Protocol of the Session on September 2, 2009

In Bezug auf die Reiterstaffel gibt es einen gewissen Unterschied zwischen dem, was Frau Möller und Herr Voet van Vormizeele gesagt haben gegenüber dem, was der Innensenator gesagt hat, nämlich, dass es im Prinzip beschlossene Sache sei und nur noch um das Wie ginge.

Deswegen sollten diese Fragen im Innenausschuss diskutiert werden, Pro und Contra. Dann kann man die Entscheidung entsprechend begleiten. Deshalb bitten wir, dass Sie dem Überweisungsantrag zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Möller.

Herr Kollege Dressel, ich verstehe die Idee, aber Sie missverstehen sozusagen die Situation. Es ist geschildert worden, was gerade passiert, es findet schon längst eine Debatte statt. Die Bergedorfer diskutieren mehr oder weniger strittig, unterstützen den Senator oder streiten mit ihm und das tun wir in der Koalition sowieso. Das müssen wir nicht im Innenausschuss machen. Was wir im Innenausschuss bekommen, wo es unsere Aufgabe ist, dem Senat mitzugeben, wie wir es als Parlament umgesetzt sehen wollen, das muss frei sein von den vielen Eventualitäten, die im Moment noch diskutiert werden.

Sie wissen doch genau, wie das ist, wenn wir das, was jetzt in der Debatte den vielen verschiedenen Gremien innerhalb der Polizei, aber auch in den verschiedenen politischen Gremien und möglicherweise irgendwann in bezirklichen Gremien stattfindet, alles in den Innenausschuss nehmen wollten. Dann kämen wir aus den Sachverständigenanhörungen überhaupt nicht mehr heraus.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich wusste nicht, dass das Parlament ein Abnickverein ist!)

Nein, es ist kein Abnickverein.

Ich habe deutlich gesagt, wann wir den Innenausschuss brauchen. Wenn wir eine entscheidungsreife Vorlage haben, dann brauchen wir den Innen

(Bernd Capeletti)

ausschuss, aber nicht dann, wenn wir an dem Punkt sind, wo eine Struktur überhaupt erst einmal aufgebrochen wurde. Ich bin froh darüber, dass dieser Aufbruch der Struktur stattgefunden hat und dass die Diskussion darüber beginnt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 19/3104 und 19/3963 an den Innenausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse in der Sache abstimmen, zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/3963. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist bei einigen Stimmenthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 19/3104 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 95, das ist die Drucksache 19/3884 in der Neufassung, Antrag der Fraktion die LINKE: Atomkraftwerk Krümmel endgültig stilllegen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Atomkraftwerk Krümmel endgültig stilllegen – Drs 19/3884 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/3990 ein gemeinsamer Antrag der GAL- und der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktionen der GAL und CDU: Atomkraftwerk Krümmel endgültig stilllegen – Drs 19/3990 –]

Die Drucksache 19/3884 in der Neufassung möchte die SPD-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen.

Wird nunmehr das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Weggen hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit unserer Debatte über das Atomkraftwerk Krümmel in der letzten Sitzung vor der Sommerpause sind zahlreiche weitere gravierende Pannen in Krümmel ans Licht gekommen. Es wurden Metallsplitter im Kühlsystem gefunden, die mehrere Brennelemente beschädigt haben und noch zu weitaus schlimmeren Schäden hätten führen können und es ist noch nicht einmal klar, wo diese herkommen.

Ein Leck am Turbinenkondensator wurde bereits am 20. Juni bemerkt, jedoch erst am 3. Juli gefunden. Erst später wurde veröffentlicht, dass bei der Notabschaltung am 4. Juli ein Steuerstabantrieb und die Kühlung des Reinigungssystems für vier Stunden ausfielen und das ausgerechnet in der kritischsten Phase, nämlich bei der Vollbremsung des Reaktors. Zu solchen gefährlichen Pannen kommt es regelmäßig bei der Abschaltung von Atommeilern. Das zeigt beispielhaft, dass eine endgültige Kontrolle von Atommeilern eben nicht möglich ist.

(Beifall bei der GAL)

Das sind noch nicht einmal alle Zwischenfälle, die in den letzten Wochen bekannt wurden. Es ist hoch alarmierend, dass diese Schäden zu weiteren schweren Zwischenfällen hätten führen können. Und es ist alarmierend, da wieder einmal mehr als deutlich wird, dass Vattenfall kein verlässlicher Betreiber für Krümmel ist.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der CDU und der LINKEN)

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass wichtige Auflagen von Vattenfall nicht erfüllt worden waren, indem etwa Überwachungsanlagen einfach nicht installiert wurden; das ist unverantwortlich. Die Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein hat sich dabei wahrlich auch nicht mit Ruhm bekleckert, das Fehlen der Auflagen wurde noch nicht einmal bemerkt. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident hat trotzdem erklärt, dass Vattenfall noch eine letzte Chance bekäme. Wozu denn? Vattenfall hat schon genug letzte Chancen bekommen, das Fass ist längst voll und am Überlaufen.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Die grüne Bundestagsfraktion hat zur Frage nach der Sicherheit von Krümmel und zur Zuverlässigkeit von Vattenfall ein Expertengutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind sehr aufschlussreich. Dieses Gutachten stellt dar, dass das AKW Krümmel zu den drei störanfälligsten Atommeilern in Deutschland gehört und kommt zur Einschätzung, dass Krümmel in den letzten Jahren weder nach sicherheitstechnischen Erfordernissen betrieben, noch angemessen gewartet und überprüft wurde. Außerdem sei fraglich, ob es überhaupt möglich wäre, das Kraftwerk auf ein vertretbares Sicherheitsniveau zu bringen. Es könne mit Sicherheit festgestellt werden, dass Vattenfall diese Bereitschaft nicht zeige. Das macht doch eines deutlich: Vattenfall ist kein verlässlicher Betreiber für Krümmel, das Kraftwerk ist nicht sicher zu betreiben, es muss dauerhaft vom Netz.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der CDU und der LINKEN)

(Antje Möller)

Es ist sehr wichtig, dass wir diese Debatte führen, auch wenn wir in Hamburg zwar direkt kein Atomkraftwerk haben, aber das Risiko, das von Atomkraftwerken ausgeht, macht nicht vor Ländergrenzen halt. Besonders das Atomkraftwerk Krümmel stellt für Hamburg eine Bedrohung dar, weil es nicht sicher ist und weil es direkt vor der Hamburger Haustür steht.

Um sich die Hamburger Betroffenheit noch einmal ganz deutlich vor Augen zu führen: Eine neue Studie von Greenpeace zeigt, dass das Hamburger Gebiet im Falle eines Super-GAUs innerhalb von drei Stunden komplett evakuiert werden müsste; danach wäre die Strahlung tödlich. So ein Unfall kann auf verschiedene Arten und Weisen verursacht werden, sei es durch Kernschmelze, aber auch durch einen Terrorangriff mit einem Flugzeug. Auch dieser Gefahr muss man sich bewusst sein. Es gibt bisher keine Möglichkeiten, einen terroristischen Angriff wirksam abzuwehren. Vernebelungstaktiken etwa funktionieren nicht. Das Hamburger Gebiet müsste in einem solchen Fall sofort evakuiert werden und wäre für etliche Jahrzehnte unbewohnbar.

Der Atomausstieg, und das so schnell wie möglich, ist die einzig richtige Antwort auf diese Frage. Krümmel nicht mehr ans Netz zu lassen, ist zumindest für Hamburg und Umgebung ein erster wichtiger und unbedingt notwendiger Schritt.

(Beifall bei der GAL und bei Heiko Hecht CDU)

Nicht nur bei diesem Worst-Case-Szenario ist die Sicherheit Hamburgs durch Krümmel bedroht. Ein großes Risiko besteht auch schon dann, wenn das Kraftwerk nur heruntergefahren werden muss. Zur Erinnerung: Bei den Ereignissen vom Juli dieses Jahres waren sämtliche Ampelanlagen in Hamburg ausgefallen und es kam zu zahlreichen Wasserrohrbrüchen. Man kann nur von Glück sprechen, dass dabei nichts Schlimmeres passiert ist wie etwa schwere Verkehrsunfälle. Wir sind in Hamburg von allen Ereignissen in Krümmel unmittelbar betroffen.

Deshalb finde ich, dass Ihr Antrag, liebe LINKE, in die richtige Richtung geht. Wir haben dazu einen mehrheitsfähigen Zusatzantrag vorgelegt und ich freue mich besonders, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie diese Initiative gemeinsam mit uns eingebracht haben.

Wir fordern in unserem gemeinsamen Antrag eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse und wir setzen darüber hinaus einen weiteren Schwerpunkt. Wir wollen von den zuständigen Behörden umfassend informiert werden. Wir sind betroffen und es ist wichtig, dass wir Bescheid darüber wissen, was direkt vor unserer Haustür in einem Schrottreaktor passiert und geplant wird.

Wir haben in Hamburg leider nicht die Kompetenz in Bezug auf Krümmel. Wir können an dieser Stelle leider nicht entscheiden, Krümmel dauerhaft stillzulegen und diese beispiellose Pannenserie endgültig und endlich zu stoppen. Die dafür notwendige Atomaufsicht liegt bei Schleswig-Holstein und die Gesetzgebungskompetenz auf Bundesebene. Aber wir können zumindest die Information einfordern und auf die zuständigen Behörden einwirken, dass alle Zwischenfälle lückenlos aufgeklärt werden. Es ist bisher immer noch nicht wirklich klar, wie es eigentlich zu dem Kurzschluss im Juli kommen konnte. Wir wollen bei den zuständigen Behörden bewirken, dass Krümmel dauerhaft stillgelegt wird, wenn es Zweifel am sicheren Betrieb gibt. Das ist die zentrale Aussage unseres Antrags und genau das bedeutet eben, dass Krümmel nicht wieder ans Netz darf. Ein sicherer Betrieb ist nicht gewährleistet, das ist doch mehr als offensichtlich. Davor dürfen auch die Behörden in Schleswig-Holstein nicht länger die Augen verschließen. Krümmel ist nicht sicher und Vattenfall als Betreiber ist nicht zuverlässig. Das kann man nun wirklich nicht mehr ernsthaft in Zweifel ziehen. Die Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate haben eines mehr als deutlich gemacht: Der Schrottreaktor Krümmel muss dauerhaft vom Netz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hecht.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Atomgesetz gehört Zuverlässigkeit und Fachkunde des Betreibers zu den absoluten Genehmigungsvoraussetzungen für den sicheren Betrieb eines Atomkraftwerkes. Zuverlässigkeit und Fachkunde ist aber auch das, was die Bürgerinnen und Bürger in unserer Hansestadt von der Politik erwarten können,

(Dirk Kienscherf SPD: Dann sind Sie ja ein Störfall!)

wenn wir heute über die Zukunft des Atomkraftwerkes Krümmel entscheiden. Fachkunde heißt, die geeigneten rechtlichen Mittel, Gutachten und Expertenmeinungen zur Grundlage für die Entscheidung zu nehmen. Auf dieser Grundlage dürfen wir dann keine Kompromisse mehr bei der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg eingehen. Diese sorgfältige Aufarbeitung ist auch ein Zeichen nach außen, das die Zuverlässigkeit der Politik ein Stück weit dokumentieren kann, denn einmal gefasste Entscheidungen müssen wir juristisch wasserfest treffen, damit die Sicherheit der Menschen vor Ort kein Dauerthema vor Verwaltungsgerichten wird.

(Jenny Weggen)

Krümmel ist ein Hamburger Thema. Die denkbaren Gefahren machen vor den Landestoren keinen Halt und auch die Verantwortung für das, was vor unseren Toren geschieht, darf nicht unter dem Vorwand von Zuständigkeitsfragen zurückgestellt werden; kein Risiko, nicht einmal im Promillebereich. Alles andere kann man den Menschen nicht mehr vermitteln.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Der Senat muss deshalb gegenüber der Atomaufsicht, dem Land Schleswig-Holstein und auch auf der Gesetzgebungsebene des Bundes selbstbewusst auftreten, wenn das einzig geeignete Mittel die dauerhafte Stilllegung ist. Den Menschen muss vermittelt werden, dass wir diese Entscheidung im Zweifel als bewusste Entscheidung für die Sicherheit treffen mit der festen Absicht, ein unkalkulierbares Risiko für die Zukunft zuverlässig ausschließen zu können.

Zwei Punkte möchte ich noch anführen, die der Bürgermeister heute in seinem großen Sommerinterview im "Hamburger Abendblatt" herausgestellt hat.

Wir müssen auch an die 1000 Vattenfall-Arbeitsplätze in Hamburg denken. Anders als meine Vorrednerin möchte ich den Kraftwerksbetreiber Vattenfall nicht über den Kamm scheren, sondern dem Kraftwerksbereich eindeutig die Kompetenz für die Störung im AKW Krümmel zuweisen. Wir müssen uns aber auch im Klaren darüber sein, dass es eine Laufzeitverlängerung, die die CDU auf Bundesebene fordert, nicht für das AKW Krümmel über 2012 hinaus geben kann. – Danke.