Protocol of the Session on September 15, 2010

Damit haben wir in der Stadt eine große Aufgabe, der wir uns stellen müssen, ehe wir uns neuen Ufern zuwenden können. Die ständigen Gesundbetereien des Herrn Bösenberg helfen dabei wahrlich wenig.

Die Frage der Software mit diesem irren Risiko, dem man sich aussetzen wollte, hat Frau Badde schon angesprochen. Man muss sich einmal vorstellen, dass nur noch eineinhalb Jahre Zeit sind. Und dann hätte man da 10 Millionen Euro hineingepumpt in der Hoffnung, man werde das in diesen eineinhalb Jahren schon hinbekommen. Fragen Sie jeden, der mit IT zu tun hat. Wenn Sie das in dieser Zeit mit dieser Summe durchziehen wollen, dann verzichten Sie auf eines, nämlich auf Qualitätssicherung. Dann hätten wir das bekommen, womit die Mitarbeiter der ARGEn und die Betroffenen auch heute nach wie vor zu kämpfen haben: ein Arbeitslosengeld II mit neuem Namen, aber denselben Problemen und ein fehlerhaftes System, bei dem man friggeln muss und trotzdem eigentlich nichts richtig hinbekommt.

Meine Damen und Herren! Wir haben keine Zeit zu verlieren, das ist richtig. Wir müssen umgehend die Zustände in der ARGE SGB II Hamburg verbessern, und zwar zum Wohle der Betroffenen und der Mitarbeiter. Dazu braucht es keine Optionskommune, sondern es braucht den politischen Willen und eine gewisse Kompetenz.

Das Beispiel mit dem Fisch habe ich schon angesprochen. Im Übrigen sind wir der Meinung, dass Hartz IV Armut per Gesetz ist und abgeschafft werden muss. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Möller, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie noch einmal die Argumente geradegerückt haben, warum dieser Antrag zurückgezogen wird, und wir nicht das Märchen von Frau Ahrons glauben müssen, dass wieder nur die SPD schuld ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben es schlicht und ergreifend nicht hinbekommen, das zu organisieren, und wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht. Wir haben auch außerhalb der Anhörung im Ausschuss mit allen an diesem Prozess Beteiligten gesprochen und keine überzeugenden Argumente gefunden.

Wenn heute mit Krokodilstränen gesagt wird, dass wir in der Lage wären, eine eigenständige Arbeitsmarktpolitik zu machen, die passgenau und regional ist, stelle ich doch die Frage: Was hindert die CDU eigentlich seit 2001 daran, so etwas zu tun? Sie haben abgeschafft, was wir an regionaler und passgenauer Arbeitsmarktpolitik hatten. Das war doch Ihre Politik, meine Damen und Herren, und nun stellen Sie sich nicht hin und tun so, als wenn die SPD daran schuld wäre, dass es dies in der Stadt nicht mehr gibt. Daran sind Sie schuld, Sie haben das zu verantworten.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen hat Herr Steil in der Anhörung im Wirtschaftsausschuss auch sehr deutlich gesagt, dass die Bundesagentur bereit sei, ein regionales Arbeitsmarktprogramm aufzulegen. Dann vereinbaren Sie das und die Stadtteilorientierung mit ihm. Das ist die Aufgabe des neuen Wirtschaftssenators und des Staatsrats der arbeitsmarktpolitischen Abteilung in der Wirtschaftsbehörde. Werden Sie endlich Ihren Aufgaben gerecht. Niemand hindert Sie daran, auch wir nicht. Wir würden es begrüßen, wenn das passiert.

(Beifall bei der SPD)

Was die 10 Millionen Euro EDV-Kosten im Antrag betrifft, hat Herr Joithe recht, wenn er darauf hinweist, dass man für 10 Millionen Euro nichts Anständiges bekommt. In der Anhörung ist von 50 Millionen Euro die Rede gewesen, die man haben muss, um so ein System zu entwickeln. Wir sollten nicht anfangen, Geschichtsklitterung zu betreiben, sondern den Fakten ins Auge blicken. Auf die Frage von Frau Badde und mir an den Senat im Ausschuss, wie denn die regionale Arbeitsmarktpolitik aussehen solle, passierte Folgendes: Der Staatsrat sagte, er sei erst sechs Wochen im Amt, er wisse es nicht, sein Amtsleiter solle das beantworten. Der Amtsleiter sagte, dazu könne er im Moment gar nichts sagen, er sage nichts ohne seinen Senator und der war weg. Also waren wir in der Anhörung genauso schlau wie vorher. Machen Sie Ihre Hausaufgaben und kommen damit wieder.

(Wolfgang Joithe-von Krosigk)

Dann können wir über so etwas auch anständig diskutieren, aber nicht so.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir können über einen zurückgezogenen Antrag diskutieren, aber wir können darüber nicht abstimmen.

Wir kommen deshalb zu den Punkten 24 und 25 der heutigen Tagesordnung, Berichte des Schulausschusses, Drucksache 19/6525: Sonderpädagogische Förderung in Schule und Berufsbildung - Gestaltung mit dem Ziel der Inklusion in Hamburg und Drucksache 19/6658: Konsequenz der UN-Behindertenrechtskonvention für Hamburger Schulen, inklusive Bildung.

[Bericht des Schulausschusses über die Drucksache 19/4650: Sonderpädagogische Förderung in Schule und Berufsbildung – Gestaltung mit dem Ziel der Inklusion in Hamburg (Große Anfrage der SPD- Fraktion) – Drs 19/6525 –]

[Bericht des Schulausschusses über die Drucksache 19/2910: Konsequenz der UN-Behindertenrechtskonvention für Hamburger Schulen: Inklusive Bildung (Antrag der Fraktion der SPD) – Drs 19/6658 –]

Wird das Wort gewünscht? – Herr Rabe, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Windschatten der großen Debatte über die Schulreform droht ein wichtiges Thema in Vergessenheit zu geraten: Wie geht es weiter mit den Schülerinnen und Schülern, die mehr Aufmerksamkeit und Förderung brauchen als andere, wie geht es weiter mit den Sonder- und Förderschulen?

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Entschuldigung, Herr Rabe, ich würde gerne für mehr Ruhe im Haus sorgen, dann können Sie sich auch besser durchsetzen.

– Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Durch die Unterzeichnung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen hat Deutschland sich verpflichtet, jedem behinderten Kind den Besuch einer allgemeinbildenden Schule zu ermöglichen. Die Wirklichkeit in Hamburg sah im letzten Schuljahr noch anders aus. Nur 1200 von 8400 Förderschülern besuchten im letzten Schuljahr ei

ne allgemeinbildende Schule. Das ist von sieben Förderschülern gerade einmal einer und das sind deutlich zu wenige.

Das neue Schulgesetz, das wir gemeinsam verabschiedet haben, ermöglicht es jedem Kind mit Förderbedarf, jetzt die erste und fünfte Klasse in einer allgemeinbildenden Schule zu besuchen. Wie richtig diese Entscheidung war, zeigen Zahlen, die der Senat auf eine Kleine Anfrage von mir hin offengelegt hat. Die Anmeldezahlen sind in den Klassen 1 und 5 um über 50 Prozent gestiegen. Es war gut, dass wir mit dem neuen Schulgesetz die jahrelange Blockade auf diesem Gebiet überwunden haben. Wir freuen uns darüber, dass Hamburg auf diesem Weg endlich die Integration mit Riesenschritten ausbaut.

Dieses Vertrauen darf die Politik allerdings nicht enttäuschen. Jetzt müssen auch entsprechende Taten folgen. Die Anhörung im Schulausschuss hat gezeigt, dass es noch größerer Schritte bedarf, denn bisher sind die Planungen auch in der Behörde eher mager. Anstatt ein tragfähiges Konzept vorzulegen, hat die Behörde zunächst einmal eine Reihe von Arbeitskreisen gegründet, die dieses Konzept entwickeln sollen. Die Defizite der jetzigen Übergangslösung wurden von den Experten im Schulausschuss sehr klar benannt.

Erstens: Es gibt zu wenig Förderstunden für die Förderschülerinnen und -schüler, die jetzt neu an die Schulen gekommen sind.

Zweitens: Diese Schüler werden von Lehrern unterrichtet, die von der Sonderschule leihweise an die Schulen geschickt werden. Das ist aus unserer Sicht auch für eine Behelfslösung eine unglückliche Konstruktion. Integration soll kein Fremdkörper, sondern muss ein Prinzip der Schule sein, das von der Schulleitung, vom Kollegium und von der Elternschaft gemeinsam getragen wird. Deswegen gehören die Sonderpädagogen an die jeweiligen allgemeinbildenden Schulen, und zwar nicht als Gast, sondern als ganz normaler Bestandteil.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Schluss. Drei Wege zur Integration haben sich die letzten Regierungen bereits ausgedacht: Die Integrationsklassen, die integrativen Regelklassen und die Zusammenarbeit mit Förderzentren. Diese vorliegenden Wege, insbesondere die Integrationsklassen, kann man doch erst einmal beschreiten, wenn sie funktionieren und sie funktionieren gut. Wir haben gefordert, diese Wege zu gehen. Die Regierung hat sich anders entschieden und gesagt, dass sie einen neuen, vierten Weg erfinden wolle und weil wir diesen noch nicht fertig haben, gehen wir einen fünften Notweg, den ich eben geschildert habe.

Das ist ein Fehler und deswegen lehnen wir auch den Bericht des Schulausschusses ab. Es gibt funktionierende Wege, die man wenigstens als

(Ingo Egloff)

Übergangslösung gehen kann. Dies wäre hilfreicher als das, was wir zurzeit haben. Legen Sie Konzepte für eine echte Integration und eine neue Förderkultur an den Schulen vor. Den Bericht des Schulausschusses und die damit verbundenen Entscheidungen halten wir nicht für zielführend. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr von Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rabe, zumindest dem ersten Teil Ihrer Ausführungen kann ich durchaus zustimmen und mich anschließen. Insofern freue ich mich über den grundsätzlichen Konsens, den wir haben. Den zweiten, den kritischen Teil, bewerte ich etwas anders. Das Schuljahr ist erst ein paar Wochen alt und wir sollten vielleicht doch erst einmal abwarten, wie es anläuft, und keine verfrühten Urteile bilden.

Die Projektgruppe, die das Ganze begleitet, arbeitet intensiv an der Umsetzung und mir erscheint der Start insgesamt gelungen. Deshalb kann ich die Kritik, die Sie vorgetragen haben, in dem Umfang nicht teilen. Ansonsten haben wir die angesprochenen Problematiken im Auge, die Projektgruppe hat sie im Auge und wir werden dem natürlich Aufmerksamkeit widmen. Sinn und Zweck der ganzen Sache ist auch, schon während des Verfahrens möglicherweise Sachen umzusteuern, wenn man Missstände feststellt. Aber jetzt ist es noch verfrüht, schon alles kritisch zu sehen.

Ansonsten will ich darauf hinweisen, dass Artikel 24 der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen festlegt, dass die Vertragsstaaten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom Grundschulunterricht oder vom Besuch der weiterführenden Schulen ausgeschlossen werden – so diese Konvention. Weiter ist der Zugang zu gewährleisten und innerhalb des Bildungssystems zu unterstützen. Adressat sind in Deutschland die Bundesländer und der schwarz-grüne Senat hat schon Arbeit geleistet. In Paragraf 12 des Hamburger Schulgesetzes ist dieses bereits umgesetzt und seit August wurden 79 neue Integrationsstandorte in Hamburg geschaffen. Das ist ein Erfolg, der sich sehen lassen kann.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir haben jetzt 329 Kinder im Jahrgang 1 und 413 im Jahrgang 5, also insgesamt 742 Kinder; das ist erst einmal ein gelungener Start. Es ist auch sinnvoll, die Jahrgänge 1 und 5 und das dann auf

wachsend zu machen, damit wir uns nicht übernehmen, sondern dass wir das in dem Sinne, wie Herr Rabe es eben gesagt hat, beobachten und schauen, wie es läuft. Insofern ist dieser aufwachsende Gesichtspunkt und die Konstruktion mit der begleitenden Projektgruppe, die nicht nur ein kleiner Kreis, sondern sehr umfangreich ist und das Ganze dementsprechend beobachtet, sehr positiv.

Wichtig ist allerdings nicht nur der Bereich der Umsetzung in der Schule, sondern man sollte auch schon die frühkindliche Förderung im Auge behalten. Bereits die frühe Diagnose vor der Schulzeit ist wichtig. Die Viereinhalbjährigen-Untersuchung, ein Instrument, das wir in Hamburg haben, ist in dem Zusammenhang wichtig und gerade auch für Menschen, die von Behinderung bedroht sind, ist die frühe Aufmerksamkeit von besonderer Bedeutung.

Ansonsten will ich auch nicht verkennen, dass die Umsetzung der UN-Konvention ein weiter Weg ist. Die Ziele sind klar, aber man darf auch nicht verhehlen, dass es sicherlich Schwierigkeiten und auch Enttäuschungen auf dem Weg dahin geben wird. Der Staat kann nicht alles alleine richten, sondern wichtig ist in dem Zusammenhang ein gesellschaftlicher Konsens, das heißt, eine Anstrengung von uns allen. In diesem Sinne möchte ich allen Beteiligten einen guten Start ins neue Schuljahr wünschen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Gwosdz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Inklusion hatten wir im Schulausschuss in mehreren Sitzungen ausführlich beraten. Wir hatten auch schon mehrere Debatten und es wird sicherlich nicht die letzte sein, die wir in dieser Legislaturperiode führen werden und auch nicht die letzte Beratung zu diesem Thema im Schulausschuss. Deswegen werde ich es vergleichsweise kurz machen.

Der Paragraf 12 im Schulgesetz verankert diesen Rechtsanspruch für Kinder nach der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir hatten das Schulgesetz bereits im Oktober 2009 verabschiedet, wenn ich daran erinnern darf, und dieses Schuljahr ist das erste Schuljahr, in dem dieser Rechtsanspruch auch praktisch greift, allerdings erst – der Kollege von Frankenberg hat es gerade ausgeführt – seit einigen Wochen. Es hat dazu geführt, dass sich die Situation tatsächlich verbessert hat, dass der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinbildenden Schulen deutlich gestiegen ist und wir eine ganze Reihe neuer Standorte haben, an denen Integration stattfindet. Es ist erst einmal ein erfreuli