Protocol of the Session on June 10, 2009

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben eben noch einmal von Frau Gümbel und Herrn Beuß gehört, dass wir hier mit einer strategischen Entscheidung konfrontiert sind. Ich nehme zur Kenntnis, Sie haben das beide noch einmal sehr schön dargestellt, dass es darum geht, die Architekturhochschule in der HafenCity in einem architektonisch anspruchsvollen Neubau unterzubringen und damit die besondere Baukultur Hamburgs darzustellen. Das ist Ihre Absicht. Ich habe trotzdem noch zwei Argumente. Diese Absicht haben Sie 2005/2006 auf den Weg gebracht. Jetzt haben wir, Frau Dr. Gümbel, mittlerweile 2009 und wir haben auch in Hamburg eine schwere Finanz- und Wirtschaftskrise. Das werden wir bei den anderen Punkten auch noch sehen. Das heißt, diese Stadt hat im Unterschied zu dem, was Sie sagen, das Geld nicht so locker, sondern wir müssen genau hinschauen, wo wir dieses Geld ausgeben.

(Wolfgang Beuß CDU: Wollen Sie jetzt alle Projekte stoppen oder was?)

Es geht um ein politisch-strategisches Projekt und ich finde es einigermaßen kühn, dass Sie sich in dieser Situation Herrn Kerstans Logik zu eigen machen, Hauptsache, Geld ausgeben. Sie fragen nicht mehr danach, ob das Geld vernünftig ausgegeben wird und was das für die nächste Perspektive bedeutet.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das ist der erste Punkt. In dieser Krisensituation einfach Geld auszugeben, das mögen Sie uns als Populismus unterstellen, es ist aber genau das, was wir an keinem Punkt machen. Aber darüber will ich gar nichts sagen, Sie sind eben so, Sie haben ein großes Mundwerk und konjunkturell und finanziell machen Sie nichts. Das werden wir heute im Lauf der Debatte noch sehen.

(Dr. Eva Gümbel)

Was jetzt das große Kino ausmacht, wie Frau Stapelfeldt sagt, kommt aus einer ganz anderen Situation. Aber dazu müssen wir uns kurz einmal die Größenordnung klarmachen. Wir reden laut Landesrechnungshof über mindestens 73 Millionen Euro. Der Abriss und Neubau in der Hebebrandstraße wird auf 61 Millionen Euro taxiert. Ich bin erst seit Kurzem dabei und muss eine Vorlage dieser Behörde genießen, in der steht, was schert uns der Unterschied zwischen 73 und 61 Millionen.

(Wolfgang Beuß CDU: Das war eine politi- sche Entscheidung!)

Ach, politisch.

Es sind 10 Millionen Differenz, da können Sie nicht sagen, das ist auf demselben Level. Der Rechnungshof hat Ihnen vorgehalten, wenn Sie die alte Hochschule herrichten würden, dann hätten wir eine Differenz zwischen 73 und 15 Millionen Euro. Natürlich können Sie sagen, wir kloppen das Geld raus. Aber trotzdem sind auch Sie an eine Landeshaushaltsordnung gebunden und müssen eine bestimmte Begründung dafür liefern.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wenn Frau Gundelach den Nerv hätte, hineinzuschreiben, wir geben das Geld aus,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Nicht aufregen, ist ungesund!)

das schert uns nicht, dann hätten wir wenigstens Klartext, aber das kaschieren zu wollen und darauf zu setzen, dass sie nur doofe Abgeordnete vor sich hat, das ist wirklich ein starkes Stück.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich würde das Argument, das Frau Stapelfeldt vorgebracht hat, ein bisschen schärfer fassen wollen. Natürlich hat dieser Senat, und nicht nur die Senatorin Gundelach, uns mitgeteilt, was er von den Einwänden des Landesrechnungshofs hält.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Da steht, das ist eben schon zitiert worden, schlicht ignorieren. Kann sich in diesem Haus jemand mit dem Argument, dies politisch-strategisch zu wollen, über Recht und Ordnung stellen? Das ist die Frage, um die es geht, das ist der Skandal. Können Sie damit die Landeshaushaltsordnung aushebeln? Ich bin der Meinung, das geht auf gar keinen Fall.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie signalisieren eine Haltung, die Hohn ist auf jedes bürgerschaftliche und zivilgesellschaftliche Engagement. So geht man nicht um mit dem, was wir hier haben.

Abschließend, ich habe das bereits im Ausschuss gesagt, bitte ich und fordere die SPD auf, weil Sie

das nicht ändern werden, mit uns den Weg zum Hamburgischen Verfassungsgericht zu gehen, denn es ist kein Ausnahmefall, es ist der Regelfall, dass diese Regierung sich nicht an Recht und Gesetz hält.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Gundelach.

(Michael Neumann SPD: Das ist ja selten, dass jemand seinen Rücktritt selbst verkün- det! Das gab's noch nie!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Senat und Bürgerschaft haben in der letzten Legislaturperiode, das ist heute schon mehrfach erwähnt worden, die Errichtung der HafenCity Universität beschlossen. Das Errichtungsgesetz war eingebettet in eine sehr umfassende Drucksache und darin war eines ganz klar zum Ausdruck gebracht – ich zitiere wörtlich –:

"Die HafenCity Universität soll einen architektonisch anspruchsvollen Neubau in exponierter Lage der HafenCity erhalten, um die Bedeutung der […] Baukultur nicht nur der der Stadt hervorzuheben."

(Dr. Monika Schaal SPD: Von Unwirtschaft- lichkeit steht da aber nirgendwo etwas!)

Zur Beratung dieser Drucksache und des Berichts des Haushaltsausschusses lagen damals zwei Anträge vor, die sich allerdings diametral voneinander unterschieden. Der Antrag der SPD wollte zu dem klassischen Klein-Klein zurück, von dem Sie herkamen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Von Klein-Klein verstehen Sie nix!)

Doch, davon verstehe ich eine ganze Menge, aber nicht in dem Sinn, in dem Sie das gerne haben.

(Beifall bei der CDU)

Der Antrag der GAL hingegen zielte auf eine Erweiterung des Senatskonzepts und ich muss zugestehen, dass ich es damals als Staatsrätin der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und dort für Umwelt zuständig außerordentlich begrüßt habe, weil es mir schon damals ein Anliegen war, Gebäude energetisch und ökologisch so optimal wie möglich zu bauen. Deswegen standen in dem Antrag der GAL auch eine ganze Menge Anforderungen, die Frau Gümbel gerade schon ausführlich dargestellt hat; deshalb will ich nicht im Einzelnen darauf eingehen. Allerdings war auch darauf abgehoben, dass der Standort einen ganz besonderen Anspruch haben sollte für die Architektur- und

(Dr. Joachim Bischoff)

Stadtplanungsausbildung und diesen sollte er auch gewährleisten. Dieser Standort war politisch ausdrücklich gewünscht, um die HafenCity zu beleben und noch attraktiver zu machen.

Im Übrigen wurde dieser Beschluss noch einmal im Jahr 2006 bestätigt, als die Bürgerschaft und konkret der Haushaltsausschuss Mittel für die Interimsunterbringung des Präsidiums bewilligt hat und zwar unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass diese Interimsunterbringung in unmittelbarer Nähe des Universitätsneubaus in der HafenCity erfolgen solle, um zur Identitätsbildung der neuen Hochschule von Anfang an beitragen zu können.

Insoweit war, für jeden ersichtlich, der Standort entschieden. Wir haben eine parlamentarische Demokratie, in der der Primat der Politik gilt und Politik entscheidet sich in diesem Fall mit Mehrheit in der Bürgerschaft.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Solange solche Entscheidungen nicht revidiert werden, solange gelten sie. Der Senat und die ihn tragenden Koalitionsfraktionen sehen im Übrigen auch gar keinen Anlass, diese Entscheidung zu revidieren. Die Entscheidungsvoraussetzungen gelten nach wie vor.

Meine Damen und Herren! Hamburg gilt in Sachen Architektur und Stadtplanung als die dynamischste Stadt Deutschlands mit Ausstrahlung weit über Deutschland hinaus; das war erst am Wochenende in einer relativ großen deutschen Tageszeitung nachzulesen.

(Michael Neumann SPD: Das "Hamburger Abendblatt"!)

Haben Sie die falsche Zeitung gelesen, Herr Neumann?

(Michael Neumann SPD: Das "Hamburger Abendblatt" ist nie falsch!)

Die renommiertesten Architekten arbeiten in dieser Stadt und festigen damit ihren Ruf. Diese Konkurrenzfähigkeit wollen wir auch in der Ausbildung der jungen Architekten und der jungen Stadtplaner haben. Das von der HCU dazu entwickelte Profil wird ausdrücklich anerkannt, zum Beispiel im Rahmen eines Exzellenzwettbewerbs des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft.

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, starten allerdings in der Zwischenzeit einen durchsichtigen, aber sehr untauglichen Versuch, die HCU, die Gott sei Dank in der Zwischenzeit auch volle Fahrt aufgenommen hat, auf ein Abstellgleis zu führen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie hat Schiff- bruch erlitten, letzte Woche!)

Das machen dieser Senat und die ihn tragenden Parteien nicht mit.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Lassen Sie mich aber auch ein paar Bemerkungen zur Wirtschaftlichkeit machen. Das Profil und die von der Bürgerschaft beschlossene Zielsetzung der HCU lassen sich an ihrem gegenwärtigen Hauptstandort, nämlich der Hebebrandstraße, in der dort vorhandenen Bausubstanz, auch nach einer Instandsetzung, beim besten Willen nicht verwirklichen. Die Hebebrandstraße ist vom Zuschnitt eher ein Schulgebäude. Deshalb hätte auch dort nach unserer Auffassung ein Neubau errichtet werden müssen, der nach unseren Berechnungen, die wir sehr sorgfältig angestellt haben, in etwa die gleiche Summe erfordert hätte wie der Neubau in der HafenCity.

Allerdings würden zwei andere Dinge nicht gewährleistet, nämlich die gewünschte Ausstrahlung, die angestrebte Exzellenz und die im Errichtungsgesetz angelegte Neuorientierung der Ausbildung. Hamburg würde in seinem Streben nach Metropolentwicklung in die Provinzialität zurückgeworfen und das wollen wir wohl alle in dieser Stadt nicht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)