Protocol of the Session on February 25, 2010

Dem Handwerk in Hamburg kommt eine besonders wichtige Bedeutung zu und schon seit jeher kann unsere Gesellschaft auf das Handwerk zählen, wenn es um Beschäftigung, Ausbildung, gesellschaftliches Engagement und Wachstum geht. Gerade der handwerklich geprägte Mittelstand hat sich in der Krise als stabil gezeigt und darum müssen wir ihn weiterhin nachhaltig stärken.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Handwerk sichert hohe Qualitätsstandards, gute Ausbildungsleistungen, nachhaltig erfolgreiche Existenzgründungen und Innovation.

(Uwe Grund SPD: Genau!)

Seine Traditionen sind heute wieder sehr modern, nämlich persönliche Verantwortung und Haftung des Betriebsinhabers, Regionalität, Kundenorientierung, Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit.

(Uwe Grund SPD: Ja!)

Das sind Werte, die Bestand haben. Ganz nebenbei ist das Handwerk in Hamburg auch noch einer der größten Arbeitgeber unserer Stadt. Es bietet zukunftssichere Ausbildungs- und Arbeitsplätze für alle Schulabschlüsse bis zum Abitur. Darum soll mit der Gründungsprämie die Gründung eines Handwerksunternehmens durch einen Meister weiterhin gefördert werden. Aufgrund des eher geringen Förderbeitrags und der überschaubaren Zahl der jährlich bewilligten Fälle wäre die dadurch entstehende Belastung für den Haushalt der Stadt nicht ganz so hoch. Und gerade in der Finanz- und Wirtschaftskrise sollte die Stadt einem Rückgang der Zahl qualifizierter Gründungen im Handwerk entgegenwirken. Die Verlängerung des Förderzeitraums würde die Schaffung von 600 bis 800 neuen Arbeitsplätzen im Handwerk unterstützen.

Die Fördermaßnahmen sind zum Ende des Jahres 2009 ausgelaufen. Da sie sich insgesamt als erfolgreich erwiesen haben, beantragen wir die Verlängerung erst einmal um ein Jahr bis zum Ende des Jahres 2010. Wir würden ein wirklich vollkommen falsches wirtschaftspolitisches Signal aussenden, wenn wir gerade jetzt ein Programm, mit dem Existenzgründung gefördert werden soll, auslaufen ließen. Gerade jetzt, nachdem die konjunkturelle Talsohle durchschritten scheint, kommt es darauf an, in der beginnenden Aufschwungphase Handwerksmeister zur Existenzgründung zu ermutigen.

In der Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich eine zunehmende Zurückhaltung bei der Gründung einer eigenen Existenz gezeigt. Dadurch ist auch die Zahl der neu gegründeten Meisterunternehmen im Zeitraum von Januar bis September 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20 Prozent gesunken. Die Meistergründungsprämie wurde leider nicht so stark in Anspruch genommen, wie wir erwartet und gehofft hatten. Vielleicht sind einigen der Handwerksmeister die Auflagen bezüglich Arbeitsplätzen und Investitionssummen zu hoch, worüber man eventuell noch einmal nachdenken sollte. Das Aufbringen von 15 000 Euro Eigenkapital und die Einstellung von drei Angestellten sind bei einer Betriebsgründung im Handwerk nicht ganz so einfach zu bewältigen. Trotzdem beantragen wir erst einmal die Zustimmung zu einer Verlängerung bis zum Jahresende 2010.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Frau Rugbarth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sind sehr übersichtlich.

(Olaf Ohlsen CDU: Wir sind noch da!)

Frau Ahrons, ich danke Ihnen für Ihre Rede, in der Sie das Handwerk außerordentlich gelobt haben. Ich kann mich jedem Ihrer Sätze anschließen.

(Olaf Ohlsen CDU: Dann ist ja gut!)

Ich begrüße es außerordentlich, dass wir uns heute erneut mit dem Handwerk beschäftigen, nachdem wir uns letztens in der Aktuellen Stunde auch schon mit der Rolle des Handwerks als sehr wichtigem Faktor für Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze auseinandergesetzt haben. Ich will Ihnen gleich zu Beginn sagen, dass wir Ihrem Antrag, die Befristung für die Gründungsprämie Handwerk um ein Jahr zu verlängern und die zur Finanzierung für diesen Zweck bewilligten Mittel auszuschöpfen, zustimmen werden.

(Beifall bei Uwe Grund [SPD] und Michael Neumann [SPD] – Uwe Grund SPD: Bravo!)

Auch kleine Hilfsmaßnahmen stellen für den jeweiligen Betrieb eine ganz reale Unterstützung dar, zumal es sich hier um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss handelt.

Wir reden hier zwar über geringe Summen im Vergleich zu anderen Themen in der Stadt, trotzdem lohnt es sich, diese Maßnahme einmal näher zu beleuchten. Der Senat ging nämlich im Jahr 2006 davon aus, dass er mit der zur Verfügung gestellten Summe 70 Unternehmen jährlich bei der Unternehmensgründung unterstützen könne. Es handelt sich um eine zweigeteilte Unterstützung, bei der man nach zwei Jahren, wenn man diese Ar

(Barbara Ahrons)

beitsplätze wirklich geschaffen und auch gehalten hat, die zweite Tranche in Anspruch nehmen kann. Und der Senat rechnete mit 200 zusätzlichen Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsplätzen. Das war die Erwartung, doch dieses nun wirklich nicht überambitionierte Ziel wurde leider nicht erreicht.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Das ist ja traurig! – Dirk Kienscherf SPD: Das ist ja im- mer so!)

Das würde ich auch so sagen.

Sie begründen dies in Ihrem Antrag damit, dass diese Prämie vor allem deshalb weniger in Anspruch genommen wurde – Sie haben es gerade noch einmal erläutert, Frau Ahrons –, weil in der Krise 20 Prozent weniger Meister den Mut hatten, ein Unternehmen zu gründen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn man kann nicht alles mit der Krise erklären. Tatsache ist, dass in den Jahren 2007 und 2008 lediglich 32 Meister diese Prämie in Anspruch genommen haben, und wir hatten 2006/2007 und auch 2008 keine Wirtschaftskrise. Das heißt, unter diesem Haushaltstitel stehen inklusive der Reste jetzt noch erhebliche Mittel zur Verfügung, und man muss sich fragen, warum diese Förderung nicht in dem Maße in Anspruch genommen wurde, wie vom Senat geplant. Die im Antrag als Ursache genannte Wirtschaftskrise war es definitiv nicht, es muss andere Ursachen haben.

Man könnte annehmen, dass vielleicht mangelnde Kenntnis der Prämie die Ursache ist, aber ich habe Handwerker gefragt, und das ist nicht der Fall. Sie haben in Ihrer Rede auch schon darauf Bezug genommen, dass die Rahmenbedingungen eventuell nicht ganz passgenau sind.

(Uwe Grund SPD: Aha!)

Herr Gedaschko, ich hätte erwartet, dass man, wenn nach zwei Jahren die Zielzahlen nicht erfüllt sind, einmal nachschaut, warum das so ist. Ich habe nachgefragt. Eine der Bedingungen für die Auszahlung der Prämie ist die Schaffung von zwei zusätzlichen Arbeitsplätzen über den Meister hinaus und das widerspricht den Lebenserfahrungen im Handwerk. Ein Meister, der eine Firma gründet, arbeitet üblicherweise erst einmal allein und versucht, seine Existenz zu sichern; er kann froh sein, wenn er das nach ein, zwei Jahren erreicht. Er wird den Stand, dass er Arbeitskräfte einstellen kann, höchstwahrscheinlich erst im zweiten, dritten oder vierten Jahr erreichen. Das heißt, diesem Zuschuss von 5000 Euro auf der einen Seite steht auf der anderen Seite die Verantwortung für zwei Arbeitsplätze gegenüber. Und das ist nicht ganz passgenau, da müssen wir noch einmal überlegen. Auch für Betriebsübernahmen ist das nicht ganz passend. Bei Übernahmen sollen üblicherweise die in den Betrieben bereits bestehenden Arbeitsplätze erhalten bleiben und wir können froh sein, wenn wir dies erreichen. Wir sollten uns überlegen, ob

wir die Maßnahme nicht dahingehend erweitern, dass wir auch das Sichern der Arbeitsplätze bei Übernahme eines Betriebes entsprechend mit der Prämie belohnen, denn unter den gegenwärtigen Wirtschaftsbedingungen kann man schon froh sein, wenn die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Da muss nachgesteuert werden und da sollte man die Hausaufgaben machen.

Eine weitere Bedingung möchte ich beleuchten und das ist die Investitionsgrenze. Die untere Investitionsgrenze liegt bei 15 000 Euro, das müssen nicht unbedingt eigene Mittel sein, das darf auch der Kredit von der Hausbank sein. Aber wir wissen zum Beispiel aus der Datenlage von Banken, Kammern oder Wirtschaftsförderungsinstituten, dass Frauen und Männer einen Betrieb unterschiedlich gründen. Frauen starten üblicherweise mit einem geringeren Investitionsvolumen in eine Selbstständigkeit. Frau Koop, wir hatten gestern eine wunderbare Diskussion über die Rechte von Frauen. Hier könnten Sie ganz ohne Quotenzwang etwas für die Frauen tun. Und ich denke, wenn wir Frauen uns zusammentun und den Herrn Senator über Frauen aufklären,

(Rolf Harlinghausen CDU: Das ist ein Frau- enversteher!)

dann könnten wir vielleicht an dieser Stelle auch starten und sagen, das muss passgenau gemacht werden. Berlin hat zum Beispiel so eine Regelung, hier liegt die untere Investitionsgrenze für Männer bei 15 000 Euro und für Frauen bei 10 000 Euro. Vielleicht machen wir uns gemeinsam auf den Weg, denn ich schlussfolgere daraus, gut gewollt ist nicht unbedingt gleichzeitig gut gemacht. Wir sollten uns parteiübergreifend darauf verständigen, dass wir dieses für die Handwerksmeister so wichtige politische Signal der Unterstützung sowohl fortführen als auch den Gegebenheiten des Marktes anpassen über das Ende des laufenden Programms und auch über das Ende dieser Legislatur hinaus. Wir stimmen dem in einem ersten Schritt gern zu, sodass wir es erst einmal verlängern. – Danke.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Handwerk ist ein wichtiger Teil der Hamburger Wirtschaft. Es gibt hier sehr viele Betriebe mit einer Vielzahl an Arbeitsplätzen. Insbesondere ist das Handwerk einer der Bereiche mit dem größten Ausbildungsanteil und erfüllt insofern eine wichtige Funktion. Das ist gerade in Zeiten der Globalisierung besonders wichtig, weil das Handwerk natürlich ein ortsgebundener Wirtschaftszweig ist und Betriebsverlagerungen nach

(Andrea Rugbarth)

China oder wohin auch immer nicht zu erwarten sind. Insofern ist das schon ein Bereich, der die Aufmerksamkeit der Wirtschaftspolitik verdient.

Daher war es sicher eine gute Maßnahme, die Gründungstätigkeiten im Handwerk durch das Programm aus dem Jahr 2006 zu fördern. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Rugbarth, halte ich es aber auch für richtig, dass ein solches Programm an Bedingungen geknüpft ist, nämlich an einen zusätzlichen Nutzen. Einfach einem Gründer, der sowieso einen Betrieb gründet, Geld vom Staat zu geben, macht nicht viel Sinn. Wir haben knappe Steuermittel und müssen natürlich darauf achten,

(Dirk Kienscherf SPD: Und Ihre Gemein- schaftsstraßen müssen Sie ja auch finanzie- ren!)

dass dann, wenn es Geld vom Staat, vom Steuerzahler, von den Bürgern gibt, auch mehr passiert, als wenn es dieses Geld nicht gibt. Insofern ist es richtig, die Gewährung einer solchen Prämie daran zu knüpfen, dass eine vernünftige Anzahl zusätzlicher Arbeitsplätze geschaffen wird. In der Tat ist das keine absurde Forderung, wie Sie gesagt haben. Immerhin wurde diese Prämie bei 55 Prozent aller Handwerksgründungen seit 2006 beantragt und die Betriebsgründer haben sie dann auch bekommen.

Insofern ist das mit Sicherheit auch ein erfolgreiches Programm, aber es ist sicher auch eine Tatsache, dass es nicht ausgeschöpft wurde. Ich würde aber nicht dafür plädieren, jetzt die Kriterien zu ändern, denn diese Bindung an einen zusätzlichen Nutzen ist weiterhin notwendig. Gerade am Ende einer Wirtschaftskrise sind Betriebe oder Menschen häufig in einer Situation, dass sie zwar die Krise bewältigt haben, ihnen dann aber die Mittel fehlen, um zusätzlich investieren zu können. Insofern ist es eine vernünftige Maßnahme, dieses Programm, auch wenn es nicht voll ausgeschöpft wurde, zu verlängern. In dieser Phase wirtschaftlichen Aufschwungs, in der es viele Unternehmen schwer haben, steigende Auftragsbestände zu bewältigen, wird damit potenziellen Handwerksmeistern die Gelegenheit gegeben, neue Betriebe mit zusätzlichen Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu gründen. Davon haben wir nicht genug und darum ist es gut, dass wir diesen Antrag heute – wie ich hoffe – gemeinsam beschließen und diesem wichtigen Wirtschaftszweig in Hamburg die nötige Aufmerksamkeit widmen. Damit wird den Handwerksmeistern signalisiert, dass ihre Belange, Sorgen und Nöte von uns allen gemeinsam ernst genommen werden zum Nutzen aller, die in dieser Stadt leben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Baum.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Meistergründungsprämie ist eine der Möglichkeiten, wenn es darum geht, kleine und mittelständische Unternehmen zu fördern und Arbeits- und Ausbildungsplätze in Hamburg zu schaffen. In Kooperation mit der Handwerkskammer und der Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg hat die Behörde für Wirtschaft und Arbeit einen bunten Strauß an Fördermöglichkeiten und Beratungsangeboten zusammengestellt und die werden auch angenommen. Darum wäre es gerade jetzt das falsche Signal, diese Meistergründungsprämie auslaufen zu lassen.

(Barbara Ahrons CDU: Genau!)

Ich hoffe sehr, dass Sie mit Ihrem Satz im Antrag Recht haben, dass die konjunkturelle Talsohle durchschritten ist. Ich muss aber dennoch hier noch einmal berichten, dass der Präsident der Handwerkskammer, Josef Katzer, auf der Jahresabschlussversammlung der Handwerkskammer kritische Worte gefunden und Auswirkungen der Krise auch in diesem Jahr, im Jahr 2010, angekündigt hat. Das bisher so stabile Handwerk wird sich im Jahr 2010 Problemen stellen müssen, das dürfen wir nicht aus den Augen lassen. Zudem kritisierte der Präsident die Langsamkeit bei der Realisierung des geplanten Bürokratieabbaus, fand aber auch deutliche Worte für die eigene Branche. So habe man das schlechte Image des Handwerks zu lange hingenommen ohne gegenzusteuern. Eine aktuelle Studie zeige bei Jugendlichen ein denkbar schlechtes Image dieser Berufe; man habe jahrelang geschlafen. Zugleich kündigte er eine Werbekampagne der Handwerkskammer an unter dem Motto: In diesem Jahr zeigen wir das Handwerk in seiner ganzen Vielfalt.

Gerade jetzt könnte man zusammen mit der Behörde für Wirtschaft und Arbeit und allen beteiligten Institutionen diese Öffentlichkeitsarbeit des Handwerks unterstützen und zusätzliche Informationen verbreiten, damit wir es weiterhin schaffen, dass junge Handwerkerinnen und Handwerker sich selbstständig machen und dadurch Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze schaffen können, denn auch das bringt Steuern in diese Stadt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Andrea Rug- barth SPD)

Selbstverständlich unterstützen wir den Antrag unter diesen Aspekten. Wir hoffen auf weitere Evaluation aller Fördermöglichkeiten und auch darauf, dass Sie mit der Feststellung in Ihrem Antrag, dass es in dieser Stadt aufwärts geht, Recht haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Andrea Rug- barth und Karl Schwinke, beide SPD)

Das Wort bekommt Senator Gedaschko.

(Jens Kerstan)