Protocol of the Session on January 20, 2010

(Andy Grote SPD: Stellen Sie das alles in Frage?)

Alles andere ist viel zu kurz gesprungen. Deshalb die Frage: Macht eine Hafenkooperation, eine weitere Investition einen Ausbau des Hamburger Hafens überflüssig? Es gibt eine Diskussion, die lautet: Stärkere Kreativwirtschaft statt Hafen oder Bildung statt Hafen bis hin zur Frage, ob man innerhalb einer Wirtschaftskrise eigentlich überhaupt noch in den Hafen investieren müsse oder ob das rausgeschmissenes Geld sei.

(Andy Grote SPD: Wie ist denn Ihre Mei- nung dazu?)

Herr Grote, danke für diese Frage.

Die zentrale Antwort auf all diese Fragen lautet natürlich: Nein, dies alles ändert aus Sicht des Senats nichts an der Notwendigkeit, den Hafen weiter zu stärken.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Es ist eine Frage der Zeit – das ist eine klare Aussage, da kann man in Wirtschaft und Wissenschaft fragen, wen man will –, aber die Weltwirtschaft wird sich wieder beleben und daran wird der Hamburger Hafen aufgrund seiner geografischen Lage partizipieren. Diese Chance müssen wir nutzen zum Wohl der Menschen in dieser Stadt und zum Wohle des gesamten Landes.

An dieser Stelle lassen Sie mich eines ganz deutlich zum Stichwort Kooperation sagen. Wenn Schwache kooperieren, ergibt das noch längst keinen Starken. Wir befinden uns im globalen Wettbewerb und das bedeutet, dass wir stark sein und mit anderen Starken kooperieren müssen, denn nur dann werden wir uns im Wettbewerb international überhaupt behaupten können.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL)

Deshalb hat Hamburg angesichts der schwierigen Situation, in der wir uns befinden, zunächst mit den norddeutschen Wirtschaftsministern und jetzt gemeinsam mit allen Ministerpräsidenten der norddeutschen Länder, die Initiative ergriffen und sich an die Kanzlerin gewandt. Es geht bei dieser Initiative nicht nur um das Thema Hafen und die Schwierigkeiten der Hafenwirtschaft, sondern um die Schwierigkeiten der gesamten maritimen Branche, denn Hamburg alleine hat nicht einmal ein

(Dr. Joachim Bischoff)

Schlüsselchen zur Lösung dieser Probleme. Die Schlüssel liegen beim Bund und auch bei der EU.

Der Hamburger Hafen ist die Herzkammer für den Exportweltmeister Deutschland. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass der Exportweltmeister Deutschland sich künftig stärker daran beteiligen muss, die Infrastrukturkosten in Hamburg – und nicht nur in Hamburg, sondern auch in den anderen norddeutschen Häfen – zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Der Hamburger Hafen braucht die Unterstützung der gesamten Region. Er ist für Niedersachsen beispielsweise nach VW der zweitgrößte Arbeitgeber.

Dennoch, ein Weiter-so kann es nicht geben. Die Welt hat sich verändert und ist komplizierter geworden und wenn wir die Erfolgsstory unseres Hafens in Hamburg weiterschreiben wollen, müssen wir das selbstverständlich berücksichtigen. Politik, und das ist auch ein Stück Wahrheit, kann zwar etwas machen, aber einen maßgeblichen Teil der Verantwortung für Erfolg oder Nicht-Erfolg tragen die Hafenunternehmen. In der Vergangenheit gab es da leider häufig nur ein teilweises Miteinander, so will ich es einmal ganz vorsichtig sagen. Was wir brauchen, ist ein stärkerer Gemeinsinn. Diesen stärkeren Gemeinsinn haben wir erlebt, als es darum ging, in Hamburg eine Allianz für den Hafen zu schmieden. Es geht nicht nur um die Hafenanlaufkosten, sondern es geht auch um viele andere Bausteine. Der Erfolg wurde sofort kleingeredet von den Bundesbedenkenträgern, die auch in diesen Reihen sitzen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was?)

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen heute verkünden, dass bereits drei Linien wieder unterschrieben haben und die Feederverkehre nach Hamburg zurückverlagern werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Olaf Ohlsen CDU: Bravo!)

Mit weiteren Linien wird verhandelt und es sind erfolgversprechende Verhandlungen. Das zeigt, dass sich diese gemeinsame Aktion gelohnt hat und dass das der Weg ist, den wir gemeinsam weiter beschreiten sollten, und zwar jenseits dieser bisweilen fälschlich geführten Diskussionen, wo dann in der "Bild"-Zeitung über Mieterhöhungen geschrieben wurde, die so gar keine Erhöhungen waren und dergleichen. Das klären wir aber noch einmal an anderer Stelle.

Der Hafen muss sich daher weder regional noch museal oder folkloristisch aufstellen; er muss in vollem Umfang seine Funktionsfähigkeit als Wirtschaftszweig behalten.

Wenn wir in Hamburg darüber diskutieren – ich hatte es am Anfang gesagt –, ob wir die kreative Stadt anstreben und ob dies den Hafen ausschließt, so ist das für mich eine Sackgassendiskussion. Hamburg muss ein breit aufgestellter wirtschaftlicher Standort bleiben, das bedeutet kein Entweder-oder, sondern beides zusammen. Wir brauchen einen Dreiklang, der lautet: Hafen, Handel, Hightech. Nur so wird es uns gelingen, die Zukunft zu gewinnen.

Zur Fahrrinnenanpassung der Elbe, Herr Neumann, sind Sie nicht ganz auf dem aktuellen Stand; das ist auch in Ordnung, deshalb diskutieren wir ja hier. Der Bund hat sich längst mit Niedersachsen über den Tausch der Deckwerksunterhaltung geeinigt. Dazu kann ich dem Bund auch nur gratulieren, das waren keine einfachen Verhandlungen. Wo es ging, haben wir den Bund freundschaftlich begleitet.

Und ein Stück weit müssen wir als Stadt Hamburg auch Asche auf unser eigenes Haupt streuen. Wir haben in der Vergangenheit häufig nicht gerade als Sympathieträger in der Region gewirkt, wenn es darum ging, die Region bei dem, was sie benötigte, zu unterstützen. Wir haben unsere eigenen Anliegen im Zentrum gesehen. Ich erinnere nur einmal freundschaftlich an die Diskussion um die A 26. Wie Hamburg an diesem Punkt in der Vergangenheit verhindernd gewirkt hat, wird uns heute noch in der Region vorgehalten.

(Ingo Egloff SPD: Da spricht der Landrat von Harburg!)

Wir planen jetzt jedenfalls gemeinsam mit Niedersachsen die A 26 und das ist auch gut so. Und sie wird sogar schon gebaut und das ist noch besser.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Was sagt der Koalitionspartner dazu?)

Der baut mit, das ist das Schöne, Herr Neumann.

Zum Thema Planfeststellungsverfahren und Zeitplan: Ich sage ganz deutlich, es geht hier nicht nur um eine Hamburgensie, wenn wir über den Zeitplan und die Fahrrinnenanpassung reden. Für uns in Hamburg ist es überlebensnotwendig, dass die Fahrrinnenanpassung kommt. Aber international gesehen, und das ist natürlich der Maßstab, mit dem Wirtschaft arbeitet, ist das auch eine Frage der Glaubwürdigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Ist unser Land noch in der Lage, die Voraussetzung für wirtschaftlich erfolgreiches Handeln zu schaffen, und wie lange braucht es dafür?

Ich habe in der letzten Legislaturperiode, Herr Kerstan hat es angeführt, sehr viele Telefonate mit dem früheren Bundesverkehrsminister geführt. Wir haben es dann letztendlich im Sommer geschafft, mit dem Bundesverkehrsministerium den Zeitplan für diese Fahrrinnenanpassung abzuschließen, und das war wirklich nicht einfach. Jetzt drängen

(Senator Axel Gedaschko)

wir allerdings auch darauf – der neue Verkehrsminister hat sich klar dazu bekannt und gesagt, die Investition wird kommen –, dass auch der Bund diese Maßnahmen so zügig durchführt, wie im Fahrplan vereinbart.

Meine Damen und Herren! Von den Bundesländern Schleswig-Holstein oder Niedersachsen jetzt schon das Einvernehmen zu verlangen, ist juristisch unmöglich. Das können sie erst nach der Planfeststellung machen. Aber dadurch, dass gerade in den Bereichen Buhnen und Deckwerksunterhaltung Einigung mit Niedersachsen erreicht wurde, ist für diese Themen die Kuh vom Eis. Auch das ist sehr wichtig und dafür bin ich dem Bund wirklich dankbar, denn das kostet viel Geld.

(Beifall bei der CDU)

Aber wir müssen in Hamburg natürlich auch selber investieren. Antizyklisch zu investieren, ist das Gebot der Stunde und das tun wir. Wir investieren mehr als jemals zuvor in den Hamburger Hafen, in die öffentliche Infrastruktur und werden das fortführen.

Die spannende Frage aber ist, wie wir mit der Kapazität im Hamburger Hafen umgehen. Sollen wir schlicht und ergreifend mit dem Ausbau der Kapazität darauf warten, dass sich die Situation irgendwann verbessert und uns sozusagen Manna in den Schoß fällt? Wir vertreten eine andere Auffassung. Wir sagen, es muss uns gelingen – zum Beispiel über das, was wir jetzt im Central Terminal Steinwerder machen –, Investitionspartner zu gewinnen, die gleichzeitig Ladungsmenge auf den Hamburger Hafen ziehen. Das heißt, es geht nicht nur darum, den potenziellen Partnern einfach etwas attraktivere Zahlen vorzulegen, sondern auch taktisch und strategisch Ladungsmengen an Hamburg zu binden. Das ist die Chance, die wir beim CTS haben. Wir werden demnächst gemeinsam die Ergebnisse des Interessenbekundungsverfahrens der Öffentlichkeit vorlegen und in diesem Haus dann auch diskutieren.

Wenn wir dieses machen – und das Einvernehmen des Hauses ist Grundvoraussetzung dafür –, dann sollte uns auch nicht bange sein um die Zukunft des Hamburger Hafens. – Danke.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der GAL)

Herr Senator, ich habe zunächst die Aufgabe, darauf hinzuweisen, dass Sie mehr als das Doppelte der Redezeit in Anspruch genommen haben, die jedem Abgeordneten in der Aktuellen Stunde zur Verfügung steht.

Jetzt bekommt das Wort der Abgeordnete Schwinke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Ökologie und Ökonomie, Herr Kerstan, ist für uns kein Widerspruch. Wir haben allerdings beim Thema Hafen eine andere Sichtweise als Sie; die möchte ich gerne kurz skizzieren.

An allererster Stelle steht, dass die Elbvertiefung kommen muss, und zwar schnell. Der Senat muss endlich realistische Daten liefern, mit denen die Reeder zuverlässig planen können. Noch ist Hamburg fester Bestandteil der internationalen Containerrouten, noch kommen die großen Containerschiffe nach Hamburg, aber sie können nicht voll beladen werden, weil die derzeitige Tiefe der Fahrrinne nicht ausreicht. Die größte Gefahr für die Hamburger Hafenwirtschaft geht allerdings nicht von den Containerschiffen der neuen Generation aus, sondern vom Senat, bei dem die Hafenwirtschaft und die Hafenpolitik nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus geht die Gefahr von einem Koalitionspartner aus, der öffentlich dazu aufruft, gar nicht erst in den Wettbewerb mit Rotterdam einzutreten und die Hafenwirtschaft damit gleich abzuschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Zur Fahrrinnenanpassung noch ein paar Worte: Statt über Hafenkooperationen zu theoretisieren, Herr Senator Gedaschko, erklären Sie heute bitte dem Hamburger Parlament, ob Ihr Parteikollege und Ministerpräsident Wulff das Vorhaben Elbvertiefung unterstützt. Haben Sie von ihm die Zusicherung, für das Projekt das Einvernehmen zu erhalten, ohne dass neue risikobehaftete Bedingungen für Hamburg insbesondere im Hinblick auf den JadeWeserPort in Wilhelmshaven gestellt werden? Erklären Sie dem Parlament verbindlich, dass eine Meldung des hamburgischen Teils des Wattenmeeres zum UNESCO-Weltnaturerbe erst erfolgt, wenn ein vollziehbarer Planfeststellungsbeschluss zur Fahrrinnenanpassung vorliegt. Oder wollen Sie das Planfeststellungsverfahren durch zusätzliche Abwägungserfordernisse weiter erschweren?

Wenn wir Ihnen, Herr Senator Gedaschko, hinsichtlich Ihres uneingeschränkten Engagements für die Fahrrinnenanpassung glauben sollen, warum haben Sie dann der Bürgerschaft den Gesetzesentwurf zum Elbefonds zugeleitet, bevor überhaupt ein Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses zur Fahrrinnenanpassung vorliegt? Oder konnte sich die Wirtschaftsbehörde gegenüber den Grünen im Senat wieder einmal nicht durchsetzen?

(Jens Kerstan GAL: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?)

Hören Sie mir einen Augenblick zu, Sie können gern noch einmal in die Bütt gehen, Herr Kerstan.

(Michael Neumann SPD: Macht er ja auch!)

(Senator Axel Gedaschko)

Dieser Senat hat seine Hausaufgaben nicht gemacht: kein verlässlicher Termin für die Elbvertiefung als notwendige Voraussetzung für die Zukunft, stattdessen widersprüchliche Aussagen gegenüber den internationalen Kunden des Hafens, keine Anmeldung einer neuen Trasse für die Hafenquerspange gegenüber dem Bund, wichtige Zeit ist vertan. Das Thema Y-Trasse ist gefährdet. Das Prinzip "Hafen finanziert Hafen" führt in das Finanzdesaster, denn wie soll es nach Verbrauch der HHLA-Mittel weitergehen? Im Haushalt ist dann kein Platz mehr. Das neue Naturschutzgesetz bürdet dem Hafen neue Finanzlasten auf. Das Entlastungskonzept des Senats für die Hafenwirtschaft greift nach unserer Ansicht zu kurz, denn die Entlastung ist zu gering und es wird begleitet durch die Erhöhung der Hafenbahngebühren, die die DB aus dem Hafen treibt.

Dass die Hafenpolitik des CDU/GAL-Senats versagt hat, zeigen auch die Umschlagsergebnisse.