Dazu rufe ich das dritte Thema auf, das in der gestrigen Sitzung wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte, angemeldet von der CDU-Fraktion:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg hat sich immer verstärkt nach Norden hin entwickelt. Im Norden sind wir schnell an die Grenze zu Schleswig-Holstein gestoßen, die Flächen auf Hamburger Gebiet wurden knapp und sind auch heute noch knapp. Die Entwicklungsmöglichkeiten waren und sind auch heute noch im Süden zu finden. Welche Schlussfolgerung liegt da nahe? Hamburgs Zukunft liegt im Süden. Das sagte bereits vor 50 Jahren Ihr Erster Bürgermeister Herbert Weichmann und recht hat er gehabt.
Recht hat er gehabt und das bestätigten auch diverse Hamburger Persönlichkeiten zu späteren Zeitpunkten. Für den Bezirk Harburg, zu dem auch Wilhelmsburg gehörte, wurde danach aber nichts getan.
Eine prägnante Aussage und guter Wille alleine reichen nicht. Wir müssen diese Entwicklung Hamburgs schon anpacken. Wilhelmsburg als traditionelles und eingetragenes Industrie- und Gewerbegebiet fehlten die Investitionen in die Stadtteilentwicklung in jeglicher Form; sowohl öffentliche Gelder als auch privatwirtschaftliche Gelder fehlten. Als erster Schritt folgte dann 1977 die Umwidmung des Standorts. Sie werden mir sicher zustimmen – viel zu spät.
Danach folgten immer wieder Maßnahmen, die alle überhaupt nicht griffen. Was daraus folgte, das wissen Sie alle: Armutsbildung.
Was aus diesem Nichtstun resultierte, ist allen klar: Armutsbildung und eine fehlende kulturelle Vielfalt im Stadtteil Wilhelmsburg sowie in Teilen Harburgs und Süderelbe. Vor zehn Jahren haben wir das Zukunftskonzept Metropole Hamburg – Wachsende Stadt ins Leben gerufen und zum Erfolg geführt.
Ein ganz zentraler Baustein war und ist der "Sprung über die Elbe" und in welche Richtung, natürlich nach Süden. Denn wenn wir uns die regionalen Wachstumsstatistiken in Hamburg anschauen, dann stellen wir fest, dass das Bevölkerungswachstum im Bezirk Harburg stattfindet. Auch hier wieder das Fazit: Wir müssen die südliche Seite der Elbe entwickeln.
Für Wilhelmsburg ist 2001 damit begonnen worden. Es wurde eine Zukunftsvision entwickelt, die heute Früchte trägt. Die einzelnen Früchte, die ich beispielhaft nennen möchte, sind die Projekte der Internationalen Bauausstellung sowie der internationalen Gartenschau, die 2013 in Wilhelmsburg stattfinden werden, sowie die Entwicklung der Wilhelmsburger Mitte. Der vor zehn Jahren zur städtebaulichen Entwicklung des Südens verkündete "Sprung über die Elbe", der nebenbei auch bis in den Binnenhafen Harburgs reichen soll, ist in Umsetzung. Er ist bisher eine zarte Pflanze und – das ist immens wichtig – diese zarte Pflanze haben wir zu hegen und zu pflegen.
Diese Hege und Pflege ist ganz besonders wichtig, denn nur dann folgen uns die Investoren und die Bevölkerung. Wir haben noch Überzeugungsarbeit zu leisten bei Bürgerinnen und Bürgern, um sie dazu zu bringen, ihr Geld im Bezirk Harburg und in Wilhelmsburg in Immobilienprojekte für private
oder auch gewerbliche Nutzung zu stecken. All das Erreichte und auf den Weg Gebrachte infrage zu stellen und damit ganz deutlich den Erfolg zu gefährden, wäre töricht und das werden wir uns nicht leisten.
Hier habe ich deutlich Fragen an den Senat und gehe noch ein Stück weiter. Ich habe Befürchtungen, dass der Senat es genau an diesem sensiblen oder vorsichtigen, wenn ich es positiv ausdrücke, aktiven Umgang fehlen lässt. Das lese ich zum Beispiel aus der Antwort auf die Anfrage von Herrn Hamann, in der es um die Umzugspläne der BSU geht.
(Dirk Kienscherf SPD: Das hatten wir doch gestern erst, was Sie mit den Behörden zu verantworten haben!)
Aber dem Senat sind die Vorstellungen hinsichtlich der Nutzung des Verwaltungsgebäudes und die darauf basierenden Erwartungen vor Ort bekannt. Wenn sie bekannt sind, warum zögern Sie dann? Warum reden Sie nicht endlich Klartext?
Entscheidend sei lediglich die Ansiedlung einer großen Zahl von qualifizierten Arbeitsplätzen in der Mitte Wilhelmsburgs, von der dann zahlreiche positive sozioökonomische Effekte ausgehen sollen. Ich frage den Senat noch einmal: Welchen Mieter haben Sie denn im Blick? Sie wissen doch mehr. Nennen Sie endlich Ross und Reiter.
Der Bürgermeister ist nicht da, aber ich würde ihm gerne erzählen, dass ich gerne die Einschätzung seiner Senatoren und Fachleute teilen würde.
Aber die Informationen über dieses Thema sind einfach zu dünn. Von diesem Senat, Herr Bürgermeister, der nicht da ist, gehen die Zeichen aus, dass Wilhelmsburg und der Bezirk Harburg wieder Gefahr laufen, in die Bedeutungslosigkeit zu gleiten, so wie es vor 2001 war.
Sie gefährden den Erfolg des Sprungs über die Elbe. Wir fordern Sie auf, die Entwicklung des Hamburger Südens wieder in den Blick zu nehmen. Fangen Sie endlich an den richtigen Stellen an.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Stöver, das war irgendwie eine Mischung aus Allgemeinplätzen, ein bisschen zweifelhafter Geschichtsdarstellung, CDU-Selbstbeweihräucherung und am Ende noch ein bisschen untauglicher Kritikversuche. Ich habe mich von vornherein gefragt, warum Sie das Thema angemeldet haben, und so richtig deutlich ist das aus der Rede auch nicht hervorgegangen. Welche Vernachlässigungen Sie nun in den ersten 100 Tagen nachweisen wollen, dazu haben Sie nicht viel gesagt. Tatsächlich gibt es ein paar Punkte, die man ansprechen kann. Aber wenn man mehr ins Detail geht, wird man natürlich feststellen, dass alle offenen und kritischen Fragen zurzeit aus Ihrer Regierungszeit stammen.
Wir können gerne einmal anfangen und ich frage mich, warum Sie das nicht angesprochen haben. Zur Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße haben Sie immer erzählt, sie bekämen das bis 2013 hin. Inzwischen ist klar, dass Sie es nicht hinbekommen.
Genau, natürlich. Das war von Ihnen von Anfang an eine unrealistische Planung und es wird Zeit, das auch einmal zuzugeben.
Sie haben außerdem die Bürgerbeteiligung Wilhelmsburg an die Wand gefahren, das wissen Sie auch, und Sie haben ein zentrales Problem in der ganzen Planung, nämlich die Abfahrt Rotenhäuser Straße, bis heute überhaupt nicht bearbeitet, sich irgendwie damit befasst oder irgendeine Lösung angeboten. Es hilft insofern auch nicht, dass wir jetzt ein Planfeststellungsverfahren gestartet haben, wenn wir ungelöste Probleme haben und wissen, dass es Klagen dagegen geben wird.
Das ist alles Ihre Hinterlassenschaft und insofern ist es vielleicht ganz gut, dass wir uns jetzt auch ein bisschen loslösen. Wenn der Termin 2013 nicht haltbar sein wird, ist dies vielleicht auch eine Chance, die Fragen, die Sie uns ungeklärt hinterlassen haben, dann sorgfältig zu klären.
Im Übrigen geht es natürlich auch darum, wie wir, wenn wir die Verlagerung bis 2013 nicht schaffen, eine Zwischenlösung anbieten während der Laufzeit von IBA und igs. Das ist eine Herausforderung,