Protocol of the Session on December 9, 2009

(Ingo Egloff SPD: 20 000 Menschen!)

bedeutet explodierende Ausgaben und explodierende soziale Probleme. Wir haben die wichtige Aufgabe, das politisch abzufedern und dementsprechend dafür Geld zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie sich heute hinstellen und sagen, wir kürzen in diesem Bereich doch gar nicht, aber genau wissen, was sozial auf uns zukommt, dann verdummen Sie uns und sich doch.

(Beifall bei der Linken und der SPD)

Dann stellen Sie sich nicht darauf ein, was für soziale Probleme uns bevorstehen. Sie sagen, das wächst nicht weiter und wollen lieber nicht daran erinnert werden, dass diese Zahlen auf uns zukommen. Das ist weder planend, das ist keine

schlaue Politik und dementsprechend ist es an diesem Punkt auch eine unsoziale Politik, weil natürlich auch zu erwarten ist, dass Herr Wersich mit seinem Papier auf die Idee kommt, eine Lage herbeizuführen, in der diese sozialen Ansprüche gar nicht erst erhoben werden können.

Das erinnert mich an den zweiten Punkt, den ich anführen will. Eines der zentralen Argumente, die von der CDU immer so gerne angeführt werden, besteht in dem Motto: Wir müssen doch erst einmal das Geld verdienen, bevor wir in der Lage sind, es für Soziales, Kulturelles oder für Bildung auszugeben. Das ist Denken von vorgestern. Wir wissen, dass wir in dieser Gesellschaft nur gut gemeinsam existieren können, wenn im Bildungsbereich investiert wird – das sagt Ihnen die Senatorin doch auch schon seit Jahren,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das machen wir doch!)

da haben Sie nicht richtig zugehört – und wenn wir ein gewisses kulturelles Niveau und eine soziale Ausgeglichenheit haben. Nur wenn wir in dieser Gesellschaft ein einigermaßen ausgewogenes Verhältnis haben, wird man auch in der Lage sein, Geld zu verdienen. Das ist die richtige Sichtweise und das ist unsere Sichtweise. Hier geht es nicht um eine Art von Barmherzigkeit. Nur wenn wir eine solidarische Gesellschaft haben, wird diese Gesellschaft auch erfolgreich sein können, und das unterscheidet uns fundamental von Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Der dritte Punkt, der mir in der Debatte heute aufgefallen ist, ist dieser wahnsinnige Einbruch, den Sie im Zusammenhang mit den Einnahmen dargestellt haben. Die Einnahmeseite ist das zentrale Problem unseres Haushalts. Wir haben so viele soziale, kulturelle und bildungspolitische Aufgaben, dass wir dafür auch Geld brauchen. Der Zusammenbruch der Unternehmensteuerreform ist nicht ein Tsunami, der plötzlich aufgetreten ist, sondern er ist zu einem großen Teil auch eine politisch geplante Aktion der früheren rot-grünen Bundesregierung. Diese Regierung begann damit, die Unternehmensteuer bewusst herunterzusetzen, von RotSchwarz wurde das weitergeführt und jetzt noch einmal auf besonders freche Art von SchwarzGelb.

(Beifall bei der LINKEN)

Früher waren die Unternehmensteuern ein normaler, dicker Eckpfeiler unserer Einnahmen, mittlerweile sind sie zu einem kleinen Fuß geschrumpelt. Die Unternehmen sind nicht mehr ausreichend daran beteiligt, die sozialen, bildungspolitischen und kulturellen Strukturen in dieser Stadt aufrechtzuerhalten, und das müssen wir gemeinsam verändern. Wenn wir das nicht verändern, können wir die so

(Dr. Peter Tschentscher)

zialen, kulturellen und bildungspolitischen Aufgaben in dieser Stadt nicht lösen.

Der Herr Bürgermeister hat schon einige gute Schritte in die Richtung gemacht. Er hat das, was sich gegenwärtig Schwarz-Gelb an besonderen Geschenken im Zusammenhang mit den Hotelunternehmen vorgenommen hat, kritisiert. Auf diesem Weg müssen wir uns gemeinsam weiter bewegen, denn wir alle sehen doch, dass man im sozialen, im bildungspolitischen und auch im kulturellen Bereich in dieser Stadt nicht mehr kürzen kann, dass das nicht passieren darf und dass es praktisch an den Grundfesten dieser Stadt rüttelt, wenn wir das machen. Deswegen fordere ich Sie auf, lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen und für diese Sachen kämpfen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

(Michael Neumann SPD: Die CDU hat nichts mehr zu sagen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tschentscher, das fand ich jetzt aber wirklich eine atemberaubende Argumentation. Wir legen hier ein Sparprogramm bis zum Jahr 2013 in Höhe von 1,15 Milliarden Euro vor, und zwar im Betriebshaushalt, und dann nehmen Sie das gar nicht zur Kenntnis und sagen, dieser Senat weite die Betriebsausgaben ohne Ende aus und beziehen sich auf eine Drucksache im Kulturbereich, wo in der Tat für 1 Million Euro neue Stellen geschaffen werden. Das ist eine unseriöse Argumentation, die Sie an den Tag legen, da stockt mir schon ein bisschen der Atem. Dass Sie sich dafür nicht zu schade sind und

(Beifall bei der GAL und der CDU)

nicht mehr Argumente haben, finde ich ein bisschen traurig.

Ich kann einfach nicht verstehen, dass Sie zu dem zentralen Argument, warum wir jetzt keine Investitionen kürzen, kein Wort verlieren, aber immer wieder mit dem Punkt kommen. Wir bekommen 500 Millionen Euro vom Bund dafür, dass wir zusätzliche Investitionen tätigen und uns verpflichtet haben, bis zum Jahr 2012 keine Investitionen, die jetzt geplant sind, zu streichen. In dem Moment, wo wir diese Bedingungen verletzen, indem wir schon geplante Investitionen kürzen, so wie Sie vorschlagen, haben wir im Betriebshaushalt überhaupt nichts gespart und müssen diese Millionen zurückzahlen. Durch Ihre Vorschläge vergrößern Sie das Defizit und das stellen Sie hier als SPDgeführte Konsolidierung mit Augenmaß dar. Das können Sie einfach nicht ernst meinen. Ich verstehe schon, warum Sie diesen Zusammenhang nicht erwähnen, denn Sie haben einfach kein Gegenar

gument, aber dann sollten Sie das Ganze nicht so oft wiederholen, Herr Tschentscher.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es stimmt, dass wir die Betriebsausgaben ausgeweitet haben. Das finden Sie immer ganz schlimm, aber Sie sagen nie, welche Betriebsausgaben wir erhöht haben. Ich nenne sie Ihnen: Wir haben allein im Jahr 2008 100 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen und werden in den nächsten Jahren noch weitere schaffen. Betriebsausgaben sind aus Ihrer Sicht ganz böse, aus unserer Sicht sind das notwendige Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und in die Zukunft dieser Stadt. Da haben wir eine große Differenz, wenn Sie das kritisieren, Herr Tschentscher.

Das gilt auch für den zweiten Punkt. Wir haben die Stellenzahl im ASD gerade vor dem Hintergrund erhöht, dass die soziale Situation in dieser Stadt in vielen Bereichen prekär ist und durch die Wirtschaftskrise mit Sicherheit nicht besser wird, sondern schlimmer, und wir dort präventiv gegensteuern müssen. Auch das ist eine Erhöhung von Betriebsausgaben und in Ihrer pauschalen Aussage enthalten, wir dürften die Betriebsausgaben nicht erhöhen. Da haben wir eine ganz andere Ansicht als Sie, Herr Tschentscher. Das sind für uns notwendige Investitionen in den sozialen Zusammenhalt dieser Stadt, daran werden wir trotz Ihrer Kritik weiter festhalten und das ist richtig und gut so.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Sie haben selbst zusammengerechnet, dass Sie mit Ihren vorgelegten Sparprogrammen letztendlich um die 100 Millionen Euro erreichen, wobei dann teilweise Investitionen mit dabei sind. Sei es drum, schenken wir uns das, nehmen wir die 100 Millionen Euro. Dann werden Sie festgestellt haben, dass im nächsten Jahr 80 Millionen Euro an Zinszahlungen auflaufen und es bis zum Jahr 2013 schon mehr als 230 Millionen Euro sind. Das heißt, dass Sie mit Ihren Einsparvorschlägen, die zum größten Teil ohnehin nicht realisierbar sind, im nächsten Jahr dieses Niveau gar nicht erreichen werden. Insofern sollten Sie offen und ehrlich sagen, was Sie anders machen wollen, denn Sie kritisieren als haushaltspolitischer Sprecher die Ausweitung der Betriebsausgaben, die wir vorgenommen haben, aber Ihre fachpolitischen Sprecher haben bei jeder Entscheidung gesagt, das sei ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, aber es müsse noch viel mehr sein.

Vielleicht setzen Sie sich einmal in Ihrer Fraktion zusammen und legen Ihre Linie fest. Was Sie hier vortragen, ist wirklich völlig unglaubwürdig, weil es im Widerspruch zu allen anderen Bereichen steht, wo Ihre Fraktion von uns immer verlangt hat, das Doppelte und Dreifache zu investieren, während Sie sagen, wir sollen die Ausgaben nicht weiter erhöhen.

(Norbert Hackbusch)

Insofern sind all Ihre Argumente nicht nur nicht stichhaltig, sondern auch in höchstem Maße unglaubwürdig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bezeichnenderweise ist keiner der Redner auf das Problem der Steuersenkung auf Bundesebene eingegangen. Und ich hätte gerne vom Bürgermeister gehört, wie die Freie und Hansestadt Hamburg sich denn im Bundesrat zu diesem Problem verhält.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Man kann sich natürlich hier hinstellen, wie Herr Dr. Freytag, und sagen, die Körperschaftsteuer sei um 87 Prozent eingebrochen und die Gewerbesteuer um 23 Prozent. Das ist alles richtig. Aber wenn man sich die geplanten steuerlichen Haushaltsentlastungen beziehungsweise –belastungen für die Bundesländer und den Bund und die Kommunen insgesamt ansieht, die in den nächsten Jahren auf uns zu kommen, wenn das Programm des Bundes, das CDU und FDP vereinbart haben, umgesetzt wird, wird man feststellen, dass im Jahr 2010 6,8 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen, im Jahr 2011 dann schon 26,6 Milliarden Euro, 2012 29,4 Milliarden Euro und 2013 29,3 Milliarden Euro. Das ist eine Politik – da hat Herr Hackbusch recht, dass wir auf die Einnahmeseite des Staates gucken müssen –, die unverantwortlich ist für dieses Land. Und Sie müssen sich dazu erklären, wie Sie im Bundesrat dazu stehen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Da wird dann mit einem Mal ohne große Begründung der Mehrwertsteuersatz für das Hotel- und Gaststättengewerbe halbiert, da werden die Abschreibungen, die seit der Unternehmensteuerreform 2008 als Korrektur nicht mehr möglich sind, mit einem Mal wieder eingeführt und viele andere Dinge, die die FDP gefordert hat. Und die CDU ist nicht Manns genug, Nein zu sagen und das in dieser Haushaltssituation zu verhindern.

Da muss der Bundesrechnungshof kommen und sagen, so geht es nicht, Ihr habt die Schuldenbremse ins Grundgesetz geschrieben. Die Schuldenbremse wird dazu führen, dass sowohl die Bundesländer als auch der Bund die Verschuldung zurückfahren müssen. Und wenn Sie auf der einen Seite die Einnahmeseite in dieser Art und Weise reduzieren, dann werden Sie gar nicht darum herumkommen, in großem Maße Einschnitte zu machen, und die werden letztendlich dann nur wieder zulasten der Sozialhaushalte gehen. Das ist eine Politik, die wir als Sozialdemokraten nicht mitma

chen. Erklären Sie sich hier und heute, wie Sie im Bundesrat dazu stehen, darauf haben die Hamburger ein Anrecht.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Bischoff.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Die CDU hat wohl nichts mehr zu sagen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir können das auch noch einmal herunterbrechen, was Herr Egloff jetzt generell gesagt hat. Wir reden, wenn ich das richtig sehe, über Einnahmeverluste für das nächste Jahr in der Größenordnung von 100 Millionen Euro, wenn es bei diesem Weg bleibt. Schon das ist nicht nur für Hamburg, sondern für einen Großteil der Kommunen eine absolut nicht zu bewältigende Situation. Insofern gibt es auch aus anderen Bundesländern, aus Ostdeutschland, aus Schleswig-Holstein, klare Ansagen, dass man das nicht tragen kann, nur von unserer Regierung hört man in der Hinsicht überhaupt nichts. Insofern ist das ein ganz wichtiger Punkt, um deutlich zu machen, dass dieser Weg falsch ist.

Wenn dann, Herr Egloff hat es angedeutet, noch dazukommt, was die schwarz-gelbe Regierung für 2011 angedacht hat, dann hätten wir noch weitere 300 Millionen Euro zu verdauen. Das ist in der Tat mit den Grundstrukturen, wie wir sie in Hamburg oder in anderen Bereichen im kommunalen Sektor sehen, absolut nicht vertretbar. Das heißt, das würde in jedem Fall auf eine massive Verschärfung sozialer Spaltung und Einschränkung bei der Daseinsvorsorge hinauslaufen, was wir meines Erachtens nicht machen können. Insofern wäre es der erste Schritt, in dieser Hinsicht eine Veränderung herbeizuführen.

Herr Kerstan, ein zweiter Punkt, weil Herr Freytag das auch erwähnt hat. Sie argumentieren unter Verweis auf die Verletzung des wirtschaftlichen Gleichgewichts, wir hätten jetzt in der Situation 2009 nur die Möglichkeit gehabt, diese Schuldenpolitik zu machen. Es war herauszuhören, Herr Freytag sagte es auch, dass er weit über 1 Milliarde Euro für mögliche Weiterentwicklungen in Reserve hält, und da haben wir eine grundlegende Differenz. Wie Herr Tschentscher gesagt hat, hätte man mit der Situation ganz anders umgehen können. Man hätte sagen können, wir setzen das jetzt 2010 ein und versuchen, eine Stabilisierung hinzubekommen. Das wäre für die Stadt wesentlich billiger gewesen und zielführender, auch für die Stabilisierung der Regionalökonomie, als Ihre Operation, bei der Sie sich noch eine Wahlkampfkasse

(Jens Kerstan)

halten. Das muss man doch eindeutig so aussprechen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kienscherf.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir Sozialdemo- kraten!)