Protocol of the Session on February 4, 2015

Wir haben die Schuldenbremse in unserer Verfassung verankert, aber wir haben noch mehr getan. Wir haben ein neues, modernes Haushaltswesen geschaffen, das eben nicht nur den Blick auf Einzahlung und Auszahlung wirft, sondern uns künftig auch vor Augen hält, was eigentlich …

(Zuruf von Robert Bläsing FDP)

Sie haben das mitgemacht, Herr Bläsing, wie Sie auch die Landeshaushaltsordnung und das Finanzrahmengesetz mit verabschiedet haben mit all den Regelungen, die Sie heute bezweifeln, wenn Sie über die Frage reden, wie Sie mit Überschüssen umgehen wollen. Das haben wir alles mit Ihnen zusammen gemacht, und wir haben es gern mit Ihnen zusammen gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben also ein Haushaltswesen geschaffen, das uns aufzeigt, welche Konsequenzen unser Handeln in Zukunft hat, welche Folgekosten entstehen und auch, was es bedeutet, wenn wir nicht sanieren.

(Glocke)

Unsere Haushaltspolitik wird künftig die Überlegung bestimmen, wie wir unsere Kinder von Lasten freihalten und heute stärker Verantwortung tragen können. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Nun bekommt Herr Wersich von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Scholz, das war nun wirklich eine selbstgefällige Märchenstunde, die Sie uns gerade gehalten haben.

(Beifall bei der CDU)

Eine Ihrer ersten Maßnahmen 2011 war doch, das Schuldenverbot aus der Hamburger Landeshaushaltsordnung zu streichen. Ich weiß noch heute, wie ich mit Roland Heintze zusammen eine Pressekonferenz gegeben habe, in der wir dargelegt haben, dass aufgrund der Einnahmeerwartung gemäß Steuerschätzung der Hamburger Haushalt im Jahr 2014 einen Überschuss haben wird. Ich weiß auch noch, wie Ihre Reaktionen darauf waren: Die CDU will 2014 aufhören, neue Schulden zu machen, das ist der Untergang dieser Stadt, das ist ein sozialer Kahlschlag. Wir haben recht behalten. Wie nach der Einnahmeerwartung abzusehen war, haben wir im Jahr 2014 keine neuen Schulden machen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Um das zu verdecken, hat sich der Finanzsenator Peter Tschentscher damals etwas ganz Besonderes einfallen lassen – er hätte es sonst in seinen Zahlen selber ausweisen müssen –, nämlich den sogenannten Vorsichtsabschlag. Er hat sich also erst einmal dafür feiern lassen, weniger Einnahmen zu veranschlagen, als geschätzt wurden, und heute lässt er sich dafür feiern, dass die Einnahmen so eingetreten sind, wie sie immer vorausgesagt wurden. Was ist das denn für eine politische Leistung?

(Jan Quast)

(Beifall bei der CDU – Katja Suding FDP: Keine!)

Aber die Märchenstunde beinhaltet noch ein bisschen mehr, nämlich das Märchen von den 0,88 Prozent. Jeder, der die Ist-Zahlen des Haushalts lesen kann und des Dreisatzes mächtig ist oder einen modernen Taschenrechner hat, kann ausrechnen, dass die Ausgaben von 2010 bis Ende 2013 um 5,5 Prozent gestiegen sind. Das sind fast 2 Prozent im Jahr. Es sind eben nicht 0,88 Prozent, das ist ein Märchen.

(Beifall bei der CDU)

Auch in dem Fernsehduell haben Sie so ein Märchen erzählt, Herr Scholz. Sie hätten nicht auf Rücklagen zurückgegriffen. Die Fakten sind andere. Die von Schwarz-Grün hinterlassene Haushaltsreserve von mehr als 2 Milliarden Euro ist auf 730 Millionen Euro geschmälert worden, und zwar zum Haushaltsausgleich. Sie haben die Rücklagen dieser Stadt verwendet, um die gegenüber den Einnahmen insgesamt 1,4 Milliarden Euro höheren Ausgaben zu decken. Das ist die Wahrheit, und darüber sollten Sie die Menschen nicht täuschen.

(Beifall bei der CDU)

Und dann gibt es noch ein drittes Märchen, das wir vier Jahre lang gehört haben: Wir können den Haushalt nur in Ordnung bringen – so die SPD –, wenn wir die Steuersätze erhöhen, wenn wir den Spitzensteuersatz erhöhen und eine Vermögensteuer einführen. Nein, meine Damen und Herren, der Wohlstand wird erarbeitet. Förderung der Wirtschaftskraft, das ist der Weg, um in Deutschland mehr Steuern einzunehmen, und nicht höhere Steuersätze. Auch das ist ein Märchen der SPD.

(Beifall bei der CDU)

Sie können sich nicht hier hinstellen und sagen, es sei alles so gekommen, wie Sie es immer gesagt hätten. Wir haben dieses Jahr einen Überschuss, aber das Wichtigste ist doch, dass wir nie wieder damit aufhören, keine Schulden mehr zu machen. Deswegen muss man sich den Haushalt 2015/2016 anschauen. Sie veranschlagen im kommenden Doppelhaushalt erneut 330 Millionen Euro neue Schulden zulasten der Kinder und der Zukunft unserer Stadt. Das ist eine falsche Politik. Wir dürfen nicht mehr aufhören, keine neuen Schulden zu machen. Das muss das Signal aus dem Jahr 2014 sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Schluss. Den Haushaltsausgleich, die Rückzahlung von Schulden, bekommen wir dann hin, wenn wir für die Wirtschaftskraft unserer Stadt mehr tun, wenn wir wieder mehr Geld in die Hafeninfrastruktur investieren und endlich den BAföG-Betrug rückgängig machen

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und woher kommt das?)

und dieses Geld wieder in die Universitäten unserer Stadt stecken.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Das wäre die richtige Politik. Damit kommt Hamburg nach vorn. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Kerstan von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir befinden uns im Wahlkampf, und da wird zugelangt, und es werden manchmal auch fragwürdige Argumente bemüht.

(Sören Schumacher SPD: Das haben wir gerade gehört!)

Bei SPD-Wahlkämpfern kann man das noch akzeptieren, aber der Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg hat ein paar Dinge gesagt, die in einer parlamentarischen Debatte so nicht stehenbleiben können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Wir sind uns alle mehr oder weniger darüber einig – selbst Andreas Dressel sagt hanseatisch unterkühlt, das sei das Glück des Tüchtigen –,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

dass sich dieser Senat finanzpolitisch in der besten aller Welten bewegt. Sprudelnde Steuereinnahmen, niedrige Zinsen, niedrige Arbeitslosenraten – davon würden andere Senate träumen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Nein! Nein!)

Das alles ist kein Verdienst dieses Senats. Sie aber würdigen einen Vorgängersenat herab, weil er ein Sparprogramm aufgelegt hat,

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie hätten ja wei- termachen können!)

und zwar nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil er es musste. Er hatte nicht das Glück dieses Bürgermeisters,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, der Vorgän- gersenat hatte kein Glück, das stimmt!)

in einer boomenden Konjunktur zu regieren, sondern im Gegenteil in der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren, als nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers die Wirtschaft abgestürzt ist und über Nacht 1 Milliarde Euro Steuereinnahmen weggebrochen sind. Der damalige Senat musste 4 Milliarden Euro Eigenkapital in die HSH Nordbank investieren und 10 Milliarden Euro Garantien gewähren, um zu verhin

(Dietrich Wersich)

dern, dass 60 Milliarden Euro Verpflichtungen der Bank zulasten der Steuerzahler sofort wirksam werden. Das entspricht dem Sechsfachen unseres Haushalts und hätte die Selbstständigkeit und die Existenz dieser Stadt beendet. Dass man in einer solchen Situation ein Sparprogramm auflegen muss, ist traurig, es ist schmerzhaft und lässt sich nicht vermeiden. Dass aber ein nachfolgender Bürgermeister in einer viel besseren Situation diese Tatsache als Argument benutzt, um nachzuweisen, dass der Vorgängersenat haushaltspolitisch unsolide agiert hätte, ist eines Hamburger Bürgermeisters nicht würdig. Das ist ein Argument, das ein Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg nicht in den Mund nehmen sollte, das ist billigstes und unterstes Niveau.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Und was für ein absurdes Argument ist es eigentlich, Sie seien gute Haushälter, weil Sie vor der Wahl einen beschlossenen Haushalt vorlegen?

(Jan Quast SPD: Das haben Sie nicht ge- schafft!)

Ja, das war damals nicht so.

Was ist denn das für ein absurdes Argument?