Protocol of the Session on September 28, 2011

(Gunnar Eisold)

Warum tun Sie nichts dafür, dass die Häuser der Jugend personell besser besetzt werden? Sie machen eine tolle Arbeit, was Sie auch als Ziel haben. Aber warum warten Sie auf den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz 2013, sodass Sie auch vom Bund Geld bekommen? Das Ziel, das Sie angeben, ist richtig und das unterstütze ich vollkommen. Aber warum tun Sie jetzt nichts, sodass der Rechtsanspruch früher kommt?

Ich will diese Bereiche nicht weiter ausführen, aber ich bitte Sie, nicht nur zu reden und am Ende zu sagen, dass nichts herauskomme. Da muss auch etwas herauskommen, das ist meine Forderung an Sie.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir zur Abstimmung kommen können.

Wer einer Überweisung der Drucksachen 20/1583, 20/1280 und 20/1577 an den Familien-, Kinderund Jugendausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen worden.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 24, Drucksache 20/1581 Neufassung, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Ganzjährige Grundversorgung in der Wohnungsnotfallhilfe statt ständig wiederholter Winternotprogramme für Hamburg.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Ganzjährige Grundversorgung in der Wohnungsnotfallhilfe statt ständig wiederholter Winternotprogramme für Hamburg! – Drs 20/1581 (Neufassung) –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Özdemir, bitte.

Damit ich Frau Özdemir nicht gleich unterbrechen muss, wäre es hilfreich, wenn die Gespräche, insbesondere von weit auseinanderliegenden Bankreihen zu einzelnen Kollegen, unterbleiben. Dann kann jeder Frau Özdemir zuhören. Frau Özdemir, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute ist bereits viel über das Problem der Obdachlosigkeit geredet worden. Als Fazit kann wohl festgehalten werden, dass wir langfristige Lösungen brauchen und in diese Lösungsfindung auch die Betroffenen und Beteiligten miteinbezogen werden müssen. Die Proteste am Wochenende gegen die Vertrei

bung von Obdachlosen haben gezeigt, dass die Obdachlosen in Hamburg dazugehören.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind Menschen, die es in unserer Gesellschaft besonders schwer haben, und es macht keinen Sinn, sie zu vertreiben. Vertreibung ist unmenschlich und löst auch keine Probleme, wie wir am aktuellen Beispiel gesehen haben. Das gilt für Brücken, das gilt aber auch für den Hauptbahnhof. Unsere Aufgabe ist es, Probleme durch politische Konzepte zu lösen. Wie Sie wissen, folgt auf jeden Sommer ein Herbst und dann der Winter; meistens ein sehr kalter Winter. Deshalb brauchen wir eine Lösung für das gesamte Jahr und nicht ständig neu aufgelegte Winternotprogramme.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein systematischer Ausbau der Übernachtungsund Hilfsangebote ist sehr wichtig, denn diese Angebote müssen sich an den Menschen und ihren Bedürfnissen orientieren. Es muss kurzfristige Unterstützung und langfristige Perspektiven geben. Schon im Sommer waren die Notunterkünfte überfüllt. Das bedeutet, dass wir im Winter doppelt so viele Schlafplätze wie im Sommer brauchen. Vor allem benötigen wir Einrichtungen in Innenstadtnähe, damit diese auch gut erreichbar sind.

Meine Damen und Herren! Was wir nicht brauchen, sind Bunker als Erfrierungsschutz. Wir sind mit allen Fraktionen einer Meinung, dass diese Unterbringung menschenunwürdig war und in Hamburg nicht wiederholt werden darf.

(Beifall bei der LINKEN und bei Ksenija Be- keris SPD)

Für die verschiedenen Zielgruppen sind spezielle Angebote notwendig. So brauchen Frauen eigene Räume und Jugendliche auch; junge Menschen müssen gesondert untergebracht und beraten werden. Die gemeinsame Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen ist problematisch, das hat sich auch in der letzten Zeit gezeigt. Das muss aufhören, weil hier zu viele verschiedene Probleme aufeinandertreffen.

Dann kommen wir zu den vieldiskutierten osteuropäischen Obdachlosen, die ebenfalls eine spezifische Ansprache benötigen. Herr Senator Scheele hat bereits die Einrichtung einer entsprechenden Anlaufstelle angekündigt. Herr Scheele hat in seiner Rede in der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, dass es einen polnischen Sozialarbeiter gibt, aber das reicht nicht aus. Der polnische Sozialarbeiter kann nur die polnischsprechenden Obdachlosen betreuen. Es gibt aber bei den osteuropäischen Ländern zum Beispiel aus Rumänien und weiteren Ländern auch Obdachlose, die kein Polnisch verstehen.

Ansonsten tut die Sozialbehörde offenbar lieber Gutes im Verborgenen. Laut Pressemeldung sollen

(Mehmet Yildiz)

160 Schlafplätze in der Spaldingstraße eingerichtet werden. Dieses soll aber nicht bekannt gegeben werden, damit die Obdachlosen nicht nach Hamburg kommen. Das sagte eine Sprecherin der Sozialbehörde dem "Hamburger Abendblatt". Zu Beginn des Winternotprogramms in einem Monat sollen also 160 Menschen dort übernachten können, aber wissen sollen sie das nicht. Das hört sich nicht logisch an.

(Beifall bei der LINKEN)

Ausreichende Übernachtungsplätze wird es nicht geben, also wird sich das Angebot bei den Betroffenen herumsprechen, ohne dass dafür Werbung gemacht wird. Eine weitere Zielgruppe sind Obdachlose mit Hunden, die häufig nicht in den Einrichtungen schlafen wollen, weil sie dort ihre Hunde nicht mitnehmen dürfen. Wenn das einzige Lebewesen, dem sie vertrauen, ihr Hund ist, so ist es verständlich, dass sie den nicht auf der Straße allein lassen, während sie im Warmen übernachten. Das ist für Obdachlose mit Hunden ganz klar, und deshalb muss es für diese Menschen besondere Angebote geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem fordern wir, dass Obdachlose kostenlos den öffentlichen Nahverkehr nutzen können. Die Inhaftierung von Menschen, die keine Fahrkarte hatten, weil sie sich keine leisten konnten, kostet wahrscheinlich mehr als das. Außerdem dürfen die Bahnhöfe im Winter für Obdachlose nicht geschlossen werden. Sie sollten sich auch in der Stadt frei bewegen können, ohne dass sie vertrieben werden. Deshalb wollen wir, dass das Übernachten unter Brücken und in Grünanlagen erlaubt wird. Damit meinen wir nicht, dass Brücken geeignete Schlafplätze sind, aber bis ausreichend Schlafplätze zur Verfügung stehen, darf niemandem verwehrt werden, unter einer Brücke bei Wind und Regen Schutz zu suchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme nun zum Schluss und denke, dass deutlich geworden ist, dass in Hamburg ein Konzept zur Grundversorgung obdachloser Menschen dringend notwendig ist. – Danke

(Beifall bei der LINKEN und der GAL)

Das Wort bekommt Frau Bekeris.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Bekämpfung von Obdachlosigkeit ist wichtig, und ich finde es immer gut, wenn wir es hier diskutieren. Das muss allerdings mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Sachlichkeit geschehen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Was soll das denn heißen?)

Die SPD-Fraktion hat sich in der letzten Legislaturperiode intensiv mit dem Thema beschäftigt. Wir haben die Ergebnisse im Dezember 2010 bereits hier im Plenum diskutiert, und vor der Neuwahl haben wir ein Konzept für Hamburg beschlossen; das war die Drucksache 19/8015. Und wenn ich Herrn Joithe richtig erinnere, geschah das mit der vollumfänglichen Unterstützung der LINKEN. Und dies ist und bleibt auch weiterhin die Position der SPD.

(Beifall bei der SPD)

Der SPD-Senat hat angefangen, Schritt für Schritt dieses Konzept umzusetzen. Viele der ersten Maßnahmen sind in der Aktuellen Stunde genannt worden. An Ihrem Antrag ist Vieles auch gar nicht falsch,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist ja er- staunlich!)

aber es sind zielführende Planungen wichtig, die eine langfristige Perspektive eröffnen und keine Aneinanderreihung von Einzelmaßnahmen darstellen. Das ist nicht nur wichtig für die Stadt, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen, denn sie alle brauchen Planungssicherheit. Vor allem aber ist es wichtig für die Männer und Frauen, die keine Wohnung haben und auf unsere Hilfe angewiesen sind. Da ist es wenig hilfreich, immer wieder einzelne Maßnahmen in den Raum zu werfen.

Kurz zum Winternotprogramm. Natürlich würde ich mir wünschen, die Regelversorgung wäre so gut, dass wir das Winternotprogramm nicht mehr benötigen. Soweit sind wir noch nicht, aber wir arbeiten zusammen mit allen Bezirken mit Hochdruck daran. Im Gegensatz zum Vorgängersenat wird dieser Senat nicht sehenden Auges in ein Desaster laufen, so, als wäre der Winter in Hamburg eine Überraschung. Im Gegensatz zum vorigen Senat werden wir nicht einen feuchten und schimmeligen Bunker ohne ausreichende sanitäre Anlagen und ohne Tageslicht in den Zimmern als Notlösung anbieten. Diesen Winter wird es für obdachlose Menschen eine menschenwürdige Unterbringung zum Schutz vor Erfrieren geben. Das ist ein wirklicher Fortschritt gegenüber der jüngsten Vergangenheit.

(Beifall bei der SPD)

Das Thema Obdach- und Wohnungslosigkeit liegt mir am Herzen und so, wie ich es verstanden habe, allen anderen hier im Hause auch. Die Große Anfrage der Grünen liegt bereits im Ausschuss. Ihren Antrag werden wir – mit all seinen Mängeln – überweisen, und ich freue mich auf eine Diskussion. Wie wichtig das Thema ist und wie sehr es uns alle bewegt, haben wir in der Aktuellen Stunde bereits gehört. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

(Cansu Özdemir)

Das Wort bekommt Frau Wolff.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine Verbesserung der Situation notleidender Menschen in unserer Stadt ist nicht nur dieser Tage ein sehr wichtiges Anliegen. Daher die Aktuelle Stunde und, wie ich gehört habe, hatten sich schon im Vorfeld alle Parteien geeinigt, dass wir dieses wichtige Thema im Ausschuss noch einmal ausführlich diskutieren. Zu dem Antrag stellen sich mir noch ein paar Fragen, denn ich vermisse die zentrale Frage, nämlich die nach der Finanzierung des Ganzen.

(Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Etwas pauschal erscheinen mir die Forderungen nach einer generellen Verdoppelung der Sofortunterbringungsplätze im Winter im Verhältnis zum Sommer und ebenso die Einrichtung einer Sofortunterbringung mit mindestens 100 Plätzen. Die Forderung nach kostenfreier Fahrt im HVV fällt meines Erachtens auch nicht unbedingt unter eine realistische und finanzierbare Forderung. Und Punkt 21 schließe ich mich an: Der Zaun muss weg.

Insgesamt ist der Antrag eine sehr gute Anregung zur Diskussion. Ich denke auch, dass wir im Ausschuss auf einen gemeinsamen Nenner kommen können. Daher plädieren auch wir dafür, diesen Antrag zu überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Fegebank.