Sie sagen jetzt mit Ihrer Haushaltspolitik, dass Sie 2020 anvisierten und dann einmal schauen wollten. Ich bin davon überzeugt, dass dies so nicht geht. Wir müssten heute – das gilt für den Arbeitsmarkt wie für die Wirtschafts- und Strukturpolitik generell – gegen die sich abzeichnende Entwicklung angehen.
Dann zeichnet sich im Antrag Ihr grandioses Selbstbewusstsein ab, das Sie uns fast jede Woche, wenn eine Bürgerschaftssitzung ist, um die Ohren hauen. Sie schreiben nämlich, dass Sie die richtige Antwort auf die schwarz-gelbe Kahlschlagpolitik gegeben hätten. Genau, Sie machen nur Richtiges. Ich könnte Ihnen Einiges dazu sagen, was gestern richtig war oder heute richtig ist. Über dieses Arbeitsmarktprogramm ist noch nicht richtig diskutiert worden, hier ist noch Einiges offen. Wenn ich mir die Diskussion der Träger anschaue – das mag Sie vielleicht im Detail nicht interessieren –, dann gibt es meines Erachtens eine ganze Reihe von wichtigen Hinweisen, wie man mit geringeren Ressourcen vernünftiger und anders umgehen sollte. Es fällt zudem einer absolut regierenden SPD kein Zacken aus der Krone, wenn sie sagt, sie hätte einen Aufschlag gemacht und dann würde man einmal sehen, was die anderen darüber fachpolitisch denken, und das dann an einigen Stellen korrigieren. Insofern ist das Ganze von Überheblichkeit geprägt, und das finde ich überhaupt nicht in Ordnung.
Der letzte Punkt, die Einrichtung eines integrationsorientierten sozialen Arbeitsmarkts, ist nur eine Nebenqualifikation neben der Frage, wie man optimale Vermittlung organisiert. Was verstehen wir unter einem sozialen Arbeitsmarkt? Was ist die Perspektive für die nächsten Jahrzehnte? Wie gehen wir mit den Trägern um, die wir dazu brauchen? Das sind wirkliche Schlüsselfragen. Ich begrüße ausdrücklich, dass in dem Gesetzentwurf, wie er in zweiter und dritter Lesung verabschiedet wurde, der ruppige Umgang mit den Trägerpauschalen nicht fortgeführt wird. Aber ich habe ein großes Misstrauen, was von der Bundesagentur in der Umsetzung erfolgt. Das heißt, es gibt keinen Grund zur Entspannung. Wir werden auch an dem Punkt dafür kämpfen müssen, vernünftige Alternativen zu finden. Dies kann nicht die Verlängerung der Ein-Euro-Jobs mit ihrem Sanktionsregime sein; das war für unsere Fraktion immer eindeutig. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will nur einige wenige Anmerkungen machen und berichten, wie der Stand der Dinge ist.
Zunächst einmal zu der Frage, ob es Kahlschlag ist oder nicht und wie die Zahlen genau sind. Das kann man ganz einfach machen. Eigentlich wollte ich es gar nicht erwähnen, aber man muss es wohl noch einmal. Wir hatten im letzten Jahr 184 Millionen Euro zur Verfügung und gehen für das nächste Jahr von 104 Millionen Euro aus. Das sind 80 Millionen Euro weniger, also ungefähr 40 Prozent. Mir ist nicht bekannt, dass die Zahl der Arbeitslosen im SGB II um 40 Prozent gesunken wäre.
Es ist schön, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung hier für ihre Arbeitsmarktpolitik gelobt wird. Ich würde aber doch gern eines in Erinnerung rufen. Als die schwarz-gelbe Bundesregierung ins Amt kam, kamen wir aus einer schweren Finanzmarktkrise mit erheblichen Verwerfungen am Arbeitsmarkt. Die Verwerfungen am Arbeitsmarkt hat die Große Koalition gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit mit einem Instrument, mit viel Geld, aber auch mit viel Know-how, viel Mut und einer vorbildlichen Sozialpartnerschaft einigermaßen über die Bühne gebracht, nämlich mit dem Instrument Kurzarbeit und dem Instrument Qualifizierung parallel zur Kurzarbeit, denn man konnte schlauer aus der Krise herauskommen, als man hineingegangen ist, und mit der vollen Übernahme der Remanenzkosten. Damit hat die FDP über
haupt nichts zu tun. Es waren das sozialdemokratisch geführte Arbeitsministerium und die Große Koalition, die das gemacht haben. Damit haben Sie wirklich nichts zu tun. Diese Kurzarbeit hat dazu geführt, dass Menschen…
Weil ich diese Frage, ob alles gut ist und ob Sie mit all dem etwas zu tun haben, hier richtigstellen möchte.
Wir sind im europäischen Vergleich besser als jedes andere Land aus der Krise herausgekommen, weil die Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitsverträge behalten haben, beschäftigt waren und mit diesem extrem flexiblen Instrument bei jedem Auftragseingang nach Bedarf in den Betrieb zurückkommen konnten. Darum ist es in keinem Land so gut gelaufen wie hier. Wir haben großen Widerstand in der Großen Koalition gehabt, insbesondere aus dem Wirtschaftsressort, das dieses Verfahren aus ordnungspolitischen Gründen immer nicht wollte. Und ich glaube, die FDP hätte es auch nicht gewollt.
Herr Bischoff hat eben darauf hingewiesen, dass die Diskussionen über die Instrumentenreform nicht zu Ende sein sollten. Das sind sie auch nicht, es ist zwar kein zustimmungspflichtiges Gesetz, aber ein Einspruchsgesetz. Der Vermittlungsausschuss ist angerufen worden, damit wir diskutieren und versuchen, bessere Lösungen zu finden.
Ich möchte etwas zu den Fallpauschalen sagen. Ich bin auch beruhigt, dass es so gekommen ist, denn sonst hätten wir heute vor unlösbaren Problemen gestanden, was die Hamburger Situation angeht. Aber was da passiert, ist ein absoluter Schildbürgerstreich.
Jetzt ist es nämlich so: Das Geld, das für die Träger zur Verfügung steht, stammt aus dem EGT, es ist ein großer Topf. Da gibt es einen Paragrafen 16e. Aus dem sollen nun, wie Herr Bischoff eben gesagt hat, die Aufwendungen der Träger in Fehlbedarfsfinanzierung bezahlt werden. Das ist ein hochbürokratisches Verfahren, das viel mehr Personal bindet als das, was wir jetzt bei den Pauschalen haben. Damit wird den Trägern aber erst einmal nur das Overhead, der Anleiter, eventuell ein Auto für die Durchführung der Maßnahmen bezahlt.
Nach dem Paragrafen 4.6 sollen die flankierenden Leistungen finanziert werden. Das heißt, für eine Maßnahme, die aus dem gleichen Geldtopf bezahlt wird, werden jetzt zwei Anträge, beide in Fehlbe
darfsfinanzierung, fällig, beide mit Bescheiden, beide mit Abrechnungen und beide mit Verwendungsnachweisprüfung. Wenn Sie denn in irgendeiner Weise ordnungspolitisch für Entbürokratisierung sind, dann besinnen Sie sich bitte auf einen anderen Weg. Es funktioniert zwar im Ergebnis mit dem Geld, aber es kostet Sie zu viel Verwaltungsbedarf, der aus dem gleichen Topf bezahlt wird, weil der Verwaltungshaushalt mit dem EGT leider deckungsfähig ist.
Diese zusätzliche Bürokratie geht zulasten der Arbeitslosen. Ich würde Sie daher bitten, nicht nur uns im Vermittlungsausschuss, sondern auch Sie, die Einfluss auf die Bundesregierung haben,
ein bisschen darauf hinzuweisen, dass sie jetzt das Geld möglicherweise bewilligen, aber um den Preis eines Beschäftigungsprogramms in den Jobcentern. Das sollte nicht der Fall sein, es sollte besser für die Arbeitslosen da sein. – Herzlichen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 20/1679.
Wer diesen Antrag annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist abgelehnt worden.
Wer möchte sich nun dem SPD-Antrag aus der Drucksache 20/1586 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit beschlossen worden.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 18, Drucksache 20/1556, Antrag der GAL-Fraktion: Die Zukunft des Karoviertels sicherstellen! – Treuhandvermögen in genossenschaftliche Hand.
[Antrag der GAL-Fraktion: Die Zukunft des Karoviertels sicherstellen! – Treuhandvermögen in genossenschaftliche Hand – Drs 20/1556 –]
Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 20/1692 und 20/1701 Anträge der FDP- sowie der SPD-Fraktion vor.
[Antrag der FDP-Fraktion: Die Zukunft des Karoviertels sicherstellen! – Treuhandvermögen in genossenschaftliche Hand
[Antrag der SPD-Fraktion: Karoviertel schützen: sozialverträgliche Mieten dauerhaft sichern – öffentliches Eigentum erhalten! – Drs 20/1701 –]
Alle drei Drucksachen möchte die Fraktion DIE LINKE an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Herr Duge, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist nicht schwer zu erraten, warum wir jetzt diesen Antrag eingebracht haben, denn nach etwa knapp einem Vierteljahrhundert wird Ende 2012 das Karoviertel mit den Sanierungsvorhaben so gut wie abgeschlossen sein. Deswegen wird es Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, was aus dem Karoviertel weiter werden soll.
Wir sind auch sehr froh, dass die SPD, wenn auch auf den letzten Drücker, einen Zusatzantrag eingebracht hat, der in dieselbe Richtung geht und wesentliche Elemente, die wir in unserem Antrag aufgenommen haben, ebenso enthält und in einigen Punkten präzisiert. Wir übernehmen natürlich gern den Punkt 7, das Datum. Das heißt, die Berichterstattung der Bürgerschaft erfolgt nicht, wie von uns geplant, zum 1. März 2012, sondern bereits zum 1. Dezember 2011.
Die Sorgen, die sich viele Mieterinnen und Mieter im Karoviertel machen, sind nicht von der Hand zu weisen. Das Karoviertel erfüllt nämlich eigentlich die drei Grundvoraussetzungen zur Gentrifizierung. Es liegt innenstadtnah, es ist ein Altbauwohnungsbestand und es ist ein preiswerter, noch mit erträglichen Mieten belegter Stadtteil.
Ich selbst habe es übrigens in den Achtzigerjahren miterlebt, als ich als Mieter in der Neustadt wohnte und auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Wohnungen privatisiert worden sind und dann teuer verkauft wurden. Viele Freunde mussten wegziehen, weil sie mehr oder weniger drangsaliert worden sind, auszuziehen. Da reicht auch die Mieterschutzgesetzgebung nicht. Es gibt leider genug Methoden, den Mietern die Wohnung madig zu machen.
Fluktuation ist ebenfalls ein Merkmal von Gentrifizierung. Ich brauche nicht auszuführen, welche Folgen das hat. Deshalb brauchen Mieterinnen und Mieter einen Schutz vor Privatisierung und Spekulantentum. Das kann und sollte am besten durch die Eigentumsbindung an den Staat geschehen, denn dann ist die Möglichkeit der Steuerung besser gegeben, als wenn dies in die Privatisierung geführt wird.
Ich halte es auch für dringend erforderlich – wir haben das in unseren Punkt 2 aufgenommen –, dass eine baldige Information der Mieterinnen und Mieter im Karoviertel über diese zukünftige Entwicklung geschieht, um die Unsicherheiten über das, was dort geschehen soll, aus der Welt zu schaffen und auch mit ihnen zu diskutieren, wie der weitere Weg sein soll.
Meine Damen und Herren! Es ist nicht allein damit getan, nur die Gebäudesubstanz zu errichten. Ich zitiere aus einem Antrag der SPD von 2009:
"Auch im Hinblick auf Beteiligungsstrukturen [in Quartieren] sind Lösungen zu suchen, mit denen Engagement und Aktivität insbesondere der Bewohnerinnen und Bewohner erhalten werden kann."
Deswegen habe ich das auch aufgegriffen, und in diese Richtung geht nun auch unser Antrag, Herr Grote. Lassen Sie mich einfach einmal ausreden.
Es geht also darum, Bewohnerinnen und Bewohner dieses Quartiers einzubinden und sie nicht nur die Fläche als Gebäudesubstanz verwalten zu lassen. Ein lebendiges Viertel ist eben mehr als nur Gebäudesubstanz. Das sagen Sie auch selbst in dieser Formulierung, in diesem Punkt sind wir überhaupt nicht auseinander.