Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein unrentables Netz und die Bahnhöfe bleiben beim Land und der Rest geht an die Börse. Auch wenn das jetzt nur 24,9 Prozent sind, also nur eine Viertelprivatisierung, ist es nicht unschädlicher. Und es ist nicht so unschädlich, wie die SPD-Linken es glauben sollen und wie man es auch gerne den Bundesbürgern vormacht. Denn eine Viertelprivatisierung ist nur ein Schritt oder ein Zwischenschritt zu einer weiteren Privatisierung. Auch wenn es nun eine Viertelprivatisierung ist, ist das Problem, dass man auch mit diesen fast 25 Prozent sehr viel mehr Mitwirkung hat, als Sie uns glauben machen möchten.
Schauen wir einmal hinüber zur TUI. Dort hat es ein Anteilseigner mit nur 5 Prozent geschafft, den Laden zu sprengen und Flug- und Schiffsverkehr voneinander zu trennen. Wenn wir jetzt allen Leuten sagen, alle Rechte und alle Mitsprache bliebe bei uns, dann ist das Augenwischerei und es ist auch nicht das, was die Kollegen der SPD auf ihrem Parteitag in Hamburg beschlossen haben.
Der Kollege Kerstan hat es ausgeführt. Es wird in ganz erheblichem Umfang Streckenstilllegungen geben und die Fahrpläne werden noch weiter ausgedünnt.
Die Länder können dann sagen, dass sie das gar nicht wollen und können das dann weiter finanziell abfangen und abmildern oder die Strecken werden stillgelegt. Was aber stattfinden wird, ist, dass die Strecken nach München und Berlin weiter gut ausgebaut werden und dass der ICE überall dort, wo er effektiv fährt und rentabel ist, immer schneller wird und dass man irgendwann vielleicht schneller nach Berlin kommt als nach Büchen, Itzehoe oder Lüneburg.
Mitarbeiter und Kunden arbeiten und alles auf Gewinnmaximierung setzen oder würde sonst, wenn er dieses nicht tut, den Investoren einen Nachteilsausgleich geben müssen oder dazu verklagt werden, wenn er Strecken betreibt, die weiterhin unrentabel laufen. Also steht er mit dem Rücken an der Wand und kann dieses nicht machen. Es gibt Studien, die besagen: Zwei Drittel der IC-Strecken und der Regionalbahn werden bis 2015 stillgelegt werden. Wenn man sich die Studie, die im April in Berlin von der KCW vorgestellt worden ist, anschaut, dann ist es für mich erschütternd.
Wir haben die Ortszentren, die Oberzentren der Bahn: Alles weiße Punkte, die existieren. Und wir haben eine weitere Liste: Fast alles schwarz, Strecken, die ausgedünnt werden. Wir haben Strecken, die erhebliche Fahrplanverschlechterungen bekommen oder wo die Fahrt ganz eingestellt wird. Das ist nicht das, was wir für die Bürger in der Region wollen, auch wenn vielleicht Hamburg davon profitieren würde. Man muss auch aus dem Nahverkehr und aus der Umgebung kommen und nicht nur schnell von Stadt zu Stadt. Die Schnellstrecken werden Top und die Regionalverbindungen werden Flop. Das ist dann betriebswirtschaftlich sehr profitabel aber verkehrspolitisch absolut fragwürdig. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mir die Reden vom Kollegen Hackbusch, aber auch jetzt von der Kollegin Gregersen, angehört habe, habe ich den Eindruck, dass Sie nicht verstanden haben, worum es momentan in diesem SPD-Vorschlag geht.
Die DB AG bleibt zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes. In einem Beteiligungsvertrag zwischen Bund und DB AG werden die Strukturen des Unternehmens festgelegt und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen bleiben weiterhin der DB AG zu 100 Prozent im öffentlichen Eigentum untergeordnet.
Das sind klare Ansagen, die in diesem Fall von den Sozialdemokraten kommen, die wir auch unterstützen und die Ihre Befürchtung wirklich ins Abstruse führen. Erwecken Sie doch nicht den Eindruck, als ob jede Privatisierung schädlich wäre und jedes fremde Kapital zu Schlechtleistung führt. Im Gegenteil: Wir brauchen bei der Deutschen Bahn fremdes Kapital, um die Deutsche Bahn auch konkurrenzfähig zu machen, lieber Kollege Hackbusch, und um die Deutsche Bahn und den
Klimaschutz zu fördern, für den die Deutsche Bahn steht. Insofern ist der Weg, den die Sozialdemokraten eingeschlagen haben, der richtige und wir werden ihn in den nächsten Tagen und Wochen auch konstruktiv begleiten.
Wettbewerb ist notwendig, denn wir haben auch aus Hamburger Sicht – und wir sind hier im Hamburger Landesparlament – unsere eigenen Interessen und Vorstellungen, was wir von der Bahn noch haben wollen. Auch dafür braucht die Bahn Kapital. Der Kollege der SPD-Fraktion hat vorhin von der Notwendigkeit gesprochen, Infrastruktur und Hinterlandverbindungen auch für den Hafen zu verbessern. Das sind alles Investitionen, die benötigt werden. Dafür braucht man Kapital. Wir brauchen Investitionen in umweltfreundliches und leises Zugmaterial, die Kollegin Timmermann hat bereits darauf hingewiesen. Wir wollen an der Güterumgehungsbahn hier in Hamburg und auch an vielen anderen Strecken – ob in Harburg oder sonst wo – Lärmschutz haben. Auch da gehen wir zur Deutschen Bahn und sagen, wir bräuchten Geld und Unterstützung, auch wenn sie rechtlich dazu nicht verpflichtet sind.
Diebsteich, die Verlegung des Bahnhofs Altona – ich erinnere mich an die letzte Legislatur – ein einstimmiger Beschluss hier im Parlament, bei dem wir gesagt haben, wir sähen dort eine Option und Perspektive, dass der Bahnhof in Altona verlegt wird und die Deutsche Bahn dort an einen für sich aber auch für die Stadt attraktiveren Standort wechselt. Auch das sind Investitionen, die die Deutsche Bahn für den Standort Hamburg tätigen soll. Ich glaube deshalb, dass wir nicht so tun können, als ob wir auf der Insel der Glückseligen sind und die Deutsche Bahn so weiter wirtschaften sollte wie bisher.
Deswegen sehe ich auch anders als Frau Gregersen die Chance, dass wir – fast jede Fernstrecke ist unrentabel, das werden Sie aus Ihrer Studie herausgelesen haben, es gibt kaum Fernstrecken, die sich wirklich rentabel von der Deutschen Bahn betreiben lassen – mit dem politischen Einfluss, den wir als Staat, Stadt und Politik weiterhin behalten werden, dafür sorgen werden, dass die Nahversorgung, aber auch die Fernversorgung, auf der Schiene erhalten bleiben wird. Die Gefahr, dass ohne frisches und neues Kapital eher über unrentable Strecken nachgedacht wird, ist viel größer, als wenn man die Deutsche Bahn konkurrenzfähig macht und sie stärkt. Deswegen ist der eingeschlagene Weg richtig. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! An dieser Stelle – was die grundsätzlichen Ausführungen des Kollegen Hesse in seinem zweiten Beitrag angeht – muss ich ihm zustimmen. Es ist nicht so, dass mit der eingeschlagenen Bahnreform das, was an die Wand gemalt worden ist, Realität wird, nämlich dass wir Verhältnisse wie in Großbritannien bekommen. Es ist in diesem Strukturmodell dafür gesorgt worden, dass die Infrastruktur zu 100 Prozent beim Bund bleibt. Es ist nicht umsonst so, dass bei der Betriebs-AG nur 24,9 Prozent sozusagen an die Börse gegeben und privatisiert werden sollen, weil an den 75,1 Prozent auch dranhängt, wer die bestimmenden Personen im Aufsichtsrat sind und ob man es zulässt, ob fremde Leute in den Aufsichtsrat kommen oder ob der Bund nach wie vor derjenige ist, der im Aufsichtsrat bestimmt, wo es hingeht. Das ist mit diesem Modell vermacht.
Wir können doch nicht so tun, als ob die Deutsche Bahn AG ein Konzern ist, bei dem alles in Ordnung ist. Herr Hesse hat eben auf die Situation hingewiesen, in der wir uns insbesondere in Hamburg befinden, was die Frage der Investitionen im Seehinterlandverkehr angeht. Wir konkurrieren doch ständig mit den süddeutschen Bundesländern um Bundesmittel – darum, ob diese Strecken ausgebaut werden, ob es die Y-Trasse gibt, ob die Strecke nach Lübeck elektrifiziert wird oder wie die Containerzüge aus dem Hamburger Hafen weggeschafft werden. Das ist einer der wichtigen Punkte, in die beispielsweise im Rahmen der Erlöse, die aus dieser Privatisierung erfolgen, investiert werden soll. Dafür soll das Geld zum Teil verwandt werden.
Wenn hier so getan wird, als ob es Streckenstilllegungen gibt – diese wird es nicht ohne Zustimmung der Bundesländer geben. Auch das ist festgelegt worden. Es wird auch weiterhin Zuschüsse für den Regionalverkehr geben. Auch das ist geklärt. Man sollte hier nicht so tun, als ob irgendetwas ganz Schlimmes passiert und wir eine Situation wie in Großbritannien haben, wo die Schienen wegbrechen und in der Tat die Privatisierung der Eisenbahn, weil sie unkontrolliert passiert ist, zu einer Situation geführt hat, die nicht hinnehmbar ist, weil Bahn natürlich öffentliche Daseinsvorsorge ist. Deswegen haben wir als Sozialdemokraten gesagt: 24,9 Prozent einer Betriebsgesellschaft und nicht 24,9 Prozent des gesamten Konzerns. 100 Prozent der Infrastruktur bleiben beim Bund.
Herr Hesse, an dem Punkt widerspreche ich Ihnen. Für uns Sozialdemokraten sind 24,9 Prozent die Deadline und nicht der Anfang für weitere Beteiligungen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns hier wahrscheinlich alle darüber einig, dass die Eisenbahn oder der Schienenverkehr zum attraktiven Verkehrsmittel der Zukunft gemacht werden muss. Das wurde von allen Fraktionen noch einmal sehr schön dargestellt. Jetzt sagen Sie – und da will ich nur noch einmal den Dissens festhalten: Das bekommen wir nur hin, wenn wir privatisieren. Und Sie sagen jetzt, diese Teilprivatisierung, die vielleicht kommt, sei doch gar nicht so schlimm. Ich will Ihnen noch einmal sagen: Wenn Sie sich das im Vergleich anschauen, dann ist es so, dass kein Verkehrsträger die Kosten marktwirtschaftlich hereinbekommt. Das gilt bei der Bahn, das gilt beim Flugzeug und bei den Automobilen. Das heißt: Eine Gesellschaft muss in jedem Fall Rahmenbedingungen vorhalten, wenn es ein modernes Verkehrsmittel haben will. Insofern sagen wir immer: Dieser Weg der Teilprivatisierung oder Privatisierung, weil man das sonst nicht hinbekäme, ist – entschuldigen Sie, wenn ich das einmal sage – wirklich eine schlechte Rechnung, weil Sie dabei bestimmte Kosten einfach nicht mit einbeziehen. Das heißt: Gesellschaftliche Rahmenbedingungen müssen wir aufwenden. Wir haben das gerade – Herr Naumann hat es auch im Wahlkampf immer wieder gesagt – auch für Hamburg gesagt. Wir können mit diesem Weg der Privatisierung nicht weitermachen.
Ich möchte sein Wort noch einmal aufgreifen. Natürlich hieß es auf dem Hamburger Bundesparteitag der SPD, dieser Ungeist der Privatisierung hätte sich jetzt verflüchtigt – außer bei den CDU-Kollegen. Wenn ich mir das das jetzt anhöre, dann müssen wir feststellen, dass er sich nicht verflüchtigt hat. Sie machen einen riesigen Fehler, weil Sie erneut – wie bei vielen anderen Punkten – gegen die Mehrheitsmeinung regieren. Wenn irgendetwas feststeht, dann das: Es gibt Alternativen dazu, man kann das anders machen, man muss kein Kapital hereinholen und ein Großteil der Bevölkerung möchte eine Modernisierung der Bahn, möchte das attraktiv machen, will es aber nicht mit Privatisierung machen. Wenn Sie sich einmal die Bilanz der Privatisierung anschauen, die auf dem Tisch liegt, dann werden Sie feststellen, dass die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit Privatisierung in
der überwiegenden Meinung negativ sind. Da gibt es kaum positive Aspekte. Weitere Privatisierungen werden ausgesprochen kritisch gesehen. Insofern sagen wir Ihnen: Das ist noch nicht das Ende dieser Auseinandersetzung. Sie werden die Privatisierung an diesem Punkt genauso wenig wie in anderen Punkten durchbekommen. Mit Privatisierung löst diese Gesellschaft keine Probleme.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Jetzt stelle ich einmal die Frage, ob ich das dritte Thema noch für 60 Sekunden aufrufen soll. – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.
Ich komme dann zu Tagesordnungspunkt 2, Wahl einer Ersten Vizepräsidentin oder eines Ersten Vizepräsidenten.
Von der SPD-Fraktion ist Frau Barbara Duden vorgeschlagen worden. Weitere Vorschläge liegen mir nicht vor. Diese Wahl findet in Wahlkabinen statt. Wir verfahren nun so, dass Frau Bekeris und Herr Hecht abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden. Ich bitte Sie dann zur Kanzleibank zu gehen, dort den Stimmzettel entgegenzunehmen und dann Ihre Wahlentscheidung in einer der Kabinen vorzunehmen. Der Stimmzettel enthält wie gewöhnlich Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Bitte vermerken Sie nur ein Kreuz auf diesem Stimmzettel. Danach geben Sie den Stimmzettel bitte hier vorne an der Wahlurne ab. Ich bitte mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Meine Damen und Herren! Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass die Stimmabgabe geschlossen ist. Ich erkläre die Wahlhandlung für geschlossen. Ich bitte, die Stimmenauszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung ist die Sitzung unterbrochen.