Protocol of the Session on September 28, 2011

(Beifall bei der GAL und bei Norbert Hack- busch und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Warum wir heute darüber sprechen,

(Andy Grote SPD: Weil Sie daraus Kapital schlagen wollen!)

ist die Tatsache, dass dies keine Kleinigkeit mehr ist, die schnell bei einem Ausschuss im Bezirk unter den Teppich gekehrt werden kann. Dieser Zaun droht ein deutschlandweites Symbol für den re

pressiven Umgang einer SPD-Alleinregierung mit Obdachlosigkeit in dieser Stadt zu werden.

(Beifall bei der GAL)

Deshalb ist es wichtig, sich der Auseinandersetzung zu stellen. Deshalb frage ich Sie – leider ist der Bürgermeister heute nicht da,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Der kommt noch!)

aber Senator Scheele ist hier –, ob Sie das tatsächlich zulassen wollen, ob Sie diesen Umgang mit Menschen, die in Armut leben, vielleicht in Verelendung leben, die in besonders schweren Krisensituationen sind zulassen wollen. Ist das die Art des Umgangs, die wir von Hamburg aus nach Deutschland oder auch nach Europa tragen wollen? Ich glaube nicht. Deshalb erwarte ich von Ihnen eine klare Positionierung gegen diesen Zaun. Ich wiederhole noch einmal: Als Symbol der Repression, der Unterdrückung und der Vertreibung muss dieser Zaun weg.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Es ist schon bezeichnend, wie sich der Konflikt offenbart, nämlich indem City-Sheriff Schreiber droht, seinen Kolleginnen und Kollegen in der Bürgerschaftsfraktion auf der Nase herumzutanzen, indem er hier und da nicht nur Duftmarken setzt,

(Dirk Kienscherf SPD: Geht es Ihnen um die Menschen oder um Parteipolitik?)

sondern Symbole, die für einen Hardliner-Kurs in der Innenpolitik stehen. Und das in einem Stadtteil, der wie kaum ein zweiter von Vielfalt und von der Unterschiedlichkeit der Menschen lebt. Ich hoffe, dass diese Debatte um den Zaun eine Auseinandersetzung um den richtigen sozialpolitischen Kurs in der SPD entfacht und befeuert. Das wünsche ich mir sehr.

(Beifall bei der GAL – Andy Grote SPD: Da- zu haben Sie noch kein Wort gesagt!)

Es gibt eine breite Front gegen den Zaun und zwar parteiübergreifend. Es wäre doch so einfach zu sagen, wie bauen ihn ab, wir nehmen ihn weg.

(Andy Grote SPD: Und dann?)

Nein, jetzt kommt der Vorschlag, einen Runden Tisch einzurichten. Wir sind grundsätzlich immer bereit, uns an Runden Tischen zu beteiligen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Warten Sie ab, was Herr Strenge mit denen bespricht!)

nur würde ich mir wünschen, dass man auch die Stimmen der Fürsprecher von Obdachlosen, beispielsweise Vertreter und Vertreterinnen von Hinz&Kunzt, ernst nimmt. Die haben klar gesagt, erst den Zaun weg und dann den Runden Tisch, denn wir brauchen ein Gesamtkonzept gegen Obdachlosigkeit, für mehr Wohnraum, Dezentralisie

rung, Anpassung der Standards, für einen menschenwürdigen Umgang auch mit denjenigen, die einen anderen Lebensweg wählen, als den, den Sie sich vorstellen.

(Beifall bei der GAL – Andy Grote SPD: Das wird alles besser bei Schwarz-Grün!)

Ein Runder Tisch macht nur Sinn, wenn wir uns parteiübergreifend mit Vertreterinnen und Vertretern von Obdachloseneinrichtungen, mit Initiativen und Verbänden in dieser schwierigen Frage auseinanderzusetzen, um Lösungen für die ganze Stadt, nicht nur den Bezirk Hamburg-Mitte zu finden.

Wenn die Debatte ein Gutes hat, dann, dass jetzt darüber geredet wird und nicht kurz vor Weihnachten, wenn Obdachlose bei minus 3 Grad auf der Straße stehen, weil die Plätze in den Unterkünften nicht ausreichen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann ist das Problem schon gelöst! – Andy Grote SPD: Es wird schon gehandelt, das wissen Sie doch!)

Runder Tisch – ja. Wir machen mit, aber nur, wenn der Zaun weg ist. Genau das ist auch die Ansage von Hinz&Kunzt. Es geht darum, langfristige, flächendeckende Lösungen gegen Obdachlosigkeit zu finden.

Ich würde mir wünschen, dass City-Sheriff Schreiber sich mit Vertretern dieser Fraktion – vielleicht auch mit dem Bürgermeister oder mit Senator Scheele – vor dem Zaun trifft, dass er entweder das Kriegsbeil begräbt und den Zaun abbauen lässt, oder dass es zum Showdown kommt. Der Runde Tisch darf nicht als Rettungsanker für einen Bezirksamtsleiter dienen, sondern soll zu einem Gesamtkonzept gegen Obdachlosigkeit führen.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort erhält Herr Lohmann.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Fegebank, geht es Ihnen um die Menschen oder geht es Ihnen um die Profilierung Ihrer Partei?

(Beifall bei der SPD)

Ich habe von Ihnen keinen einzigen konstruktiven Vorschlag gehört,

(Jens Kerstan GAL: Doch! Der Zaun muss weg!)

außer, der Zaun muss weg. Obdachlose – oder besser gesagt wohnungslose – Menschen gehören zum Stadtbild jeder europäischen Metropole. Sie leben zeitweise oder für immer auf der Straße. Auch in Hamburg gehören wohnungslose Men

(Katharina Fegebank)

schen zum Stadtbild. Trotz aller Bemühungen unter wechselnden Regierungen der vergangenen Jahre gelingt es leider nicht, dass die Hilfesysteme alle wohnungslosen Menschen ganz oder auch nur teilweise erreichen. Wohnungslose Menschen werden trotz aller Maßnahmen auch in Zukunft zum Stadtbild gehören.

Bei allen emotionalen Diskussionen und der aufgeheizten Stimmung der vergangenen Tage darf das Engagement der Sozialbehörde, der Konsens, der mit den Verbänden und Institutionen erzielt wurde, nicht vergessen werden. Vor allem im Winternotprogramm werden die Plätze für Obdachlose deutlich erhöht. Diese emotionale Diskussion darf auf gar keinen Fall dazu führen, dass die Gespräche mit den Verbänden und Trägern zur Weiterentwicklung der Hilfesysteme unterbrochen oder gar abgebrochen werden.

(Beifall bei der SPD – Antje Möller GAL: Das ist doch gar nicht das Thema!)

Das würde keinem der betroffenen Menschen weiterhelfen. Nun zum Bezirk Hamburg-Mitte. Aufgrund der Lage des Bezirks ballen sich die Probleme dort deutlich stärker als in den sechs anderen Bezirken. Mehr als die Hälfte aller Schlafplätze für obdachlose Menschen befinden sich im Bezirk Hamburg-Mitte. Es gibt eine Vielzahl von Einrichtungen und Projekten in diesem Bezirk, die tagtäglich mit drogenabhängigen Menschen, mit alkoholabhängigen Menschen und mit wohnungslosen Menschen schwierige Arbeit leisten.

(Katharina Fegebank GAL: Das ist doch gar nicht zum Thema!)

Wir sollten in dieser aufgeheizten Stimmung aufpassen, dass nicht der gesamte Bezirk schlechtgeredet wird.

(Beifall bei der SPD)

Das haben vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Projekten und in den Einrichtungen, die tagtäglich eine verdammt schwere Arbeit leisten, nicht verdient.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Aber die haben keinen Zaun gebaut! – Glocke)

Verzeihung, bevor Sie weitersprechen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?

Geht das von meiner Zeit ab? – Na gut, ganz kurz.

Sie sorgen sich um das Image des Bezirks Hamburg-Mitte. Sorgen Sie sich auch um die Obdachlosen?

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Aber natürlich.

Nun zur Kersten-Miles-Brücke. Fast alle Fraktionen im Bezirk sehen dort Handlungsbedarf. Ich nenne den interfraktionellen Antrag vom 29. November 2010, unterstützt übrigens auch von der GAL.

(Beifall bei der SPD)

Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat in ihrer Oktobersitzung Maßnahmen beschlossen, die eine Verfestigung der Situation verhindern sollten. Für den Umbau der Brücke wurden aus Bezirksmitteln 100 000 Euro zur Verfügung gestellt. Wir reden hier über Entscheidungen, die einzig im Bezirk Hamburg-Mitte getroffen wurden, und zwar parteiübergreifend.