Protocol of the Session on December 9, 2009

Als Letztes noch einmal kurz zu Ihnen, Herr Gedaschko: Sie sind eigentlich ein netter Kerl, Sie hätten aber hier sagen können, dass das im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Weg ein Fehler gewesen ist, das hätte sich einfach so gehört. Uns so spät damit zu konfrontieren und zu sagen, wir müssten das zum 1. Januar umsetzen, gehört sich einfach parlamentarisch nicht und ist übrigens europapolitisch eine Katastrophe. Wir haben im Europaausschuss darüber gesprochen, wie wichtig es ist, solche Fragen ordentlich und systematisch zu debattieren. Hier haben Sie die Europapolitik ein wenig mit Füßen getreten. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Herr Egloff, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur einige Dinge richtigstellen, weil der Senator angefangen hat, ein bisschen Nebelkerzen zu werfen, indem er sagte, es gäbe doch das Arbeitnehmerentsendegesetz. Sie wissen doch selbst, Herr Gedaschko, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz nur für bestimmte Branchen gilt. Es sind fünf, sechs oder vielleicht auch neun Branchen nach der Novellierung durch das Bundesarbeitsministerium, aber mehr sind es nicht, und da sind insbesondere Dienstleistungsbranchen in bestimmten Bereichen überhaupt nicht betroffen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist das Welcome Center, das bei der Handelskammer eingerichtet wurde; es hat eine ganz andere Funktion. Wahrscheinlich haben Sie die Diskussion über die Einführung dieses Centers hier nicht mitbekommen, weil Sie zu dem Zeitpunkt noch nicht in Hamburg waren. Aber die Funktion des Welcome Centers ist es, hochqualifizierte Arbeitnehmer, die nach Deutschland oder Hamburg kommen, an der Ausländerbehörde vorbei zu befähigen, möglichst schnell in dieser Stadt einen Job anzunehmen. Das ist etwas völlig anderes, als normale Arbeitnehmer zu beraten.

Der dritte Punkt: Es ist etwas anderes, ob der DGB gefragt wird – nachdem klar ist, dass es eine Vereinbarung gibt, die man so machen kann – und dazu Stellung dazu nehmen soll,

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

(Norbert Hackbusch)

oder ob man, wie in Berlin, den DGB gleich mit einbezieht und sagt, man wolle ein Kooperationsabkommen über die Beratung der Arbeitnehmer in diesem Bereich schließen. Das sind die Unterschiede, die Sie nicht gewährleisten, und deswegen ist es schlecht, was Sie hier machen, und daher werden wir auch für unseren Antrag stimmen.

(Thies Goldberg CDU: Und wir für unseren!)

Wir hoffen auch, dass die CDU schlau genug ist, nach dieser Debatte zu begreifen, dass das Gesetz erhebliche Defizite hat.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung, zunächst zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/4810.

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen nun zum gemeinsamen Bericht des Wirtschaftsausschusses und des Haushaltsausschusses aus der Drucksache 19/4692.

Wer möchte sich Ziffer 1 der Ausschussempfehlung anschließen und das Hamburgische Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie über weitere Rechtsanpassung aus der Drucksache 19/4484 beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz auch in zweiter Lesung beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist auch in zweiter Lesung mehrheitlich und damit endgültig beschlossen.

Wer möchte sich darüber hinaus Ziffer 2 der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses aus der Drucksache 19/4692 anschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Auch hier bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall. Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss auch in zweiter Lesung fassen? – Gegenstimmen? – Stimmenthal

tungen? – Das ist mehrheitlich in zweiter Lesung und damit endgültig beschlossen.

Von Ziffer 3 der Ausschussempfehlung hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 16, 23 a und 23 b, das sind die Drucksachen 19/4537, 19/4799 und 19/4800, Bericht des Schulausschusses: Zwischenbericht Modell Hamburg Süd, zusammen mit dem gemeinsamen Bericht des Haushaltsausschusses und des Schulausschusses.

Zur Drucksache 19/4799 liegen mir als Drucksachen 19/4805 und 19/4806 zwei Anträge der CDU-Fraktion vor.

[Bericht des Schulausschusses über die Drucksache 19/2930 (Neuf.): Zwischenbericht Modell Hamburg Süd (Antrag der Fraktion DIE LINKE) – Drs 19/4537 –]

[Gemeinsamer Bericht des Haushaltsausschusses und des Schulausschusses über die Drucksache 19/4208: Gründung des Sondervermögens Schule – Bau und Betrieb (Senatsantrag) – Drs 19/4799 –]

Zur Drucksache 19/4799 liegen mir als Drucksachen 19/4805 und 19/4806 zwei Anträge der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Gründung des Sondervermögens Schule – Bau und Betrieb hier: Verwaltungsrat des Sondervermögens – Drs 19/4805 –]

[Antrag der Fraktion der CDU: Gründung des Sondervermögens Schule – Bau und Betrieb hier: Änderung des Entwurfs des Errichtungsgesetzes nach Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 94 HmbPersVG zur Versetzung der betroffenen Beschäftigten – Drs 19/4806 –]

[Gemeinsamer Bericht des Haushaltsausschusses und des Schulausschusses über die Drucksache 19/4209: "Schulbau in Hamburg – Erfahrungsbericht Hamburg Süd" Erfahrungsbericht über die Öffentlich-Öffentliche Partnerschaft im Modell Hamburg Süd und notwendige Anpassungen des Haushaltsplans 2009/2010 sowie Ausschreibung einer Tranche für den Bau bzw. die Sanierung und den Betrieb von 15 beruflichen Schulen (Senatsan- trag) – Drs 19/4800 –]

(Ingo Egloff)

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Rabe bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zwar spät, aber wir stellen mit den kommenden Abstimmungen die Weichen für Ausgaben im Volumen von vermutlich bis zu 4 Milliarden Euro, eine gigantische Summe. Das ist mehr, als die HSH Nordbank, die Elbphilharmonie und die U4 in die HafenCity zusammen verschlingen. So viel soll die Sanierung der Hamburger Schulen kosten. Jahrelang haben Hamburgs Regierungen der CDU, aber – die Ehrlichkeit gebietet es, das zu sagen – auch der SPD angesichts leerer Kassen die Instandhaltung der Schulen schleifen lassen. Wir sagen mit Ihnen gemeinsam: Jetzt muss gehandelt werden und es muss notfalls auch mit Krediten finanziert werden, wenn es nicht anders geht. Aber gerade wegen dieser gewaltigen Kosten und der gewaltigen Risiken, die damit verbunden sind, brauchen wir jetzt eine klare, seriöse und genaue Planung.

Und was passiert: Sie legen eine komplizierte Drucksache vor und jagen sie im Schnelldurchgang durch das Parlament; zwei Ausschussberatungen sollen reichen. Planungen für die nächsten 30 Jahre soll das Parlament in acht Wochen abnicken. Fragen und überprüfen – lieber nicht. Beratungsfristen – wozu? Um die normalen, regulären Beratungsfristen im Parlament auszuhebeln, haben Sie zu Beginn der Sitzung sogar zum letzten Mittel gegriffen und die Tagesordnung entsprechend verbogen.

Diese Hektik allein ist schon verdächtig. So kann man nicht die Weichen stellen für 4 Milliarden Euro Ausgaben. Wer das tut, der handelt fahrlässig.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus und Dr. Joachim Bischoff, beide DIE LINKE)

Was uns nachdenklich macht, ist, dass wir zum zweiten Mal eine Superlösung für den Schulbau verkündet bekommen. Schon 2007 war das der Fall. Damals erklärte uns die CDU-Regierung, das Problem Schulbau sei gelöst, die Schulen würden zunächst in einem ersten Schritt an die SAGA-Tochter GWG vergeben, das seien Immobilienprofis, die das gut machen könnten. Deswegen betreiben die seit 2007 im Modell Hamburg Süd die Sanierung und den Betrieb von 32 Schulen für 25 Jahre. Das Ganze sollte 12 Prozent billiger sein, als es die Behörde jemals selbst könnte. Heute fragen sich alle, warum das, wenn es damals so eine grandiose Idee war, jetzt eigentlich nicht aufgegriffen wird. Stattdessen wird plötzlich eine neue Idee präsentiert. Diese neue Heilsbotschaft heißt nicht mehr Hamburg Süd und GWG, sondern Sondervermögen. Hinter dem schönen Titel verbirgt sich in Wahrheit kein Vermögen, wie wir wissen, sondern ein gigantischer Schuldenberg, eine Art Staatsbetrieb mit Schattenhaushalt. War die

Idee Hamburg Süd doch nicht so großartig wie vermutet?

Aufschluss gibt die zweite Drucksache, die wir jetzt diskutieren. Dort ist nämlich von diesem Sondervermögen die Rede. Wenn man sich das genau ansieht, wie es einmal geplant war, dann wird man etwas nachdenklich. Der Landesrechnungshof hatte sich die ursprüngliche Drucksache zu Hamburg Süd, der ersten Lösung des Schulbaus in Hamburg, einmal genauer angesehen und sein Bericht war vernichtend. Ich will es Ihnen ersparen – auch der Länge und der Müdigkeit ist es geschuldet –, das jetzt alles einzeln zu zitieren, aber drei Botschaften sind in diesem Bericht so massiv vertreten, dass man sie hier kurz wiedergeben muss.

Erstens sagt der Bericht über Hamburg Süd, der Senat habe die rund 40 Millionen Euro zusätzliche Kosten dem Parlament nicht so richtig gesagt – so könnte man es vielleicht formulieren.

Zweitens sagt der Landesrechnungshof, die Berechnungen, die der Senat vorgelegt habe und die beweisen sollten, dass Hamburg Süd 12 Prozent billiger gewesen wäre, seien schlichtweg geschönt, künstlich geschönt zugunsten von Hamburg Süd. Statt 12 Prozent sei der Kostenvorteil nur 5 Prozent gewesen. Mindestens 10 Prozent seien aber nach Auffassung aller Beteiligten eigentlich nötig, um überhaupt so eine wahnsinnige Aktion wie das Ausgliedern von Schulen in andere Rechtsverhältnisse zu rechtfertigen.

Am besten aber ist der dritte Kritikpunkt, den wir Abgeordnete uns alle gut ansehen sollten. Der Landesrechnungshof sagt zu Hamburg Süd, der Senat habe seine Drucksache so abgefasst, dass kein Parlamentarier, selbst der Gewiefteste mit seinem Arbeitsstab und 25 Taschenrechnern nicht, in der Lage sein konnte, diese Zusatzkosten, die dort heimlich herumwaberten, zu erkennen. Und nebenbei hat der Landesrechnungshof noch gesagt, dass man damit als Senat gleichzeitig gegen Parlaments- und Haushaltsrecht verstoßen habe.

Man fragt sich nach der Lektüre dieses Rechnungshofsberichts, ob es eigentlich noch schlimmer geht. Nur das Wort Taschenspielertrick fehlte noch. Man muss ehrlich sagen: So geht es wirklich nicht mit den Drucksachen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt musste der Senat eine neue Berechnung für Hamburg Süd vorlegen, aber plötzlich werden dort ganz andere Eckdaten angesetzt. Ein Vergleich zu der ursprünglichen Berechnung des Landesrechnungshofs und der ursprünglichen Berechnung des Senats über diesen zweiten Bericht ist kaum noch möglich. Und wundersamerweise findet der Senat plötzlich Zusatzkosten in dem Alternativmodell, sodass er automatisch wieder den günstigen Vorsprung von Hamburg Süd errechnet; nicht mehr ganz so hoch, es sind nur noch 11 Prozent, also

(Präsident Berndt Röder)

gerade 1 Prozent über dieser Marge von 10 Prozent. Wenn man sich das ansieht, wartet man als Parlamentarier wieder auf den nächsten Rechnungshofbericht. Wie soll das eigentlich weitergehen? Hier muss man sich wirklich fragen, wem man glauben soll.