Protocol of the Session on December 9, 2009

(Senator Dietrich Wersich)

Wir haben das leider schon öfter erlebt, Herr Kienscherf, dass Sie sich hier hinstellen und Behauptungen loslassen, bei denen man durchaus den Eindruck haben könnte, sie hätten nur das Ziel, die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs in Angst und Schrecken zu versetzen.

(Andy Grote SPD: Gut, dass Sie das mal wieder richtigstellen!)

Lassen Sie mich eines ganz deutlich sagen, wie es auch der Senator schon gesagt hat: Natürlich bleiben die gesetzlichen Leistungen erhalten. An gesetzliche Leistungen kann man gar nicht herangehen, da wird selbstverständlich nicht gekürzt. Über die von Ihnen angesprochenen Hürden

(Carola Veit SPD: Das sind Ihre Hürden!)

haben wir in der letzten Bürgerschaftssitzung ausführlich debattiert. Wir haben festgestellt, dass diese "10 Goldenen Regeln" alles andere als ein Papier mit feststehenden Maßnahmen ist. Sie aber stellen sich heute wieder hin und behaupten, wir würden Hürden aufbauen wollen, um die Inanspruchnahme gesetzlicher Leistungen zu verhindern.

(Dirk Kienscherf SPD: Natürlich!)

Das ist einfach kompletter Unfug, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Nee!)

Auch die SPD-Fraktion sollte endlich zur Kenntnis nehmen, dass wir gerade mit der Kindertagesbetreuung ein wirklich erfolgreiches System geschaffen haben, das viele Eltern dazu veranlasst, ihre Kinder in die Kita zu bringen. Natürlich sind diese Sparmaßnahmen bitter, das kann man nicht anders sagen. Sparmaßnahmen sind nichts, auf das man richtig stolz sein kann, sind aber notwendig. Sie treffen uns in Hamburg eben auch, wie wir in der Haushaltsdebatte hören konnten, aufgrund der Finanzkrise. Ich behaupte aber, dass SchwarzGrün Sparmaßnahmen gefunden hat und mit Augenmaß umsetzt, die – nicht zuletzt durch die soziale Staffelung der Beiträge – dafür sorgen, dass diejenigen stärker belastet werden, die es sich besser leisten können, einen Beitrag zu leisten, um diejenigen zu schonen, die aufgrund ihres geringen Einkommens nicht in der Lage sind, sich an den Sparmaßnahmen zu beteiligen.

Ich will Ihnen das am Beispiel der Elterbeiträge für die Kitas noch einmal erläutern. Es ist richtig, dass wir die Elterbeiträge erhöhen, aber nur dort, wo die Eltern ausreichend verdienen. Natürlich kann man sich hinstellen und sagen, das sei auch nicht gut und man solle die Elternbeiträge überhaupt nicht erhöhen. Vielleicht haben Sie aber auch gehört, dass die Eltern und der Landeselternausschuss mit dieser Maßnahme einverstanden sind, weil sämtliche Einnahmen – der Senator sagte es bereits –

natürlich im Bereich der Kindertagesbetreuung bleiben, um seinen Ausbau weiter voranzutreiben.

(Beifall bei der GAL und bei Ekkehart Wer- sich CDU)

Dass das wichtig ist, sehen wir schon daran, wie viele Kinder in diesem System sind.

Ich finde es komplett falsch, dass die SPD sich hier immer mit Scheuklappen hinstellt und behauptet, im sozialen Bereich würde Tabula rasa gemacht. Es ist schwierig genug, dort Einsparungen zu machen, da stimme ich Ihnen zu.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie würden gerne noch viel mehr!)

In unseren langen Verhandlungen ist jetzt aber ein Kompromiss entstanden,

(Carola Veit SPD: Wer hat den Kompromiss geschlossen?)

den auch die SPD mittragen sollte, weil es ein vernünftiges Sparkonzept ist, das diejenigen belastet, die es sich leisten können und die schont, die weniger im Geldbeutel haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Tschentscher.

Herr Senator Wersich, ich habe Ihre Pressemitteilung durchaus so verstanden, dass Sie die Gebühren für das Mittagessen von Kindern erhöhen wollen. Ich habe das so gelesen, aber womöglich habe ich mich ja verlesen. Wenn Sie uns vielleicht einmal unsere Anfragen zu Ihrem sogenannten Sparpaket beantworten oder uns eine Drucksache präsentieren würden, damit man nachrechnen könnte, aus welchen Haushaltstiteln Sie Geld nehmen und wo Sie es einsetzen wollen, dann könnten wir noch einmal darüber sprechen, ob das die Schwerpunkte sind, die man setzen sollte.

Es hilft auch nicht weiter, Herr Kerstan, wenn Sie sagen, sie hätten zwar 250 Millionen Euro an Mehrausgaben im jährlichen Betriebshaushalt, aber diese Summe werde nur für Lehrer ausgegeben oder um zu verhindern, dass Kinder verhungern, wie wir hier auch schon von Ihnen hören mussten. Finanzpolitik funktioniert nicht, wenn man nur einseitig seine Ausgaben lobt und sich zum Beispiel im Kulturausschuss für die zusätzliche Bereitstellung von 1 Million Euro für die Verwaltung der Kulturbehörde feiern lässt oder im Schulausschuss für mehr Lehrerstellen, wobei nach meinem Kenntnisstand die Lehrerstellen, die Sie nach G8 über haben, gar nicht komplett im System belassen werden sollen, sondern durchaus auch abgezogen werden. Das kann alles im Fachausschuss

(Christiane Blömeke)

diskutiert werden. Sie haben hier aber eine finanzpolitische Debatte angemeldet und Aufgabe der Finanzpolitik ist es, Herr Goldberg, über jede Mehrausgabe eine harte Diskussion zu führen und zu sehen, wo etwas eingespart werden kann. Diese Debatte haben Sie in den letzten acht Jahren nicht geführt.

(Michael Neumann SPD: Heute doch auch nicht! – Gegenruf von Thies Goldberg CDU: Sie befassen sich doch gar nicht mit dem Thema!)

Daran habe ich Sie erinnert, Herr Wersich, als ich sagte, Sie hätten an das Jahr 2001 anknüpfen sollen. Wir haben damals bei jeder Mehrausgabe beachtet, dass der Betriebshaushalt insgesamt um nicht mehr als 0,7 Prozent erhöht wird. Hätten Sie das fortgeführt, dann hätten wir jetzt 6 Milliarden Euro mehr in der Kasse und könnten diese Krise wunderbar ohne massive neue Schulden überstehen – Schulden, die Sie noch überziehen mit 1,3 Milliarden Euro.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Viviane Spethmann CDU: Wo wollen Sie denn spa- ren?)

Es gibt Projekte. Auf einmal lesen wir, Sie würden Spiegelreferate auflösen. Warum sind nach acht Jahren CDU-Regierung noch überflüssige Spiegelreferate in den Behörden, warum löst man die erst jetzt auf? Was ist mit den ganzen IT-Projekten, die untersucht und dann gar nicht realisiert werden? Was ist mit den Millionen von Euro für Beraterverträge, Gutachten, externe Steuerungen und was da sonst noch so alles finanziert wird?

(Viviane Spethmann CDU: Machen Sie doch mal konkrete Vorschläge! – Farid Müller GAL: Machen Sie doch mal Vorschläge!)

Ich benenne ja gerade die Positionen.

All das sind Positionen, die zeigen, dass während der letzten Jahre in den Behörden keine Haushaltsdisziplin vorhanden war. Da sollten Sie anknüpfen.

Dieses mangelhafte Behördenmanagement hat einen Namen und eine Zahl, die ich jetzt einmal nennen werde. Es gibt die Position Rückstellungen für Mehraufwendungen, die bei ungefähr 40 Millionen Euro lag. Diese Position ist eigentlich dafür gedacht, um Gehaltserhöhungen für die öffentlich Beschäftigten aufzufangen. Dafür waren 40 Millionen Euro auch gut angelegt. Sie haben diesen Titel aber auf über 110 Millionen Euro aufgestockt, also um mehr als 60 Millionen Euro erhöht. Sie haben sich mit diesem Titel eine Spardose geschaffen, aus der Ihre Behörden nun alles Mögliche finanzieren, was im Rahmen der Haushaltsberatungen nie beschlossen wurde. Im Nachhinein bekommt man eine Drucksache über eine neue Idee aus einer Behörde und woraus wird die Umsetzung

finanziert? Aus den Rückstellungen für Mehraufwendungen. Alleine in diesem Doppelhaushalt sind das 120 Millionen Euro, die Sie nicht gebraucht hätten. Da muss dringend gekürzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Blömeke, Sie sind ja immer schnell dabei, hier Zensuren zu verteilen, wie Sie es auch heute getan haben. Ich möchte mich jetzt auf die kärglichen Unterlagen stützen, die wir für die Einschätzung dieses sogenannten Sparund Konsolidierungsprogramms vorgelegt bekommen haben. Da finde ich Folgendes zum Sozialbereich – und wenn ich das falsch lese, Herr Wersich, dann sollten Sie das wirklich klarstellen:

"Die von der Sozialbehörde erarbeitete Analyse ergab hier drohende zusätzliche Kostensteigerungen von bis zu 690 Mio. € für den Zeitraum der kommenden Jahre bis 2012. Die zu erwartenden dramatischen Steuerausfälle machen es erforderlich, diesem sich abzeichnenden Kostenanstieg entgegenzuwirken."

Genau darüber reden wir doch. Die zu erwartende Kostensteigerung lässt sich eben nicht auf zusätzliche Leistungen zurückführen, sondern auf Leistungen – nur darauf hat Herr Kienscherf hingewiesen –, die den Bürgerinnen und Bürgern nach der Gesetzeslage zustehen. Wie soll denn eine solche Quadratur des Kreises gelingen? Einerseits haben wir eine bestimmte Gesetzeslage, andererseits sagen Sie, man müsse dahin kommen, diese knapp 700 Millionen Euro bis 2012 nicht anfallen zu lassen. Natürlich ordnen wir da Ihre "Goldenen Regeln" ein und auch, dass Sie am Ende Ihrer Pressemitteilung sagen:

"Zielsetzung des Senats ist es, die Gespräche mit den Trägern und Verbänden daher kurzfristig fortzusetzen".

Das ist doch genau das, was Herr Kienscherf kritisiert hat, und da ist es nun wirklich unfair, Frau Blömeke, zu sagen, das sei Märchenstunde. Das ist die harte Realität und wenn nicht, dann erläutern Sie das bitte.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich habe schließlich nichts anderes gemacht, als aus den offiziellen Dokumenten zu zitieren.

(Olaf Ohlsen CDU: Oberlehrer!)

Das ist doch genau der Punkt, über den wir hier streiten.

(Dr. Peter Tschentscher)

Sie kündigen nun an – Herr Egloff hat das schon gesagt –, sie würden beim Bund irgendwelche Erhöhungen der Kostensätze durchsetzen. Da wären wir die Letzten, die dagegen wären. Sie müssten dann aber ein Gesamtpaket schnüren gegen Steuersenkungen, für die Erhöhung der Zuschüsse und das auch valide machen. Dann hätten wir eine gemeinsame Ausgangssituation.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Goldberg.

Lieber Herr Tschentscher, ich bin ein bisschen enttäuscht von Ihrem Vortrag

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Wissen Sie, wie egal das ist!)