Zu Ihren unzähligen Prüfaufträgen und Berichterstattungen habe ich heute schon einmal etwas gesagt. Sie führen in der Regel zu nichts und in diesem Fall auch nicht. Dass aber ausgerechnet die GAL, wenn man den Antrag liest, noch Zweifel am sicheren Betrieb von Krümmel ausräumen will, ist nun wirklich bemerkenswert.
Ich möchte auf etwas in der Darlegung hinweisen. Die GAL weist zusammen mit der CDU jegliche Gestaltungsmöglichkeiten von sich. Gott sei Dank haben Schleswig-Holstein und der Bund die Verantwortung und Sie sind fein raus; sind Sie aber nicht. Sie haben noch nicht einmal im Antrag die Möglichkeiten erwogen, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, und das ist nichts Ungewöhnliches. Man könnte zum Beispiel ein Reaktortypen-Stilllegungsgesetz einbringen und Schleswig-Holstein und Niedersachsen wären bestimmt dafür zu gewinnen und andere Bundesländer auch. Das wäre nach dem Atomgesetz völlig unproblematisch, man muss es nur wollen. Die zweite Möglichkeit einer Bundesratsinitiative wäre, Regeln für die Zuverlässigkeit eines AKW-Betreibers festzulegen, die Betriebserlaubnis endgültig zu entziehen und auch keine positive Zukunftsprognose mehr zu geben, weil ein paar Mängel beseitigt oder zwei Leute entlassen wurden.
Sie haben in Ihrem ersten Teil der Rede ganz klar und deutlich gesagt, man könne keine Zweifel mehr daran haben, dass Vattenfall nicht in der La
ge sei, AKWs zu betreiben, aber im Antrag liest es sich völlig anders. Der Senat hätte auch mit dem Verwaltungsprivatrecht durchaus die Möglichkeit, in den Verträgen, die er mit Vattenfall hat, auf Vattenfall einzuwirken und etwas zu bewegen.
Wirklich aufgestoßen ist mir, dass im Zusatzantrag von CDU und GAL zu lesen ist, bei Zweifeln am weiteren sicheren Betrieb müsse das AKW Krümmel dauerhaft stillgelegt werden.
In der Presseerklärung schreibt Frau Weggen: Wir wollen, dass Krümmel dauerhaft vom Netz geht, wir fordern von den zuständigen Behörden in Schleswig-Holstein eine detaillierte Aufarbeitung. Sie sagt dann, eine Wiederinbetriebnahme von Krümmel sei für die Stadt Hamburg und ihre Umgebung ein unkalkulierbares Risiko. Im Antrag heißt es, es könnte sein, dass es so ist, und Sie sagen in Ihrer Presseerklärung, es sei so. Tatsächlich ist es so, dass Sie eigentlich Vattenfall wirklich noch eine Chance geben.
Auf Bundesebene werden wir es am kommenden Samstag erleben, dass die Grünen sich als die einzige radikale Atompartei aufspielen und hier vor Ort in Hamburg können Sie sich nach der Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg noch nicht einmal dazu durchringen, eine Stilllegung für Krümmel zu fordern. Der Zusatzantrag der GAL liest sich nicht nur so, dass Sie sich offenbar schon wieder mit dem Weiterbetrieb angefreundet haben, sondern Sie geben mit diesem Antrag, den Sie mit der CDU ausgehandelt haben, Vattenfall noch einen GAU frei und dieser Antrag ist ein GAU für die GAL.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben im Sommer schon einmal sehr intensiv über Krümmel diskutiert und auch heute gilt für mich, dass die Pannenserie in Krümmel definitiv nicht ohne Konsequenzen bleiben darf. Dieser Zwischenfall am 4. Juli, der auch in Hamburg sehr spürbar war und konkrete Auswirkungen hatte und auch die Debatte um Krümmel und die Zukunft der Atomenergie befeuerte, hat noch einmal deutlich gemacht, wie berechtigt die Zweifel an der Sicherheit dieses Atomkraftwerkes sind. Insofern begrüße ich die heutige Debatte, weil gerade die Sicherheit Hamburgs, der Hamburgerinnen und Hamburger, vom AKW Krümmel sehr betroffen ist.
Natürlich ist es gut, dass schon darauf hingewiesen wurde, weil es schlicht Realität ist, dass die Atomaufsicht für Krümmel in Schleswig-Holstein
liegt und dass die Gesetzgebungskompetenz auf Bundesebene liegt, aber ich begrüße die Debatte trotzdem. Als ich Ihnen jetzt zugehört habe, Frau Heyenn, habe ich mich gefragt, wie man sich auf einmal diese Schärfe in der Debatte erklärt, die wir im Juli nicht hatten. Es hat sicher etwas damit zu tun, dass wir diese Debatte vier Wochen vor einer Bundestagswahl führen. Das ist gut so, aber das prägt vielleicht auch die Debatte und zeigt, dass es das Bedürfnis gibt, noch einmal besonders deutlich zu machen, wie die Parteien dazu stehen, denn Ihre aufgestellten Forderungen, die wesentlichen Forderungen, was die Zukunft der Atomenergie angeht, haben Sie in einer Weise beschrieben, die natürlich andere bundesgesetzliche Regelungen notwendig machen. Deswegen kann ich mir die Schärfe in dieser Debatte zwischen den Fraktionen wirklich nur durch den Bundestagswahlkampf erklären, aber nicht durch den Unterschied Ihrer Fraktion zur Position der Grünen in der Frage der Atomenergie. Das ist definitiv so aufbereitet, dass ich es mir mit dem Wahlkampf gut erklären kann, aber wenn wir die Einigkeit in der Sache feststellen wollen, dann ist die an der Stelle viel größer und das wissen Sie auch.
Frau Hajduk, hatten Sie den Eindruck, dass Frau Weggen in ihrer Rede den Antrag vorgestellt hat oder eine ganz andere Auffassung vertreten hat?
Ich habe Frau Weggen sehr konzentriert zugehört und sie hat noch einmal deutlich gemacht, welche Mängel aufgetreten sind, über welche Pannen berichtet wurde nach den Vorfällen in Krümmel und da hat sie nichts ausgelassen, sondern das sehr ausführlich geschildert. Ich sehe einfach eine große Ähnlichkeit in der Einschätzung, die Sie anscheinend zu Krümmel haben, und mehr wollte ich von meiner Warte aus nicht deutlich machen.
Insofern finde ich es auch richtig zu sagen, solange es Zweifel am sicheren Betrieb des AKW Krümmel gibt, darf dieses AKW nicht wieder ans Netz gehen. Aber richtig ist auch, dass es nicht nur eine politische Frage ist, die man in diesem Hause feststellen könnte, sondern es ist damit auch eine sehr komplizierte rechtliche Prüfung verbunden. Das wusste schon Frau Trauernicht, als sie im Amt war und die entsprechende richtige Prüfung veranlasst
hat, dass es nicht nur eine politische Willensbekundung ist, sondern unter den genehmigungsrechtlichen Tatbeständen auch sehr kompliziert ist, genau zu begründen und festzustellen, wann ein Betreiber als nicht mehr zuverlässig gilt, was seine entsprechende Erlaubnis zum Weiterbetrieb angeht. Sie wissen auch, dass es nicht nur eine politische Bekenntnisfrage ist. Dennoch finde ich es gut, wenn wir in Hamburg eine Debatte führen, die eine gemeinsame kritische Haltung zu Krümmel zum Ausdruck bringt. Insofern hätte ich mir eigentlich gewünscht, dass es heute einen einstimmigen Beschluss zu Krümmel gibt. Ich hatte ihn eigentlich erwartet, als ich diese Anträge gelesen hatte, aber ich habe hier nicht abzustimmen. Ich sage es Ihnen nur aus der Perspektive der Umweltsenatorin von Hamburg.
Unabhängig davon, was ich mir persönlich für die Zukunft des Atomkraftwerkes Krümmel wünsche, kann man noch einmal feststellen, dass das Atomgesetz schon eine klare Sprache spricht. Dazu will ich noch einige Bemerkungen machen.
Eine Genehmigung darf nur dann erteilt werden, wenn keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der verantwortlichen Personen ergeben und die verantwortlichen Personen auch hierfür die erforderliche Fachkunde besitzen. Außerdem muss gewährleistet sein, dass das gesamte Personal die notwendigen Kenntnisse über einen sicheren Betrieb der Anlage besitzt und auch Vorsorge gegen Schäden durch das AKW trifft. Dieses muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
Vor diesem Hintergrund, den ich nur verkürzt geschildert habe, bekommt natürlich die Pannenserie in Krümmel einen besonders bitteren Beigeschmack, da sie sich von Ereignissen nicht sehr unterscheidet, die zwei Jahre vorher stattgefunden haben. Schon damals ist von der Bundesregierung die Frage nach der Zuverlässigkeit, der Sicherheitskultur, des Sicherheitsmanagements und eben auch der Fachkunde des Personals von Vattenfall gestellt worden und der Betrieb des Atommeilers wurde aufgrund dessen vorübergehend eingestellt. Man kam dann aber später zu dem Ergebnis, dass der Betreiber die erforderliche Zuverlässigkeit besitze.
Heute stellen wir fest, dass sich diese Situation noch einmal verschärft hat und es wird von folgenden faktischen Verstößen des Krümmel-Betreibers gegen die Auflagen der Atomaufsicht berichtet, die im Übrigen Frau Weggen schon teilweise geschildert hat. Die Audio-Aufzeichnung in der Leitwarte ist bis heute nicht installiert, eine klare Anweisung fehlt, in welchen Fällen strikt nach Betriebshandbuch vorgegangen werden muss, und auch Vernachlässigungen bei der Schulung und Qualifizierung des Personals wurden festgestellt.
Wenn wir dies hier wissen und ehrlich diskutieren, dann sollten wir durchaus im Interesse auch der Hamburger Diskussion die Gemeinsamkeiten in dieser Diskussion nicht übersehen. Ich glaube, das hat auch Auswirkungen auf einen Betreiber wie Vattenfall, wenn er weiß, dass es nicht nur im Parteienstreit oder in Wahlkampfauseinandersetzungen, sondern schlicht und ergreifend auch in der Hamburgischen Bürgerschaft einen relativ breiten Konsens in der Sicherheitsfrage zu Krümmel gibt.
(Beifall bei der GAL und der CDU und bei Elisabeth Baum DIE LINKE – Christiane Schneider DIE LINKE: Das hätten wir uns auch gewünscht!)
Vor diesem Hintergrund sehe ich dieses Petitum, dass bei Zweifeln am weiteren sicheren Betrieb das AKW Krümmel dauerhaft stillgelegt werden muss, als ein gutes und richtiges Petitum und ich begrüße es, dass Sie den Senat auffordern, präzise Informationen über die Ereignisse in Krümmel, die Verlässlichkeitsprüfung des Betreibers, einzuholen, um hier zu berichten. Auch wenn wir nicht zuständig sind, werde ich dieser Aufforderung in einer ganz eigenen Weise nachgehen und von meiner Behörde aus diese Zusammenarbeit aufgrund eines solchen Beschlusses mit Kiel einfordern.
Ich möchte zum Schluss kommen. Wir sind in Hamburg von Krümmel betroffen, auch wenn die Atomaufsicht in Kiel liegt, weil Krümmel vor den Toren Hamburgs liegt. Wir müssen deswegen auch in Hamburg überlegen, was wir selber tun können. Der Senat gestaltet, wo er in Hamburg gestalten kann, sehr wohl. Hamburg hat sich entschieden, einen anderen, einen nachhaltigen Weg in der Energieversorgung zu gehen. Sie wissen, dass wir HAMBURG ENERGIE gegründet haben. In einigen Tagen werden wir den Markteintritt haben und kohle- und atomfreien Strom anbieten; das steht in einem sehr engen logischen Zusammenhang zu dieser Debatte. Ganz persönlich möchte ich Ihnen sagen, Sie alle können auch ganz konkret etwas tun mit Blick auf die Zukunft des Atomausstiegs. Sie können am Samstag alle nach Berlin fahren, dann könnten wir auch gemeinsam für eine richtige Energiepolitik demonstrieren; das ist jedenfalls ein persönlicher Wunsch von mir. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, Sie haben die Schärfe bemängelt, die diese Diskussion plötzlich angenommen hat. Dann müssen Sie sich aber auch Folgendes vor Augen führen: In der Einschät
zung sind wir ziemlich gleich und offensichtlich auch in der Darstellung der Fakten, aber die Konsequenzen, die der Antrag für die Koalition formuliert, sind gar keine. Sie erwecken durch die Debatte und durch das, was Sie nach draußen proklamieren, den Anschein, als ob Sie hier wirklich etwas unternehmen, dabei ist es doch nichts. Was ist denn ein Berichtsersuchen, das noch nicht einmal terminiert wird? Wir wissen doch, wie damit umgegangen wird, und Sie wissen das sicher auch.
Eine Einigkeit, die durch einen einstimmigen Beschluss zum Ausdruck gekommen wäre, wäre in der Tat gut gewesen. Aber dann hätten Sie auch eine Forderung aufstellen müssen, die von allen hier hätte getragen werden können. Dann hätten Sie sagen müssen, Krümmel dürfe nicht wieder ans Netz. Aber das tun Sie nicht, sondern sagen, wenn Zweifel bestehen. Die Zweifel haben Sie selbst formuliert. Insofern halten wir, um es ganz drastisch zu sagen, Ihren Antrag für Rosstäuscherei.
Wenn es ein inhaltlich wirklich eindeutiges Votum hier gegeben hätte, dann hätte man das auch Vattenfall mitteilen müssen. Da gebe ich der LINKEN recht, die das gefordert haben, aber das, was hier beschlossen wird, braucht man nicht mitzuteilen, was interessiert denn Vattenfall ein Berichtsersuchen. Diese Aussage muss man anderen nicht mitteilen.
Wir sind uns einig, dass die Stromkunden das Wort haben. Sie müssen entscheiden, woher sie ihren Strom bekommen, und sie werden dann auch darüber entscheiden, was aus den Großkraftwerken im Umland wird. Sie haben, Frau Hajduk, darauf verwiesen, dass HAMBURG ENERGIE demnächst auf den Markt komme; das wird aber überhaupt nicht bemerkt. Ich sehe stattdessen riesengroße Plakatwände von Vattenfall, auf denen mit Energie für Hamburg geworben wird. Wie wollen Sie denn eigentlich diesem massiven Angriff entgegentreten mit HAMBURG ENERGIE? Was tun Sie denn, um dieses Produkt an die Kunden zu bringen? Hierüber müssen wir noch einmal reden. – Vielen Dank.
Liebe Frau Heyenn, liebe Frau Dr. Schaal! Sie tun beinahe so, als könnten wir Krümmel höchstpersönlich abschalten. Sie können mir glauben, dass ich das sehr gern tun würde, dass meine Fraktion das sehr gern tun würde,
aber das Parlament ist nun einmal kein Wunschkonzert. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen Nachhilfe in Sachen Demokratie geben muss, aber man kann Anträge nun einmal nur mit Mehrheit verabschieden und deswegen haben wir einen mehrheitsfähigen Antrag vorgelegt. Wir sind immerhin das erste Bundesland, das gemeinsam mit der CDU fordert, dass ein AKW nicht wieder ans Netz darf und abgeschaltet werden muss.
Wo ist denn da ein Abrücken von grünen Positionen? Ich kann Ihnen gerne noch einmal erläutern, wo das steht. In unserem Antrag steht, dass Krümmel nicht wieder ans Netz darf, wenn es nicht zu 100 Prozent sicher ist. Und Krümmel ist nicht sicher, ergo muss es vom Netz.
Wir haben sogar noch einen weitergehenden Punkt in unserem Antrag, auf den ich vorhin schon eingegangen bin. Ich möchte noch einmal zwei weitere Punkte klarstellen. Wir prüfen gar nichts, sondern gehen auf Schleswig-Holstein zu und sagen ihnen, dass sie lückenlos aufklären sollen, was in diesem Schrottmeiler passiert ist. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie mit diesem Punkt ein Problem haben. Liebe Frau Dr. Schaal, Sie haben uns sehr gute Möglichkeiten aufgezeigt, was man auf Bundesebene alles machen kann. Dann frage ich mich, warum Ihre Partei das bisher noch nicht getan hat; machen Sie es doch einfach.
Wir müssen in unseren Antrag nicht hineinschreiben, dass Vattenfall unser Beschluss mitgeteilt werden soll, ich denke, das bekommen sie auch so mit.