Protocol of the Session on March 31, 2010

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn einige meiner Vorredner es anders dargestellt haben: Die Kindertagesbetreuung in Hamburg war noch nie so gut wie heute und sie wird es auch in Zukunft bleiben.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Und die Uni zieht um!)

Bei der heutigen Diskussion sollten wir uns vor Augen führen, dass Hamburg mit seinem verbindlichen Rechtsanspruch und dem vorbildlichen KitaGutscheinsystem bundesweit eine Vorreiterrolle einnimmt. In Hamburg haben Familien Betreuungsansprüche, die deutlich über die bundesweiten Regelungen hinausgehen.

(Präsident Dr. Lutz Mohaupt übernimmt den Vorsitz.)

Dass Hamburg mit seinem Kita-System sehr erfolgreich auf die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf antwortet, zeigt sich unter anderem in einer mit 63,8 Prozent hohen Beschäftigungsquote von Frauen und, wiederum verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, in einer sehr kleinen Armutsgefährdung bei Alleinerziehenden. In Hamburg sind das rund 32 Prozent, im Bundesdurchschnitt immerhin 40 Prozent.

Die überdurchschnittlich hohen Betreuungsquoten in Hamburg, zum Beispiel bei den unter drei Jahre alten Kindern, sind nur erreicht worden, weil der Hamburger Senat dem Ausbau der Kita-Betreuung und der frühkindlichen Bildung einen sehr hohen Stellenwert beimisst. Dieser hohe Stellenwert lässt sich auch im Haushalt deutlich ablesen. 450 Millionen Euro werden jährlich für die Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt. Das ist ein stolzer Beitrag, mit dem übrigens auch rund 80 Prozent aller Kosten im Bereich der Kindertagesbetreuung abgedeckt werden können. Die übrigen 20 Prozent der Kosten werden unmittelbar über die Eltern finanziert.

Obwohl die Platzkosten mit den Jahren stetig gestiegen sind, konnten die Elternbeiträge seit dem Jahre 2000 grundsätzlich stabil gehalten werden. Seit September vergangenen Jahres müssen Eltern im Jahr vor der regulären Einschulung keine Elternbeiträge mehr für eine halbtägige Betreuung zahlen, aber aufgrund der gravierenden Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es das erklärte Ziel des Senats, zusätzliche Kostenanstiege bei öffentlichen Ausgaben weitgehend zu vermeiden. Dies gilt für alle Bereiche und damit auch für die Kindertagesbetreuung. Die hohen Hamburger Standards bei Rechtsansprüchen und Qualität einerseits sowie der weitere Ausbau des vorhandenen Kita-Angebots andererseits werden bis zum Jahr 2012 zu prognostizierten Mehrausgaben – es ist auch schon gesagt worden – in Höhe von zusätzlich rund 145 Millionen Euro führen. Es steht

die Frage im Raum – und sie ist von der Opposition völlig unbeantwortet –, wie diese Mehrausgaben gedeckt werden können angesichts der Steuereinnahmen. Deswegen hat sich der Senat im Rahmen seiner Klausurtagung im November vergangenen Jahres auf die folgenden Eckpunkte verständigt: keine Kürzung bei den Haushaltsansätzen für die Kindertagesbetreuung, keine Eingriffe in Qualität und Personalschlüssel und damit auch keine Absenkung von Standards. Wir wollen nicht weniger, sondern mehr in die Kindertagesbetreuung investieren und dieses wichtige Ziel lässt sich nicht zum Nulltarif erreichen.

(Thomas Böwer SPD: Aha!)

Deshalb hat der Senat sich im Grundsatz darauf verständigt, die Elternbeiträge und das Essensgeld sozial ausgewogen anzupassen – Herr Müller und Frau Blömeke haben das schon ausführlich erläutert –, die Hortbetreuung auf zwölf Jahre zu begrenzen und die Beitragsbemessung für alle Familien gleich zu gestalten. Die sogenannten Eingliederungshilfen, die bei behinderten Kindern immerhin auch das Gros der Leistungen darstellen, werden – das betone ich ausdrücklich – nicht angetastet.

Meine Damen und Herren! In Zeiten enger finanzieller Spielräume gehört die Gestaltung von Wachstumsprozessen bei Weitem nicht zu den einfachen politischen Aufgaben. Die geplanten und derzeit noch in Abstimmung befindlichen Maßnahmen sind nicht unsozial und sie sind auch nicht gegen die Familien und Kinder in unserer Stadt gerichtet. Aber Veränderungen bringen immer Unsicherheiten mit sich.

(Thomas Böwer SPD: Ach!)

Deshalb werden die Koalitionsfraktionen und der Senat sicherstellen, dass alle Eltern, die ihre Kinder in der städtischen Kinderbetreuung haben, frühzeitig über die geplanten Änderungen informiert und dabei auch auf die Möglichkeit der Ermäßigung hingewiesen werden, sofern natürlich bei den Eltern auch die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Damit wollen wir erreichen, dass niemand aus Unkenntnis mehr bezahlt, als die neuen Regelungen von ihm einfordern.

Ich bin überzeugt, dass die nun gefundenen Regelungen uns trotz knapper Kassen die Möglichkeit bieten, den Ausbau der Kindertagesbetreuung in Hamburg voranzutreiben und damit die Rahmenbedingungen für Eltern und Kinder weiter zu verbessern. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Herr Böwer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Senatorin, die 500 Millionen Euro in die Elbe kippt, um die Universität zu verlagern, im Augenblick 70 000 Eltern erklärt, sie sollten einmal ganz tapfer sein. Das passt irgendwie nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich hoffe, dass der Erste Bürgermeister vorhin Peter Ulrich Meyer auch erklärt hat, warum er mit dieser Senatsdrucksache einen historischen Kompromiss, der vor wenigen Jahren in diesem Hause beschlossen worden ist, aufgekündigt hat, nämlich den Kita-Kompromiss. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren und auch liebe Christa Goetsch, ist mit der SPD und der übrigen Fraktion, aber auch mit den Eltern in dieser Stadt nicht zu machen und das werdet ihr bitter spüren.

(Beifall bei der SPD)

Irgendwann hat der Spaß auch ein Ende. Eigentlich war das Kita-Thema gar kein Thema mehr. Aber aus einer Klausurtagung heraus ist ein Automatismus entstanden, den der Fraktionsvorsitzende Schira dann irgendwann als unsensibel dargestellt hat, und genau diese Situation haben wir erreicht. 70 000 Eltern werden in den nächsten Tagen ein Schreiben erhalten, wo ihnen der Senat in die Tasche greift. Gleichzeitig steht im Kleingedruckten – die Kollegin Veit hat es angesprochen, aber ich will es noch einmal wiederholen –: Glaubt nicht, was die Politik euch in den letzten Jahren zur Bedeutung von Bildung, Erziehung und Weiterbildung oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf versprochen hat, wir brechen dieses Versprechen. Und das an dieser Stelle vor einem Volksentscheid zu machen – so viele Flyer braucht Scheuerl gar nicht mehr zu verteilen –, ist unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nehmen wir uns einzelne Bereiche vor: 1800 Eltern von behinderten Kindern wird mitgeteilt, sie sollten sich darauf einstellen, dass sie ab 1. August nicht mehr pauschal 31 Euro zahlen, sondern bis zu 484 Euro. Frau Veit hat es richtigerweise angesprochen, dass ein Nettoeinkommen von 3300 Euro immer unter dem Aspekt zu betrachten ist, in welcher familiären Situation dieses Geld zur Verfügung steht.

Herr von Beust, da das Parlament bisher mit diesen Elternbeiträgen nicht befasst ist, haben Sie noch die Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob Sie diese Senatsdrucksache wirklich zur Abstimmung bringen wollen. Wenn Sie nämlich diese Erhöhung und die Belastung von 33 Millionen Euro für die Eltern vertreten lassen durch eine Senatorin, die sagt, auf dem Kleinen Grasbrook müssten als Minimum 500 Millionen Euro investiert werden, damit man überhaupt anfangen könne zu bauen,

dann werden die Eltern dafür kein Verständnis haben und das auch zu Recht.

Der Punkt, dass Sie ausbauen wollen, der stimmt nicht. Seite 8 spricht da eine klare Sprache und es waren Sie, Herr Bürgermeister, der beim Jahresempfang der Landespressekonferenz den Journalisten Beispiele dafür an die Hand gegeben hat, was Politiker meinen, wenn sie etwas sagen. Auf Seite 8 Ihrer eigenen Senatsdrucksache ist davon die Rede, dass Sie von der Krippe auf Tagespflege umsteuern wollen. Das heißt, in Wahrheit planen Sie, in den nächsten zwei Jahren 800 Krippenplätze abzubauen.

(Jens Kerstan GAL: Das steht nicht drin!)

Seite 8, Jens Kerstan, lies es dir durch.

Sie wollen Standards absenken, Sie wollen Eltern weiter zur Kasse bitten, Sie kündigen einen historischen Kompromiss auf in einer Situation, wo die Tinte unter dem neuen Kompromiss, den wir hier geschlossen haben, noch nicht trocken ist. Das ist fatal für diese Stadt. Sie nehmen die Eltern in Geiselhaft und das ist falsch. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Dr. Föcking.

Lieber Herr Böwer! Ich höre Ihnen eigentlich gerne zu, weil Sie rhetorisch gut sind, aber auch rhetorisch gut verpackte Panikmache, wie Sie sie an dieser Stelle wieder einmal betrieben haben, wird auf die Dauer einfach langweilig.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es werden keine Krippenplätze abgebaut, sondern die Tagespflege wird ausgebaut. Das sind immer noch zweierlei Schuhe.

Entschuldigung, ich habe die Anrede vergessen. Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt fange ich noch einmal richtig an.

(Ingo Egloff SPD: Da hat Herr Böwer Sie ganz schön verwirrt!)

Wenn ich ehrlich bin, es gibt Netteres, als sich hier hinzustellen und eine geplante Erhöhung von Kita-Gebühren zu verteidigen. Es gibt auch manches, das einfacher ist. Einfach ist es zu unterstellen, der Senat mache bei den Eltern Kasse, um die Elbphilharmonie zu finanzieren. Einfach ist es auch, in einer sehr ernsten Haushaltssituation immer ganz allgemein eine Konsolidierung zu fordern und wenn es dann konkret wird, diese abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

So einfach machen Sie sich das und deshalb sind Sie auch in der Opposition und nicht an der Regierung.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir werden von den Bürgerinnen und Bürgern nicht gewählt, um uns die Dinge möglichst einfach zu machen, sondern um auch in schwieriger Lage vernünftige Lösungen für Probleme zu finden. Schwierig ist die Lage zum einen, weil Hamburg wegen der weltweiten Wirtschaftskrise und ihrer Folgen bis 2013 6 Milliarden Euro weniger Steuern einnehmen wird. Schwierig ist die Lage speziell im Kita-Bereich aber noch aus einem anderen Grund, der eigentlich erfreulich ist.

(Zuruf von Thomas Böwer SPD – Gegenruf von der CDU: Hör doch einmal zu!)

Herr Böwer, ich höre Ihnen zu, hören Sie mir auch zu, Sie können noch etwas lernen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Immer mehr Hamburger Kinder besuchen eine Kita oder eine Krippe und sie bleiben auch immer länger. Dafür wird die Stadt bis 2012 etwa 145 Millionen Euro zusätzlich benötigen. Sollen wir das alles aus Krediten finanzieren, aus Schulden, die dann eines Tages die Kita-Kinder von heute bezahlen müssen?

(Michael Neumann SPD: Wer zahlt denn die Schulden für die Elbphilharmonie?)

Wir wollen versuchen, wenigstens einen Teil dieser zusätzlichen Kosten aufzufangen, indem wir die Gebühren an einigen Stellen erhöhen. Es geht also nicht darum, an den Kitas zu sparen, sondern es geht darum, Mehrausgaben zu verhindern. So einfach ist das.

Gar nicht einfach ist allerdings die Frage, wie die Gebühren im Einzelnen ausgestaltet werden. Dafür hat die Sozialbehörde jetzt Planungen vorgelegt, die aber noch gar nicht abgeschlossen sind, und deshalb reden wir auch von manchem ungelegten Ei. Unser Ziel ist es dabei immer, so wenig wie irgend möglich zu erhöhen und die Familien mit geringem Einkommen weitgehend zu schonen. Künftig zahlen die Eltern für das Mittagessen in der Kita statt 60 Cent am Tag rund 1 Euro, im Hort 2 Euro, Eltern mit geringerem Einkommen jeweils weniger. Hartz-IV-Empfänger sollen künftig 17 Euro im Monat Essensbeitrag zahlen. Dafür kann man kaum zu Hause kochen. Diese Erhöhung betrifft alle Eltern, so schmerzlich das ist.

Die geplante Erhöhung der Kindergartenbeiträge wird die meisten Eltern voraussichtlich nicht betreffen – Christiane Blömeke hat das schon gesagt –, sondern nur die sogenannten Höchstzahler. Das ist nächstes Jahr ungefähr ein gutes Viertel aller Eltern.

(Zuruf von Thomas Böwer SPD)

Für sie würden wahrscheinlich die Beiträge im Durchschnitt um 36 Euro pro Monat steigen. Das ist nicht angenehm, aber ich denke, den Eltern ist