Protocol of the Session on September 2, 2009

Herr Bischoff, ich bekenne, dass ich persönlich aus den verschiedensten Gründen sogar für eine Gesamtauflösung des Freihafens gewesen wäre. Die Aktivitäten der Initiative Pro Freihafen führten dazu, dass die Politik einen Kompromiss geschlossen hat, indem sie den Freihafen nicht ganz auflöst. Es standen drei Alternativen zur Auswahl, Herr Egloff,

(Ingo Egloff SPD: Stimmt!)

nämlich Beibehaltung, Verkleinerung oder Auflösung. Wir haben uns für die zweite Variante entschieden, um den kleinen und mittleren Betrieben entgegenzukommen und sie auf der sicheren Seite zu sehen. Das war die Ausgangslage und das sind die Rahmenbedingungen, Herr Bischoff, die seit 120 Jahren, also seit der Existenz des Freihafens bestehen und sich in diesen 120 Jahren erheblich verändert haben. Denken Sie doch nur an die Containerisierung des Hamburger Hafens oder an die HafenCity oder an den "Sprung über die Elbe". All das hat dazu geführt, dass die Grenzen, die einmal durch den Baumwall oder die Speicherstadt vorgegeben waren, heute nicht mehr existieren. Sie haben recht, dass es natürlich eine grundsätzliche Entscheidung der Politik ist, aber auch Aufgabe des Parlaments, maßgeblich daran mitzuarbeiten, denn schließlich ist das Thema wichtig für Hamburgs Zukunft. Machen wir uns bitte nichts vor mit dem "Sprung über die Elbe", aber das Entfernen dieses trennenden Zauns könnte attraktives Wohnen am Wasser ermöglichen und wäre hinsichtlich der Internationalen Bauausstellung sinnvoll.

(Carola Veit SPD: Davon reden Sie ja auch seit Jahren!)

Es geht also nicht nur um die Schaffung neuer Arbeitsplätze, Herr Bischoff, sondern wir müssen auch den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Das ist geschehen und ich denke, wir sind auf einem guten Weg. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Schwinke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu dem in Rede stehenden Thema ist nahezu alles gesagt worden und die Hal

tung meiner Fraktion sowohl aus stadtentwicklungs- als auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ist klar. Wir haben uns für die Verkleinerung der Hamburger Freihafenzone ausgesprochen. Der Hafen ist das Herz der Hamburger Wirtschaft und braucht auch in schwierigen Zeiten unsere Unterstützung. Dieses Herz muss vor zu viel Aufregung und falschen Therapien geschützt und in Bewegung gehalten werden, damit sich keine Zonen mit mangelhafter Durchblutung bilden.

Wir müssen uns immer wieder fragen, ob die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Hafenflächen irgendwann einmal genutzt werden. Seit Jahren sind sich die Parteien in der Hamburgischen Bürgerschaft einig, dass dies verbesserungswürdig ist. Die Bedeutung der Zollfreizone ist erheblich zurückgegangen, die Zollgrenzen erweisen sich heute für die Verkehrsströme und damit für die wirtschaftlichen Interessen vieler Unternehmer sogar als hinderlich. Über die Parteigrenzen hinaus besteht Einigkeit darüber, dass die Zollfreizone verkleinert werden kann, aber dem Senat gelingt es nicht, eine befriedigende Lösung im Sinne von Befriedung zu finden. Das, Herr Senator Gedaschko, ist allerdings kein Glanzstück.

Die GAL hat bereits 2007 noch zur Oppositionszeit einen Antrag gestellt, die Zollfreizone zu verkleinern.

(Jens Kerstan GAL: Genau!)

Obwohl die Fakten schon damals auf dem Tisch lagen, konnte sich die CDU nicht zu einem Entschluss durchringen. Allerlei Bedenken wurden vorgetragen, eine Anhörung hatte für die CDU-Abgeordneten noch kein klares Bild ergeben und Wettbewerbsnachteile sollten geprüft werden. Deshalb vertagten Sie, meine Damen und Herren von der CDU, den Antrag am Ende der letzten Legislaturperiode auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Die GAL brachte das Thema dann wohl in die Koalitionsverhandlungen ein und nötigte der CDU Zugeständnisse ab. Von einer soliden, zukunftsweisenden und auf die Interessen der Nutzer der Zollfreizone Rücksicht nehmende Politik kann bis heute nicht gesprochen werden.

(Thilo Kleibauer CDU: Das klang bei Ihnen aber auch schon mal anders!)

Die Einwände der Bundesregierung und der Bundesbehörde sind ein weiterer Tiefschlag für den CDU/GAL-Senat. Deshalb ist die Wirtschaftsbehörde nicht in der Lage, einen mit allen Beteiligten abgestimmten Entwurf vorzulegen oder Handlungsalternativen aufzuzeigen, die dann zur Diskussion gestellt werden.

Es ist mir absolut unverständlich, weshalb in dieser Frage nicht ein für alle Seiten akzeptabler Kompromiss gefunden werden kann. Vor 120 Jahren wurde der Freihafen mit einem gewaltigen Aufwand und gegen die Interessen vieler Bewohnerinnen

(Olaf Ohlsen)

und Bewohner geschaffen. Aber die damalige Politik hatte, ganz im Gegensatz zur heutigen, wo der Senat ziellos im Nebel stochert und hier und dort aneckt, ein Ziel. Die Position der SPD war immer eindeutig und befürwortet eine optimale Nutzung der begrenzten Hafenflächen. Ändern sich die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, so muss auch die Nutzung überprüft werden. Dass die Zollfreizone deutlich verkleinert werden kann, steht außer Frage. Der Senat muss einen Interessenausgleich herbeiführen. Unternehmen, die vom Zollprivileg profitieren, müssen mit ihren Arbeitsplätzen erhalten bleiben und für die Zollabwicklung muss endlich ein Gesamtkonzept her. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Senator Gedaschko.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da wird heute, so kurz vor der Wahl, noch einmal starker Tobak abgeschossen. Zu Ihrem Vorwurf, wir hätten keinen Antrag gestellt, Herr Bischoff: Dieses Thema haben wir sogar im Wirtschaftsausschuss vorgestellt und auch, dass Herr Staatsrat Frigge diesen Brief nach Berlin geschrieben hat, darin ein grobes Unverständnis zum Ausdruck gebracht und klipp und klar mitgeteilt hat, was Hamburg will. Was der Bund will, ist allerdings etwas anderes. Der Bund will Kosten sparen, er will natürlich weitestgehend seine Zollbeamten abschaffen. Das ist aber nicht unbedingt das Interesse von Hamburg.

(Beifall bei Bernd Capeletti CDU)

Unser Interesse ist es nämlich, diejenigen Betriebe, die darauf angewiesen sind und sich in der Initiative Pro Freihafen engagieren, ernst zu nehmen. Herr Bischoff, der Vorwurf, wir hätten nicht mit diesen Unternehmen gesprochen, sie nicht beteiligt, geht an der Wahrheit völlig vorbei. So etwas zu behaupten ist unredlich.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ferner möchte ich Ihnen sagen, dass die Tücke wieder einmal im Detail liegt, nämlich in der Tatsache, dass es so viele Beteiligte gibt. Bei den jetzigen Abstimmungsgesprächen brauchen wir beispielsweise sechs weitere Gesprächsrunden, um die Beteiligten einzubinden. Uns dann vorzuwerfen, es ginge nicht schnell genug oder wir würden sie nicht beteiligen, oder wenn wir schnell wären, könnten wir sie nicht beteiligen, halte ich auch nicht gerade für sehr redlich.

(Ingo Egloff SPD: Fakt ist, dass Sie schon seit 2007 damit rumhökern!)

Das ist Demokratie und wir versuchen tatsächlich, einen Interessenausgleich zu finden, das heißt

aber auch, dass wir uns die Zeit für diese Gespräche nehmen. Erfreulich ist, dass mittlerweile die Bundesfinanzdirektion eingelenkt hat und gesagt hat, sie könne sich durchaus eine kleinere Freihafenzone vorstellen, auch wenn diese etwas anders aussehen würde als das, was wir ursprünglich eingereicht haben. Bevor der Senat dies verkündet, wollen wir aber die jetzigen Pläne mit allen Beteiligten und der Bundesfinanzdirektion besprechen. Ich finde, das gehört sich so im Umgang mit Unternehmen und die Dinge nicht einfach par ordre du mufti vom Senator zu verkünden.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Ich möchte noch einen Hinweis zum Zollzaun liefern. Die Bundesfinanzdirektion ist kompromissbereit, auch wenn sie es für die vernünftigste Regelung hält, überhaupt keine Freizone mehr zu haben. Das werden wir mit den Betroffenen ausdiskutieren und das Ergebnis, das sich auf jeden Fall etwas von dem unterscheiden wird, was wir ursprünglich in den Senat eingebracht haben, dem Senat mitteilen. Auch das gehört für uns zur Klarheit dazu, Herr Bischoff. Insofern verstehe ich Ihre Aufregung nicht. Wir haben alles offen im Ausschuss dargelegt, wir beteiligen die Betroffenen intensiv und genau das hatten Sie doch gefordert. Ihre Anschuldigungen gehen völlig an der Sache vorbei.

Lassen Sie uns lieber konstruktiv an diesem Thema arbeiten. Alles was wir machen, sämtliche Gesprächsrunden, machen wir für die Initiative Pro Freihafen. Der Vorwurf, wir würden uns keine Mühe geben, trifft uns nicht. Wir hätten es uns ganz einfach machen und bereits vor einem halben Jahr entscheiden können, ob wir den Freihafen vollständig abschaffen und die Sache wäre erledigt gewesen, aber genau das wollen wir nicht. Wir geben uns Mühe und uns dies vorzuwerfen, ist schade und schafft nicht gerade Vertrauen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bischoff, ich habe ja verstanden, dass Sie irgendetwas total erbost, aber was genau Sie so aufgeregt hat und was Sie mit dieser Anmeldung bezwecken wollen, ist mir nach Ihrer Rede genauso schleierhaft wie vorher. Anfangs hatte ich noch gedacht, es ginge Ihnen um die Sache, um die Unternehmen, die Beschäftigten, die Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen. Sie haben sich dann aber sehr stark in dem Verfahrensprocedere und Ihren parlamentarischen Rechten verheddert und deswegen weiß

(Karl Schwinke)

ich jetzt nicht so recht, was ich zu Ihrem relativ wirren Vortrag sagen soll.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Sie müs- sen ja nichts sagen!)

Es wurden ein paar Legenden gestrickt, die ich gerne gerade rücken möchte.

Im Zuge dieses Senatsbeschlusses, der, wie Herr Schwinke richtig anmerkte, aufgrund einer parlamentarischen Initiative aus der letzten Legislatur meiner Fraktion zustande kam, war ich auf drei Anhörungen, bei denen immer die Initiative Pro Freihafen und die Zolldirektion anwesend waren und bei denen wir alle Argumente ausgetauscht haben. In all diesen Anhörungen haben ich meine Kollegen, übrigens auch die ehemalige Kollegin Frau Dräger, die ich sehr schätze, die Argumente der Initiative Pro Freihafen geprüft und sie mit der Zolldirektion diskutiert. Meiner Meinung nach hatten sie alle keinen Bestand und ich konnte keinen konkreten Grund für eine Zollzone erkennen, auch nicht für eine verkleinerte. Dass wir sie dann trotzdem gemacht haben, waren ein Kompromiss und das Eingehen auf Mittelständler, die sich aufgrund der Änderung des Zollregimes Sorgen machten. Es wurden ihnen zwar die Eckpunkte dargestellt, aber sie befürchten trotzdem Nachteile für ihr Geschäftsmodell. Solange die Verordnung nicht schriftlich vorliegt, glauben sie einem nicht, da nützen auch zehn Gesprächsrunden mit ihnen nichts. Trotzdem haben wir uns dafür entschieden, sie ernst zu nehmen und versprochen, die Freihafenzone zu verkleinern. Wenn sie erst einmal verkleinert ist, werden sie relativ schnell erkennen, dass eine Freihafenzone im Grunde unnötig ist.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Richtig!)

In der jetzigen Situation kann ich Ihren Vorwurf, man nähme diese Unternehmer nicht ernst oder würde nicht mit ihnen reden, überhaupt nicht verstehen. Hätten Sie die dazu vorliegenden Protokolle gelesen, würden Sie diesen Vorwurf nicht erheben.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Dass der Bund das Interesse hat, die Zollzone komplett aufzuheben, hat der Senator richtig geschildert. Dass darüber verhandelt wird, stimmt auch und das Schreiben der Behörde habe ich mir einmal zeigen lassen. Darin steht – Herr Gedaschko korrigieren Sie mich bitte gegebenenfalls –, dass Hamburg hiermit die Verkleinerung der Freihafenzone beauftrage. Daraufhin hat das Finanzministerium geantwortet, darin könne es keinen Antrag erkennen. Das ist nicht das Problem der hamburgischen Behörde gewesen, sondern offenkundig kann jemand im Bundesfinanzministerium nicht lesen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Dass Sie sich das hier zu eigen machen, ist wirklich absurd. Insofern weiß ich nicht, worum es Ihnen heute ging, ob Sie hier wieder Ihre alte Platte auflegen wollten, dass Ihre Rechte beschnitten werden, oder ob Sie sich jetzt der Interessen kleiner, entrechteter Mittelständler annehmen wollten, ich weiß es nicht. Vielleicht stellen Sie es noch einmal klar, aber in der Sache ist alles gesagt worden, was man bei diesem Stand der Dinge sagen kann. Und vielleicht kommen wir zu einer einvernehmlichen Lösung, darüber wäre ich froh. Wir haben von unserer Seite alle Schritte eingeleitet, um die Zustimmung auch der Initiative Pro Freihafen zu bekommen, und wenn wir sie bisher noch nicht hatten, dann muss man sagen, dass die einfach nicht wollen. Aber rational nachzuvollziehen ist das nicht. Nennen Sie mir einen einzigen konkreten Grund, der wirklich belegt, dass man diese Freizone für die Um- und Weiterverpacker braucht. Den habe ich von Ihnen noch nicht gehört und von der Freizonen-Initiative auch noch nicht. Wir sind trotzdem auf ihre Interessen eingegangen und wir sollten jetzt endlich zu einem Ergebnis kommen, um für die Stadtentwicklung und auch für die Entwicklung der Hinterlandverkehre im Hafen, auch wenn diese im Moment nicht mehr der Flaschenhals sind, weil zurzeit nicht so viele Container im Hafen sind, aber zu Boomzeiten war dies eins der großen Probleme, eine vernünftige Lösung herbeiführen zu können. Deshalb würde ich mich auch freuen, wenn die SPD jetzt nicht im Nachschlag irgendwelche Differenzen aufmacht, die wir in der letzten Legislaturperiode bei dem Thema überhaupt nicht hatten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Bischoff.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Jetzt hat er nach- gelesen! Geben Sie zu, dass Sie sich ver- rannt haben!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich gebe zu, dass mir diese Attitüde der Grünen, diese Oberlehrerhaftigkeit, die wir heute wieder gesehen haben,

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Hei- terkeit und Zurufe bei der CDU)

mir ziemlich auf den Zeiger geht und ich möchte mir das nicht zu eigen machen. Sie sagen, dass ich eine Platte auflege und wirr rede. Das können Sie alles behaupten, das stört mich jetzt auch nicht weiter.