Protocol of the Session on July 8, 2009

Hören Sie einfach zu. Die Fächerauswahl an der HCU schafft günstige Voraussetzungen, um Exzellenz auf dem Gebiet Planen und Bauen zu erreichen. Dieser Ausbildungsauftrag ist ein Alleinstellungsmerkmal der HCU und muss sich auch in dem Gebäude, in dem gelehrt wird, widerspiegeln. Auch das haben wir im Wissenschaftsausschuss sehr schön erklärt bekommen. Das Gebäude muss inhaltlich und thematisch den Ansprüchen der Hochschule gerecht werden und sie nach außen repräsentieren. Deshalb war es eine bewusste Ent

(Wolfgang Beuß)

scheidung meiner Fraktion schon in der letzten Legislatur, die Idee einer Universität für die gebaute Umwelt in der HafenCity zu unterstützen. Wo anders als an einem der wichtigsten und städtebaulich interessantesten Standorte, also der HafenCity, könnte eine solche Bauhochschule ihren geeigneten Standort finden?

Wir gehen davon aus, dass es eine wechselseitige Befruchtung der Hochschule und des Quartiers geben wird. Die HCU öffnet sich bewusst nach außen mit den geplanten multifunktionalen Verkehrsflächen für Ausstellungen, Präsentationen und Veranstaltungen. Die Entwicklung der HafenCity sowie deren Architektur wird auch Einfluss auf die HCU ausüben.

Im Übrigen ist deutlich geworden, dass das Gebäude an der Hebebrandstraße mit seiner Grundrissorganisation und seiner Raumstruktur modernen Anforderungen an den Lehrbetrieb nicht genügen würde. Für den zentralen Hörsaal wäre ein Neubau erforderlich und die bestehende Raumstruktur müsste völlig verändert werden, um modernen Anforderungen an Projekt- und Forschungsgruppen gerecht zu werden.

Der vom Rechnungshof vorgebrachte Vergleich mit der Fakultät Architektur in Hannover ist völlig unzutreffend. Wegen fehlender Finanzen hat dort eine Fassadensanierung erst gar nicht stattgefunden. Da das Gebäude zuvor als Werkkunstschule benutzt wurde, die ähnliche Raumanforderungen hat wie die Architekturfakultät, wurden auch keine nennenswerten Eingriffe in die Bausubstanz vorgenommen. Es fand lediglich eine Innensanierung statt. Das würde aber an der Hebebrandstraße definitiv nicht genügen, handelt es sich doch auch bei der HCU nicht nur um eine Architekturfakultät, sondern um eine Hochschule mit den Fachbereichen Architektur, Städtebau, Bauingenieurswesen und Geomatik inklusive Mensa, Cafeteria, Informationsund Medienzentrum. Das Raumprogramm ist gemäß der Auslobung zum Realisierungswettbewerb ablesbar und müsste dem Rechnungshof bekannt gewesen sein. Dieses Raumprogramm ist zu dem vom Rechnungshof genannten Preis an der Hebebrandstraße nicht umsetzbar und der Vergleich mit der Sanierung in Hannover hinkt.

Nun noch zu Fragen der Energieeffizienz, die für uns ein wichtiger Punkt ist. An der ursprünglichen Konzeption des damaligen Senators Dräger haben wir wegen mangelnder Nachhaltigkeit harsche Kritik geübt und wir haben hohe ökologische Anforderungen an den Neubau formuliert und durchgesetzt.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wo denn?)

Ja, lesen Sie es mal, das ist ganz ordentlich.

Das gilt sowohl für die Standards der ökologischen Innovation als auch für die der Nachhaltigkeit. So ist eigens für dieses Gebäude ein Klimakonzept

von den Architekten erstellt worden, das uns im Wissenschaftsausschuss präsentiert worden ist und allen Parlamentariern zugänglich ist. Es ist geprägt von hoher Innovationsdichte und Energieeffizienz. Als Beispiel sei genannt, dass die Fotovoltaikbänder, die dieses Gebäude umspannen, neuartig sind. Die gesamte Kühlung des Gebäudes erfolgt auf natürlichem Wege über Geothermie und nächtliche Windkühlung. Diese Investitionen amortisieren sich nicht in dem vom Rechnungshof vorgegebenen Zeitraum, sind aber ökologisch sinnvoll und rechnen sich über einen entsprechenden Zeitraum; schließlich wird die HafenCity Universität auch nicht nur für zehn Jahre gebaut.

Ich stelle also abschließend für meine Fraktion fest: Die Entscheidung für die HafenCity Universität war richtig. Wenn man eine solche Universität für die gebaute Umwelt gründet, muss man ihr auch optimale Standortmöglichkeiten mitgeben. Dazu gehört auch, eine solche Universität an einem exponierten Standort im Zentrum der Stadt zu bauen. Die Studenten sollen an einem Ort studieren, der das aufweist, was sie studieren werden: moderne, ökologische und innovative Baukunst.– Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Dr. Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Beuß, Sie haben richtig gesagt, dass die Argumente ausgetauscht sind, aber Sie wollen heute eine Drucksache für einen 84-Millionen-Euro-Etat in den nächsten beiden Jahren beschlossen haben und insofern ist hier durchaus der Ort, um noch einmal kurz zusammengefasst die wichtigen Argumente wiederzugeben.

Die HafenCity Universität, also die Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung

(Vizepräsident Joithe-von Krosigk über- nimmt den Vorsitz.)

soll als Hochschule, Frau Gümbel, in Europa einzigartig werden. Im Zentrum von Lehre und Forschung soll die Zukunft der Metropolenentwicklung stehen, eine absolut vernünftige Zielsetzung. Mit diesem Projekt soll zugleich – und das ist Ihre Argumentation – die internationale Strahlkraft für die Wissenschafts- und Hochschulmetropole Hamburg entwickelt werden. Internationale Strahlkraft – darüber streiten wir.

Wo und unter welchen Bedingungen kann man internationale Strahlkraft entwickeln und wie kann man das quantifizieren? Sie sagen, die HCU sei eines Ihrer Leuchtturmprojekte der Stadtentwicklungspolitik. Die Uni solle und könne nur in der Ha

(Dr. Eva Gümbel)

fenCity ihre Strahlkraft entwickeln und nur dort zur Eliteuniversität werden.

Der Streitpunkt, den wir durch viele Ausschusssitzungen geschleppt haben, ist nicht, dass gerade in Hamburg einiges zur Stärkung einer wissensbasierten Ökonomie getan werden kann, wie Herr Kerstan uns immer wieder unterstellt. Nein, das ist richtig, das wollen wir auch. Der Streitpunkt ist auch nicht, dass die Förderung von qualifizierter Ausbildung ein wichtiger Schritt zur Realisierung neuer Strukturen der gesellschaftlichen Wertschöpfung ist. Wir hatten heute eine Debatte über Prekarisierung an der Universität und es wurde schon darauf hingewiesen, dass man in der Hochschullandschaft auch enorme Strahlkraft entwickeln kann, indem man einige Arbeitsbedingungen des Personals verändert. Es hängt nicht nur an einem Gebäude und schon gar nicht daran, dass das Gebäude in einem bestimmten Stadtteil steht.

Das sind Punkte, die Sie uns immer vorgehalten haben und wo ich für die Fraktion DIE LINKE sage, dass ich da keine großen Differenzen sehe. Bei der gebotenen Kürze möchte ich, Herr Beuß, drei Dissenspunkte markieren.

Erstens: Gehört der Standort in der HafenCity zum Gründungskonsens der Konzeption einer Hochschule für Baukunst und ist nur dort internationale Strahlkraft zu gewinnen? Oder kann nicht inhaltlich-konzeptionell an einem anderen Standort bei Stärkung von Forschung, Lehre und Ausbildung viel mehr getan werden als durch dieses Gebäude? Das ist die Gegenposition.

Zweitens: Seit 2005, dem Jahr, in dem die Grundentscheidung zur HCU getroffen wurde, hat sich – jedenfalls aus unserer Sicht – die Welt etwas verändert. Zwei Punkte möchte ich zu diesem Aspekt hervorheben, weil Sie auf diese immer nicht eingehen. Der erste Punkt der Veränderung ist, dass der Senat beabsichtigte, das Universitätsgebäude in einem Modell öffentlich-privater Partnerschaft zu bauen und zu betreiben. Demnach wäre der Bau durch einen privaten Investor erbracht worden und die Universität hätte das Gebäude gemietet. Nach dem regulären Ausschreibungszeitraum Ende 2008 hat sich aus Sicht der Senatoren kein attraktiver Investor für diese Aufgabe beworben und insofern soll die Stadt die Finanzierung des Gebäudes komplett übernehmen. Ich finde – und ich glaube, ich stehe im Haushaltsausschuss nicht alleine da – der Mehrheitskoalition würde kein Stein aus der Krone fallen, wenn Sie das noch einmal begründet hätten. Wenn Sie gesagt hätten, warum es keinen Investor gibt und was das für die weitere Zeit heißt. Meines Erachtens wäre das Ihre Begründungspflicht gewesen. Stattdessen haben Sie gesagt, dass Sie das Ding in jedem Fall haben wollen und wenn sich die Rahmenbedingungen veränderten, dann täte Ihnen

das leid, dann müsste eben die Stadt 84 Millionen übernehmen.

Eine weitere Veränderung, die mir ganz wichtig ist, und wo ich immer mit Erstaunen höre, Herr Beuß, dass Sie das gar nicht interessiert, ist, dass mittlerweile die Berliner Republik und damit die Freie und Hansestadt Hamburg in der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise steckt. Hamburg wird – jedenfalls ist das meine Wahrnehmung, auch wenn sich das hier nicht immer widerspiegelt – nahezu täglich mit schlechten Meldungen aus der Wirtschaft überschwemmt, wie zum Beispiel aktuell die Situation von Hapag-Lloyd. In dieser Situation, deren Ende nicht absehbar ist, ist es nicht nur vertretbar, sondern absolut geboten, die Frage aufzuwerfen, ob die konkrete Investition in die HCU wirklich auf mittlere Sicht den optimalen Mitteleinsatz darstellt und ob nicht die Bürgerschaft genau prüfen muss, was wir mit immerhin 84 Millionen Euro für die Stabilisierung der regionalen Ökonomie und die Schaffung neuer Strukturen von Wertschöpfung tun könnten und damit auch für künftige Arbeitsplätze.

Ich will noch einmal ausdrücklich in Ihre Richtung sagen, ich finde es positiv, dass Sie auf das Instrument der Haushaltssperre verzichten, das in Schleswig-Holstein und Niedersachsen verwendet wird. Aber Steuermindereinnahmen von wenigstens 1,8 Milliarden, wie wir sie in diesem und im nächsten Jahr vor uns sehen, zwingen uns doch zu einer Neuüberlegung in Sachen Investitionspolitik. Wir können doch nicht am laufenden Meter lauter solche Projekte auf den Weg bringen. Das ist doch keine seriöse Haushalts- und Finanzpolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens: Sie wiederholen gebetsmühlenartig, der HCU-Bau im Hafen sei Ihr politischer Wille – das haben Sie, glaube ich, wortwörtlich gesagt –, um die Wissenschaft in der Stadt zu stärken. Die Opposition habe eben völlig andere Vorstellungen und auch der Rechnungshof habe dieses Projekt und den dahinter stehenden politischen Willen nicht zu beanstanden. In Sachen Ihres politischen Willens, das kann ich als Mitglied der Opposition sagen, sind wir wirklich gewohnt, einiges auszuhalten. Ich würde gar nicht anfangen, diesen politischen Willen – auch wenn ich ihn manchmal inhaltlich ziemlich scheußlich finde – in Frage zu stellen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf Wolfgang Beuß CDU)

Allerdings, Herr Beuß, gibt es auch für die schwarz-grüne Koalition unabhängig von Ihrem politischen Willen zwei Rahmenbedingungen, die Sie einhalten müssen. Und das ist der Streitpunkt.

Erstens: Der Senat hat den Behörden ausdrücklich auferlegt, Einzelvorhaben, die aus dem Sonderinvestitionsprogramm finanziert werden, mit Einzeldrucksachen zu konkretisieren und dabei die For

derung des Rechnungshofs aus dem Jahresbericht 2004 nach Wirtschaftlichkeitsberechungen zu berücksichtigen. Das ist, wenn ich richtig informiert bin, ein Gesetz, an das sich jeder mit jedem politischen Willen zu halten hat.

Zweitens: Diese Anforderung – und, Frau Senatorin, wir diskutieren darüber, dass Sie etwas vorgelegt haben, was unserer Auffassung nach nicht die Mindestanforderung erfüllt – ist auch zwingend in der Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben. Solche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen laut § 7 der Landeshaushaltsordnung beinhalten unter anderem auch die Entwicklung alternativer Lösungsmöglichkeiten. Damit ist nicht unterstellt, dass Sie den Standort Wilhelmsburg durchrechnen müssen. Sie müssen nur Ihr Projekt unter diesen Rahmenbedingungen ausweisen. Unter § 7 Absatz 2 der Landeshaushaltsordnung heißt es:

"Für alle finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Für geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung sind Nutzen-Kosten-Untersuchungen anzustellen."

Schauen Sie sich die Drucksache an. Sie werden dort nicht den Ansatz finden, der dieser Vorschrift der Landeshaushaltsordnung Genüge trägt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wir sind deswegen so hartnäckig, weil diese schlampige Arbeit Schule machen soll. Und das kann in diesem Hause überhaupt nicht angehen und schon gar nicht in den Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise. Jeder politische Wille hat sich der Landeshaushaltsordnung zu unterwerfen. Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie die Landeshaushaltsordnung verändern.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Auf diese Mängel und auf das Nichtvorhandensein der Nutzenanalyse und der Wirtschaftlichkeitsrechnung hat sich der Rechnungshof bezogen. Das war – insofern gebe ich Ihnen Recht – neuartig, weil wir bislang vom Rechnungshof immer erst hinterher damit konfrontiert werden, wenn sich der Senat oder die Senatsmehrheit mit ihrem politischen Willen nicht an die Haushaltsordnung und an Recht und Gesetz hält. Dieses Mal hat der Rechnungshof vorher interveniert. Das ist in der Tat eine neue Qualität. Er hat gesagt, dass diese Vorlage nicht beschluss- und etatreif ist. Da kann ich mich nur anschließen. Man müsste wenigstens einiges an näheren Ausweisen finden und das ist in der Drucksache keineswegs passiert.

Wir hatten im Ausschuss die Erwartung, dass die Wissenschaftsbehörde ihre nicht etatreife Drucksache – die Sie jetzt wieder einbringen – überarbeitet und eine, bei Ihrem politische Willen in sich stimmige, Begründung für Wirtschaftlichkeit und Nutzen

liefert. Dann kann man das auch abstimmen. Dann gäbe es keinen Ärger. Aber Sie dürfen nicht sagen, Ihr politischer Wille stehe über der Landeshaushaltsordnung. Das ist nicht zulässig.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Zusammengefasst verneint die schwarz-grüne Koalition die Überprüfung von großen Investitionsprojekten im Zusammenhang mit der schwierigen Konstellation der Regionalökonomie und der öffentlichen Finanzen. Ich bin platt, dass Sie das so durchgehen lassen, weil Sie sonst eigentlich den Ruf haben, in kritischen Situationen immer genau hinzusehen. Mehr noch, die Koalition behauptet, ihr politischer Wille – und Herr Beuß, Sie haben das heute noch einmal demonstriert – stehe über den Anordnungen und Vorschriften der Landeshaushaltsordnung. Und Sie haben, auch wenn Sie das jetzt nicht mehr so polemisch machen, im Grunde den Landesrechnungshof attackiert.

(Wolfgang Beuß CDU: Nein, habe ich nicht!)

Frau Stapelfeldt hatte schon auf eine Erklärung im Rahmen der Rechnungsprüfung hingewiesen, der Präsident hat letzte Woche einen längeren Text nur zu diesem Konflikt vorgetragen. Frau Stapelfeldt hatte eine Passage herausgegriffen, ich lese Ihnen noch eine andere vor:

"Regierung und Verwaltung sind in ihrem Handeln ihrerseits an gegebenenfalls überprüfungsbedürftige Vorhaben gebunden, von der Verfassung über die Fachgesetze und die Landeshaushaltsordnung bis zu den jeweils ausfüllenden Regelungen und Zwecksetzungen."

Schauen Sie sich mal an, was da alles drinsteht.

"Im demokratischen Verfassungsstaat gibt es auch für politische Entscheidungen keine rechtsfreien Räume mehr."

Sie wollen sich einen rechtsfreien Raum erobern.