Protocol of the Session on June 23, 2011

Ich erinnere einmal an die Zeiten der absoluten Mehrheit der CDU und die Umsetzung der Lehrmittelprivatisierung, die von uns abgelehnt wurde. Das seinerzeitige Aufstocken der Schulbüros ist meiner Kenntnis nach aber nicht wieder zurückgenommen worden, sondern in den Schulen verblieben, als die Lehrmittelprivatisierung glücklicherweise wieder abgeschafft wurde.

Nun zu den Petita der Anträge. Punkt 1 des Antrags der LINKEN ist meines Erachtens erledigt. Punkt 2, Berichtsersuchen an den Senat sind überflüssig, weil das Angemessene getan wird. Dauerhafte Debattenthemen für Bürgerschaft und Ausschüsse haben wir genug.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Dass alles getan wird! Ja, klar!)

Noch eine kleine Randbemerkung: Will die LINKE uns stiekum eine neue Behördenbezeichnung unterjubeln? Die Veränderung Ihres Antrags hat die Behörde mit einem neuen Namen versehen, schauen Sie sich das an, es ist übrigens eine der beiden Änderungen Ihres Antrags. Ich habe überlegt, warum es eigentlich eine Neufassung gibt, wenn nur die Behörde für Schule und Berufsbildung jetzt Behörde für Bildung und Berufsbildung heißen soll.

Zum Ergänzungsantrag der CDU zunächst der Hinweis, dass die CDU natürlich nur die Wohltaten von Frau von der Leyen erwähnt und nicht die erheblichen zusätzlichen hamburgischen Landesmittel, die in dieses Teilhabepaket eingeschlossen werden. Und Ihre Stigmatisierungssorge, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, geht ins Leere. Da müssen und werden die Schulen feinfühlig genug sein und handeln, nicht nur bei der Essensausgabe, sondern auch wie bisher bei Klassenfahrten und neu bei den Tagesausflügen. Haben Sie sich im Übrigen seinerzeit Gedanken über Stigmatisierung gemacht, als Sie die Lehrmittelbeschaffung privatisiert haben und viele Schülerschlangen in den Schulbüros standen, um ihre Zettel vor dem Angesicht der anderen Kinder abzuge

(Dora Heyenn)

ben und damit deutlich machten, dass sie ihre Schulbücher nicht bezahlen konnten?

Gerade die Regelung, Nachhilfe nicht nur für Transferleistungsberechtigte zu finanzieren, sondern für alle, ist ein deutliches Signal der Nicht-Stigmatisierung von uns Sozialdemokraten.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Petitum, bis Mitte Juli einen Erfahrungsbericht vorzulegen: Liebe CDU-Kollegen, dieses Thema kann der Schulausschuss meines Erachtens gegebenenfalls als Selbstbefassung auf die Tagesordnung setzen, vielleicht in einem halben oder dreiviertel Jahr, wenn wirklich Erfahrungen vorliegen.

Die CDU fordert, gemeinsam mit allen Betroffenen ein Konzept der weiteren Umsetzung des Bildungspakets zu erarbeiten. Lassen Sie mich einmal ganz unernst fragen: Soll das eine Versammlung der Hartz-IV-Bezieher in der o2-Arena sein?

(Carl-Edgar Jarchow FDP: Voll witzig!)

Es gibt Personalräte, mit denen die arbeitszeitlichen Auswirkungen einzelner Maßnahmen der Behörde besprochen werden. Die Elternvertretung ist bekanntlich organisiert in der Elternkammer; auch hier gibt es eine institutionalisierte Kommunikation. Wir brauchen also keine neuen Gremien oder Diskussionszirkel und wir wollen schon gar kein ausgelagertes, gegebenenfalls zentralisiertes Inkassoverfahren.

Die SPD hat jedenfalls keinen Zweifel, dass der Schulsenator und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Teilhabepaket ordentlich umsetzen, dass Stigmatisierungen vermieden werden, gerade auch, weil die Zahl der Anspruchsberechtigten im Bereich des Nachhilfepakets so großzügig ausgeweitet wurde. Aktuell brauchen wir dazu keine Hilfestellung durch wolkige Anträge. Erfahrungen nach einem halben oder einem ganzen Jahr auszutauschen, könnte dann stärker gewinnbringend und erkenntnisfördernd sein. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Haufler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Kollege Lein, ehrlich gesagt konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie die Sorgen und Nöte der Betroffenen überhaupt nicht ernst nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GAL)

Ich habe nicht ganz verstanden, wie Sie darauf kommen, dass erst einmal kein Handlungsbedarf

bestünde und man monatelang schauen und abschätzen müsste, was denn nun passiere. Wenn das so ist, dann frage ich Sie, wie es zustande kommt, dass in der Drucksache, die der Senat für das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung verfasst hat, als Ausgabeposten explizit Verwaltungsaufwand in Höhe von 6,1 Millionen Euro steht. Mit diesem Geld muss man irgendetwas tun wollen oder warum hat man es da eingestellt? Jetzt fragen wir uns, bei wem dieser Verwaltungsaufwand vorzufinden ist. Ohne lange Erfahrungssammelaktionen machen zu müssen, stellen wir fest, dass der Verwaltungsaufwand offensichtlich in den Schulbüros vorzufinden ist. Also ist das der Ort, an den ein Teil dieser 6,1 Millionen Euro fließen muss. So einfach ist das, Herr Lein.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg und Katharina Fegebank, beide GAL)

Ganz interessant umschifft haben Sie die Frage der Stigmatisierung. Sie fragen, ob es nicht auch Stigmatisierung sei, wenn jemand einmal im Jahr einen Antrag auf Schulbücher stelle. Das kann man so oder so sehen, aber was ist denn, wenn jemand jeden Tag in der Schule eine Mahlzeit abholt und an der Kasse deutlich machen muss, dass er diese Mahlzeit nicht mit Bargeld, sondern mit irgendwelchen anderen Mitteln bezahlt? Ist das ins Verhältnis zu setzen zu einem einmaligen – einmal pro Jahr – Anstehen vor dem Schulbüro, wie Sie das ausgedrückt haben? Ich finde, nein.

(Beifall bei der CDU)

Aus unserer Sicht ist das Bildungspaket ein wirklich wichtiges und probates Mittel, um Menschen mit geringem Einkommen, um armen Familien und Kindern aus armen Familien zu helfen. Man muss auch deutlich die Ursprünge benennen, warum wir diesen ganzen Verwaltungsaufwand betreiben. Es ist festzustellen gewesen, dass in vielen Familien mit geringem Einkommen leider ein Teil des Geldes, der für die Bildung der Kinder vorgesehen war, nicht in diese geflossen ist.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Woher wissen Sie das?)

Auch der Kinderschutzbund sah dies immer kritisch und hat gesagt, dass wir von diesem alten Denken, immer nur in Finanzen, in Geldströmen zu denken, wegkommen müssen, sondern die Chancen für die Familien schaffen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei Gerhard Lein SPD)

Ich finde es gut, dass Sie mir da zustimmen. Nur darf, wenn wir die Erkenntnis gewonnen haben, dass leider Familien diese Aufgaben nicht hundertprozentig selbst in die Hand nehmen können, dies nicht dazu führen, nun eine Bürokratiestruktur zu schaffen, die nicht mit den Problemen zurechtkommt, die auf der Hand liegen, nämlich einerseits

(Gerhard Lein)

Geld einzustellen, andererseits dieses Geld aber nicht dahin fließen zu lassen, wo die Antragsteller auflaufen, nämlich in den Schulbüros.

Nun sagen Sie, man müsse noch einmal schauen, vielleicht ebbe das alles ab. Nach Auskunft des Senators haben von 80 000 antragsberechtigten Kindern erst 5000 Gebrauch von dem gemacht, was ihnen zusteht. Das bedeutet, dass der Aufwand sich noch versechzehnfachen könnte, es sollte also eher nicht abebben, sondern würde sich eher steigern. Auch da verstehe ich Ihr Argument nicht, darauf zu hoffen, dass das Problem einfach verschwindet.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb sage ich Ihnen: Nehmen Sie die Sorgen der Schulbüros ernst, statten Sie sie richtig aus, machen Sie das schnell und sorgen Sie dafür, dass dieser Verwaltungsstau sich nicht immer und immer weiter aufstaut.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau von Berg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was ist eigentlich das Ziel des Bildungs- und Teilhabepakets? Das Ziel ist doch, Bildung und Teilhabe für alle Kinder in Hamburg zu ermöglichen. Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn wir die Hürden ganz niedrig legen. Was wir zurzeit aber erleben, ist, dass die Hürden sehr hoch gelegt werden. Wenn Sie sich vor Ort einmal an den Schulen umgucken und in den Schulsekretariaten ein Gespräch suchen, dann werden Sie erfahren, dass die Sekretärinnen und Sekretäre – die gibt es übrigens auch – ewig lange an diesen Anträgen sitzen, dass sie tatsächlich viele Gespräche führen müssen, um überhaupt Menschen zu finden, die dort Anträge stellen, und dass das mit richtig viel Beratung zu tun hat und auch damit, Menschen vor Ort und in den Schulen abzuholen, was Zeit kostet. Es sind wirklich hohe Hürden und diese Hürden müssen abgeschafft werden.

(Beifall bei der GAL)

Lieber geschätzter Kollege Lein, Sie haben gesagt, dass die totale Überlastung noch gar nicht klar sei oder noch nicht evaluiert sei. Ich frage mich dann schon, warum es erstens noch nicht richtig abgefragt ist und zweitens wird die totale Überlastung noch nicht eingetreten sein, weil eben diese ganzen Anträge noch gar nicht abgefragt werden. Es gibt eben wenig Antragstellerinnen und Antragsteller und das kann nicht das Ziel des Bildungs- und Teilhabepakets sein.

Und wenn Sie, Herr Kollege Lein, immer sagen, die Vorgängerregierung sei schuld, ist das sehr

ideenlos. Wenn Sie sagen, es läge an der fehlenden Arbeitsplatzbeschreibung, ist das auch ideenlos. Wir haben jetzt ein ganz neues Problem, dieses Bildungs- und Teilhabepaket, dieses Bürokratiemonster, wie es immer bezeichnet wird. Es ist das Problem dieser Regierung, es tatsächlich vernünftig hürdenlos umzusetzen. Das ist eine neue Aufgabe und hat nichts mit einer angeblich fehlenden Arbeitsplatzbeschreibung zu tun.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Und dann frage ich mich natürlich, warum die Überweisung abgelehnt wird, wenn Sie selbst gerade eine Steilvorlage geliefert haben, als Sie sagten, das könnten wir im Schulausschuss einmal im Rahmen einer Selbstbefassung machen; das wäre mein Wunsch. Es ist ein äußerst komplexes Problem, mit dem wir uns gerade beschäftigen, und ich würde mir sehr wünschen, die verschiedenen Vorschläge aus den beiden Anträgen – und sicherlich auch aus der SPD – einmal vernünftig im Schulausschuss zu beraten.

Wie sieht der Ausweg aus diesem Dilemma aus, das wir gerade haben? Das ist auch schon von Frau Heyenn angesprochen worden. Wir müssen differenziert auf die Schullandschaft schauen und nicht einfach per Gießkanne 41 Stellen auf die Schulen zu verteilen, sondern wirklich gucken, in welchem sozialen Viertel sich die Schule befindet, wie groß die Anzahl der Anträge und auch wie groß die Schule ist. Einzelne Schulleiterinnen und Schulleiter sagen, dass sie sich das ganz einfach machen und eine halbe Stelle nehmen würden, sie hätten noch Ressourcen aus anderen Mitteln übrig und schon hätten sie das. Das kann für große Schulen funktionieren, aber was ist mit diesen kleinen Grundschulen, die vielleicht nur zwei- oder dreizügig sind. Die haben nicht einfach die Ressourcen, um sagen zu können, dass sie sich dann eine halbe Stelle schaffen. Das müssen wir dringend abschaffen und es ist Aufgabe der SPD und des Senats, dort Abhilfe zu schaffen.

(Beifall bei der GAL und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Abschließend noch einmal meine Bitte, diese beiden Anträge an den Schulausschuss zu überweisen, damit wir konstruktiv gemeinsam über Lösungen nachdenken können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Das Wort hat nun Herr Jarchow.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die christlich-liberale Bundesregierung hat mit dem Bildungspaket ein neues wichtiges Instrument geschaffen. Es wird Kindern und Jugendlichen aus bedürftigen Familien und

(Nikolaus Haufler)

einkommensschwachen Haushalten eine frühe Teilhabe an wichtigen Bildungsbausteinen ermöglicht.