Schule ist nur dann erfolgreich, wenn es gelingt, Akzeptanz zu schaffen. Wie schafft man Akzeptanz? Ich war bisher noch nicht in der Bürgerschaft, deswegen musste ich mich auf Anweisung meiner parlamentarischen Geschäftsführerin durch 300 Seiten Protokolle quälen. Das war dann doch interessant, dabei kommt zum Beispiel Folgendes heraus.
Im Dezember letzten Jahres wurde über die Berichte der Enquete-Kommission diskutiert und Herr Heinemann hat etwas gesagt, was sehr richtig ist.
Er sagte: Ich bin zusammen mit der Enquete-Kommission der Meinung, dass wir den Hamburgern auf die Frage nach der Schulstruktur eine langfristige Antwort geben müssen. Niemand kann Schülern, Eltern und Lehrern zumuten, sich alle vier Jahre, je nachdem, wie die Mehrheiten gerade sind, auf eine neue Schulstrukturreform einzustellen.
An dieser Stelle steht übrigens auch "Beifall von der CDU", aber wenn Sie das jetzt vergessen haben, brauchen wir das nicht noch einmal zu erwähnen.
Zu dieser Akzeptanz gehört auch, dass man miteinander redet, das heißt nicht, dass Frau Goetsch und Herr von Beust bei Apfelsaft
zwei Tage über die Schulreform reden, sondern dass man mit den Eltern und den Kindern redet. Dass dazu das Elternwahlrecht gehört, haben wir schon deutlich gemacht.
Zweitens: Der nächste Punkt für erfolgreiche Reformen sind sorgfältige Reformen. Die müssen auch klappen, die dürfen nicht nur angeschoben werden, sondern müssen zu einem vernünftigen Ende gebracht werden. Ich will ein paar Punkte nennen.
Die Vergleichsarbeiten und den ganzen Spaß lasse ich einmal weg, das klappt auch nicht. Nehmen wir nur die großen Punkte, das achtjährige Abitur. Es klappt in Wahrheit nicht und versprochen worden ist, das machen wir mal ordentlich. Denn man zu, aber dann muss es auch einmal fertig werden.
Das nächste Punkt, der Umbau der gesamten Oberstufe. Ich hatte noch das Vergnügen, mit diesen Leistungskursen Abitur zu machen, das wird abgeschafft. Noch im Koalitionsvertrag bessern Sie
Der dritte Punkt ist die Stadtteilschule. Das ist wirklich eine gute Idee, die eine Perspektive für Hamburgs Schulen eröffnet, aber diese Idee gibt es bisher nur auf dem Papier. Das stimmt nicht ganz, es gibt sie in Kirchwerder. Wer nicht weiß, wo das liegt – ich komme daher –: Das ist ziemlich weit im Osten der Stadt. Aber es soll eigentlich mehr Schulen geben, die davon profitieren.
All diese Reformen hängen in der Luft und erzählen Sie uns nicht, dass die Schulbehörde und die Schulen in der Lage seien, mit diesen Lasten fertig zu werden, sie ordentlich hinzukriegen und gleichzeitig noch eine ganz neue Reform zu schultern; das kann nicht klappen.
Ich persönlich habe den Eindruck, dass diese Reformpolitik folgende Devise hat: Wir haben jede Menge Probleme angefangen und weil diese Probleme nicht gelöst werden, legen wir noch eins obendrauf. So kann das nicht gehen, Politik in der Schule muss verlässlich und seriös sein.
Drittens: Die Erfahrungen in Berlin zeigen, dass guter Unterricht die Nahtstelle für Reformen ist. Man kann an der Schulform noch so viel herumdoktern, wenn es den Lehrerinnen und Lehrern nicht vergönnt ist, mit den Schülern ordentlich umzugehen, dann nützt das alles nichts.
Über die ELEMENT-Studie in Berlin will ich nicht lange philosophieren, sie hat aber eines deutlich gemacht. Schülerinnen und Schüler in Klasse 5 und 6 sind von Grundschullehrern allein offensichtlich nicht ordentlich gefördert worden. Frau Goetsch hat dann in einem "Zeit"-Interview schnell nachgebessert und gesagt, da kommen auch ein paar Gymnasiallehrer hin. Aber wir wissen alle, dass diese Lehrerinnen und Lehrer am Gymnasium, zu denen ich mich selber zähle und das freimütig einräume, sicherlich ihre Mühe haben werden, mit den Schülerinnen und Schülern klarzukommen, die kein Gymnasialniveau haben. Insofern brauchen wir eine gigantische Lehrerfortbildungsoffensive. An der Stelle ist das zwar per Brief angekündigt worden, im Koalitionsvertrag steht davon allerdings kein Wort. Und so, wie sich das entwickelt hat, hat man den Eindruck, es wird mit heißer Nadel nachgeflickschustert und dabei ist das eigentlich der entscheidende Punkt zum Gelingen dieser Reform.
Viertens: Die Grundschule funktioniert gut und deswegen kann ich verstehen, dass die GAL der Meinung war, diese Grundschule müsse erweitert werden, die Studien sagten das und es sei alles ganz vernünftig, wie es laufe. Aber Sie verlängern gar nicht die Grundschule, sondern ersetzen sie durch
eine Vielzahl verschiedener Primarschultypen. Es sind mindestens fünf, wenn man sie alle miteinander vergleicht. Diese Primarschultypen werden zwar immer wieder im Interview als selbstständige und gleiche Schulen dargestellt, aber das ist eine Wahrheit, die vermutlich nur auf dem Papier steht. Mit Sicherheit wird es eher so kommen, dass sich die Hamburger Schullandschaft durch diese fünf verschiedenen Primarschultypen weiter aufsplittert. Es ist aber gerade das Aufsplittern gewesen, das die Enquete-Kommission auf den Plan gerufen hat, und die Enquete-Kommission war einstimmig mit der GAL und der CDU dafür, die Hamburger Schulen zusammenzuführen, um die negativen Effekte dieser Aufsplitterung zu vermeiden. Mir ist völlig unverständlich, warum vor diesem Hintergrund eine gut funktionierende Schule für alle Kinder, die Grundschule, ersetzt wird durch eine Kopie des weiterführenden Schulsystems mit dem ganzen Schulkampf und allem, was daran hängt. An der Stelle machen Sie ein funktionierendes System nicht besser und länger, sondern machen es schlicht kaputt und das ist ein schwerer Fehler.
Ganz nebenbei: Auf diese Art und Weise schaffen Sie es nicht nur, dass sich die Eltern höchstwahrscheinlich für die eine oder andere Schule entscheiden werden – man hört jetzt schon von entsprechenden Anrufen –, sondern Sie nehmen die Grundschulen, die beinahe auf den Wolken über dem schulideologischen Kampf schweben, sozusagen mitten in die Schlacht hinein. Man kann das schon mitbekommen: Herr Freytag und Herr von Beust sagen, das sind jetzt gymnasiale Grundschulen, Frau Goetsch sagt, das sind keineswegs gymnasiale Grundschulen. Die Gesamtschulen sagen, das müssen Schulen sein, die an eine Stadtteilschule angedockt sind. Die Grundschulen werden zum Spielball der Schulideologen und Ihre Interviews haben diesen Kampf bereits eröffnet. Zerlegen Sie nicht die Grundschulen, dieser Weg ist verkehrt, so darf es nicht gehen.
Zum Schluss hat es mich sehr gefreut, als ich in der "Zeit" gelesen habe – schön, dass die "Zeit" dazu ausgewählt wurde –, dass Frau Goetsch sagte, wir müssen die Schulreform endlich entschleunigen. Das muss man schon draufhaben angesichts dieser Zusammenballung und Hektik im Schulwesen, das Ganze noch mit dem Etikett Entschleunigung zu belegen.
"Insgesamt haben zwischen der ersten Idee und der Umsetzung der Stadtteilschule mindestens dreieinhalb Jahre gelegen. Es ist daher nachvollziehbar, dass viele Schüler, Eltern und Lehrer derzeit in Sorge sind, die
viel umfangreichere Strukturreform einer Primarschule in Verbindung mit dem zweigliedrigen Schulsystem ab Klasse 7 in gerade einmal zwei Jahren flächendeckend verbindlich umzusetzen."
Selbst die CDU ist sich offensichtlich hinter vorgehaltener Hand absolut sicher, dass das in zwei Jahren nicht seriös und vernünftig zu schaffen ist. Es muss mir mal einer erklären, warum die GAL hier mit dem Kopf durch die Wand geht und auf diese Art und Weise die Grundschule kaputt macht.
Ich komme zum Schluss. Sie sind die Regierung, deswegen haben Sie das Recht, Reformen anzuschieben, aber diese Reformen müssen Bedingungen erfüllen und diese Bedingungen sind vier.
Zweitens: Machen Sie eine vernünftige Politik und bringen Sie die angefangenen Reformen zu einem soliden und verlässlichen Ende.
Drittens: Sorgen Sie dafür, dass die Lehrerinnen und Lehrer den Unterricht besser machen. Dann macht nämlich eine Schulstrukturreform Sinn.
Viertens: Übertragen Sie Ihren koalitionsinternen Schaukampf nicht auch noch auf Hamburgs Grundschulen. Die Zersplitterung einer funktionierenden Schulform lehnen wir klar ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag – darüber haben wir uns schon gewundert – steht recht wenig über Soziales. Dann gibt es eine Regierungserklärung von circa 20 Minuten und da hören wir zwei Minuten lang ein bisschen etwas über Sozialpolitik und das bisschen ist dann mehr oder minder unter dem Aspekt zu sehen "alles neu macht die GAL", "ein Handbuch für den kleinen Gärtner" oder "Rüttgers Club ist kein Champagner", denn eines ist klar: Ich werde das hier nie begreifen.
Sowohl die GAL als auch die CDU sprechen von einem Sozialticket. Wir haben hier schon mehrmals diskutiert, wann man von einem Sozialticket sprechen kann. Frau Gregersen, Sie haben gefordert, es sollte deutlich unter 20 Euro liegen.
Sie dann die 15 Euro, die ein Hartz-IV-Empfänger zur Verfügung hat, als Anrechnung heranziehen, dann ist das mehr als kritisch.
Aber es geht nicht nur darum. Nicht nur da ist kein Champagner drin, wo Champagner draufsteht, sondern da werden 4000 neue Arbeitsplätze in Aussicht gestellt.
Herr Joithe, darf ich Sie unterbrechen? Es gibt eine Zwischenfrage von Frau Möller. Wollen Sie die zulassen?
Ich möchte nur wissen, ob Ihnen der Preis des CC-Tickets mit Abo bekannt ist, der liegt nämlich bei 38,70 Euro. Minus 18 Euro bedeutet das 20 Euro, allerdings plus 70 Cent für das Sozialticket. Wir finden, dass das seinen Namen und auch seinen Preis wert ist.
Dazu kann man ganz klar sagen: Zum einen, Frau Möller, haben sehr viele Hartz-IV-Bezieher gar kein Konto mehr und können somit kein Abo haben – das sollte auch Ihnen bekannt sein, wo Sie doch sehr viele Anfragen dazu gestellt haben –,