Sie hat sicherlich auch andere Punkte, aber das, was seit Jahren mit den Sanktionen praktiziert wird, bedarf dringend der Korrektur.
Sie wissen alle, dass die Sanktionen nach oben und gleichzeitig die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik nach unten gehen. Mit der gerade auf den Weg gebrachten sogenannten Instrumentenreform wird der Etat des Arbeits- und Sozialministeriums weiter gekürzt. Dies betrifft Mittel für Fort- und Weiterbildung – darüber sprachen wir vorhin schon – bei der Fachkräftekonzeption sowie Fördermaßnahmen für Arbeitslose.
Die Fraktion DIE LINKE teilt die Kritik an der Kürzungspolitik und deren Verschärfung durch die Instrumentenreform. Senator Scheele hat im Bundesrat vor Kurzem argumentiert, dies sei kein Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen, sondern ein Gesetz zur Umsetzung der Einsparungen bei Arbeitslosen, der Gesetzentwurf biete keinerlei Lösungen für die drängenden Probleme auf
dem Arbeitsmarkt. Wir teilen diese Kritik, möchten sie aber auch auf den Sanktionsmechanismus erstreckt sehen. Daher die Aufforderung, die Sanktionen und die Sanktionspraxis einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.
Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Sanktionen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind ein wiederkehrendes Thema. Mir wurde berichtet, dass Sie dieses Thema in der letzten Legislaturperiode auch schon debattiert hatten. Auch im Bundestag, Sie haben darauf hingewiesen, steht das Thema auf der Tagesordnung. In der letzten Woche gab es dazu eine Anhörung von Sachverständigen. Dabei sieht es auf den ersten Blick so aus, dass es Verbesserungsbedarf geben könnte.
Ich möchte zunächst etwas Grundsätzliches aus pädagogischer Sicht zu Sanktionen sagen. Herr Bischoff, Sie haben Ihre Ansicht dazu sehr ausführlich dargestellt. Für mich sind Sanktionen kein Instrument wie jedes andere aus dem Besteckkasten der Arbeitsmarktpolitik. Jede Sanktion, die ausgesprochen wird, ist zuallererst eine Niederlage, weil sie bedeutet, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Betreuer und dem arbeitsuchenden Menschen nicht funktioniert hat.
Wir können sehr abstrakt über Instrumente und Maßnahmen reden, aber der Kern ist immer eine Beziehung zwischen den Menschen, die zusammenarbeiten müssen und sollen. Diese Zusammenarbeit – das kenne ich aus dem Lehrerleben – muss nicht vertrauensvoll sein. Das kann es geben und gibt es auch, aber die Zusammenarbeit muss von der Überzeugung getragen werden, dass es beide Seiten ehrlich miteinander meinen und auch ehrlich miteinander umgehen.
Wenn es zu einer Sanktion kommt, ist auf einer der Seiten oder auch auf beiden diese Überzeugung nicht mehr gegeben. Der Arbeitsuchende hat dann das Gefühl, nicht die Hilfe zu bekommen, die er braucht, er fühlt sich einer Bürokratie ausgesetzt, die ihn gängelt oder bestraft. Der Betreuer auf der anderen Seite sieht dann keine Möglichkeit mehr, den Arbeitsuchenden mit seinen Angeboten zu erreichen, er zweifelt an der Motivation, diese Angebote wahrzunehmen. Daraus entsteht ein Teufelskreis, der nur ganz schwer unterbrochen werden kann.
Wie können wir nun dazu beitragen, dass diese Beziehung besser gelingt? Wie können wir vermeiden, dass es zu Sanktionen kommen muss? Das
ist für mich die entscheidende Frage, über die wir uns unterhalten müssen. Damit kommen die Rahmenbedingungen in den Blick, die wir verbessern müssen. Natürlich sind wir mit einem massiven Kahlschlag der Mittel für die Arbeitsmarktpolitik konfrontiert, der uns von der Bundesregierung zugemutet wird. Aber das entlässt uns in Hamburg auch nicht gänzlich aus der Verantwortung. Dazu haben wir das Arbeitsmarktprogramm aufgelegt, welches auch noch Thema im Ausschuss sein wird.
Eine weitere wichtige Rahmenbedingung ist die Arbeit in den Jobcentern. Da ist zum einen die Arbeit der Berater und Vermittler. Es geht um eine Betreuungsrelation, die Zeit für eine auf den Einzelfall zugeschnittene Beratung lässt. Es geht um die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jobcenter, damit sie diese Beratung auch gut durchführen können.
Wenn ich, wie letzte Woche, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jobcenters spreche, bekomme ich häufig eine Botschaft mit auf den Weg: Die Politik lege einen Schwerpunkt auf die Vermittlung, das sei gut und müsse auch so sein, aber wir sollten auch die Leistungsabteilung nicht vergessen. Damit meinen sie, dass es auch wichtig ist, wie schnell ein Leistungsberechtigter die Leistungen bekommt, auf die er einen Anspruch hat, denn er sucht zwar einen Job, aber wichtig ist auch die Sicherung des Lebensunterhalts durch die Grundsicherung. Wenn das nicht klappt, wird Vertrauen verspielt und Misstrauen gesät. Deshalb müssen die Leistungsabteilungen auch personell so ausgestattet sein, dass Anträge schnell und gründlich bearbeitet werden können. Wir können in Hamburg eine Menge tun und wir sind auch schon dabei.
Meine Damen und Herren! Die Sanktionen im SGB II sind ein ernstes Thema und ich fände es gut, wenn wir uns Gedanken darüber machen. Die Bundestagsanhörung hat hier einige Ergebnisse gebracht, die wir gern in die Beratungen im Ausschuss mit einfließen lassen wollen. – Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause alle darüber einig, dass jeder, der Hilfe zum Lebensunterhalt braucht, diese auch bekommen soll. Das gebietet allein schon das solidarische Prinzip. Dieses beruht allerdings in erster Linie auf Gegenseitigkeit und funktioniert unserer Auffassung nach nur mit Spielregeln, die es beidseitig einzuhalten gilt. Würde es diese nicht geben, wäre die Konsequenz Willkürlichkeit, die, um es einmal in den Worten des Antrags auszu
Sanktionen dienen dazu, eine Beteiligung von Arbeitsuchenden bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erreichen. Mit der Möglichkeit sanktionsloser Ablehnungen von wirklich zumutbaren Arbeitsangeboten beziehungsweise zumutbaren Eingliederungsmaßnahmen wird das Ziel der Fürsorgeleistung verfehlt.
Der Selbsthilfewille und die Eigenverantwortung erwerbsfähiger Arbeitsloser werden dadurch ausgehebelt. Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Staat keine Förderung bei der Arbeitssuche gewährt. Die Zahl von 5,3 Milliarden Euro für Förderungsmaßnahmen allein in diesem Jahr zeigt eine andere Wirklichkeit. Dass für nur circa 2 bis 4 Prozent der Arbeitsuchenden überhaupt Sanktionen verhängt werden, belegt, dass es sich bei diesen Sanktionen wirklich nicht um ein Massenphänomen handelt.
Herr Bischoff, es macht immer viel Spaß, das in Zahlen auszudrücken, die dann ganz groß klingen, aber wenn man sich einmal die prozentuale Zahl anschaut, ist das wieder ein relativ kleiner Anteil.
Wir bleiben daher in dieser Frage bei unserer prinzipiellen Auffassung von Fördern und Fordern, das haben Sie selbst erwähnt, und können daher dem Antrag der LINKEN nicht zustimmen. Aber, Herr Schwieger, da gehe ich ganz mit Ihnen: Wenn es verschiedene Meinungen gibt, sollte man die auch diskutieren. Deswegen finden wir die Idee, den Antrag an den Sozialausschuss zu überweisen, sehr gut und werden da gern mitgehen. – Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir waren uns in der Vergangenheit sehr häufig einig, die CDU und die GAL. Ich muss hier – und deshalb freue ich mich, an dieser Stelle sprechen zu dürfen – einmal vehement widersprechen, weil wir uns in Haltung und auch dem Menschenbild deutlich unterscheiden von dem, was Sie gerade im Hinblick auf Sanktionen und ihre Wirkung ausgeführt haben, Frau Wolff.
Unser gemeinsames Ziel sollte eine Grundsicherung sein – ich hoffe, dass das auch das Ziel aller hier im Hause vertretenen Fraktionen ist –, die ohne Sanktionen auskommt und eher auf Motivation,
Durch den Kontakt zu Menschen in dieser Stadt, zu Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und -Beziehern, weiß ich, dass gerade Sanktionen etwas unheimlich Stigmatisierendes haben, dass sie oft als willkürlich empfunden werden, dass sie ohne Augenmaß verteilt werden und dass sie auch in meiner Wahrnehmung, gerade in Gesprächen mit Betroffenen, als unnötig und teilweise auch sehr kontraproduktiv wahrgenommen werden.
(Dietrich Wersich CDU: Wissen Sie auch, wann die eingeführt wurden? Wer da regiert hat? Oder irre ich mich da?)
Die gegenwärtige Sanktionspraxis erschüttert nicht nur die Betroffenen, sondern auch viele andere, die sich mit unserem Sozialstaat auseinandersetzen. Sie erschüttert auch teilweise den Glauben an die Gerechtigkeit in unserem System. Von daher finde ich es richtig, dass wir heute so unaufgeregt über dieses Thema sprechen, denn wir wissen, als 2003 und 2004 das neue System eingeführt wurde, hat es nicht nur unsere Partei, sondern auch die Sozialdemokratie ein Stück weit in ihren Grundfesten erschüttert. Es war der Moment, der DIE LINKE aus der Taufe gehoben hat.
Es geht darum, sich mit einem gewissen Abstand Gedanken darüber zu machen, wie dieses Gesamtsystem, das eingeführt wurde, in eine Schieflage geraten ist. Fordern und Fördern kann nur funktionieren, wenn auch auf der Seite des Förderns entsprechende Weichen gestellt werden. Es wurde schon mehrfach angesprochen, dass durch einen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Kahlschlag auf Bundesebene auch Einschnitte in Hamburg unverkennbar sind. Wir spüren deutlich, dass es im Bereich der Kürzungen der Mittel bei Fördermaßnahmen, aber auch qualifizierter Einzelfallberatung, kaum noch möglich ist, die Menschen zu fördern, die eigentlich willens und motiviert sind, etwas zu tun. Solange das nicht gewährleistet ist und wir eine Ausgewogenheit in diesem Bereich haben zwischen Fordern und Fördern, kann es nicht sein, dass man zu einer Sanktionspraxis greift, um irgendwelche Quoten zu erfüllen und möglicherweise irgendwelche Mittel einzusparen. Ich will nicht mit Unterstellungen arbeiten, aber die Zahlen aus Schriftlichen Kleinen Anfragen sowohl
von Frau Wolff als auch von der LINKEN legen so etwas nahe. Ich möchte gern, dass wir sachlich, aber auch zukunftsorientiert im Ausschuss darüber reden, wie mit der Sanktionspraxis in Hamburg zukünftig umgegangen wird, ob es sich lohnt, über eine mögliche Aussetzung nachzudenken.
Ich habe noch einige Anregungen beziehungsweise auch kritische Anmerkungen zum Antrag der LINKEN, beispielsweise die Forderung, dass der Hamburger Landeshaushalt Kompensationszahlungen leisten müsse. Das hielte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt und vermutlich auch in der Zukunft für eine Spur zu viel und zu weitgehend. Aber wir müssen über diese Schieflage sprechen, denn insgesamt muss es doch darum gehen, Menschen bei Bedürftigkeit vorbehaltlos zu unterstützen und sie zunächst in ihrer Selbstbestimmung und ihrer Motivation auf dem Weg in den Arbeitsmarkt zu fördern und nicht mit drangsalierenden Sanktionen den Weg zu verbauen. Deshalb glaube ich mit Blick auf die heutige Sanktionspraxis, aber vor allem auch hinsichtlich der schwachen Stellung, die Arbeitsuchende sicherlich auch aufgrund von Kürzungen und manchmal nicht funktionierender Arbeitsmarktpolitik vor Ort erleiden, dass wir dringend einer Überprüfung bedürfen. Deshalb freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir Liberale halten das Prinzip Fördern und Fordern für den exakt richtigen Ansatz bei der Betreuung von Arbeitslosen. Sanktionen sind dabei ein Mittel, das der Durchsetzung des Grundsatzes des Forderns dient. Frau Fegebank, dies hat nichts mit Drangsalieren oder mit Quotenerfüllung zu tun, es ist einfach das Mittel, das dem Grundsatz des Förderns dient und der Motivation.
Wir haben von Frau Wolff gehört, dass gerade einmal bei 2 bis 4 Prozent aller Hilfeempfänger diese Sanktionen durchgesetzt werden. Die große Mehrheit von 97 Prozent, von denen hier noch niemand gesprochen hat, kommt ihren Verpflichtungen nach, hält Meldefristen und Termine ein, nimmt Arbeitsgelegenheiten an oder an einer vorgeschlagenen Qualifizierungsmaßnahme teil.
Es handelt sich bei den Sanktionen also nicht um ein Massenphänomen, meine Kollegin Frau Wolff sagte es bereits, sondern um eine Ausnahme. Von einer permanenten Bedrohungskulisse zu sprechen, wie DIE LINKE dies tut, klingt doch etwas