Protocol of the Session on October 7, 2009

Es bleibt dabei: Trotz der gewissen Ungleichbehandlung von Eltern von Kindern, die um den 1. Juli herum geboren wurden, die Einführung des kostenfreien Jahres für rund 15 000 Familien in Hamburg ist ein großes Thema, das auch mit noch so vielen Anträgen nicht kleingeredet werden kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, jetzt geht

es Ihnen ja schon wieder etwas besser. Ich war schon etwas in Sorge, dass Sie vielleicht den Wahlkampf noch nicht ganz überstanden haben, denn dies hier erinnerte stark an eine Wahlkampfrede. Ich finde das manchmal etwas schade, ich weiß, Sie können auch anders.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Nein, der kann nicht anders!)

Kann er nicht? Okay.

Aber bei diesem Thema einen derartig undifferenzierten Wortbeitrag zu leisten, das versetzt mich in Erschrecken.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Ich erwarte von einem Abgeordneten, dass er nicht dasselbe macht wie vielleicht manche Bürger aus Unwissenheit: Investitionskosten mit Betriebshaushaltskosten ständig zu vermischen, ständig Investitionskosten für die Elbphilharmonie und der U4 ins Spiel zu bringen; das ist einfach schwach, Herr Kienscherf. Genauso schwach ist, dass Sie sich hier wieder hinstellen und behaupten, obwohl ich eben in aller Ausführlichkeit erzählt habe, warum die anderen Bundesländer möglicherweise das Geld übrig haben für die Kann-Kinder – ich habe Ihnen berichtet, wie hoch der Ansatz ist und wie viel in Hamburg ausgegeben wird, nämlich immerhin 2300 Euro pro Kind –, Kinder würden als Sparschweine benutzt. Das ist geradezu lächerlich, wenn man sich überlegt, dass das beitragsfreie Jahr allein rund 15 Millionen Euro kostet und dass wir für den Kitaetat etwa 460 Millionen Euro ausgeben. Es ist also sehr albern, wenn Sie sagen, jetzt seien diese 500 000 Euro nicht auch noch möglich. Man muss differenziert hinsehen und überlegen, wofür man sein Geld ausgeben muss und möchte.

Dann möchte ich noch etwas zu Herrn Yildiz sagen. Sie haben gesagt, jedes Kind solle das Recht auf Bildung haben. Das ist genau unser Ansatz, den wir auch stützen, aber ich möchte Sie bitten zu überlegen, woher diese Kinder kommen, die als Kann-Kinder eingeschult werden. In der Regel kommen sie nicht aus benachteiligten Elternhäusern, sie kommen nicht aus Elternhäusern, in denen es vielleicht an Geld mangelt, sondern sie kommen in der Regel aus Bildungselternhäusern und wenn wir ein gerechtes System schaffen wollen, dann müssen wir unseren Fokus doch auf die benachteiligten Kinder richten und die in die Kita und in die Schulen holen und dort Förderung betreiben.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Blömeke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Böwer?

(Dr. Friederike Föcking)

Nein, Herr Böwer. Ich freue mich, wenn ich Sie mal wieder hinter dem Pult sehe, aber ich habe jetzt keine Lust, mit Ihnen in einen Dialog zu treten.

(Beifall bei der GAL und bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Frau Blömeke, mit Ihrem Beitrag haben Sie noch einmal deutlich gemacht, dass Sie den einen gegen den anderen ausspielen. Wenn Sie sagen, wer diese Kann-Kinder sind – ich kenne die Untersuchungen – und aus welchen Schichten sie kommen, ist das für mich völlig egal. Es sind Kinder und wir sollten den Eltern überlassen, ob sie ihre Kinder drei Wochen früher oder später zur Schule schicken wollen oder nicht.

Wenn Frau Föcking betont, dass man ein Kind nach einer Viereinhalbjährigen-Untersuchung im fünften Lebensjahr in die Vorschule schickt und dafür Beitragsfreiheit erhält, während sie unterschlägt, dass ein anderes, zufällig nach dem 30. Juni geborenes Kind als ein Kann-Kind klassifiziert wird und somit für die Eltern die Beitragsfreiheit entfällt, dann frage ich mich, wo wir überhaupt sind.

(Christiane Blömeke GAL: Ja, das frage ich mich auch!)

Sie reden diesen 500 000-Euro-Beitrag klein. Letztendlich müssen wir aber auch sehen, dass diese Beitragsfreiheit im letzten Vorschuljahr kein Ganztagsbeitrag ist, sondern sie bezieht sich nur auf vier oder fünf Stunden und die Familien, die schon benachteiligt sind, profitieren davon wenig. Es profitieren davon hauptsächlich die Familien, die gut verdienen. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, ich bin sowieso dafür, dass Bildung komplett umsonst ist, egal, welchen Status die Eltern haben. In diesem Sinne teile ich Ihre Meinung nicht. Was die Kostenfreiheit betrifft, sagen Sie zwar, Sie seien dafür, aber in dieser wirtschaftlichen Situation müssten wir uns überlegen, was wir machen.

In der Wirtschaftskrise müssen wir mehr in die Bildung investieren, damit wir am Ende nachhaltig davon profitieren. Es geht nicht nur um das letzte Jahr, sondern auch um die ersten Jahre eines Kindes. Für uns ist ab dem ersten Lebensjahr eines Kindes das Recht auf Kita und dann das Recht auf Bildung wichtig und deswegen stimmen wir dem Antrag zu. Man sollte auch nicht ständig den Antrag kleinreden und der Opposition immer den Vorwurf machen, sie bringe keine sinnvollen Anträge. Auch wenn sinnvolle Anträge kommen, kommt für Sie am Ende immer etwas Unsinniges heraus.

Deswegen stimmen wir auch dem Antrag zu, vielleicht haben die Eltern etwas davon.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer den Antrag der SPD–Fraktion aus der Drucksache 19/4114 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zu Punkt 37 der heutigen Tagesordnung, Drucksache 19/4152, dem Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL: Gesetz zum Staatsvertrag über die Nutzung von Übertragungskapazitäten für privaten Rundfunk vom 19. Dezember 1995.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Gesetz zum Staatsvertrag über die Nutzung von Übertragungskapazitäten für privaten Rundfunk vom 19. Dezember 1995 (HmbGVBl. 1995, S. 426) – Drs 19/4152 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Müller, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu etwas späterer Stunde widmen wir uns jetzt noch dem Thema Radio. Es begleitet die meisten Menschen dieser Stadt in ihrem Tagesablauf und hat uns heute als Koalitionspartner veranlasst, Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten. Wie Sie vielleicht wissen, ist inzwischen in Hamburg und Schleswig-Holstein durch den Medienstaatsvertrag auf dem Papier und in vielen anderen Dingen ein gemeinsamer Medienraum entstanden. Über die Weiterentwicklung des Dritten Medienänderungsstaatsvertrags werden wir morgen noch sprechen.

Wir haben aber inzwischen festgestellt, dass wir auch noch andere Verträge haben, nämlich den Frequenzstaatsvertrag aus dem Jahre 1995, der auch im vorliegenden Antrag erwähnt wird und in diesen gemeinsamen Medienraum einfach nicht mehr passt. Der Senat hat in den letzten Monaten immer wieder Gespräche mit der Kieler Landesregierung geführt, um diesen alten Frequenzstaatsvertrag aus dem Jahr 1995 in die heutige Medienwirklichkeit Norddeutschlands zu bringen.

ch möchte für diejenigen, die das verständlicherweise nicht so recht wissen, kurz erläutern, was dieser alte Medienstaatsvertrag beinhaltet. Er hat zum Inhalt, dass zwei volle Radiofrequenzen vom Heinrich-Hertz-Turm, die Hamburg komplett abdecken, an zwei Sender aus Schleswig-Holstein gehen. Wir sind der Überzeugung, dass das keine allzu gerechte Aufteilung der Frequenzen in Nord

deutschland ist. Wir haben die Situation, dass zwei schleswig-holsteinische Sender in Hamburg voll empfangbar sind, und zwar weit über die Grenzen hinaus, sogar nach Niedersachsen. Wir haben auf der anderen Seite die Situation, dass wir kleinere Radiosender haben wie Radio Energy, Oldie 95 und auch Klassik Radio, die Mühe haben, überhaupt das Hamburger Stadtgebiet ganz abzudecken.

Die Koalition und als Vertreter der Senat haben versucht, mit Kiel eine Übereinstimmung zu finden, diesen Zustand von fairer Verteilung der Frequenzen neu zu justieren. Kiel hat aus seiner Sicht natürlich verständlicherweise gesagt, das sei eine hübsche Idee, aber sie wüssten schon, was sie an dem Staatsvertrag hätten und sie würden eigentlich gern alles so belassen, wie es ist. Wenn man sich den Staatsvertrag anschaut, dann gibt es dort eine Kündigungsfrist, die zum Ende des Jahres genutzt werden kann. Wir haben jetzt als Koalitionsfraktion gesagt, wir würden gern dem Senat den Rücken stärken bei der Neuverhandlung einer fairen Frequenzverteilung in Norddeutschland und haben deswegen diesen Antrag auf den Weg gebracht. Wir glauben, dass Kiel dann auf jeden Fall mit uns eher über einen fairen Interessenausgleich reden möchte. Wir haben jetzt schon festgestellt, dass die gemeinsame Medienanstalt Hamburg/ Schleswig-Holstein ein entsprechendes Gutachten, das wir heute als Antrag verabschieden möchten, bereits in Auftrag gegeben hat, um zu sehen, was im Hamburger Umland möglich ist an einer Neuverteilung der Frequenzen, sodass kleinere Sender die Gelegenheit haben, Hamburg voll abzudecken, aber darüber hinaus auch ein wenig ins Umland hineinzustrahlen, denn wir wissen, dass diejenigen, die im Speckgürtel Hamburgs wohnen, ihren Lebensmittelpunkt eigentlich in der Hansestadt haben. Dies hat sich dann im Radioalltag so nicht wiedergefunden und wir denken, das sollte geändert werden.

Ein Ziel ist, dass die kleineren Sender bessere Möglichkeiten haben, mehr Hörer und Hörerinnen zu erreichen, das andere Ziel ist, dass wir auch ein bisschen mehr Bewegung am Hamburger Radiomarkt brauchen. Wir Koalitionäre wollen im Rahmen der Musikstadt Hamburg auch Platz schaffen für ein redaktionelles Musikradio, das dann ganz zentral als Aufgabe hat, die Musik zu spielen, die wir in vielen Radiosendern so heute in Hamburg nicht hören.

Ein kleines Beispiel: Das Reeperbahn-Festival hat gerade stattgefunden, es war sehr erfolgreich. Leider haben die meisten Hamburgerinnen und Hamburger von dieser neuen Musik, die in den Clubs gespielt wird, tagsüber relativ wenig mitbekommen. Wir finden, das muss in Zukunft nicht so bleiben. Wir wollen deswegen auch solchen Newcomern neuer Musik, aber auch überhaupt Musik, die vielleicht bisher so in den Radios in Hamburg nicht

ausgestrahlt wird, eine Chance geben und wir hoffen, dass wir mit diesem Antrag dem Senat den Rücken stärken, einen fairen Interessenausgleich bei dieser Frage der Radio-Frequenzverteilung in Norddeutschland zu schaffen und wünschen uns Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Wankum.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktionen der Regierungskoalition, das hat der Kollege Müller eben gesagt, werden heute unserem Antrag zustimmen, mit dem der Senat ersucht wird, zuerst einmal gemeinsam mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung und der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein die Versorgungssituation in und um Hamburg im Bereich der Übertragungskapazitäten für privaten Rundfunk auf Optimierungspotenziale untersuchen zu lassen. Aus den Ergebnissen sollen mögliche Handlungsoptionen für beide Länder gefunden werden im Sinne eines Gesamtinteressenausgleichs. Wir regen an, die damit eventuell erforderliche Kündigung fristgerecht zum Ende dieses Jahres mit Wirkung zum Ende nächsten Jahres auszusprechen. Da wird niemand Schaden nehmen, sehr geehrte Frau Artus, sondern Hamburg wird seine Position verbessern, ohne dass Schleswig-Holsteins Position damit verschlechtert wird. Das bisherige Gesetz, das die Beziehungen diesbezüglich regelt, stammt, wie gerade gesagt, aus dem Jahr 1995, ist mithin ein Dutzend Jahre alt und das sind in diesem Bereich Generationen.

Uns kommt es darauf an, Hamburg und diese Branche in Hamburg für künftige Generationen fit zu machen. Liebe Frau Artus, da hoffe ich auf das, was uns Frau Heyenn eben in der Schuldebatte attestiert hat, auf Ihre Lernfähigkeit. Mir fällt auf, dass im Medienbereich Ihre Fraktion leider zu oft zu den ewig Gestrigen gehört.

(Barbara Ahrons CDU: Nicht nur im Medien- bereich!)

Nicht nur im Medienbereich, da haben Sie recht, das stimmt.

Aber Sie haben uns eben Lernfähigkeit attestiert, vielleicht haben Sie sie in diesem Bereich auch.

Wir sind für die Stärkung der Metropolregion. Wir sind für ein faires und ausgeglichenes Miteinander mit Niedersachsen, vor allen Dingen aber mit Schleswig-Holstein. Und so kann es nicht angehen, dass schleswig-holsteinische Sender, wie insbesondere "radio delta" und Radio Schleswig-Holstein in ganz Hamburg zu hören sind, damit gewaltig am Hamburger Werbekuchen teilnehmen und Einnahmen generieren, die dem Hamburger Markt und der Stärkung der Medienwirtschaft in Hamburg

(Farid Müller)

verlorengehen, während die Hamburger Sender nicht einmal im Speckgürtel rund um Hamburg herum zu empfangen sind. Auch gehen in Hamburg dadurch Arbeitsplätze verloren.

Ich kann den Direktor der Medienanstalt Hamburg/ Schleswig-Holstein, Thomas Fuchs, gut verstehen. Er muss einfach auch auf die Belange Schleswig-Holsteins Rücksicht nehmen. Aber ich denke, nach einem Austausch hat er auch verstanden, warum wir das heute beschließen, was wir beschließen werden und ich bin mir sicher, dass die Ergebnisse der gutachterlichen Untersuchungen beide Seiten dazu bringen werden, vertragliche Regelungen für die Zukunft miteinander zu vereinbaren, die kleineren hamburgischen Veranstaltern eine adäquate Umlandversorgung ermöglichen.

Dass wir dieses ohne eine Kündigung des Staatsvertrages erreichen, hoffe ich, nur: Der kluge Hamburger baut eben vor.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)