Wir wiederholen heute eine Debatte, die bereits vor einigen Wochen in der Bürgerschaft fast inhaltsgleich geführt worden ist.
Wenn wir das Für und Wider der Primarschule weiter austauschen, dann kommen wir vom Erkenntnisgewinn her nicht weiter. Ich versuche, noch ein
mal ein paar Einzelpunkte herauszuarbeiten. Ich habe gelesen und gehört, dass die Schulgesetzänderung in der Bürgerschaft von der Regierungskoalition durchgepeitscht werde. Das ist grober Unfug und ich habe selten ein Gesetzgebungsverfahren erlebt, das mit einer solchen Akribie und Ausführlichkeit bearbeitet worden ist.
Wir haben das volle Programm durchgeführt: Öffentliche Anhörung, Expertenanhörung, Senatsanhörung und die CDU hat auf einem eigens einberufenen Bildungsparteitag auch die Basis eingebunden.
Es kann also wirklich niemand behaupten, dass diese Reform nicht mit der nötigen Sorgfalt behandelt worden wäre. Es ist einfach wichtig klarzustellen, dass die Abgeordneten der Bürgerschaft sehr sorgfältig vorgegangen sind und wir uns genau überlegen, was wir tun.
Das kann man nicht leugnen. Es werden Kosten entstehen und diese Reform bekommen wir einfach nicht zum Nulltarif. Das ist ein Moment, wo man als Politiker Farbe bekennen muss. Wir geben dieses Geld aus, um in Hamburg das modernste Schulsystem aller Bundesländer zu schaffen. Wovon leben wir denn in diesem Land eigentlich? Wir leben doch von dem, was wir zwischen den Ohren haben. Deswegen müssen wir den Kindern gute Schulbedingungen bieten. Beweisen Sie Mut und sagen Sie, dass es richtig ist, das Steuergeld der Bürger für die Schulen auszugeben.
Der Schulbau ist mein nächster Punkt. Ich habe gelesen, dass Sie den Schulbau der nächsten Jahre kritisieren, Herr Rabe. Das finde ich sachlich nicht in Ordnung, dass Sie diesen Punkt so bringen.
Wir alle wissen doch, dass wir seit Jahrzehnten einen Berg von notwendigen Schulbaumassnahmen und Sanierungen vor uns herschieben. Wer ist denn dafür verantwortlich? Das ist doch bestimmt nicht die CDU-Fraktion. Dann vermischen Sie natürlich ständig diesen allgemeinen Sanierungsbedarf mit der Reform. Sie wissen genau, Herr Rabe, dass man diese beiden Punkte nicht vermischen darf. Die Reform hat nichts mit dem allgemeinen Sanierungsbedarf der Schulen in den nächsten Jahren zu tun. Das sind wirklich Nebelkerzen, was Sie hier werfen.
Vorgestern habe ich etwas Interessantes vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Herrn Neumann gehört, der gerade leider nicht da ist. Wir waren zusammen in einer Diskussionsveranstaltung mit Soldaten der Bundeswehr und dort sagte Herr Neumann, dass es gut für Hamburg wäre, wenn ein Bildungskonsens zwischen den Parteien bestünde. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich das gehört habe. Da erinnert man sich doch sofort daran, dass ein Bildungskonsens schon einmal greifbar nahe war.
Das war die Enquete-Kommission in der letzten Legislaturperiode und es gibt eine Menge Beispiele, wo Konsens zwischen CDU und SPD herrschte.
Wenn man sich das jetzt ansieht, zum Beispiel Seite 36 des Berichtes der Enquete-Kommission, Empfehlung jahrgangsübergreifendes Lernen: wird umgesetzt im Schulgesetz, Seite 39 des Berichtes, keine Klassenwiederholungen mehr: wird umgesetzt im Schulgesetz, Seite 84 des Berichtes, Bildung der Stadtteilschule: wird verwirklicht im neuen Schulgesetz.
Seite 94 des Berichtes, am Ende von Klasse 6 treffen die Schulen die Entscheidung über die weitere Schullaufbahn:
Ein Konsens in Bildungsfragen täte dieser Stadt wirklich gut, aber Sie sind es doch, die diesen Konsens aufgekündigt haben.
Vielleicht weicht jetzt diese Frontstellung ein bisschen auf. Ich freue mich darüber, dass die Partei der LINKEN signalisiert hat, dass sie der Primarschule zustimmen wird. Das führt vielleicht wirklich zu dem, was wir uns wünschen, nämlich dass wir über diese Grundfragen eben auch Konsens erzielen. Für Sie, Herr Rabe, wird dann vielleicht nur der nachträgliche Konsens bleiben, den Sie dann vielleicht noch erzielen können. Wenn Sie allerdings solche Worte wie Schulkrieg verwenden, werden Sie es sich wirklich erschweren, noch Einfluss auf die Politik zu nehmen; ich finde diese Worte abscheulich.
Nach den vielen Bedenken und der Kritik ist es an der Zeit, einmal darauf hinzuweisen, welche Chancen das Schulgesetz den Schülern bieten wird. An einigen Stellen ist bereits die Stadtteilschule zitiert worden, die keine Restschule ist, wie manchmal populistisch behauptet wird. Hier wird ein völlig neues Bildungsangebot geschaffen. Die Möglichkeit für jeden Schüler, auf das Abitur zuzusteuern, hat es in dieser Form noch nicht gegeben, das ist völlig neu. Wir öffnen das Bildungssystem in einer beispiellosen Weise und die Weichen dafür hat die CDU bereits in der letzten Legislaturperiode gestellt.
Ich erwähne noch einmal die Inklusion, auf die auch die Senatorin hingewiesen hat. Der regelhafte Schulbesuch von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist ein großer Schritt nach vorne, ich hatte das in der letzten Debatte detailliert ausgeführt. Die Reformpädagogik muss erwähnt werden, eine Lernkultur mit stärkerer und dokumentierter Individualisierung bestimmt das schulische Lernen. Das ist kein Programmsatz, sondern das ist wirklich konkreter gesetzgeberischer Auftrag für den Unterricht. Daran müssen wir zukünftig messen, was an den Schulen getan wird. Das sollten wir beobachten und genau sehen, dass es auch wirklich umgesetzt wird.
Hamburg setzt Maßstäbe in der Schulgesetzgebung und ich prophezeie Ihnen, dass andere Bundesländer von Hamburg abschreiben werden und wir werden es Ihnen erlauben. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie können jetzt wieder aufwachen. Das sozialdemokratische Bildungsziel war und ist immer gewesen, dass Kinder die gleichen Chancen und die bestmögliche Bildung garantiert bekommen.
(Viviane Spethmann CDU: Phrasengedre- sche! – Hartmut Engels CDU: Dann können wir ja gleich wieder einschlafen!)
Vor diesem Hintergrund haben wir zu beurteilen gehabt, ob das vorliegende Gesetz diesen Ansprüchen genügt. Da liest man zunächst einmal ganz viel von Strukturen. Die Ankündigung der Methoden, die dazu führen sollen, dass unsere Kinder tatsächlich besser gefördert werden, findet sich zwar in den Begleitmaterialien, aber zwei Jahre länger gemeinsam in einer Klasse zu sitzen, reicht allein noch nicht für ein längeres gemeinsames Lernen aus, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Die Rahmenbedingungen sind zum Beispiel auch die Weiterbildungen für die Lehrer. In diesem Lehrerarbeitszeitmodell sind 30 Stunden Weiterbildung pro Lehrer im Schuljahr vorgesehen. 30 Stunden reichen schlichtweg nicht aus, um wirklich neue Unterrichtsmethoden erlernen zu können.
Bei dieser Bildungsoffensive, die Frau Goetsch angesprochen hat und auch andere hier, geht es darum, dass diejenigen, die jetzt mit den Primarschulen anfangen, fit gemacht werden und dann ihrerseits als Multiplikatoren an den Schulen wirken, wo das dann fortgeführt werden soll. Soll das ausreichend sein? Ich glaube es noch nicht.
Diese Schule wird noch nicht deshalb gut, nur weil Sie heute ein Gesetz ändern. Diese Reform wird durch die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer mit Leben erfüllt werden. Da sind Sie uns bisher noch ganz viel schuldig geblieben.