Protocol of the Session on July 9, 2008

Schließlich noch ein drittes Problem: Hamburgs Schülerinnen und Schüler sind nicht weniger klug als Schüler in Finnland, in der Schweiz oder wo auch immer in anderen Ländern. Trotzdem liegen die Schüler aus Kanada, Finnland und der Schweiz immer noch weit vor den Hamburgerinnen und Hamburgern. Ich denke, wir sagen gemeinsam: Eine kluge Stadt braucht alle Talente und diesen Talenten müssen wir den Weg mit einem Schulsystem offenhalten, das gerecht und leistungsstark ist und alle Kinder am besten fördert und fordert und keine Talente verschenkt.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal den ehemaligen Geschäftsführer der Handwerkskammer, Herrn Dr. Hogeforster, zitieren. Er hat vor einigen Tagen gesagt – Zitat:

"Die Zeit ist zu weit fortgeschritten, dass wir uns mit ängstlichen Diskussionen und kleinem Denken aufhalten könnten."

Ich denke, das Zitat spricht Bände. Der Unternehmensverband Nord unterstützt dies ebenfalls, sowohl das längere gemeinsame Lernen als auch die Abschaffung der Hauptschule. Wir haben heute keine ängstliche Diskussion geführt, sondern haben gemeinsam den Schritt vollzogen, die Hauptschule auslaufen zu lassen. Die Diskussion war überwiegend sachlich, unaufgeregt und nach vorne gewandt. Deshalb wünsche ich mir schon heute Unaufgeregtheit und Fachlichkeit, wenn wir die

(Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch)

weiteren Schritte hin zu einem neuen Hamburger Schulsystem gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Meine Damen und Herren, liegen weitere Wortmeldungen vor? – Die sehe ich nicht. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer der Empfehlung des Ausschusses folgen und das Elfte Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes aus der Drucksache 19/436 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz auch in zweiter Lesung beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenfalls einstimmig in zweiter Lesung und damit endgültig beschlossen.

Wer möchte darüber hinaus der Ausschussempfehlung folgen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch das ist einstimmig geschehen.

Dann rufe ich auf den Punkt 8 der Tagesordnung, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Auswirkungen der Privatisierung der Deutsche Bahn AG auf Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Auswirkungen der Privatisierung der Deutsche Bahn AG auf Hamburg – Drs 19/249 –]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Bischoff, Sie haben es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Goetsch, ich hoffe, es geht jetzt sachlich und unaufgeregt weiter.

(Zuruf von der CDU: Das hängt von Ihnen ab!)

Jedenfalls haben wir ein weiteres interessantes Thema auf der Tagesordnung, denn dieser Senat und vor allen Dingen Frau Hajduk, will bekanntlich die Bahn zum attraktivsten Verkehrsmittel der Zukunft machen. Ihre These: Eine – wir haben es hier

wiederum mit klug und intelligent zu tun – intelligente Privatisierung kann Freiräume schaffen, von denen die Kunden und der Wettbewerb gleichermaßen profitieren. Von dieser Konzeption einer intelligenten Privatisierung – so jedenfalls die Auffassung der Fraktion DIE LINKE – ist leider in Hamburg nichts zu sehen. Im Gegenteil: Uns stören ein paar Punkte, die sich alle darauf beziehen, dass wir in Hamburg Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr haben, die auf einem Vertrag bis Ende 2009 basieren, der – das geht aus unseren Unterlagen hervor – mittlerweile bis 2017 verlängert wurde.

Drei Punkte stören uns an diesem Vertrag. Erstens: Wir haben Zweifel daran, ob in diesem Vertrag die Interessen der Hansestadt gewahrt worden sind. Unser Eindruck: Im Vergleich zu anderen Regionalverkehren zahlt Hamburg zu hohe Entgelte.

Zweitens: Die Bahn hat schon jetzt eine Monopolposition und Hamburg hat – freundlich ausgedrückt – wenig getan, um aus dieser Abhängigkeit herauszukommen.

Und drittens: Bekanntlich wird die Bahnprivatisierung jetzt als Teilprivatisierung auf den Weg gebracht und wiederum – so jedenfalls unsere Wahrnehmung – unternimmt der Senat keinerlei Schritte, um für Hamburg zu einer befriedigenden Zukunftslösung für den Schienenpersonennahverkehr zu kommen.

Diese drei Kritikpunkte will ich noch mit Argumenten untermauern. Die Regierungsfraktionen wollen uns weismachen, dass die Teilprivatisierung der Bahn positiv zu bewerten sei. Fakt ist – und darin besteht die Übereinstimmung: Von der geplanten Teilprivatisierung ist Hamburgs Schienenpersonennahverkehr zentral betroffen. Im Unterschied zu der Senatshaltung kündigt beispielsweise Hessens Verkehrsminister Rhiel Widerstand gegen die Pläne der Teilprivatisierung an, weil er befürchtet, dass die Deutsche Bahn die regionale Infrastruktur und die Netze weiter vernachlässigen wird. Als Besteller des Nahverkehrs müssten die Länder in die Entscheidung einbezogen werden. Meines oder unseres Erachtens müsste Hamburg diese Position unterstützen. Aber, soweit wir das jedenfalls wissen und Ihre Antworten auf unsere Fragen gehen immer in die Richtung, dass wir in keiner Weise erkennen können, dass Sie dieses zentrale Thema angehen.

Sachsen-Anhalt hat im Bundesrat bei dieser teilweisen Kapitalprivatisierung sogar einen Gesetzesantrag zur Sicherung der Länderinteressen eingebracht. Bei einer Teilprivatisierung, so die Regierung von Sachsen-Anhalt – auch etwas, was eigentlich unserem rechten Flügel nahestehen müsste –, sei zu beachten, dass es wegen des Renditedrucks – das kommt nicht von uns, das steht im Antrag – der Investoren bei einer gegenwärtigen

(Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch)

wirtschaftlichen Lage zu einer Lastenverschiebung auf die Länder kommen kann. Durch eine von der CDU-Regierung eingebrachte Regelung soll gewährleistet werden, dass ein gleich hoher Anteil des festgelegten jährlichen Mindestinstandhaltungsbeitrags der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes auch für die regionale Infrastruktur eingesetzt wird. Dadurch wollen jedenfalls die CDU-regierten Bundesländer verhindern, dass die Tendenz, dass die Mittel, die momentan überwiegend in die Instandhaltung ertragsreicher Strecken fließen und die Qualität der überwiegend nur vom Nahverkehr genutzten regionalen Infrastruktur herabsetzen, nicht weiter gefördert wird.

Vor diesem Hintergrund finden wir das Handeln oder besser Nichthandeln der schwarz-grünen Regierung gleichermaßen unverständlich. Der Senat hätte allen Grund, sich energischer für die Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg einzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Also erklären Sie uns bitte einmal und nicht in dieser lapidaren Weise, wie Sie jetzt Große und Kleine Anfragen beantworten – erklären Sie bitte einmal in der Diskussion: Welche Schritte, Frau Hajduk, gedenken Sie zu unternehmen, wenigstens in dem Sinne der CDU-Regierung, dass Sie den Nachteilen für den Hamburger Schienenpersonennahverkehr, die sich überall auftürmen, entgegenwirken wollen? Das darf man doch – wie war das vorhin so schön – von einer gestaltenden Mehrheit erwarten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie die Teilprivatisierung nicht bekämpfen. Das wäre auch eine Alternative. Aber dass Sie sich wenigstens diesen Herausforderungen stellen, das, denke ich, können wir Ihnen hier schon abverlangen.

Unser Eindruck ist, dass Hamburg sich schon in der Vergangenheit von der Bahn AG – denn das Unternehmen ist noch nicht an der Börse, aber es ist schon eine Kapitalgesellschaft – über den Tisch hat ziehen lassen. Wir befürchten, dass es in der nächsten Zeit zu einer Steigerung kommt. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hat in den Jahren 2004/2005 eine Markterkundung durchgeführt, um zu prüfen, ob noch weitere Anbieter neben der S-Bahn Hamburg in der Lage wären, den Verkehr ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2009 zu leisten. Dabei stellte sich heraus, dass wesentliche Hindernisse für andere Anbieter Kosten und Verfügbarkeit von entsprechenden Fahrzeugen waren. Die S-Bahn-Fahrzeuge sind aufgrund ihrer technischen Besonderheit – Gleichstrom mit einer Spannung von 1 200 Volt – nur in Hamburg verwendbar. Die S-Bahn Hamburg GmbH war nicht bereit, nach Vertragsende den noch verwendbaren Teil ihres Fahrzeugparks an

deren Anbietern zu definierten Konditionen zur Verfügung zu stellen, damit diese mit diesen Fahrzeugen die Verkehrsleistung übernehmen können.

Es bestehe, konstatiert die BSU, auch keine Pflicht der S-Bahn, ihre Fahrzeuge Dritten zur Verfügung zu stellen, da diese grundsätzlich die Möglichkeit hätten, sich einen eigenen Fuhrpark zuzulegen. Da der Wagenpark der S-Bahn nach Vertragsende 2009 zu weiten Teilen noch von der S-Bahn genutzt werden könnte, müssten die anderen einen aufbauen, ist klar, dass sich andere Verkehrsunternehmen an dieser Ausschreibung der Verkehrsleistungen nicht beteiligt haben. Das ist übrigens der Hintergrund, warum Hamburg im Vergleich mit München rund 30 Millionen mehr bezahlt. Ich finde das – da Sie mir das neulich im Ausschuss entgegengehalten haben – eine ziemliche Dreistigkeit, dass Sie sagen, 30 Millionen interessierten Sie nicht und Sie gingen ansonsten immer sehr sparsam mit den Steuermitteln um. Schon hier drängt sich, wenn man diesen Vorgang bis 2009 sieht, jedenfalls für uns die Schlussfolgerung auf, dass die Bahn AG wenig, um nicht zu sagen überhaupt nicht, kooperationsbereit ist, zumal wenn Sie in Rechnung stellen, dass dieser S-Bahn-Fuhrpark einmal zum großen Teil mit öffentlichen Mitteln, nämlich mit 35 Millionen, angeschafft worden ist. Wenn man das diesem Unternehmen durchgehen lässt, ist das schon ein ziemlicher Skandal.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GAL)

Hamburg hat sich nicht nur bei der Gestaltung des Fuhrparks in eine trostlose Position manövriert, wir sind auch einigermaßen erstaunt, dass der Senat auf unsere Vorhaltung, es würden im Vergleich zu anderen Regionalverkehren – ich habe schon München genannt – weit überhöhte Trassenpreise und anderes Entgelt gezahlt, mit dem Hinweis argumentiert, dass das doch Sache der Bundesnetzagentur sei. Es geht in der Tat, wie es in der Vorlage der BSU heißt, um faire und verlässliche Konditionen. Wir sagen, Sie machen überhaupt nichts, um für Hamburg eine verträgliche Lösung zu finden. Und Sie setzen sich auch nicht in der Hinsicht ein, zu fairen und verlässlichen Konditionen zu kommen. Es ist zwar ein trockenes Thema, das wissen wir alle, aber es geht um viel Geld. Deswegen zitiere ich einmal Ihre Antwort auf unsere Vorhaltung:

"Die Infrastrukturentgelte werden von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die nur bedingt auf lokalen spezifischen Kosten basieren."

Mischkalkulation und so weiter.

"Die Prüfung der Angemessenheit der Eisenbahninfrastrukturentgelte ist die gesetzlich festgelegte Aufgabe der Bundesnetz

agentur, der alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen."

Dann natürlich wieder Ihre berühmte Antwort:

"Der Senat hat sich hiermit nicht befasst."

Es geht ja auch nur um ungefähr 30 Millionen Euro.

Auf diese großzügige Antwort von Ihrer Seite – ich hoffe, da oben ist jemand und hört zu, sonst werden wir das auch an den Rechungshof weiterleiten, die sollen sich das nämlich einmal anschauen – fragen wir: Wie sieht die Situation bei der Bundesnetzagentur zurzeit aus? – Das Argument wollen wir noch hören. – Ich zitiere einmal einen anderen Regionalverkehr, nämlich Berlin-Brandenburg:

"Die erneute Anhebung der Trassenpreise um den Rekordwert von 3,8 Prozent im kommenden Jahr wird den Schienenpersonennahverkehr … erneut [massiv] verteuern, ohne dass der Kunde davon einen Vorteil hat."

Im Regionalverkehr wird die Infrastruktur heruntergefahren und trotzdem kassiert die Bahn dafür mehr.

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg appelliert an die Verantwortlichen in der Bundespolitik – jetzt kommt es, Frau Hajduk –,

(Egbert von Frankenberg CDU: Was sagt denn der Verkehrsverbund Franfurt (Oder)?)

der Bundesnetzagentur endlich die Möglichkeit für eine effektive Regulierung zu geben. Sie antworten, das sei Geschäft der Bundesnetzagentur. Alle Welt auf dem Verkehrsterrain weiß, dass die Bundesnetzagentur nicht in der Lage ist, solche Vorgänge zu prüfen. Sie müssen sich auf die Kontrolle der anderen Netze konzentrieren.