Protocol of the Session on February 9, 2011

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hamann, ich kann verstehen, dass Ihnen der Bericht überhaupt nicht gefällt, weil er ein sehr schlechtes Licht auf die Regierungspolitik dieses Senats wirft. Am liebsten hätten Sie, dass es überhaupt keinen solchen Bericht gäbe. Das haben Sie letztendlich auch zugegeben, indem Sie sagen, dass Sie eine Fortsetzung des Untersuchungsausschusses nicht wollten. Das kann es aber mit uns nicht geben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hamann, Ihr Beitrag eben war genauso unsachlich und obstruktiv wie die ganze Arbeit der CDU im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss all die Monate. Nie während der Zeit des Untersuchungsausschusses ist von der CDU – von dem geschätzten Kollegen Lafrenz einmal abgesehen – ein wirklich ernsthaftes Aufklärungsinteresse zu spüren gewesen.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss war alles andere als überflüssig, er hat wichtige Erkenntnisse zutage gebracht. An dieser Stelle möchte ich mich für die Arbeit des Arbeitsstabs bedanken und für seine Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Im vorliegenden Sachstandsbericht werden akribisch die Faktoren genannt, die zur eklatanten Kostensteigerung von 77 Millionen auf derzeit 351,3 Millionen Euro geführt haben, und ein Ende der Fahnenstange ist bislang noch nicht abzusehen. Dennoch bleibt der Bericht unvollständig, denn zu einer Zeugenvernehmung des ehemaligen Ersten Bürgermeisters von Beust,

(Ingo Egloff SPD: Da hätte der Ausschuss wohl nach Sylt fahren müssen!)

der ehemaligen Kultursenatorin von Welck, der Architekten und auch der Leute von HOCHTIEF ist es nicht gekommen. Das wäre sicherlich äußerst interessant, auch für die CDU.

Die Arbeit des PUA hat aber eines ganz besonders deutlich gemacht, dass nämlich mit der verfrühten Ausschreibung und der voreiligen Auftragsvergabe von Anfang an kein guter Segen auf dem Projekt lag. Die Generalplaner haben im Sommer 2006 darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt der geplanten Vergabe viel zu früh war. Sie haben gewarnt, dass eine so frühe Ausschreibung zu großen Kostensteigerungen führen könne, weil etliches nicht hinreichend geplant und damit nicht absehbar für die Kosten wäre. Doch die Warnung wurde in den Wind geschlagen. Obwohl die Planung noch unvollständig und ungenau war, wurde ausgeschrieben. Offen bleibt, welche Rolle der damalige Erste Bürgermeister und die damalige Kul

(Norbert Hackbusch)

tursenatorin gespielt haben, ob die Entscheidung, zu früh auszuschreiben und zu vergeben, nicht auch politisch motiviert war und vom Senat so vorgegeben wurde. Letztendlich wiegt der Vorwurf jedoch in beiden Fällen schwer, egal, ob die vorschnelle Ausschreibung vom Senat gewollt war oder ob man die ReGe einfach hat machen lassen – es zeugt in jedem Fall von einem leichtfertigen und unverantwortlichen Umgang mit dem Projekt Elbphilharmonie.

(Beifall bei der SPD)

Hier eröffnet sich für die mögliche Fortsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses noch ein weites Betätigungsfeld.

Ich bleibe beim Vergabeverfahren. Es ist schon ein starkes Stück, dass der Senat verschwiegen hat, warum der zweite Bieter im Vergabeverfahren, die STRABAG, letztendlich kein verbindliches Angebot abgegeben hat. Wie der PUA herausgearbeitet hat, war die STRABAG nämlich der Meinung, dass anhand der Ausschreibungsunterlagen und der unvollständigen Planung keine seriöse Kostenkalkulation durchführbar gewesen sei, und forderte sogar einen Risikoaufschlag von 100 Millionen Euro. Es ist traurig, dass die STRABAG am Ende recht behalten sollte und es ist unverantwortlich, wie der Senat mit den Warnungen der STRABAG umging; auch sie wurden in den Wind geschlagen. Es hätten schon längst alle Alarmglocken läuten müssen.

(Beifall bei der SPD)

Aber es kommt noch schlimmer. Damit die Vergaberüge, die die STRABAG erhoben hatte und die im Eilverfahren sogar erfolgreich war und zu einem einstweiligen Vergabeverbot führte, wieder aus der Welt geschaffen werden konnte, griff der Senat zu ganz besonderen Methoden. Er versprach der STRABAG quasi ein Schweigegeld, die STRABAG sollte die Klappe halten. Für die Rücknahme ihrer Vergaberüge wurden der STRABAG vom Senat vertraglich Bauleistungen für Projektentwicklung auf städtischen Grundstücken in Aussicht gestellt, alternativ 3 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer. Für mich hat das etwas von Bananenrepublik.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Ingo Egloff SPD: Das sieht aus wie Bestechung!)

Ein weiterer Aspekt ist bislang unbeleuchtet geblieben, nämlich die Frage, ob nicht von HOCHTIEF die Naivität des Senats und seiner Behörden ausgenutzt wurde und bewusst ein niedriges Angebot abgegeben wurde, um später die Gewinne auf dem Wege von Nachforderungen zu erzielen. Das Gebaren von HOCHTIEF erweckt zumindest diesen Eindruck. Für eine Fortsetzung des PUAs gäbe es auch bei diesem Punkt sicherlich einige Gründe.

Ich möchte zum Schluss noch etwas zum Antrag der LINKEN sagen. Die Empfehlung einer Fortsetzung des PUAs in der nächsten Wahlperiode hat im Abschlussbericht und auch in der Beratung im Ausschuss eine Rolle gespielt. Wir haben das abgelehnt, weil wir der Meinung waren, dass das nicht in den Sachstandsbericht gehört. Gleichwohl haben wir nie einen Zweifel daran erkennen lassen, dass auch wir der Meinung sind, dass der Parlamentarische Untersuchungsausschuss weitergeführt werden sollte. Sie redeten eben von Demokratie und wie viel sie Ihnen bedeutet, aber dann wissen Sie auch, dass Demokratie Macht nur auf Zeit verleiht und insofern diese Bürgerschaft keine Beschlüsse für die nächste fassen kann. Sie haben nun einen Antrag vorgelegt, in dem Sie an die zukünftige Bürgerschaft appellieren. Mehr ist es in Wirklichkeit nicht, die Halbwertzeit von zehn Tagen wurde auch schon angesprochen. Wir werden dem heute zustimmen, damit Sie nicht noch weiter durch die Stadt laufen und sagen, wir würden den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht fortsetzen wollen – das Gegenteil ist der Fall. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Senator Stuth hat das Wort.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh! – Michael Neumann SPD: Redet der Zeuge in eigener Sache?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ohne Frage ist der vorliegende Bericht wichtig. Wie viele Redner schon sagten, ist er vorläufig, und ich sage, dass er höchst vorläufig ist.

(Michael Neumann SPD: Was kommt noch?)

Wir haben in der Behörde für Kultur und Medien, aber auch in der Realisierungsgesellschaft mit der Auswertung der 183 Seiten begonnen; das ist sehr umfassend. Es bezieht sich auf Zeugenaussagen, zu denen wir als Behörde, auch ich selbst, weil ich auch Zeuge war, keine unmittelbaren Eindrücke haben gewinnen können. Mein erster Eindruck ist aber, dass Herr Hamann die Schwächen dieses Berichts sehr zutreffend beschrieben hat. Der Eindruck liegt nahe, dass er mehr für den Wahlkampf geschrieben ist als für die Sachaufklärung.

(Wilfried Buss SPD: Unerhört!)

Wenn Frau Koeppen Vorwürfe erhebt, der schwarz-grüne Senat habe die Bürgerschaft bewusst getäuscht, so weise ich das zurück. Man sieht es auch an Ihrem Verhalten, das ist nur billige Polemik.

(Zuruf von Thomas Böwer SPD)

(Ole Thorben Buschhüter)

Ich kenne kein anderes Projekt der letzten Jahre, über das so umfassend und so transparent informiert wurde.

(Dr. Andreas Dressel SPD und Michael Neu- mann SPD: Lächeln!)

Ich kenne kein anderes Projekt, bei dem es so viele Drucksachen und Schriftliche Kleine Anfragen gegeben hat – ich glaube, es waren über 100.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Herr Senator Stuth, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Koeppen zu?

Nein.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Was? Was soll das heißen, lässt keine Fragen zu?)

Es hat Ausschussberichte gegeben und vieles mehr. Die billigen Vorwürfe, die erhoben wurden, finden nach meiner Lektüre im PUA-Bericht auch keine Bestätigung.

(Ingo Egloff SPD: Es wird immer deutlicher, warum Sie kein Senator mehr sein werden! – Arno Münster SPD: Er hätte nie Senator werden dürfen!)

Ich finde in dem PUA-Bericht sehr wohl, dass dort an vielen Stellen sehr sorgfältig unterschieden wird zwischen der Information und dem Handeln der Realisierungsgesellschaft und dem Handeln des Senats. So sagt der Bericht ausdrücklich, dass der Senat in der kritischen Phase im Sommer 2008 richtig reagiert habe.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Er habe die Kontrollqualität und die Kontrolldichte über das Übliche hinaus deutlich erhöht. Ich gewinne von daher den Eindruck, dass Ihre Kritik mehr der Legendenbildung dient, als es der PUA-Bericht tut. Dennoch habe ich die Geschäftsführung der ReGe gebeten, zu den Kritikpunkten, die im Bericht stehen, fachlich Stellung zu nehmen. Natürlich liegt mir selbst auch an der Klärung der Sachverhalte und der Verantwortlichkeiten.

(Michael Neumann SPD: Warum hat Herr von Beust Sie entlassen? Ich finde das un- glaublich, was Sie hier machen! Als Zeuge haben Sie nichts gesagt, aber hier reden Sie! Eine Frechheit ist das! Dreist ist so was!)

Herr Neumann, entspannen Sie sich. Sie haben einen sehr verbissenen Gesichtsausdruck, bleiben Sie entspannt.

Hier wird immer wieder von den Mehrkosten geredet. Die SPD-Fraktion setzt in einer Pressemitteilung Tatarenmeldungen in die Welt von 28 Millio

nen Euro Mehrkosten. Dies ist – ich vermute, bewusst – irreführend. Dieser dort genannte Betrag ist uralt, er ist seit Jahren bekannt und er ist transparent. Sie finden ihn in der Drucksache 18/5526 aus der 18. Wahlperiode vom Dezember 2006 auf Seite 5. Sie finden Wesentliches dazu bereits in der Drucksache 18/2570 aus der 18. Wahlperiode vom 12. Juli 2005. Es konnte jeder schon vor fünfeinhalb Jahren, spätestens aber vor vier Jahren, all das lesen.

(Ingo Egloff SPD: Sie sind einfach nur pein- lich! Es wird Zeit, dass Sie als Senator ver- schwinden!)

Es kann natürlich sein, dass manche diese alten Berichte erst jetzt gelesen haben, aber dann ist dies nur für Sie neu und nicht für die Öffentlichkeit und die Bürgerschaft.

Im Übrigen gibt es natürlich auch bestimmte Dinge, die wir öffentlich nicht darstellen können, weil sie unsere Verhandlungsposition und die Interessen Hamburgs beeinträchtigen würden.

(Thomas Böwer SPD: Welche Positionen haben Sie denn?)

Sie wissen, dass der Staatsrat der Kulturbehörde die Fachsprecher für Haushalt und Kultur deswegen regelmäßig und vertraulich über diese interne Risikoeinschätzung informiert.

(Thomas Böwer SPD: Danach wurden Sie entlassen!)