Protocol of the Session on December 16, 2014

Ein Problem dabei ist, dass Sie in dem Maße, wie Sie im Zuge der Umsetzung der Schuldenbremse die soziale Infrastruktur gefährden, die Polizei ausbauen und ausbauen müssen. Das ist eine Verschiebung von Geldern aus der Sozial- in die Innenbehörde zulasten aller Beteiligten, auch der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Wenn Sie aber die Polizei in allererster Linie als ordnungspolitisches Instrument zur Behandlung von Konflikten ansehen, dann ist auch klar, warum Sie der Tendenz zur Verselbstständigung der Polizei nicht entgegenarbeiten, sondern ihr nachgeben. In Bezug auf die Polizei nämlich scheint es weder bei der CDU noch bei Ihnen das Primat der Politik zu geben. Alle Versuche, die demokratische Kontrolle der Polizei zu stärken, wurden auch während Ihrer Amtszeit rigide abgeblockt. Das gilt für die individuelle Kennzeichnungspflicht für alle Polizeibeamtinnen und -beamten, also auch in geschlossenen Einheiten. Ich weiß nicht, als wievieltes Bundesland Hessen jetzt die Kennzeichnung auf den Weg bringt. In Hamburg legten und legen die Polizeigewerkschaften und der Personalrat der Polizei ihr Veto ein, und Ihnen fehlen dann der Wille und die

(Carl-Edgar Jarchow)

Kraft, diesen Schritt hin zu einer modernen Großstadtpolizei zu machen, zu einer Polizei, der die Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe begegnen.

Ähnliches gilt für die Problematik, dass weder Bürgerinnen und Bürger noch Polizeibedienstete die Möglichkeit haben, bei einer unabhängigen Einrichtung Beschwerden über polizeiliches Handeln oder über Probleme innerhalb der Polizei loszuwerden. Selbstverständlich werden wir deshalb den Antrag der GRÜNEN als einen Schritt in diese Richtung unterstützen.

Die reflexartige Abwehr der Kontrolle der Polizei zeigt sich übrigens auch in der Abwehrhaltung gegenüber wissenschaftlichen Evaluationen, also einer menschenrechts- und rechtsstaatorientierten Bewertung von gesetzlichen Regelungen und polizeilichen Instrumenten, wie wir im Zusammenhang mit der Einführung von Body-Cams – Frau Möller hat es angesprochen – für die Polizei gerade gesehen haben. Angesichts des jüngst bekannt gewordenen Skandals um eine verdeckte Ermittlerin beziehungsweise Aufklärerin oder beides sind wir der Auffassung, dass dieses nachrichtendienstliche Instrument der verdeckten Ermittlung dringend evaluiert werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stellen verdeckte Ermittlungen durch die Polizei nicht grundsätzlich infrage, aber uns ist wichtig, dass diese Großstadtkeule, dieser große Eingriff in die Privatsphäre von Menschen in ihre Grundrechte, nicht beliebig und vor allem nicht auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage eingesetzt werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Thema Geld. Weil für Sie, Herr Senator, wie für Ihre Vorgänger die Polizei ein wesentliches Mittel bei sozialen und politischen Konflikten ist, weil Sie wie Ihre Vorgänger darauf verzichten, die Polizei politisch zu leiten, lassen Sie sich vieles von der Polizei diktieren. Wenn von der Polizei die Forderung nach x-Millionen für Ausrüstung erhoben wird, dann sind die x-Millionen mit einem Mal vorhanden. Und sagen Sie nicht, sie sind deshalb vorhanden, weil sie benötigt werden. So verhält es sich nämlich nicht.

Für die Feuerwehr, den anderen großen Bereich in Ihrer Behörde – und damit bin ich beim zweiten Punkt – ist das Geld für dringend benötigte Ausrüstungen, für ausreichendes Personal oder eine gute Standortstruktur nämlich nicht da, jedenfalls nicht ausreichend. Die Feuerwehr ist in der Phase der Umstrukturierung, und sie leistet große Anstrengungen bei der Umstellung auf das neue Schutzziel kritischer Wohnungsbrand. Das selbst gesteckte Ziel ist es, mittelfristig bei 85 Prozent der Einsätze den Einsatzort innerhalb von 8 Minuten mit mindestens zehn Funktionen und innerhalb von 13 Minuten mit mindestens 16 Funktionen zu errei

chen. Längerfristig muss dieses Ziel sogar bei 95 Prozent der Einsätze erreicht werden. Von diesem Ziel ist man noch weit entfernt, aber seit Beginn der Umstellung hat die Feuerwehr einiges erreicht. Doch die Erreichung des Ziels stößt an Grenzen, wenn die finanziellen Ressourcen nicht ausreichen, wenn Personal fehlt, wenn der Erreichungsgrad auf Kosten der Aus- und Fortbildung erhöht wird oder wenn die Standortstruktur unzureichend ist, weil Wachen fehlen.

Eine gut funktionierende und ausreichend ausgestattete Feuerwehr ist ein wichtiger Bestandteil einer dem Gemeinwohl dienenden öffentlichen Infrastruktur. Sie ist ein wichtiges Element der öffentlichen Daseinsvorsorge, denn sie dient dem Schutz des Lebens und der Sachwerte in Gefahrensituationen. Deshalb fordern wir, dass in den nächsten zwei Jahren 144 neue Stellen – und das sind die Stellen, von denen der Berufsverband der Feuerwehr errechnet hat, dass sie fehlen – geschaffen werden, damit die Erreichung des Schutzziels keine Utopie bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wir fordern, dass Sie endlich mit dem Bau neuer Wachen beginnen. Das ist keine Aufgabe, die auf einen Schlag erreicht werden kann, aber Sie müssen endlich damit anfangen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat der Innensenator das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zu Ende gehende Jahr 2014 war für alle mit den Aufgabenstellungen der Inneren Sicherheit befassten Akteure ein Jahr mit ganz besonderen Herausforderungen.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Die Kolleginnen und Kollegen unserer Polizei wie unserer Feuerwehr, die Kollegen des Verfassungsschutzes wie auch die ehrenamtlichen Kräfte in Hilfsorganisationen und freiwilligen Feuerwehren haben auch in Zeiten schwieriger und besonders belastender Einsätze ihre absolute Professionalität, ihr Engagement und ihre nicht nachlassende Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Dafür, und das möchte ich nicht nur tun, weil es Tradition ist, sondern aus voller Überzeugung, sage ich nicht nur als Senator, sondern auch als Bürger dieser Stadt – ich glaube, im Namen des ganzen Hauses – herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen.

(Christiane Schneider)

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Besonders hervorzuheben sind auch die Leistungen aller, die sich den besonderen Belastungen durch den Zuzug von Asylsuchenden in Hamburg gestellt haben. Damit meine ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Einwohner-Zentralamtes, aber auch die vielen, vielen Menschen, die sich ehrenamtlich engagiert haben und dabei mitgeholfen haben, Hamburg als eine aufnehmende, als eine warmherzige und eine offene Stadt zu präsentieren. Dafür möchte ich Ihnen auch an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich danken.

(Beifall bei der SPD und bei Martina Kaes- bach FDP)

Die Entwicklungen und Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten zeigen sowohl in Hamburg als auch in anderen Teilen der Welt, dass wir es uns nicht leisten können, Freiheit und Sicherheit als selbstverständlich anzusehen. Der Erhalt der Einsatzfähigkeit unserer Vollzugs- und Einsatzbereiche und die Entwicklung der Sicherheitsarchitektur unserer Stadt sind unbedingt erforderlich und bedürfen deshalb auch eines entsprechend ausfinanzierten Haushalts.

All denjenigen, die glauben, man könne bei der Inneren Sicherheit kürzen oder den Personalbestand in den Vollzugs- und Einsatzdiensten reduzieren, um so scheinbar zusätzliche finanzielle Spielräume für andere Projekte zu erhalten, sei gesagt, dass solche Überlegungen angesichts der Herausforderungen im Bereich des Inneren grob fahrlässig sind.

(Beifall bei der SPD und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Solcherlei Gedankenspiele ignorieren das berechtigte Sicherheitsbedürfnis der Menschen in unserer Stadt, und deshalb stellt die Innere Sicherheit auch in dem vorgelegten Haushaltsplan-Entwurf für die Jahre 2015 und 2016 eine klare Priorität dieses Senats dar. Es bleibt dabei, dass wir auch im kommenden Haushalt keine Stelle im Bereich des Vollzugs und der Einsatzdienste streichen werden. Polizeivollzug und Feuerwehreinsatzdienst bleiben weiterhin unantastbare Schonbereiche. Es bleibt auch dabei, dass wir keine Feuerwachen und keine Polizeikommissariate schließen werden.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das wär ja noch schöner!)

Der vorgelegte Haushaltsplan-Entwurf schafft vielmehr die Voraussetzung dafür, dass auch die Einsatz- und Einstellungsoffensiven für Nachwuchskräfte bei Polizei und Feuerwehr unvermindert weitergeführt werden können. Auch hier haben wir einiges erreicht. Allein bei unserer Polizei haben wir gut 1000 Polizistinnen und Polizisten eingestellt und damit mehr als 100 Polizisten über den Bedarf ausgebildet, also ein kleines demografisches

Polster geschaffen. Dies setzen wir konsequent so fort.

(Beifall bei der SPD)

So haben wir in diesem Jahr bereits 25 Polizistinnen und Polizisten zusätzlich eingestellt, also 275, und werden die Ausbildungszahlen weiter steigern, um die Altersabgänge rechtzeitig auszugleichen. Das gilt nicht nur für unsere Polizei, sondern ausdrücklich auch für unsere Feuerwehr.

(Beifall bei der SPD)

Die Wiedereinführung der Heilfürsorge für unsere Beamten im Vollzugsdienst, die mir persönlich immer besonders am Herzen lag, haben wir abgeschlossen und auch im vorliegenden Haushalt für die kommenden Jahre finanziell abgesichert.

Ich will noch einmal eine Zahl nennen, die vielleicht eindrucksvoll deutlich macht, was wir in den letzten vier Jahren geleistet haben. Wir haben, wie Sie wissen, bei der Hamburger Polizei 7700 Vollzugsstellen. In diesem Bereich haben wir fast 2900 Beförderungen in den letzten vier Jahren durchgeführt. Ich glaube, das macht auch deutlich, welchen Stellenwert die Innere Sicherheit für diesen Senat und für diese Bürgerschaft hat.

(Beifall bei der SPD)

Im Rettungsdienst unserer Feuerwehr sehen wir auch in diesem Haushalt gute Möglichkeiten vor, kurzfristig auf steigende Fallzahlen reagieren zu können, und das ausdrücklich auch mit Personalverstärkungen. Die Personalräte unserer Feuerwehr und Polizei haben mir jedenfalls auf den jeweiligen Personalversammlungen attestiert, dass ich das "ordentlich hinbekommen" hätte, so der Personalrat der Polizei einschließlich des Kollegen Lenders, der, glaube ich, Ihre Nachfolge antreten soll, Herr van Vormizeele. Und auch die Feuerwehr hat in der Personalversammlung deutlich gesagt: Herr Neumann, Sie und Ihre Partei werben zurzeit mit dem Slogan "Versprochen und gehalten". Für die Feuerwehr können wir feststellen, dass das stimmt. Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch für die operativen Bereiche des Verfassungsschutzes gilt selbstverständlich, dass wir mit diesem Haushalt keine Einschnitte vornehmen werden.

Als außerordentlich erfreuliches Signal begrüße ich es, dass die SPD-Fraktion weitere Anträge in diese Haushaltsberatungen eingebracht hat, mit denen zusätzliche Planungen für die Weiterentwicklung der baulichen Infrastruktur der Polizei und der Feuerwehr angeschoben und auch ermöglicht werden. Wir investieren rechtzeitig in Feuerwachen- und -wehren sowie unsere Polizeikommissariate. Insbesondere freut es mich, dass wir auf diese Weise ausdrücklich das bereits erfolgreich laufende Pro

(Senator Michael Neumann)

gramm zur Sanierung von Gebäuden der freiwilligen Feuerwehren fortsetzen können.

(Beifall bei der SPD)

Angegangen sind wir auch die notwendige Ausstattung unserer Feuerwehr mit Löschbooten. Für die gesamte Ersatzbeschaffung von Booten setzen wir zukünftig nicht mehr auf einzelne Beschaffungen, die jeweils von Nutzern im Amt allein angestoßen und ausfinanziert werden müssen. Vielmehr werden wir durch ein gezieltes Flottenmanagement für alle Bereiche, die für ihre Aufgabenwahrnehmung Boote, schwimmende Einheiten benötigen, eine gemeinsame Beschaffungsstrategie auflegen und entsprechende Synergieeffekte nutzen. Die SPD-Fraktion hat hierzu einen ersten Antrag vorgelegt, der es erlaubt, mit der Anschaffung eines sogenannten großen Löschbootes für unsere Feuerwehr endlich zu beginnen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht verschweigen, dass auch der vorgelegte Haushalt für den Einzelplan 8.1 globale Minderkosten enthält, die wir aus dem Gesamtrestevolumen der Innenbehörde und der Sportbehörde jeweils zum Ende eines Haushaltsjahres ablösen werden. Das zeigt, dass auch der Einzelplan 8.1 weiterhin einem engen Ausgaberahmen unterliegt und auch die Innenpolitik einen Beitrag zur Einhaltung der Schuldenbremse in verantwortungsvoller Weise erbringt. Gerade vor diesem Hintergrund freut es mich, dass es gelungen ist, einen Haushalt aufzustellen, der einerseits nicht über maßvolle Ausgabensteigerungen hinausgeht, andererseits aber alle Weichenstellungen enthält, um die Sicherheit weiter zu gewährleisten und die Einsatzkräfte gezielt zu stärken, denn beides liegt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie mir abschließend vielleicht noch eine persönliche Anmerkung. Dieser Haushalt ist aus meiner Sicht eine sehr ordentliche Grundlage, um meine Arbeit als Innensenator auch in den nächsten Jahren fortzusetzen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)