Wenn man feststellt, dass der Senat nach dem Volksbegehren 13-mal mit Vattenfall und E.ON gesprochen hat und kein einziges Mal mit der Initiative, dann wird man sehr nachdenklich. Wir teilen mit vielen die Befürchtung, dass hier Fakten geschaffen werden sollen, die dann nicht mehr zurückgenommen werden, auch wenn der Volksentscheid erfolgreich ist. Und dass Sie sich dafür einsetzen, für die Ausschusssitzung, bei der die Initiative ihr Volksbegehren noch einmal vorstellen wird, den Festsaal anzumieten, ist gut und schön, hilft aber in der Sache nicht weiter.
Wir müssen feststellen, dass die SPD die Initiative "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" missachtet. Es wäre guter demokratischer Brauch gewesen, wenn der Senat Verhandlungen aufgenommen hätte.
Auf einem Landesparteitag wurde stattdessen mit der Ablehnung des Antrags bekräftigt, dass die Sozialdemokraten in keiner Weise verhandlungsbereit sind. Sie bestätigen voll und ganz die Scholz-Linie der sogenannten strategischen Beteiligung von 25,1 Prozent; es blieb Ihnen ja auch nicht viel anderes übrig. Das I-Tüpfelchen ist natürlich, wenn man dann in der Zeitung die Erklärung von Bürgermeister Olaf Scholz liest, dass er zu gegebener Zeit das Verhandlungsergebnis mit den jetzigen Netzbetreibern bekannt geben wolle. Das ist eine Missachtung der direkten Demokratie. Das ist alles, nur kein gutes Regieren. Man kann auch sagen, das ist die Arroganz der Macht.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Dressel wendet sich immer wieder gegen eine hundertprozentige Rekommunalisierung der Netze mit dem Hinweis, sie sei nicht finanzierbar. Es steht aber noch gar nicht fest, wie teuer der Rückkauf wäre, das haben wir heute wieder gelesen, und es steht auch noch gar nicht fest, ob der Zeitwert oder der Ertragswert zugrunde gelegt wird. Verhandlungen zwischen Senat, Vattenfall und E.ON können nicht verbindlich aufgenommen werden, bis die SPD-Regierung bekannt gibt, dass sie die Konzessionsverträge enden lassen will. Das haben wir in der letzten Sitzung im August beantragt und alle SPD-Abgeordneten haben dagegen gestimmt. Das wirft die Frage auf, was die SPD eigentlich im Schilde führt.
Zweitens haben alle Experten in der Anhörung der Bürgerschaft erklärt, dass eine Finanzierung des Kaufpreises keineswegs über den Haushalt gehen muss. Die SPD treibt den Preis in die Höhe und versucht, Hamburgerinnen und Hamburgern mit dem Hinweis auf das Haushaltsdefizit Angst zu machen.
Wenn es möglich ist, alle Schulen mit ihren Grundstücken in einen Landesbetrieb zu übertragen und dann Kredite für Neubauten und Bausanierungen aufzunehmen, dann frage ich mich, warum es mit Netzen nicht gehen soll.
Dafür gibt es nur eine Erklärung – dass die Sozialdemokraten es nicht wollen. Eine Entschuldigung für die Privatisierung von HEW und Hein Gas reicht nicht. Wie wir heute in der Zeitung lesen konnten, ist nun endlich die Studie öffentlich gemacht worden mit dem Ergebnis, dass ein Rückkauf der Netze über eine Netzbetriebsgesellschaft nicht nur möglich ist, sondern sogar viel günstiger sein kann als bisher angenommen. Von Haushaltsrisiken ist darin überhaupt keine Rede. Das wird auch in anderen Gutachten immer wieder bestätigt.
Drittens wendet sich Herr Dr. Dressel gegen eine Netzgesellschaft, die von HAMBURG WASSER gegründet werden könnte, und führt an, dass die Einnahmen aus HAMBURG WASSER nur für die Wasserversorgung und Wasserentsorgung verwendet werden dürfte.
Das hört sich im ersten Moment ganz gut an, aber es ist grundfalsch. Alle Hamburgerinnen und Hamburger werden von HAMBURG WASSER versorgt. Und alle Hamburgerinnen und Hamburger waren aufgerufen, am Volksbegehren teilzunehmen, und das war bekanntlich erfolgreich. Das heißt, die Kunden von HAMBURG WASSER wollen eine Rekommunalisierung der Netze.
HAMBURG WASSER muss jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag an den Haushalt der Hansestadt Hamburg abführen, ungefähr 40 Millionen. Und diese 40 Millionen, die auch von den Kunden von HAMBURG WASSER bezahlt werden, werden keineswegs für die Wasserversorgung und Wasserentsorgung ausgegeben, sondern für ganz andere Zwecke.
beispielsweise an den Harzwasserwerken GmbH. Diese stellt entgegen ihrem Namen schon seit langem Strom her. Mit mehreren Tochtergesellschaften hat HAMBURG WASSER auch noch ein anderes Geschäftsfeld betreten, zuletzt mit der Gründung von HAMBURG ENERGIE. Dafür wurden und werden Finanzmittel bereitgestellt, und das finden wir auch richtig so. Deshalb ist Ihre Argumentation grundfalsch.
Dann gibt es noch dieses Argument: Was will Hamburg mit den Netzen anfangen? Die Daseinsvorsorge – Strom, Wasser und Gas – gehören dazu, und diese muss nach unserer Auffassung öffentlich organisiert werden und demokratisch kontrolliert sein.
Und warum wollen Vattenfall und E.ON die Netze unbedingt behalten? Eines liegt doch auf der Hand: Sie wollen der Hansestadt nicht aus reiner Nächstenliebe Kosten ersparen, ganz im Gegenteil. Wenn also neben der Verfügbarkeit durch die öffentliche Hand auch noch Einnahmen aus dem Betrieb der Netze zu erwarten sind, was spricht dann gegen eine Rekommunalisierung? Die gibt es nicht mit einer 25,1-Prozent-Beteiligung. Und diese kostet den Hamburger Steuerzahler auch viel mehr als eine Rekommunalisierung von 100 Prozent.
Wir fordern den Senat noch einmal auf, unverzüglich Gespräche mit der Initiative aufzunehmen. Zum Schluss möchte ich noch Dirk Seifert von Robin Wood zitieren:
"Der Rückkauf ist finanzierbar und es gibt keinen Grund mehr, mit Vattenfall und E.ON weiter zu kungeln."
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es schon ein bisschen bizarr, Frau Heyenn, was Sie eben vorgetragen haben; diese neue Finanzierungsidee für den Rückkauf der Netze. Sie haben die ganzen letzten Jahre gegen das Sondervermögen Schulbau gewettert. Und jetzt bringen Sie hier einen neuen Finanzierungsvorschlag in die Welt, das ist schon ein wenig aberwitzig.
stoßen. Nun sagen Sie, das Volksbegehren - wohlgemerkt, das ist erst die Vorstufe zu einem Volksentscheid, deswegen heißt es ja Volks-Entscheid – wurde ausschließlich von Kunden von HAMBURG WASSER unterschrieben. Diese 116 000 Personen hätten mit ihrer Unterschrift ausgedrückt, dass die Rücklagen von HAMBURG WASSER für den Netzkauf ausgegeben werden sollen.
So einfach geht das nicht. Das ist erstens alles im Stadtentwässerungsgesetz festgelegt und zweitens sind das Rücklagen, die über viele Jahre von den Gebührenzahlern angelegt wurden. Man kann nicht einfach sagen, das Geld verwenden wir für etwas anderes. Sie müssen sich schon etwas mehr ausdenken, wenn Sie nachvollziehbar darlegen wollen, wie das finanziert werden soll, und das ist genau das, was wir von der Initiative fordern. Für einen Volksentscheid muss eine Grundlage an Fakten da sein, aufgrund derer sich die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden können.
Noch einmal zu den Gesprächen. Es hat von der SPD Gespräche gegeben sowohl vor der Volksinitiative als auch nach der Volksinitiative und sowohl vor dem Volksbegehren als auch nach dem Volksbegehren. Das wird auch weitergehen, wir werden die Initiative anhören.
Wir sind im Gespräch. Man muss sich nur überlegen, ob man Verhandlungen zusagt. Das von uns vorgeschlagene Modell wurde wieder nur verkürzt von Ihnen dargestellt. Schauen Sie doch noch einmal in die Drucksache 19/8178, die empfehle ich Ihnen immer wieder gern zum Nachlesen. Es geht uns nämlich nicht nur um den Kauf eines Anteils von 25 Prozent, sondern auch um die Zusatzpunkte: die Garantiedividende, die Mehrheit in den Aufsichtsgremien, die Mitsprache bei den Erzeugungskapazitäten und so weiter. Wir sind uns sehr sicher, dass wir mit diesem Paket auch bei den Bürgerinnen und Bürgern Erfolge haben können.
Mit der Initiative im Gespräch zu sein, Fakten abzuklären, das ist völlig in Ordnung. Nur, wenn man eine Garantiedividende haben will, ist das etwas schwierig mit Verhandlungen, denn die Garantiedividende wird einem Minderheitseigner – das wären dann wir – von einem Mehrheitseigner zugesprochen, unabhängig von der Gewinnsituation in der Netzgesellschaft. Die Garantiedividende ist ein integraler Bestandteil unseres Modells, und da kann man nicht einfach sagen, wir nehmen 50 Prozent,
das ist ja irgendwie die Mitte. So waren Ihre Verhandlungen bei der Primarschule, wo Sie irgendetwas zusammengeschustert haben, das am Schluss dann politisch in dieser Stadt nicht funktioniert hat. Solche Verhandlungen machen keinen Sinn, deshalb muss man auch einmal klar entscheiden können.
Schauen Sie doch einmal in Artikel 50 unserer Verfassung. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir die Frage, wie wir die Volksgesetzgebung gestalten, miteinander besprochen und einstimmig verabschiedet. Sie werden dort keine Regelung finden, dass der Senat nach einem Volksbegehren nichts machen darf. Anders verhält es sich bei den Bürgerbegehren auf Bezirksebene, da gibt es ein Verbot, in einer bestimmten Frist etwas zu entscheiden. Insofern hat der Senat das Recht und die Pflicht, das von ihm vorgeschlagene Modell zu konkretisieren. Wir haben das politische Mandat dazu, erstens wegen unseres Wahlprogramms, das keine besonders geringe Zustimmung in dieser Stadt gefunden hat, und zweitens wegen eines eindeutigen Bürgerschaftsbeschlusses. Sie haben das Recht, sich für eine Gegenvorlage einzusetzen. Am Schluss hat das Volk die Auswahl. Das ist Demokratie, und das lassen wir uns hier nicht madig machen.
Die Zusage des Ersten Bürgermeisters und der Fraktion, dass der Volksentscheid nicht leerlaufen wird, haben wir schon getroffen, und ich bekräftige sie noch einmal. Das haben wir auch auf unserem Parteitag in einer zutiefst demokratischen Entscheidung noch einmal klargestellt.