Protocol of the Session on October 27, 2010

(unterbre- chend) : Frau Ahrons, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Auch wenn es Herr Münster ist, nein.

Es gab doch im Frühjahr 2010 bereits eine Einladung der HPA an Unternehmen und Organisationen, sich am Hafenentwicklungsplan zu beteiligen. Damals fand das offensichtlich nicht Ihr Interesse. Ihre Angst, die Gelegenheit verpasst zu haben, hat Sie jetzt dazu bewogen, das Thema auf der Tagesordnung vorzuziehen. Wenn Sie wirklich konstruktiv für den Hafen mitarbeiten wollen, tun Sie das, wenn uns der Plan vorliegt, in den Gremien und Ausschüssen, wo wir darüber reden und ihn gestalten können. Hierzu sind Sie herzlich eingeladen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Der Abgeordnete Kerstan hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anhand Ihres Antrags und der darauf folgenden Debatte ist doch eines ganz deutlich geworden: Sie haben diesen Antrag gestellt als Platzhalter, um über ein anderes Thema

(Ingo Egloff)

reden zu wollen, nämlich die Finanzierung des Hafens.

(Ingo Egloff SPD: Aber das gehört doch zur Hafenentwicklung dazu, Herr Kerstan! Ohne Geld geht nichts!)

Aber Sie wissen auch selber, wie die Hafenentwicklungspläne der letzten Jahre ausgesehen haben. Da stand niemals etwas zur Finanzierung drin, sondern da geht es genau so, wie Sie es in Ihrem Antrag richtig beschreiben, um eine Ist-Analyse, um eine Abschätzung der Tendenzen und der Trends und dann um eine Kursbestimmung des handelnden Senats, wohin die Reise denn gehen solle. Sie haben jetzt lang und breit über das Konzept "Hafen finanziert Hafen" geredet, was mit Ihrem Antrag überhaupt nichts zu tun hat, sondern zeigt, dass Sie immer nur ein Thema haben; darüber haben wir auch schon in der letzten Bürgerschaftsdebatte geredet. Aber sei's drum, die SPD hat fokussiert eben dieses eine Thema und dazu will ich nur ein, zwei Sachen sagen, um dann vielleicht auf ein paar Dinge zu dem eigentlichen Antrag, den Sie gestellt haben, zu sprechen zu kommen.

Es ist richtig, dass es das Prinzip "Hafen finanziert Hafen" gab, übrigens ein Konzept, das Herr Uldall anlässlich des Verkaufs von Anteilen der HHLA in der letzten Legislaturperiode entwickelt hatte. Das hat dieser Senat also geerbt, um es ganz deutlich zu sagen. Und es hatte ein sehr ehrgeiziges Ziel, nämlich angesichts eines explosionsartigen boomenden Hafens die Hafenfinanzierung umzustellen. Mitten in der seit Jahrzehnten größten Hafen-, aber auch Wirtschaftskrise musste dieser Senat feststellen, dass dieses Ziel zu ehrgeizig war, dass man dieses Ziel zu schnell erreichen wollte. Und im Gegensatz zu dem, was Sie hier immer behaupten, hat dieser Senat, auch mit grüner Zustimmung übrigens, entschieden, dem Hafen in Zukunft wieder beträchtliche Mittel im dreistelligen Millionenbereich aus dem Haushalt zur Verfügung zu stellen. Das widerlegt Ihre These, dass dieser Senat am Hafen nicht interessiert sei, und es widerlegt auch Ihre These, dass die Finanzierung des Hafens überhaupt nicht gesichert sei. Das Gegenteil ist getan. Wir haben gerade die notwendigen Beschlüsse getroffen, Herr Egloff, vielleicht nehmen Sie das einfach einmal zur Kenntnis.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Da Sie immer wieder behaupten, dass der Hafen Ihr Kernanliegen sei, müssten Sie eigentlich auch mitbekommen haben, dass die HPA Anfang 2010 die Verbände aufgefordert hatte, in puncto Hafenwirtschaft selber Themen zu benennen, dem Senat Vorschläge zu machen und gemeinsam mit den Verbänden darüber zu diskutieren. Das Erstaunliche ist, dass die Resonanz der Verbände auf dieses Angebot bisher denkbar gering ist. Das macht jetzt nichts; der neue Bürgermeister hat in seiner

Rede angekündigt, dass in diesem Jahr ein Hafenentwicklungsplan vorgelegt werden wird. Die Verbände werden dann ungefähr acht Wochen Zeit haben, den dann vorliegenden Hafenentwicklungsplan, an dem sie sich leider wenig beteiligt haben, obwohl das Angebot da war, diskutieren zu können. Aber dieser Vorwurf, hier würde eine privatisierte HPA im stillen Kämmerlein die Konzepte am grünen Tisch entwickeln wollen, der ist wirklich infam, Herr Egloff, und Sie selbst wissen, dass das einfach nicht richtig ist. Darum unterlassen Sie doch einfach solche billigen polemischen Angriffe, die mit der Wirklichkeit wirklich gar nichts zu tun haben.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Das stimmt nicht, Herr Kerstan! Sprechen Sie doch mal mit der Hafenwirt- schaft!)

In der Tat wird es darum gehen, in diesem Hafenentwicklungsplan die von Ihnen aufgeführten Fragen zu diskutieren. Das ist übrigens nichts Neues, das hat jeder Hafenentwicklungsplan der letzten Jahre getan, diese Fragen, die Sie dort aufgeworfen haben, zu beantworten. Insofern kann man eines ganz deutlich sagen: Alles, was Sie in diesem Antrag fragen, wird der neue Hafenentwicklungsplan beantworten. Da es bis zum Ende des Jahres nicht so wahnsinnig lange hin ist, können wir uns in diesem Haus eine Debatte zu diesen Fragen schenken. Stattdessen werden wir dann eine fundierte Debatte anlässlich des neuen Hafenentwicklungsplans führen, wenn er denn in diesem Jahr vorgelegt wird. Insofern werden wir den Antrag nicht überweisen und eine Debatte an diesem Punkt erübrigt sich dann auch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, Sie müssen sich natürlich schon damit auseinandersetzen, dass auch Herr Karan gesagt hat, dass das bisherige Konzept "Hafen finanziert Hafen" gescheitert ist. Insofern ist es doch gut, einmal kritisch Bilanz zu ziehen und zu fragen, was die Ausgangsidee war, warum das Konzept gescheitert ist und wie es mit dem Hamburger Hafen weitergeht, was natürlich eine wichtige Frage ist, weil der Hamburger Hafen wirtschaftlich gesehen einer der wichtigsten Plätze dieser Stadt ist, auch wenn er von einigen Unternehmensverbänden gerne überschätzt wird.

Es ist richtig, die Flatterhaftigkeit im Umgang mit dem Hamburger Hafen kritisch zu hinterfragen.

(Jens Kerstan GAL: Aber doch nicht anhand des Hafenentwicklungsplans! Das sind doch (Jens Kerstan)

zwei verschiedene Dinge und das ist der Antrag!)

Gut, das werden wir gleich noch sehen. Warten Sie einen Augenblick ab, dann kommt die entsprechende Begründung.

Ich jedenfalls finde es richtig, darüber zu diskutieren, weil in der gegenwärtigen Situation festzustellen ist, dass der Hafen kritische Zeiten vor sich hat. Mit großem Interesse habe ich die Kritik des Unternehmensverbandes Hafen gelesen, die auch eine erstaunliche Kritik an der Regierung war, eine Kritik, die ich in dieser Form bisher noch nicht erlebt habe. Die Gründe sind mir noch nicht so ganz klar, aber sie werden sich in den Debatten sicherlich noch genauer herauskristallisieren.

Natürlich haben wir allen Grund, wegen des Hamburger Hafens nervös zu sein. Die Krise hat ihn viel stärker getroffen als alle anderen vergleichbaren Häfen und zu deutlichen Umsatzeinbußen geführt. Der von allen, auch von mir, gerne gefeierte Aufschwung ist in Hamburg um einiges schwächer als in vielen anderen Hafenstädten. Deshalb müssen wir uns kritisch mit der Frage nach den Gründen auseinandersetzen und mit der Frage, was das für die Zukunft bedeutet. Der Unternehmensverband Hamburg hat die Umsatzeinbußen unheimlich schnell auf die Hafengebühren und die Lotsen und so weiter zurückgeführt. All das halte ich für Humbug und vorgeschoben. Als Lobbyverein muss man so etwas machen und ich kann mir gut vorstellen, wie die CDU agiert hätte, wenn es zum Beispiel ein rot-rot-grüner Senat gewesen wäre: Sie hätten geschrien wie sonst etwas, keine Frage. Trotzdem möchte ich auch diesbezüglich kritisch nachfragen.

Ein zweiter Grund für die Krise des Hamburger Hafens liegt darin, dass die Abhängigkeit des Hamburger Hafens von China noch einmal um einiges größer geworden ist. Neben der Tatsache, dass China und dessen Wachstum den Hamburger Hafen schwächen, baut China – wie Herr Egloff schon ausführte – starke Hafenkapazitäten teilweise unter eigener Verwaltung aus, vor allem auch in Griechenland, was eine direkte Konkurrenz für den Hamburger Hafen bedeutet. Das heißt, wir müssen uns real mit einer kritischen Situation des Hamburger Hafens auseinandersetzen. Diese normalen realistischen und auch kritischen Worte fehlen mir aber. Anstatt diese kritische Situation zu beleuchten, kommen leider auch vom Hamburger Senat und aus der Wirtschaftsbehörde nur PR-Jubelmeldungen. Wir müssen uns leider mit der schon einmal im "Hamburger Abendblatt" geäußerten These auseinandersetzen, dass Hamburg, unabhängig davon, was wir alle uns in dieser Stadt wünschen, ein Regionalhafen werden kann. Sich damit auseinanderzusetzen, sich auf so etwas vorzubereiten, und zwar nicht nur mit Jubelmeldungen, das verlange ich von einer realistischen Politik.

(Barbara Ahrons CDU: Das passt unheimlich gut in die Landschaft, Herr Hackbusch!)

Ich weiß, solche kritischen Fragen sollte man besser nicht stellen, man fühlt sich hinterher schlecht, denn man ist nur dann gut für ein Unternehmen, wenn man jubelt: Wir haben 10 Prozent erreicht, auch wenn wir 10 Prozent zuvor verloren haben, das ist zwar nicht das Gleiche, aber wir sind ganz toll drauf. Das halte ich für falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin der Meinung, dass Politik in der Lage sein muss, kritische Fragen realistisch und einfach zu diskutieren. Das würde auch die Stärke dieser Stadt und ihrer Politik ausmachen und ich möchte dringend dafür werben, das zu machen.

Ich möchte – und das unterscheidet uns, Frau Ahrons – als Politiker nicht auch noch das machen, was ich in meinem Unternehmen mache. Mir reicht es, in meinem Unternehmen ganz normal meine Arbeit zu machen, indem ich ständig lobpreise, PR-Erklärungen nach außen gebe und so weiter. Ich halte es für wichtig, dass sich die Politik davon unterscheidet und statt PR-Erklärungen abzugeben Situationen kritisch hinterfragt. Das macht Politik solider und vertrauenswürdiger und das wäre auch wichtig im Zusammenhang mit dem Hamburger Hafen.

Eine weitere Sache möchte ich im Zusammenhang mit dem Hafen noch ansprechen, denn letztendlich ist der Hamburger Hafen insgesamt als Thema aufgerufen worden, auch wenn das Herrn Kerstan nicht so richtig gefällt.

(Barbara Ahrons CDU: Wir sprechen nur über den Antrag!)

Ich spreche über den Hamburger Hafen und über den Antrag.

(Barbara Ahrons CDU: Nein, Herr Hack- busch, wir sprechen nur über den Antrag!)

Frau Ahrons passt genau auf. Ich werde unter ihrem kritischen Blick weiterreden, aber ich werde nicht mehr in ihre Richtung schauen, sonst verwirrt sie mich zu sehr; das ist gefährlich.

Die Situation des Hafens ist für unsere Stadt besonders wichtig, weil viele Arbeitsplätze damit verbunden sind. Es ist wichtig zu untersuchen, wie diese Arbeitsplätze beschaffen sind. Wir machen diese ganzen wirtschaftlichen Aktivitäten schließlich nicht, weil wir vor Freude darüber quietschen würden, dass dort diese ganzen Container zu sehen sind, sondern weil wir wissen, dass das Arbeitsplätze schafft, und das ist für uns das entscheidende Moment. Ich möchte dafür werben, dass dieser Senat sich auch damit auseinandersetzt, was für Arbeitsbedingungen dort eigentlich sind. Ich habe bei den Sozialdemokraten im Zusammenhang mit diesem Thema schon in den let

zen Monaten etwas vermisst. Wir haben im Hafen, zumindest bei der HHLA, kräftige Auseinandersetzungen über die Arbeitsbedingungen, über Wochenendarbeit und darüber, wie diese zu strukturieren ist. Das ist ein öffentliches Unternehmen und es geht um Hafenarbeitsplätze. Wir sollten die Kollegen in ihrem Streit für bessere Arbeitsbedingungen am Wochenende unterstützen, denn es ist eine wichtige Aufgabe, darauf zu achten, dass es im Hafen gute Arbeitsbedingungen gibt und nicht solche, wie sie sich leider viel zu häufig in dieser Stadt entwickelt haben.

Es gibt einen Stolz, der in Hamburg vor über 100 Jahren während des Hafenarbeiterstreiks entstanden ist und der die Arbeiterklasse in Hamburg in gewisser Weise auch vorangebracht hat, Stolz auf die Arbeit im Hafen und Stolz darauf, kämpfen zu können. Ich möchte die Sozialdemokraten an ihre Wurzeln erinnern und dafür werben, denn das ist eine wichtige Sache im Zusammenhang mit dem Hamburger Hafen, dieses Thema häufig zu besprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Senator Karan hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Senatsmitglieder, liebe Abgeordnete! Auch in Kenntnis der Kritik von Herrn Egloff und insbesondere von Herrn Hackbusch möchte ich meine Rede mit einem kleinen Jubelschrei anfangen, denn ohne Optimismus geht es auch im Geschäftsleben nicht.

(Beifall bei der CDU – Karl-Heinz Warnholz CDU: Sehr gut!)

Unser Hafen wächst wieder. Nach einem schwierigen Jahr 2009 wächst der Hafen im Containerumschlag dieses Jahr aller Voraussicht nach zweistellig. Linien- und Feederdienste kommen in den Hafen zurück und auch die mittelfristigen Prognosen sagen ein weiteres Wachstum voraus.

Ich sage nicht ohne Stolz: Wir haben die Krise ohne nennenswerte Einbußen bei der Beschäftigung gemeistert.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Wir alle – die Hafenwirtschaft, die HPA, der Senat, die Politik – müssen nun alles dafür tun, damit dieser Wachstumskurs auch langfristig gehalten werden kann. Der Hafen ist Garant für Wertschöpfung und Beschäftigung in Hamburg und eine der tragenden Säulen der Wirtschaft in dieser Stadt und ihrer Metropolregion.

Der Senat ist sich seiner großen Verantwortung in dieser Frage voll bewusst. Er wird alles dafür tun, um den Hafen weiterzuentwickeln. Dabei ist der

Hafenentwicklungsplan ein wichtiges Steuerungsinstrument, um die strategischen Planungen und Weichenstellungen für den Hafen mittelfristig zu fixieren. Zurzeit wird die Fortschreibung des Hafenentwicklungsplans erarbeitet, Herr Egloff.

(Ingo Egloff SPD: Schön!)

Lassen Sie mich deutlich sagen, dass dabei alle am Hafen Beteiligten in angemessener Weise eingebunden und ihre Erfahrungen in einem konstruktiven Dialog berücksichtigt werden.