden vermutlich nicht mehr so ruhig und gelassen wie jetzt debattieren. Und deshalb kann ich alle nur dringend davor warnen, mit vermeintlich einfachen Lösungen, radikalen Parolen und unmotivierten Spekulationen über Staatsinsolvenzen auf Stimmungs- und Stimmenfang zu gehen. Ich möchte hier einen solchen Zusammenbruch nicht erleben.

Nicht zuletzt wegen unserer eigenen Erfahrungen mit Banken, deren Geschäften und den Folgen für diese Geschäfte haben vermutlich die meisten von uns Verständnis für die aktuellen, weltweiten Proteste, auch in Hamburg auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz.

(Beifall bei der SPD)

Wer aber allein in den Banken oder den Spekulanten den alleinigen Kern des Übels sieht, argumentiert zu kurz und zu einseitig. Wir brauchen die Banken, wir werden sie auch in Zukunft brauchen, ohne sie lässt sich in Wahrheit nicht wirtschaften.

Ein weiteres Problem, das wir in den letzten Jahren hatten, ist durch die immense Staatsverschuldung entstanden, die auch die Politik mit zu verantworten hat. Deshalb greifen die Proteste zu kurz, weil es diesmal eben nicht allein die Schuld der Banken ist, schuld sind auch die überbordenden Staatsschulden fast überall in Europa, in den USA und auch in Hamburg. Zu viel und zu lange wurde vielfach auf Kosten künftiger Generationen gewirtschaftet und gelebt, auch bei uns. Wir müs

sen deshalb schnell zu Entscheidungen kommen, wir müssen Ergebnisse bringen und in der Tat darauf achten, dass wir auch den Hamburger Haushalt entschulden. Wir sind auf einem guten Weg und müssen ihn weitergehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Herr Heintze hat das Wort.

Lieber Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Völsch hat sicherlich in sehr vielem, was er sagte, recht. Auch wir als CDU und als Europapartei finden den Beschluss, den der Bundestag heute getroffen hat, wichtig und richtig. Er ist zu diesem Zeitpunkt als Signal notwendig, um zum einen die Märkte zu beruhigen, aber zum anderen auch Handlungsfähigkeit zu demonstrieren.

Zusätzlich hat Herr Völsch einen Punkt angesprochen, den ich auch wichtig finde. Wir sollten schauen, dass Politik nicht über Instrumente beschließt, die sie nicht versteht. Deswegen ist es sehr wichtig, dass auch meine Fraktion heute noch einmal deutlich gemacht hat, dass es bei den 211 Milliarden Euro, die Deutschland garantiert, bleiben muss, und dass es da kein Vertun gibt. Ich würde mir von uns allen wünschen, dass wir dieses Selbstbewusstsein viel öfter aufbringen, wenn wir von Regierungen vermeintlich gangbare Lösungen präsentiert bekommen, die wir häufig im Detail nicht verstehen oder erst nach sehr langer Beschäftigung damit. Ich würde mir auch wünschen, den heutigen Tag zum Anlass zu nehmen, an dieser Stelle noch stärker als Parlament zusammenzustehen und in unserer Verantwortung, gerade wenn es um solche immensen Summen geht – 1 Billion Euro europaweit –, nur noch Dinge zu beschließen, die wir durchdrungen und verstanden haben. Und wenn es solche Lösungen nicht gibt, dann muss nachgearbeitet werden und die Lösungen müssen einfacher werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der GAL)

Für Hamburg ist es besonders wichtig, dass wir uns als gute Europäer hier aufstellen und unsere Solidarität zeigen. Hamburg trägt 66 Prozent aller Exporte ins europäische Ausland. Das sind 35 Milliarden Euro Exportvolumen, die allein über Hamburg gehen. Deswegen ist Stabilität eines der Kerninteressen unserer Stadt. Deswegen hat Hamburg über all die Jahre im Konsens aller Parteien diese Stabilität mitgetragen und versucht zu unterstützen, wo es nur ging. Das haben wir getan und deshalb sagen wir heute, dass dieser Beschluss, wie der Bundestag ihn getroffen hat, richtig ist. Wir als Hamburger CDU stehen dazu.

(Beifall bei der CDU)

(Thomas Völsch)

Trotzdem sollten wir uns zwei Dinge – da schaue ich in Richtung Senat – doch noch einmal ansehen. Ich hätte mir vom Finanzsenator in der Eurobonds-Diskussion eine deutlich klarere Stellungnahme gewünscht. Wir hatten die Diskussion, ob man nicht künftig Eurobonds schafft und damit das Zinsniveau für alle Schuldner in Europa erhöht, um die Schwachen aufzufangen. Wenn man das beschließen würde, würde das Hamburg am Ende des Tages allein 400 Millionen Euro mehr Zinsen kosten. Das sind Zinsen, die die Stadt bei der jetzigen Zinslast nicht aufbringen kann. Hier wünsche ich mir, dass man – gern auch gemeinsam – Standpunkte findet, die sehr deutlich machen, dass Solidarität für Hamburg im europäischen Kontext wichtig ist, wir aber Lösungen finden müssen, die nicht den Hamburger Haushalt über Gebühr belasten. Das ist für die CDU eine wichtige Position an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU)

Herr Völsch, erlauben Sie mir zum Abschluss eine Bemerkung. Wenn wir uns die derzeitige Situation anschauen, haben wir am Ende eine Schuldenund Haushaltskrise, die die Staaten und die Politik verursacht haben. Wenn man genauer hinsieht, haben Parlamente seit den Siebzigerjahren für sich beschlossen, dass man durch Schuldenmachen ein probates Mittel hat, um Haushaltsgestaltungsspielraum zu gewinnen. Für Hamburg bedeuten das 25 Milliarden Euro Schulden und 28 Milliarden Euro Zinsen, die wir dafür gezahlt haben. Die Spielräume hat es nicht wirklich gegeben. Das ist ein Irrtum – da will ich die CDU gar nicht ausnehmen –, dem eine bestimmte Politikergeneration aus meiner Sicht aufgesessen ist.

Trotzdem ist es jetzt an uns zu sagen, dass wir stabile Haushalte brauchen. Wir brauchen einen schnellen Schulden- und Neuverschuldungsstopp und wir brauchen diesen auch in Hamburg. Die Konsequenz aus Ihrer Rede wäre, es nicht wie Spanien zu versuchen, das sich bis 2020 in die Verfassung geschrieben hat, keine neuen Schulden mehr aufzunehmen,