Protocol of the Session on September 3, 2009

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

bin ich trotzdem angenehm berührt, wie weit Sie das differenziert haben und nicht in eine Art von Populismus merkwürdigster Art verfallen sind wie Frau Dr. Hochheim.

Frau Dr. Hochheim, wenn Sie meinen, dass eine Eingliederungsvereinbarung partnerschaftlich geschlossen würde, dann frage ich mich, in welchen ARGEn Sie zugegen sind. Ich habe es mehrmals erlebt, persönlich und auch in Begleitung von anderen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, dass die Eingliederungsvereinbarung aus dem Computer kommt und dann die Forderung kommt, wenn Sie jetzt nicht unterschreiben, sperren wir Ihnen das Geld. Das ist eine Nötigung im Amt und die wird eigentlich nicht mehr mit Geldstrafe bestraft, sondern sogar mit Gefängnis. Das wollen wir einmal klar

stellen. Ich weiß nicht, wo Sie zugegen sind. Da, wo es wirklich brennt, scheinen Sie nicht zu sein.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Olaf Ohlsen CDU: Was erzählt er uns eigent- lich?)

Herr Ohlsen, ich erzähle aus meiner Erfahrung. Wenn Ihnen das nicht passt, dann können Sie das gerne tun, Sie können gerne einmal mitkommen, Sie können sich das gerne einmal ansehen, dann werden Sie sehen, was sich tatsächlich in den ARGEn abspielt.

Aktivierende Arbeitsmarktpolitik, Frau Badde, ist auch ein Maßnahmenkarussell. Wenn ich mir Ihre Anfragen ansehe – das habe ich in letzter Zeit getan –, dann fällt mir etwas auf. Sie stellen eigentlich keine Fragen, die darauf abzielen, wie man die Situation der Erwerbslosen und der Langzeiterwerbslosen verbessern kann, sondern Sie stellen Fragen danach, wie es den Trägern geht. Da kann sich jeder gut überlegen, weshalb das so ist, Frau Badde, und wie weit Sie mit den Trägern – wie es zum Beispiel die HAB ist – in alter Beziehung stehen.

Die Weigerung, einen Ein-Euro-Job anzunehmen mit einer Nötigung bei der Eingliederungsvereinbarung, finde ich ein ziemlich starkes Stück. Und dann sagen Sie, 9 Prozent legen Widerspruch ein. Gut, es wird immer weniger Widerspruch geben, ich erlebe das auch bei uns in der Beratung. Immer mehr Menschen kommen nach vier Jahren und stehen in einer psychosozialen Situation, dass sie sich eigentlich gar nicht mehr wehren können. Denen kann man helfen, dass sie wieder stark werden, um sich zu wehren. Aber der Personenkreis, der gar nicht mehr aus dem Haus geht, wird immer größer. Das können wir sicher nicht als einen Erfolg sehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und dann ist die Rede von Anerkenntnissen. Ich sage Ihnen, wie das abläuft, gerade kürzlich hatten wir so einen Fall. Wir machen eine schriftliche Eingabe an das Sozialgericht, dann ruft der Richter bei der ARGE an, die ARGE knickt ein, übernimmt genau das und fordert dann noch, dass bestimmte Gebühren an den Rechtsanwalt nicht zu zahlen wären; so läuft das ab. Wie sich das statistisch niederschlägt in all den erfolgreichen Widersprüchen und Sozialgerichtsverfahren, das ist noch eine ganz andere Frage.

(Andy Grote SPD: Das ist haarsträubend, was Sie da erzählen!)

Es ist nicht haarsträubend, sondern die Wahrheit.

Frau Badde, Sie haben angeführt, dass der Personalbestand der ARGE aufgestockt worden sei; das ist korrekt. Aber sehen Sie sich einmal an, wo er aufgestockt worden ist, nämlich in den Leistungs

(Antje Möller)

abteilungen und nicht in der Vermittlung und Beratung. Wer meint, dass bei der ARGE grundsätzlich eine vernünftige Beratung ablaufen würde, der hat keine Erfahrung, sondern redet aus einer theoretischen Situation heraus. So sollte es sein, das ist richtig, aber so ist es nicht. Die Gegenwart sieht leider Gottes sehr viel anders aus. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Frau Badde.

Herr Joithe, Sie haben immer die Praxis mit Löffeln gegessen und andere haben überhaupt keinen Zugang und keine praktische Erfahrung. Ich habe jahrzehntelang im Sozialhilfebereich gearbeitet und glaube, dass ich da auch einiges vorzuweisen habe, aber das nur nebenbei gesagt.

Als größte Unverschämtheit empfinde ich es, dass Sie jedem Mitarbeiter der ARGEn unterstellen, eine strafbare Handlung zu begehen, die nicht nur mit Geldstrafe, sondern mit Knast bestraft werden sollte. Das ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD, der CDU und bei Mi- chael Gwosdz und Antje Möller, beide GAL – Glocke)

Frau Badde, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Joithe?

Elke Badde: Ja.

Frau Badde, es ist eher eine Erwiderung. Ich habe nicht jedem Mitarbeiter unterstellt,

(Olaf Ohlsen CDU: Sie haben pauschaliert!)

dass er rechtswidrig handelt. Das würde ich nie tun, denn es gibt eine ganz gute Gruppe innerhalb dieser Mitarbeiter, die durchaus auch vernünftig beraten. Es ist leider aus meiner Erfahrung nicht die Mehrheit.

Herr Joithe, dann müssen Sie aber versuchen, dies auch entsprechend zu formulieren. Sie haben das anders formuliert und das können Sie gerne nachlesen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und bei Linda Heitmann GAL)

Hinzu kommt, das können Sie den Anfragen entnehmen, dass die Eingliederungsvereinbarungen längst nicht mehr mit Sanktionen durchgesetzt werden. Die waren immer umstritten. Es ist völlig

richtig, dass das in der Vergangenheit geschehen ist. In der Anfrage im Bundestag ist dies entsprechend beantwortet worden, so wie es auch von wesentlichen Vertretern des Bereiches vertreten wird. Jede Eingliederungsvereinbarung kann prinzipiell auch per Verwaltungsakt durchgesetzt werden, sie muss nicht ernötigt und schon gar nicht mit Sanktionen erwirkt werden. Neben aller Schwäche, die die Praxis unter Umständen hatte, wird das so überhaupt nicht mehr angewendet.

Zu dieser Unterstellung der Nähe zu Trägern möchte ich eigentlich gar nicht Stellung nehmen. Nur wenn Sie genau gelesen hätten, dann zielen die Fragen in folgende Richtung: Warum betreiben wir ein oberbürokratisches Interessenbekundungsverfahren, in dem jeder Träger 17 Aktenordner einreichen muss, um überhaupt eine Maßnahme durchführen zu dürfen? Warum verwenden wir nicht diese Energie und Zeit, um dem Hilfeempfänger etwas zugutekommen zu lassen? Und das gilt eben auch bei den Trägern, die Verwahrung gegen die Bürokratie und gegen nicht eindeutig nachprüfbare Kriterien. Wie werden denn Ein-Euro-Jobs verteilt, sind sie überhaupt wirksam? Kein Mensch sagt uns doch, ob sie wirklich wirksam sind. Sie behaupten ja, sie seien es ohnehin nicht.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Sind sie auch nicht!)

Ich möchte eine dezidierte Darstellung, für wen es sinnvoll ist, und keine, die nur sagt, wer nach drei Monaten noch in Arbeit ist. Das muss langzeitmäßig verfolgt werden.

All diese Dinge, die die Bürokratie verhindert, können dazu verwendet werden, um Geld und Energie in den Hilfeempfänger selbst zu stecken. Das ist das oberste Gebot, das hier zu gelten hat und das ist es, was unsere Fraktion auch verfolgt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/3885 an den Wirtschaftsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren abgelehnt worden.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte sich dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/3885 anschließen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3: Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben

(Wolfgang Joithe-von Krosigk)

Drs 19/3490 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 19/3491 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 19/3492 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingabe – Drs 19/3493 –]

Ich beginne mit dem Bericht 19/3490. Hierin sind nur einstimmige Empfehlungen enthalten.

Wer möchte diesen folgen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig erfolgt.

Nun zum Bericht 19/3491, zunächst zu Ziffer 1. Hierin sind nur einstimmige Empfehlungen enthalten.

Wer möchte diesen folgen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Auch das ist einstimmig.

Die in Ziffer 2 erbetene Kenntnisnahme ist erfolgt.

Weiter zum Bericht 19/3492, auch hier zunächst zu Ziffer 1. Hierin sind ebenfalls nur einstimmige Empfehlungen enthalten.

Wer möchte diesen folgen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig erfolgt.