Protocol of the Session on September 29, 2011

(Antje Möller)

Deshalb haben Regierung und vor allem das Parlament sich darum zu kümmern, ihre Gesetze der Verfassung und Rechtsprechung anzupassen.

Dem neuen Senat müssen wir Liberale als konstruktiv-kritische Opposition aber auch noch Folgendes mit auf den Weg geben: In den Aussagen der SPD-Fraktion der letzten Jahre finden sich in einigen Teilen ebenfalls deutliche Ansätze zu verdachtsunabhängigen Kontrollen. Hinsichtlich dieses Instruments werden Sie kaum mit unserer Unterstützung rechnen können.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Bei allen Überlegungen zu mehr Überwachungsmöglichkeiten für die Polizei sollten Sie immer beachten, was wirklich mehr für Sicherheit sorgen kann. Bei den in der Kriminalitätsentwicklung besonders kritischen Bereichen Wohnungseinbruchdiebstahl und Autobrandstiftung zeigt sich deutlich, dass im Zweifel Kommissar Zufall der beste Ermittler ist.

Meine Damen und Herren! Sicherheit braucht ausgeruhte, motivierte und gut ausgebildete Polizisten, die ihre Arbeit mit Erfolg machen. Die Masche der letzten beiden Senate, die Polizei durch Überstunden und Unterfinanzierung zu verheizen, ist da nicht hilfreich und konnte auch nicht durch Gesetzessymbolismus

(Antje Möller GAL: Das ist aber populi- stisch!)

kompensiert werden.

(Andy Grote SPD: Hast groß aufgeschrie- ben?)

Ich habe es extra groß unterstrichen, das stimmt, Herr Grote, jetzt haben Sie mich aber erwischt.

Wir warten daher auf einen hoffentlich gerichtsfesten und bürgerrechtsfreundlichen Entwurf des Senats. Ich möchte heute schon anmahnen, dass wir uns im Parlament auch bei den bekannten Mehrheitsverhältnissen ausreichend Zeit für die Beratung lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Schneider.

Herr Münster, Sie haben mir vorgeworfen, ich würde das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen.

(Arno Münster SPD: Das steht bei Ihnen auf der Internetseite!)

Ich weiß nicht, woher Sie das nehmen. Das haben Sie sich jetzt einfach ausgedacht. Ich habe gesprochen für die Stärkung der Gewaltenteilung. Damit wiederum scheinen Sie ein Problem zu haben, und

das spricht gegen Ihr Verständnis der Aufgaben des Parlaments.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 20/1254 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zu Punkt 32 der Tagesordnung, Drucksache 20/1589, dem Antrag der SPD-Fraktion: Korruptionsbekämpfung voranbringen – Lücken im Strafrecht zur Abgeordnetenbestechung beseitigen.

[Antrag der SPD-Fraktion: Korruptionsbekämpfung voranbringen – Lücken im Strafrecht zur Abgeordnetenbestechung beseitigen – Drs 20/1589 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 20/1695 und 20/1702 Anträge der FDP- sowie der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Korruptionsbekämpfung voranbringen – Lücken im Strafrecht zur Abgeordnetenbestechung beseitigen – Drs 20/1695 –]

[Antrag der GAL-Fraktion: Korruption bekämpfen, Interessenkollisionen ausschließen – Drs 20/1702 –]

Die CDU-Fraktion möchte alle drei Drucksachen federführend an den Verfassungs- und Bezirksausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Tabbert, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich beginne mit einer Frage. Was haben Deutschland, Indien, Japan und Saudi-Arabien gemeinsam? Ich sage es Ihnen. Von den G20-Staaten haben allein diese Staaten die UN-Konvention gegen Korruption noch nicht ratifiziert. Von allen europäischen Staaten haben nur Deutschland, Irland, Island, Kosovo und die Tschechische Republik die Konvention nicht ratifiziert. Weltweit wurde die Konvention hingegen von über 150 Ländern ratifiziert.

Deswegen begrüßt Transparency International zu Recht, wenn über den Bundesrat zusätzlicher Druck entsteht, um den unhaltbaren Zustand der

(Finn-Ole Ritter)

Nicht-Ratifizierung der UN-Konvention endlich zu beenden.

(Beifall bei der SPD)

Zudem, so Transparency International, ist es auch nicht verständlich, warum in Deutschland für die Bestechung ausländischer Abgeordneter härtere Strafen gelten als für die Bestechung inländischer Abgeordneter.

Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP, so Transparency International weiter, wären gut beraten, sich dieses Themas anzunehmen. Denn der einzige Grund für die Nicht-Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption ist die in Deutschland unzureichende strafrechtliche Regelung gegen Abgeordnetenbestechung, und über die reden wir heute.

Auch der Bundesgerichtshof sieht hier dringend einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf und weist zu Recht darauf hin, dass die Strafbarkeit von korruptem Verhalten in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens in den letzten Jahren ausgedehnt worden ist vom Gesetzgeber mit einer Ausnahme, nämlich dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechung.

Ich appelliere deswegen ausdrücklich auch an die Kollegen von CDU und FDP, deren Parteifreunde in Berlin derzeit auf der Bremse stehen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, klar!)

Es steht einer Wirtschaftsmetropole wie Hamburg gut zu Gesicht, wenn sie mit der von uns vorgelegten Initiative ein Zeichen gegen Korruption setzt.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut, sehr gut!)

Dies sollte vor allem den Abgeordneten einleuchten, die in den letzten Tagen Gelegenheit hatten, wie auch die Kollegin Spethmann zum Beispiel oder Kollege Steffen, dem leitenden Oberstaatsanwalt von Palermo, Scarpinato, zuzuhören.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der FDP, nunmehr in einer leicht durchschaubaren Vernebelungsaktion unseren Antrag dadurch ersetzen wollen, dass Sie stattdessen eine Prüfung von Hamburgensien – so nenne ich es einmal – befürworten, so muss hier jedem klar sein, dass Sie damit zum Ausdruck bringen, dass Ihr politisches Herz offenbar nicht für die Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption schlägt, um es einmal sehr vorsichtig zu formulieren.

(Beifall bei der SPD)

Um eines klarzustellen: Was Sie dort fordern, halten wir durchaus für plausibel. Wenn Sie wollen, dass das zusätzlich im Ausschuss diskutiert wird, sind wir jederzeit dazu bereit. Stellen Sie einen entsprechenden Antrag. Aber durch die Hintertür mit einem Antrag, der die Landespolitik betrifft und

eine Änderung des Strafgesetzbuches zum Ziel hat, zu probieren, dies alles vom Tisch zu wischen,

(Katja Suding FDP: Das ist ein Landesparla- ment!)

ist ein sehr leicht durchschaubarer Trick. Damit können Sie uns jedoch nicht aufs Glatteis führen.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GAL)

Worum geht es im Einzelnen? Es geht im Wesentlichen um zwei Aspekte. Der eine ist die Schaffung von mehr Rechtssicherheit bezüglich der Strafbarkeit von Korruption im Hinblick auf das Abstimmungsverhalten von Abgeordneten in den Ausschüssen oder Arbeitskreisen. Zum anderen geht es um die Erfassung von Vorteilen, die an Dritte, zum Beispiel Verwandte und Freunde, geleistet werden.

Meine Damen und Herren! Der Senat hat sich gutes Regierungshandeln auf seine Fahnen geschrieben. Hier sollten wir Abgeordneten in der Bürgerschaft nicht hinten anstehen und unseren Beitrag dazu leisten, dass auch die Mandatspflichten der Abgeordneten, abgesichert durch das Strafrecht, internationalen Anforderungen genügen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns bezüglich der Abgeordnetenbestechung am selben Strang ziehen, damit die entsprechende UN-Konvention umgesetzt werden kann. Es würde uns allen und der Politik insgesamt gut zu Gesicht stehen, wenn wir in der Korruptionsbekämpfung nicht weiter hinter internationalen Standards zurückbleiben. – Vielen Dank.