Protocol of the Session on October 27, 2010

(Beifall bei der LINKEN und bei Wilfried Buss SPD)

Wir sind ebenfalls erstaunt darüber, dass der Senat eine Einsparung von 3,445 Millionen Euro realisieren will. Wir haben da häufig nachgefragt, uns ist das jedoch nicht richtig erklärt worden. Wir wissen unter anderem, dass die fest angestellten Museumsbeschäftigten irgendwo weiterhin einen Arbeitsplatz haben müssen; sie können nicht entlassen werden. Wo sind die dann?

(Michael Neumann SPD: Die machen Öf- fentlichkeitsarbeit für die Senatskanzlei und für Ahlhaus!)

Wo sind die Kosten dafür? Werden sie irgendwo in der Stadt eingesetzt, während sie doch im Zusammenhang mit dieser Sammlung dringend benötigt würden, weil die Sammlung nur durch sie eigentlich vital ist? Sie werden einfach aussortiert – ich kenne das eigentlich nur von schlechten betriebswirtschaftlichen Stilllegungsplänen im Zusammenhang mit privaten Unternehmen –, anders sind die 3,445 Millionen Euro nicht zu erklären.

Es wird so getan, als wenn man sofort einen Nachmieter hätte oder einen Investor, der dort einsteigt; auch sonst wären die 3,445 Millionen Euro nicht zu erklären. Es wäre ein Skandal sondergleichen, wenn Sie eine solche Diskussion schon geführt hätten, irgendjemanden zum 1. Januar dort als neuen Investor oder Nachmieter hätten und uns das gegenwärtig nicht erzählen würden. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist Ihre Rechnung mit 3,445 Millionen Euro einfach nicht seriös und nicht glaubhaft.

Mein letzter Punkt bezieht sich auf die Frage der Sammlung. Herr Kerstan hat in der letzten Bürgerschaftssitzung gesagt, wir sollten uns nicht so aufregen, der Standort werde vielleicht zugemacht, aber die Sammlung bleibe doch erhalten. Herr Kerstan, es geht um 640 000 Objekte und dazu noch 1,4 Millionen Bildkarten. In der Evaluation, die vorhin schon angesprochen worden ist, ist deutlich gesagt worden, dass wir bei der Stiftung Historische Museen, wie auch bei allen anderen Museen, gegenwärtig in dieser Stadt zu wenig Depotflächen haben. Und wir haben zu wenig Menschen, die

sich um diese Sammlungen kümmern. Das heißt, die Sammlung wird sterben, wenn sich die Beschäftigten als diejenigen, die eine solche Sammlung praktisch aufrechterhalten müssen, nicht weiter daran arbeiten können. Und Sie tun so, als ob irgendwelche Teile des Altonaer Museums erhalten blieben, aber letztendlich wird die Sammlung mit sterben, wenn das Museum zum 1. Januar geschlossen werden sollte. Da streuen Sie uns nur Sand in die Augen, das ist nicht seriös.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Zusammengefasst bedeutet das doch zweierlei: Dieser Senat hat sich nicht nur von einer kulturfeindlichen Seite gezeigt, um es vorsichtig auszudrücken, sondern er hat das Ganze auch noch dilettantisch und unseriös gemacht. Wie kann man sich sonst erklären, dass die Schließung zum 1. Januar durchgeführt werden soll? Deswegen ist der Antrag, den wir stellen, ganz einfach. Wir verlangen von diesem Senat, der Bürgerschaft und den Bürgern dieser Stadt, uns Ihre Gedanken, Ihr Konzept und Ihre Vorstellung dazu, was dort zum 1. Januar geschehen soll, vorzulegen und dann daraus die Schlussfolgerungen zu ziehen, was man machen kann. Aber das ohne Konzept, ohne Vorstellung zu beschließen, ist unvorstellbar. Es ist kein Wunder, dass das riesige Wogen in dieser Stadt schlägt. Ich weiß auch nicht, womit Sie das begründen wollen.

Schreiben Sie ein Konzept, setzen Sie sich auf Ihren Hosenboden, legen Sie uns und den Bürgern dieser Stadt das vor und dann kann man darüber diskutieren, was wir davon halten. Aber vorher ist eine Diskussion darüber falsch, unseriös und zerstört nur Kultur in dieser Stadt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Diese 3,445 Millionen Euro werden nicht nur das Altonaer Museum beschädigen, sondern nach allen Äußerungen, die wir mitbekommen haben von berufener Seite, von allen Wissenschaftlern in dieser Stadt, die sich damit beschäftigt haben, und den Verantwortlichen bei der Stiftung Historische Museen wird es die Historischen Museen und auch alle anderen in ihrer Substanz treffen. Das ist eine harte Äußerung und alle, die damit befasst waren, haben diese Einschätzung gehabt, keiner hat etwas anderes gesagt. Womit wollen Sie das eigentlich in dieser überhasteten Art und Weise begründen?

Jetzt liegt uns ein Antrag von der CDU und der GAL vor, der schon für einige Furore gesorgt hat

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

und von dem ich sehr gern wissen würde, was er eigentlich wirklich zu bedeuten hat. Als Erstes teilen Sie uns dort mit, dass im Zusammenhang mit der Evaluation praktisch schon ein Konzept vorge

legt worden sei. Ich habe schon vorhin gesagt, dass die Evaluation und die Darstellung der verantwortlichen Wissenschaftler von vier Standorten der Stiftung Historische Museen ausgegangen sind; davon sind dementsprechend alle Beispiele, alle Beratungen und alle Vorschläge ausgegangen. Zu sagen, wir schließen einen davon und es ist immer noch das Konzept, ist unseriös; das kann man dieser Bürgerschaft nicht vorlegen.

(Jens Kerstan GAL: Das steht da auch nicht!)

Dementsprechend stimmt diese Formulierung nicht. Zweitens interessiert mich, was Sie mit diesen Sätzen, die Sie uns dort vorlegen, eigentlich meinen; das müssen Sie uns noch einmal erklären. Dort steht:

"Der Senat wird ersucht, kurzfristig ein Konzept für den Standort des Altonaer Museums und seine Außenstellen Jenisch Haus und Rieck Haus als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes für die Weiterentwicklung der Stiftung Historische Museen vorzulegen."

(Jens Kerstan GAL: Das ist doch eigentlich genau das, was du vorhin gefragt hast! – Unruhe bei der CDU)

Bedeutet das, dass das Altonaer Museum zum 1. Januar nicht geschlossen wird? Sie sagen in diesem Antrag zur geplanten Schließung am 1. Januar gar nichts. Sie sagen auch nichts zur Einsparung von 3,445 Millionen Euro bei der Stiftung Historische Museen. Unterstützen Sie das? Sind Sie dagegen? Finden Sie das richtig? Nichts wird dazu gesagt.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Stattdessen wird allgemein formuliert "ein Konzept für den Standort des Altonaer Museums". Bedeutet das, dass das Altonaer Museum an diesem Ort erhalten bleibt? Heute Morgen hatten schon einige diese Hoffnung. Ich möchte, dass Sie uns hier bestätigen, dass das Altonaer Museum nach dem 1. Januar weiterhin existiert und an diesem Ort erhalten bleibt. So kann man diese Formulierung jedenfalls lesen. Sie müssen uns aber erklären, ob das auch wirklich so ist, denn das versteht kein Mensch. Das ist eine erstaunliche Logik in der Sprache von CDU und GAL, die sie uns normalen Menschen noch einmal erklären müssten und darauf freue ich mich. Ich hoffe, dass es wirklich so ist, wie ich es gelesen habe, dass also das Altoner Museum nach dem 1. Januar 2011 weiterhin erhalten bleibt. Wenn Sie das wirklich so ausdrücken wollten, dann haben Sie eine sehr verschwurbelte Art, uns das zu sagen. Ich hoffe aber, dass es Ihre Meinung ist. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Martens.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was auch immer "verschwurbelt" heißen mag, will ich versuchen, das zu klären. Herr Hackbusch, nach Ihrer Weltuntergangsdarstellung möchte ich die Hamburger Kultur wieder ins rechte Licht rücken. Wegen allgemeiner Sparzwänge bundesweit gibt es auch bundesweit eine Mobilisierung in der Szene. Das ist aber insgesamt nicht unbedingt eine sachliche, sondern eine von Angst geschürte Diskussion, die nämlich nach dem Motto verläuft, wir sind die nächsten, die es treffen könnte. Diese Unsicherheiten sind durch die Weltwirtschaftskrise, die wir alle erlebt haben, entstanden und hier in Hamburg kein Novum. Es sind alle Häuser bundesweit betroffen. Dort geht die Angst um – wie es immer in den Briefen heißt, die ich bekomme –, dass, wenn Hamburg als Kulturstadt spart, dann auch in ihren Häusern eingespart wird. Das ist eine bundesweite Diskussion, da ist Hamburg keine Ausnahme.

Ich möchte noch einmal ganz deutlich klarstellen, dass kein Mensch in Hamburg die Kulturvielfalt kaputtspart. Es sind 2,4 Prozent, es sind 6,8 Millionen und wir sparen nicht an der Stadtteilkultur, wir sparen nicht an der Filmförderung, wir sparen nicht im Musikbereich, wir sparen nicht an der OFF-Scene und so weiter.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir haben bei den Sparmaßnahmen bewusst nicht das Rasenmäherprinzip angewendet, wir konnten die Kultur aber insgesamt auch nicht vom Sparen ausnehmen. Trotzdem nehme ich diese öffentliche Einschätzung sehr, sehr ernst; das gilt auch für meine Fraktion. Das mag für Sie alles so ein allgemeiner Zauber sein, aber unsere Kultur ist ein schützenswertes Gut in unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke und Antje Möller, beide GAL)

Ich habe sehr dafür gekämpft, dass wir die Kultur herausnehmen, denn ich möchte mich an dieser Stelle den Worten des Hauptpastors, Herrn Röder, anschließen, der gestern in einer Veranstaltung im Museum für Hamburgische Geschichte geäußert hat: Kultur ist ein Mehrwert in dieser Gesellschaft, ein Gut über den Alltag hinaus. Und ich füge hinzu: Ohne diesen Mehrwert, sprich ohne die Kultur, kann eine Gesellschaft überhaupt nicht existieren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Deshalb, Herr Hackbusch, habe ich zu dem Kulturgipfel heute eine andere Meinung als Sie; Sie finden immer an allem ein Haar in der Suppe. Ich setze nämlich große Hoffnung auf diesen Hamburger

Kulturgipfel heute Abend, zu dem der Bürgermeister Kulturschaffende unserer Stadt eingeladen hat. Dieser Gipfel schafft nämlich die Voraussetzung für eine bessere Zusammenarbeit mit den Kulturschaffenden, und zwar nicht nur atmosphärisch, denn bisher wurde, da gebe ich Ihnen recht, zuviel über die Einrichtungen gesprochen, aber nicht genügend mit diesen Einrichtungen.

(Wilfried Buss SPD: Wer hat das gemacht?)

Herr Buss, diese Fehler machen wir häufig in vielen Podiumsdiskussionen, dass wir Künstler nicht mit einladen. Aber wir lernen ja alle und es ist doch besser, dass Herr Ahlhaus zum jetzigen Zeitpunkt erkannt hat, wie wichtig das ist.

Ich gehe davon aus, dass beim Kulturgipfel allgemein über die inhaltlichen Bedarfe in Hamburgs Kultur gesprochen wird, und es werden auch die Sparmaßnahmen zur Sprache gebracht und allgemeine Handlungsoptionen ausgelotet werden; und dazu gehören heute Abend auch die Museen.

Die öffentliche Debatte über das Altoner Museum ist nach meiner Meinung zweigeteilt. Erstens ist das eine rein politische Diskussion, die sehr undifferenziert geführt wird. Zweitens ist es auch eine fachliche Diskussion, die aber leider mittlerweile völlig in den Hintergrund geraten ist. Zur politischen Eskalation trägt es auch bei, wenn man nämlich auf der offiziellen Homepage des Altonaer Museums sieht, wie zur Unterschriftensammlung aufgefordert wird. Das ist so weit vielleicht noch legitim, dort werden aber auch anonyme Unterstützer gesammelt. Das ist doch keine Form von realer Kritik, die hier geäußert wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich möchte an dieser Stelle trotzdem noch einmal versuchen, in die fachliche Diskussion einzusteigen. Herr Hackbusch, Sie sagen, wir befinden uns nicht in einem konzeptionellen Reformprozess der Museen. Das ist aber genau das, was wir in den letzten drei Jahren mit den Museen insgesamt fordern und auch gemeinsam begonnen haben, nämlich diesen Strukturprozess. Die Stiftung Historische Museen soll seit drei Jahren die museale Verwaltung und Präsentation des historischen Erbes dieser Stadt in einem Fusionsprozess optimieren. Noch haben wir aber nur Einzelspieler und, man höre und staune, so war auch der selbstkritische O-Ton gestern Abend von Frau Kosok. Alle sind sich einig, dass hier noch Hausaufgaben gemacht werden müssen. Viele Fachleute haben sich in den letzten Wochen dahingehend geäußert, dass sich in den Hamburger Museen etwas tun muss, und zwar insbesondere im Altonaer Museum. Die Museen sind schlichtweg zu langweilig. Deshalb muss an dieser Stelle auch einmal die Frage gestattet sein, wo denn die 50 000 Unterstützer des Altona

er Museums vor der Schließungsankündigung waren.

(Zurufe von der CDU: Wären sie doch hinge- gangen!)

Und es darf auch einmal die Frage gestellt werden, wie man die Einnahmeseite der Museen verbessern kann. Selbst die Initiative Altonaer Museum sagt, ein schlechtes Museum kann man verbessern, ein geschlossenes allerdings nicht. Da gebe ich ihnen recht, aber es bleibt auch bei der Kritik. Wenn die Leute vorher ins Museum gekommen wären, hätten wir diese Diskussion nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Sie fördern die Museen in Wirk- lichkeit!)

Ich meine aber trotzdem, dass wir der Stiftung Historische Museen die Chance geben sollten, gegebenenfalls in einem moderierten Prozess eine gemeinsame Sammlung mit Synergieeffekten zu entwickeln. Völlig unbestritten zeigt die erfolgreiche Jugendarbeit von Kinderolymp im Altonaer Museum, dass dort nicht alles verstaubt ist; und da prüfen wir, wie wir das weiterführen können.

Ich komme jetzt zum parlamentarischen Verfahren. Wir werden den Antrag der LINKEN ablehnen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist ja er- staunlich!)

Wir werden uns vor dem Kulturgipfel heute in keiner Weise vorher festlegen.

(Thomas Böwer SPD: Sie wissen schon, dass das hier das Parlament ist?)

Die LINKE behauptet wider besseres Wissen, Herr Hackbusch, dass dieses Konzept noch nicht vorgelegt wurde, und fordert, es zu erarbeiten. Das Konzept, das Sie fordern, haben wir Mitte dieses Jahres noch einmal durch den Zwischenbericht der Fachleute hier beschlossen. Es ist also reiner Populismus, zu dem Sie sich hier aufschwingen.

(Glocke)