Protocol of the Session on July 8, 2009

Sie wollen sich einen rechtsfreien Raum erobern.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Weiter sagt Herr Meyer-Abich:

"Der Verfassungsauftrag zur Finanzkontrolle ist nicht davon abhängig, welchen politischen Stellenwert das jeweilige Vorhaben aus Sicht der Beteiligten hat."

Sie sollten sich schämen, angesichts dieser Sachlage immer wieder diesen politischen Willen zu reklamieren.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Zuruf Wolfgang Beuß CDU)

Drei Punkte, Herr Beuß, hören Sie zu, drei Punkte! Drei Punkte für die Fraktion der LINKEN.

Ersten: Es liegt für uns ein klarer Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung vor. Ich warne Sie dringlich, diese Drucksache heute zu beschließen.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Ich krieg gleich einen Herzinfarkt! Hör auf!)

Zweitens: Senat und Koalitionsparteien haben die Rolle und Funktion des Rechnungshofs in der Substanz angegriffen und damit eine der Institutionen dieses demokratischen Gemeinwesens böswillig, mutwillig in Frage gestellt.

(Wolfgang Beuß CDU: Drittens!)

Drittens: Angesichts dieses schwerwiegenden Verstoßes müssen wir prüfen, wie wir zu einer Veränderung der Praxis kommen. Denn das, was Ihre Senatorin vormacht, soll beständige Praxis werden. Sie bringen einfach schlechte Vorlagen herein, die nicht den Status einer Etatverabschiedungsreife haben.

Lassen Sie mich abschließend ein Zitat aus dem "Hamburger Abendblatt" bringen, das eines Ihrer Landesvorstandsmitglieder zitiert. Ein Landesvorstandsmitglied der CDU soll gesagt haben

(Elke Thomas CDU: Vorstandsmitglied? Wo- her wissen Sie das denn?)

Ja, hören Sie zu jetzt.

"Das Hauptproblem scheint mir die fehlende Planungskompetenz in den Fachbehörden zu sein. Früher konnte man sich auf die Drucksachen des Senats verlassen, heute muss man hinter jeder Zahl ein Fragezeichen machen."

Das muss aber nichts mit der Finanzkompetenz der CDU zu tun haben, sagt der Kommentator im "Hamburger Abendblatt". Das weiß ich nicht, ich glaube, es hat sehr viel damit zu tun. Ich stimme allerdings dem zu, dass diese Art, Politik zu machen, nichts mit hanseatischem Kaufmannsgeist zu tun hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Wolf- gang Beuß CDU: Das sagt ein Kommunist!)

Das Wort hat Senatorin Gundelach.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bischoff, ich kann verstehen, dass Sie sich so fürchterlich aufregen, aber ein Blick in die Drucksache würde vielleicht Ihre Aufregung ein wenig nach unten kühlen. Einfach schlicht und ergreifend deswegen, weil dort die Fakten ziemlich deutlich und zwar Stück für Stück hintereinander erklärt sind. Ich bin aber auch gerne bereit, im Rahmen meiner Rede noch einmal ausdrücklich darauf einzugehen, um es Ihnen noch einmal zu erläutern, wenn es beim Lesen allein offensichtlich nicht reicht.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Den Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung meinen Sie, habe ich recht?)

Mit der vorliegenden Drucksache bittet der Senat die Bürgerschaft um die Bewilligung der Mittel für einen Neubau der HafenCity Universität und ich freue mich, dass sich offensichtlich alle Fraktionen zur HafenCity Universität bekennen. Mit diesem Neubau sollen unterschiedliche Zielsetzungen verwirklicht werden.

Erstens – und das ist ganz wichtig: Die zersplitterten Einheiten der HCU sollen in einem funktionalen Gebäude zusammengefasst werden, das zugleich natürlich hohen Ansprüchen an die Nachhaltigkeit und auch an die Energieeffizienz genügt.

Zweitens: Die HCU soll einen architektonisch anspruchsvollen Neubau in exponierter Lage erhalten – das haben wir heute schon mehrfach gehört – um die Bedeutung der Hochschule für den Wissenschaftsstandort Hamburg, aber auch für die HafenCity hervorzuheben.

Drittens: Die HCU soll mit ihren 1500 Studierenden und über 100 Wissenschaftlern sowie durch Veranstaltungen und Öffnung für Publikum auch zur Belebung der HafenCity beitragen.

Viertens: All dies soll auch zu angemessenen Kosten realisiert werden können. Der Neubau der HCU soll den Anforderungen an den Betrieb einer innovativen, interdisziplinären und nach innen wie außen auf Kommunikation gerichteten Universität entsprechen, die sich ausschließlich den Fragen der gebauten Umwelt widmet.

(Glocke)

(unterbrechend) : Ich bitte im Saal um etwas mehr Ruhe. Die Gespräche können Sie bitte draußen führen, damit die Senatorin ihre Rede vernünftig fortsetzen kann. Ich danke.

Die Architektur des Siegerentwurfs setzt dieses Konzept unserer Auffassung nach optimal um und zwar sowohl im Bereich der auch öffentlich wirksamen und nutzbaren Funktionen, also als Medienzentrum, Bibliothek, Galerie, Mensa et cetera als auch hinsichtlich der studentischen Arbeitsplätze und der Flächen für Arbeits- und Forschungsgruppen. Die Neubauplanung erfüllt zugleich höchste Ansprüche in Sachen Nachhaltigkeit und deswegen wurde am 19. Dezember vergangenen Jahres auch das Umweltzeichen der HafenCity GmbH in Gold verliehen und zwar für drei unterschiedliche Punkte: Für den nachhaltigen Umgang mit energetischen Ressourcen, für den nachhaltigen Umgang mit öffentlichen Gütern und für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb.

Zu diesem Punkt gab es in der Tat heftige Diskussionen, die sich auf die Standortwahl und auch auf Fragen der Energieeffizienz bezogen. Die Standortwahl – auch das ist heute schon mehrfach be

(Dr. Joachim Bischoff)

tont worden – war und ist eine politische Entscheidung, die sich in den Zielen der HCU niederschlägt. Und die Frage der Energieeffizienz – das hat die Diskussion ganz deutlich gezeigt – ist eine Frage für Spezialisten und im Übrigen ein Feld, das einem ungeheuer raschen Wandel unterworfen ist. Auf kaum einem anderen Gebiet gibt es in so kurzer Zeit so viel Innovation.

Deshalb habe ich auch dem Präsidenten des Rechnungshofs die einschlägigen Gutachten sowohl unseres Architekten als auch zweier hochrangiger, ausgewiesener Gutachter zugesandt, die sich sehr kritisch mit der Position des Rechnungshofs auseinandergesetzt haben – ich will das ganz vorsichtig formulieren, man könnte dazu auch anderes sagen. Und ich habe mit dem Rechnungshofpräsidenten vereinbart, dass wir uns in dieser Frage konstruktiv auseinandersetzen wollen. Aus meiner Sicht ist dies der richtige Weg, weil nachhaltiges Bauen, und dazu gehört als wichtiger Teilfaktor energieeffizientes Bauen, ein erklärtes Ziel dieses Senats und der ihn tragenden Koalitionsfraktionen ist. Allein schon aus diesem Grund muss diese Fragestellung sehr sorgfältig aufgearbeitet werden, sonst begegnet sie uns nämlich in Zukunft an vielen anderen Bauten ebenfalls, weil wir es, wie gesagt, anstreben, in dieser Stadt nachhaltig zu bauen.

Lassen Sie mich aber noch ein paar Worte zu den Kosten sagen. Deswegen meinte ich gerade, ein Blick in die Drucksache erleichtere manches. Unter Nummer 5 der Drucksache finden Sie die Kosten ausführlich dargelegt. Nur folgende Eckpunkte will ich nennen – jetzt setze ich sicherheitshalber die Brille auf, damit ich die Zahlen ganz genau lese: 56,3 Millionen Euro kostet das Gebäude inklusive Tiefgarage, ohne die Besonderheiten, auf die ich gleich eingehen werde, und liegt damit gut 4 Millionen Euro unter dem Neubaurichtwert der Bauministerkonferenz. Rechnet man die grundstücksbedingten Baukosten, die Kosten der Nachhaltigkeit und der Ersteinrichtung hinzu, betragen die Kosten 67,3 Millionen Euro, von denen 1,5 Millionen Euro über einen Sponsor finanziert werden. Deswegen beantragt der Senat 65,8 Millionen Euro aus dem Haushalt und keine 84 Millionen Euro, wie Sie in Ihren Reden kontinuierlich andeuten. Rechnet man den Saldo von Grunderwerbskosten und -Erlösen in Höhe von 6,5 Millionen Euro hinzu, so liegen die Gesamtkosten bei etwa 74 Millionen Euro.

Ein ganz wichtiger Punkt der Kritik war immer die Kostendiskussion, weil es hieß, die Hebebrandstraße könne in weitaus günstigerem Umfang für die Zwecke der HCU hergerichtet werden. Insgesamt wurde eine Kostenersparnis von 58 Millionen Euro angedeutet. Diese Behauptung ist schlicht und ergreifend fachlich nicht nachvollziehbar. Und genau dem ist der Senat auch schon in seiner Stellungnahme – die im Übrigen mit der HCU abgestimmt war, Frau Stapelfeldt, da haben wir näm

lich die Informationen eingeholt – zum Jahresbericht sehr ausführlich entgegengetreten.

Die Prüfungen von Fachleuten haben ergeben, dass die Behauptung des Rechnungshofs, die Hebebrandstraße lasse sich für grob geschätzte 15 Millionen Euro funktionell aus- und umbauen, schlicht und ergreifend nicht haltbar ist. Auch sei der angestrengte Vergleich mit Verwaltungsgebäuden nicht nachvollziehbar. Im Ergebnis meint der Rechnungshof, man könne für etwa 20 Prozent des Neubaurichtwerts vier 40 Jahre alte Fachhochschulgebäude für einen modernen Universitätsbetrieb mit Laboren und Mensa herrichten. Die Erfahrungen mit Grundinstandsetzung zeigen aber, dass man mit dem Mehrfachen des Rechnungshofansatzes rechnen muss. Daher hat zum Beispiel der Wissenschaftsrat im Hochschulbau als Antragssumme bei Grundsanierung Kosten von unter 70 Prozent des Neubaurichtwerts ohne Nachprüfung anerkannt. Die gemeinsame Wissenschaftsministerkonferenz akzeptiert in einem solchen Fall sogar 75 Prozent der Kosten eines Neubaurichtwerts ohne zusätzliche Begründung, weil sie sagt, das sei das Notwendige für eine Grundinstandsetzung.

Deswegen habe ich den Rechnungshof gebeten, seine Kritik auch in diesem Punkt noch einmal zu überprüfen. In der Drucksache, und auch vorher in unserer Stellungnahme zum Jahresbericht, sind wir daher von 70 Prozent des Neubaurichtwerts für die Grundsanierung der vier Gebäude in der Hebebrandstraße ausgegangen und das würde insgesamt zu Kosten von 40 bis 46 Millionen Euro führen. Damit können aber weder die Funktionalität noch die Nachhaltigkeit des geplanten Neubaus erreicht werden. Ein neues Gebäude in der Hebebrandstraße würde etwa gleich teuer werden wie das in der HafenCity. Die Differenz der Baukosten beschränkt sich, wie man ebenfalls leicht aus der Drucksache entnehmen kann, nämlich auch aus der Nummer 5, auf grundstücksbedingte Mehrkosten und dazu gehören auch Kosten der Baustelleneinrichtung, denen dann noch die Wertdifferenz der Grundstücke hinzuzurechnen ist. Im vorliegenden Fall würde das insgesamt ungefähr 9 Millionen Euro ausmachen. Das heißt, wir haben zwischen den beiden Standorten eine Kostendifferenz von ungefähr 9 Millionen Euro, von denen aber nur 2,5 Millionen Euro tatsächlich aufgebracht werden müssen.

Lassen Sie mich auch noch etwas zum Thema Wirtschaftlichkeitsprüfung sagen. Aufgrund der Drucksache liegen alle Fakten für eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Neubaus in der HafenCity auf dem Tisch. Die für die Entscheidung der Bürgerschaft grundlegende Kostentransparenz ist durch die ausführlichen Erläuterungen der vorliegenden Drucksache hergestellt. Die Mehrkosten des Neubaus in der HafenCity gegenüber der Alternative Hebebrandstraße beschränken sich im

(Senatorin Dr. Herlind Gundelach)

Ergebnis auf grundstücksbedingte Baukosten und die Kosten des Grunderwerbs, wie eben dargestellt. Damit stellt sich in der Tat die Frage, ob diese Mehrkosten dadurch gerechtfertigt sind, dass der Neubau in der HafenCity zwei Ziele, nämlich die Belebung der HafenCity und die Zielrichtung exponierter Standort im vollen Umfang realisiert. Dass sich die vorgenannten Ziele beziehungsweise Effekte einer Monetarisierung beziehungsweise Quantifizierung im Rahmen einer noch angemessen anzusehenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung entziehen, ist leicht nachvollziehbar, denn wie wollen Sie Belebung quantifizieren.

Die Effekte aber sind mit dem Kostenaufwand abzubinden und da kommt unsere Abwägung zu einem ganz klaren Ergebnis. Eine mögliche Kostenersparnis von rechnerisch 9 Millionen Euro, real aber nur 2,5 Millionen Euro der einmaligen Investitionskosten, rechtfertigt keinesfalls einen Verzicht auf die Belebung der HafenCity durch den Lehrund Wissenschaftsbetrieb der HafenCity Universität. Sie rechtfertigt auch nicht den Verzicht auf einen öffentlichkeitswirksam exponierten Standort der HafenCity Universität als sichtbares Zeichen für den Wissenschaftsstandort Hamburg und als Zeichen für den hohen Wert, den die Stadt der gebauten Umwelt beimisst. Damit, denke ich, sind alle Abwägungsbelange transparent vorgestellt und gründlich erörtert und es geht letztlich aus unserer Sicht nur um vier politisch entscheidende Fragen:

Wollen wir für diese in Europa einzigartige Hochschule für Baukunst und Metropolenentwicklung ein besonderes Haus bauen? Dazu sagt der Senat Ja. Wollen wir die HafenCity mit Hochschulleben bereichern? Dazu sagt der Senat Ja. Wir wollen dieser Hochschule einen exponierten Standort im Stadtraum geben und sie so ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Und last but not least sagt der Senat schließlich Ja zu den Kosten und insbesondere auch zu den besonderen Kosten des Grundstücks. Das sind uns die Hochschule, die Wissenschaft und die Baukultur wert und das ist uns letztendlich auch eine lebendige HafenCity wert. Und deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Drucksache. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Herr Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Beuß hat der SPD-Fraktion eben vorgehalten, dass wir heute keine neuen Argumente vortragen. Wie sollten wir denn? Die Drucksache hat sich nicht geändert

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

und der Vortrag der Senatorin hat auch nicht erkennen lassen, dass irgendetwas Neues seitens

des Senats oder von Schwarz-Grün vorgetragen wird. Also bleiben unsere Argumente, die Sie aus den Haushaltsberatungen und aus dem Haushaltsausschuss kennen, in der Tat die gleichen

(Wolfgang Beuß CDU: Das macht die Sache auch nicht besser!)

und wir tragen sie noch einmal laut und deutlich vor, damit die Stadt erfährt, was hier eigentlich als besonderer Vorgang passiert, Herr Beuß.