Protocol of the Session on September 29, 2010

Programme der Europäischen Union und der Agentur für Arbeit kommen hinzu. Ein großer Teil des Ausgabevolumens entfällt auf Bauleistungen und davon wesentlich auf Ausbaumaßnahmen. Das Hamburger Bauhauptgewerbe verzeichnet im zweiten Halbjahr 2009 im öffentlichen Bau ein Umsatzplus von 29 Prozent, für das erste Halbjahr 2010 ist ein Plus bei den Auftragseingängen von 8,2 Prozent zu melden. Bekanntlich verzögerte sich die Arbeit witterungsbedingt. Das weniger witterungsanfällige Ausbaugewerbe, das vor allem von Sanierungsmaßnahmen profitiert, konnte im ersten Halbjahr 2010 ein Umsatzplus von 15,9 Prozent verzeichnen.

Unbestritten haben öffentliche Investitionsprogramme eine Vorlaufzeit von der Ausschreibung bis zur Vergabe und Realisierung. Aber es war immer unser Anspruch, erst dann mit den Maßnahmen im Markt zu sein, wenn die Aufträge aufgrund der Krise einbrechen; die Mittel sollten zuvor nicht verpuffen. Das haben wir geschafft. Vor dem Hintergrund der in Sicht stehenden Aufträge haben viele Unternehmer vorhandene Aufträge gestreckt und zum

(Dr. Joachim Bischoff)

Glück die Belegschaft gehalten. Ich möchte hier ausdrücklich auch der Arbeiterschaft danken.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich hoffe, das ist in Ihrem Sinne, Herr Neumann.

(Michael Neumann SPD: Ja, immer!)

Danke.

Im Gesamtergebnis sind die Schwerpunkte der Hamburger Konjunkturoffensive richtig gesetzt. Die Maßnahmen kommen zum richtigen Zeitpunkt. Über temporäre Effekte hinaus haben sie dauerhafte und nachhaltige Effekte auf Wachstum und Beschäftigung. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der GAL)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/7233 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf, Drucksache 19/6980, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Elbphilharmonie: Fälliger Sachstandsbericht seit Mai/Juni 2010.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Elbphilharmonie: Fälliger Sachstandsbericht seit Mai/Juni 2010 – Drs 19/6980 –]

Frau Koeppen hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Elbphilharmonie ist ein Fass ohne Boden.

(Vizepräsident Wolfgang Joithe-von Krosigk übernimmt den Vorsitz.)

In der Großen Anfrage zum Sachstand der Elbphilharmonie sind insgesamt 212 Vertragsabschlüsse aufgelistet. Allein 52 dieser Verträge wurden bis heute mit dem Generalplaner Herzog & de Meuron und dem Büro Höhler+Partner abgeschlossen, 52 Verträge, in denen neben dem normalen Honorar auch die Mitarbeiterkosten, Kosten für Büromieten und Reisekosten geregelt wurden. Mit der Drucksache zum Nachtrag vier wurde dem Parlament und der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass sich das Honorar des Generalplaners auf 31,8 Millionen Euro belaufe. Tatsächlich beläuft sich das vereinbarte Gesamthonorar aber auf über 58 Millionen Euro, wovon bereits über 47 Millionen Euro ausgezahlt worden sind;

(Uwe Grund SPD: Das ist unglaublich!)

58 Millionen Euro plus Mitarbeiterkosten plus Reisekosten plus Büromieten für den Generalplaner.

Und in der neuen Drucksache werden vom Generalplaner sogar noch einmal 1,3 Millionen Euro Mehrkosten angemeldet. Insgesamt wird sich das Honorar für den Generalplaner wohl bei den 77 Millionen Euro einpendeln, die ursprünglich für den Bau der gesamten Elbphilharmonie angesetzt waren, denn sein Honorar richtet sich nach der HOAI, also nach den tatsächlich entstandenen Baukosten. Er hat gar kein Interesse daran, die Baukosten gering zu halten, denn je teurer die Elbphilharmonie wird, desto höher steigt auch sein Honorar.

Aber genau dieser Generalplaner hat den Senat mehrfach gewarnt, den Zeitpunkt der Ausschreibung zu verschieben, weil die Planungen noch nicht ausgereift waren. Der Senat hat die Warnung des Generalplaners ignoriert, weil er einen Monat vor der Bürgerschaftswahl 2008 ein feudales Plazafest feiern wollte.

(Jörn Frommann CDU: Ja, ja, ja, Sie wissen doch, dass es anders ist!)

Ein weiteres schönes Beispiel für die Berichterstattung des Senats und seine Unterstützung bei der Aufklärung des Elbphilharmonie-Desasters ist die Aktenvorlage für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Im Mai 2010 hat die Bürgerschaft einstimmig beschlossen, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Elbphilharmonie einzurichten, und jetzt, fast fünf Monate nach diesem Beschluss, liegen dem Ausschuss immer noch nicht alle Akten vor.

(Michael Neumann SPD: Unglaublich!)

Das gilt zum Beispiel für die für Anfang September zugesagten Akten der ReGe. Und wie sieht es mit den Akten aus den anderen Behörden aus? Teilweise können sie nicht freigegeben werden, weil sie zum geschützten internen Bereich des Senats gehören, oder sie enthalten ausschließlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder, noch besser, die Akten sind unter Staatswohlgesichtspunkten nicht vorlagefähig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beim Thema Elbphilharmonie ist nicht das Staatswohl gefährdet, sondern das Senatswohl.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE – Zurufe von der CDU und der SPD – Michael Neumann SPD: Wo gibt's denn so was?)

Der Senat will mit allen Mitteln verhindern, dass die Bürgerinnen und Bürger erfahren, wie teuer dieses Millionengrab wirklich wird.

Die Zahlen aus der Großen Anfrage sind etwas für Feinschmecker. Nach dem Nachtrag vier gab es 166 Projektänderungsmeldungen, aktuell sind wir mit einem Stand vom 31. Juli 2010 bei 371 angelangt. Nicht anders sieht es bei den Bedenkenan

(Senator Ian Karan)

meldungen aus; waren es vor dem Nachtrag vier 72 Anmeldungen, so sind es jetzt schon 213.

Nur noch einmal zur Erinnerung: Der Nachtrag vier mit HOCHTIEF hat die Hamburger Bürgerinnen und Bürger 137 Millionen Euro gekostet. Und obwohl der Senat damals behauptete, mit dem Nachtrag vier seien insgesamt 95 Prozent des Bausolls definiert und es hätte eine Generalbereinigung des Projektes für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft gegeben, zeichnet sich die gleiche Entwicklung wie vor der teuren Einigung mit HOCHTIEF ab. Stattdessen wird vonseiten der CDU verkündet, dass der Parlamentarische Untersuchungsausschuss überflüssig sei und dass mit von Beust, von Welck und Schön die drei Hauptbeteiligten des Elbphilharmonie-Desasters die politische Bühne verlassen hätten.

Genau dieser überflüssige Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat aber nun aufgedeckt, dass ein Schweigegeld an die Baufirma STRABAG gezahlt worden ist, ein Schweigegeld dafür, dass die Firma ihre Vergaberüge zurückgezogen hat. Immer wieder hatten die Abgeordneten beim Senat nachgefragt, warum STRABAG die Rüge zurückgezogen habe, und immer wieder wurden Zahlungen verneint. Tatsache ist aber, dass es diesen Vertrag gibt und in ihm steht, dass die Stadt 3 Millionen Euro zahlt oder in einer nicht genannten Höhe Aufträge an die Firma STRABAG vergibt. Dieser Vertrag ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Uwe Grund SPD: Wir sind belogen und betrogen worden!)

Fast 30 Aufträge hat die Firma STRABAG seit der Vergaberüge von der Stadt erhalten, 30 Aufträge, die noch genau zu überprüfen sind, besonders in welcher Form die Vergabe erfolgte. Und der Bürgermeister hat heute in der Zeitung verkündet, dass Partikularinteressen nicht das Gemeinwohl aushebeln dürften. Dafür macht er dann Reinhard Stuth zum Kultursenator, genau den Mann, der nach noch nicht einmal einem Jahr als Staatsrat in der Kulturbehörde vom ehemaligen Bürgermeister Ole von Beust ohne Angabe von Gründen in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wurde.

(Jörn Frommann CDU: Ihre Gedankenspie- le!)

Das war im März 2009 und nun, keine anderthalb Jahre später, wird er zum Senator befördert. In seinem Verantwortungsbereich liegt nun wieder die Elbphilharmonie. Für dieses Projekt war er bereits verantwortlich, sowohl als Staatsrat als auch als Mitglied des Aufsichtsrats der Bau KG. Weitere Mitglieder des Aufsichtrats waren zu der Zeit neben Senator Stuth unter anderem die jetzige Wissenschaftssenatorin Gundelach, der ehemalige Staatsrat Gottschalk und, nicht zu vergessen, der ehemalige Staatsrat der Senatskanzlei, Schön, als

Vorsitzender, genau der Mann, den die CDU nun als einen der Hauptbeteiligten des Elbphilharmonie-Desasters benennt.

Zum Thema Aufsichtsräte steht im deutschen Corporate Governance Index, der Aufsichtsrat sei so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder

"…über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen."

"Jedes Aufsichtsratsmitglied achtet darauf, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Mandate genügend Zeit zur Verfügung steht".

Und wie sah die Umsetzung des Kodex' im Aufsichtsrat der Elbphilharmonie Bau KG aus? Über die nicht vorhandene fachliche Erfahrung mit Bauvorhaben brauchen wir an dieser Stelle nicht zu sprechen. Spannender wird es da schon bei den Sitzungsterminen. Anfang Februar 2007 wurde die Bau KG gegründet und erst viereinhalb Monate später, Mitte Juni 2007, fand die konstituierende Sitzung des Aufsichtsrates statt. Das gleiche Bild zeigt sich danach. Trotz des Claim-Managements fand die nächste Aufsichtsratssitzung erst im November 2007 statt, genau fünf Monate später. Ferner sagt der Kodex, der Aufsichtsratsvorsitzende solle mit dem Vorstand ein Risikomanagement beraten und gegebenenfalls außerordentliche Aufsichtsratssitzungen einberufen. Trotz der kritischen Lage beim Bau der Elbphilharmonie wurden keine außerordentlichen Sitzungen einberufen und es wurde peinlich darauf geachtet, dass die Sommerferien eingehalten wurden. Die Strategie und das Risikomanagement lassen sich hervorragend an dem bis heute in Auftrag gegebenen Gutachten in Höhe von fast 400 000 Euro und den 212 Vertragsabschlüssen in Zusammenhang mit der Realisierung ablesen. Welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Die drei Hauptbeteiligten sind von der politischen Bühne abgetreten und einer der Beteiligten, der ehemalige Bürgermeister, trinkt lieber zusammen mit der First Lady Champagner auf dem Empfang zu einer Luxusparty, so sieht die Realität aus. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Lafrenz.

Herr Präsident, verehrte Frau Koeppen! Bei Ihrer Jammerorgie könnte man meinen,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ihnen sei gerade die voll gefüllte Geldbörse gestohlen worden.

(Martina Koeppen)

(Michael Neumann SPD: Das ist sie auch!)

Kein anderes Projekt wird so intensiv und umfassend parlamentarisch begleitet wie die Elbphilharmonie. In der Tat ist die Elbphilharmonie von herausragender Bedeutung für Hamburg, mehr als andere Projekte spricht sie die Gefühle an. So provoziert sie Aufmerksamkeit, erst recht, wenn bei Kosten und Terminen nicht alles abläuft wie geplant.