Protocol of the Session on June 10, 2009

da werden mal ein paar Fragen zur Fotovoltaik gestellt, die für die HafenCity Universität angeblich nicht vorgesehen sei, obwohl das schwarz auf weiß in den Unterlagen steht. Da muss erst der Landesrechnungshof eine Philippika halten, damit die Opposition endlich wach wird und begreift, worum es in der Diskussion denn eigentlich gehen könnte. Das war wirklich eine relativ peinliche Vorstellung.

(Beifall bei der CDU)

Kurzum, der Zusatzantrag der SPD wird abgelehnt. Hierbei handelt es sich um ein krudes Sammelsurium. Man hat den Eindruck, dass am Montag nach dem Debakel bei der Europawahl schnell etwas zusammengeschustert wurde, das uns am Diens

tag früh noch zugemailt worden ist. Man glaubte, noch ein bisschen Vermögenssteuer, ein bisschen Börsenumsatzsteuer und weitere populäre Forderungen aufstellen zu müssen – Forderungen, die entweder schon umgesetzt worden sind oder die Sie selbst gar nicht umsetzen können, weil sie auf Landesebene stattfinden.

Als letztes Beispiel möchte ich die Vermögenssteuer anführen. Im Herbst 2008 legte die SPD-Linke ein Papier zur Kehrtwende in der Steuer- und Sozialpolitik vor. Wer läuft dagegen Sturm? Der Seeheimer Kreis und Johannes Kahrs.

(Ingo Egloff SPD: Wer ist denn Johannes Kahrs?)

Dann sollte die Vermögenssteuer in das Bundestagswahlprogramm der SPD aufgenommen werden. Das scheiterte, weil Herr Steinmeier höchstpersönlich die Vermögenssteuer im SPD-Wahlprogramm gestoppt hat. Herr Steinmeier wird in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert:

"Ich will nicht als Kandidat der Steuererhöhung laufen."

Wenn die SDP in der Frage der Vermögenssteuer selbst so heillos zerstritten ist,

(Wolfgang Rose SPD: Was halten Sie denn davon?)

dann fordere ich Sie auf, das zunächst einmal innerparteilich zu klären und sich erst dann wieder damit an die Bürgerschaft zu wenden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Senator Freytag, aber der möchte augenscheinlich nicht. Herr Senator, Sie hatten um das Wort gebeten. Nicht? Dann hatten wir uns falsch verstanden. – Dann erhält als Nächster der Abgeordnete Hackbusch das Wort.

(Ingo Egloff SPD: Der ist auch viel besser!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Waldowsky, wenn wir uns jetzt auch noch darüber unterhalten würden, welche Verrenkungen die Grünen im Zusammenhang mit der Vermögenssteuer in den letzten fünf Jahren angestellt haben, könnte man lange schnacken,

(Christiane Schneider DIE LINKE: So viel Redezeit hast du nicht mehr!)

aber man würde eigentlich nicht zu den entscheidenden Themen und wichtigen Fragen kommen.

Bei Herrn Goldberg – wo ist er denn? Ach, da hinten – habe ich den Eindruck, dass Sie gerne schon wieder vergessen wollen, in welcher Krise sich diese Republik seit einem Dreivierteljahr befindet und

(Andreas Waldowsky)

welche Schwierigkeiten aufgetreten sind, bei denen der Staat weit über seine finanziellen Möglichkeiten hinaus intervenieren musste. Im Wesentlichen haben Sie die Rede gehalten, die Sie im letzten Jahr auch zu dem Thema gehalten hätten, nach dem Motto: Der Staat ist nicht so wichtig, die Finanzkraft des Einzelnen ist entscheidend. Was sich im letzten Dreivierteljahr gezeigt hat und was wir hoffentlich alle daraus gelernt haben, ist doch, dass die finanziellen privaten Mittel nicht mehr ausgereicht haben und dass der Staat mit seinen finanziellen Mitteln – es waren viel zu wenige bisher – nur in der Lage war, diese wirtschaftliche Krise, bei der wir erst am Anfang stehen, überhaupt einigermaßen durchzuhalten. Wie bedeutend er dabei mit seiner Finanzpolitik war, das kann man doch nicht einfach vom Tisch wischen, sondern das gehört zu einer politischen Beurteilung dazu.

Darüber hinaus verstehe ich das Desinteresse an der Schuldenproblematik nicht so recht. Warum ist das Thema denn so hochgekocht? Es ist gesetzlich verboten, mehr Schulden aufzunehmen als das, was an Investitionen getätigt wird. Das ist gegenwärtig schon der Fall. Jedes Landesparlament und jedes Bundesparlament muss sich daran halten. Das ist eine ganz normale Situation. Aber es hat nicht geklappt. Es ist im Wesentlichen die CDU, die in den letzten Jahren Politik gemacht hat, die vor allen Dingen auf Bundesebene mitregiert hat und auf Landesebene dementsprechend verantwortlich für diese Zustände ist. Doch jetzt stellen wir uns hin und hacken den Parlamentariern, die mit beiden Händen Politik machen könnten, eine Hand ab, weil sie in den letzten Jahren so viel Mist gebaut haben, oder wie ist das zu verstehen? Was Sie im Zusammenhang mit der Schuldenbremse beschließen wollen, ist eine Kastration der politischen Möglichkeiten des Landesparlaments. Aber da Sie scheinbar eh keine politischen Möglichkeiten haben, erklären Sie, dass Sie dies so akzeptieren und mittragen. Ich halte das für unverantwortlich und es wird Generationen geben, die Ihnen das um die Ohren hauen werden, weil sie merken werden, dass es nicht funktioniert.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen einmal das Szenario näher beschreiben, was mir politisch Sorgen bereitet. Dazu möchte ich das gefährlichste Beispiel der deutschen Wirtschaftsgeschichte in den letzten siebzig Jahren anführen: die Brüning'sche Politik. Brüning hat in der Krisensituation am Ende der Weimarer Republik erklärt, dass man bei wegbrechenden Staatseinnahmen nicht in der Lage sei, zusätzliches Geld aufzunehmen, sondern man müsse Einschränkungen hinnehmen und soziale Aufgaben und Investitionen runterfahren. Über mehrere Jahre wurde genau so gehandelt, das Ergebnis war eine soziale Katastrophe in diesem Land. Es wurde nicht gegen den Trend investiert, man war nicht in der Lage, soziale Aufgaben zu lösen. Die soziale Katastro

phe hat zur schlimmsten politischen Entwicklung geführt, die dieses Land bisher hervorgebracht hat: Hitler. Und die wirtschaftliche Krisensituation war der Anfang davon. Brüning hat sich darauf berufen, dass Verschuldung eine hochheilige Angelegenheit sei, die man nicht angehen könne. Deshalb halte ich es politisch für eine absolute Katastrophe, was Sie heute machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen ein anderes Beispiel nennen. Sie haben sich gegenseitig versichert, dass aufgrund der Maastricht-Kriterien eine Verschuldung nicht erlaubt sei. In diesem Jahr wird es so sein, dass so gut wie alle EU-Länder die Maastricht-Kriterien reißen werden. Wenn Sie Beschlüsse fassen – und das noch mit dem Pathos des Verfassungsmäßigen –, mit denen Sie in solchen Situationen praktisch nicht zurechtkommen und die Sie in gewisser Weise nicht richtig vorbereiten, dann erhöhen Sie damit nicht die politische Glaubwürdigkeit, sondern werden sie weiterhin zerstören. Diese neuen Kriterien bieten Ihnen keine neuen Möglichkeiten, politisch zu handeln; die Möglichkeit, keine weiteren Schulden aufzunehmen, existiert für jeden in der Politik. Aber das ist eine ganz andere Debatte, ob man dafür ist oder dagegen. Es geht darum, ob die Entscheidung für die Schuldenbremse richtig ist, nicht um die Frage von Schulden ja oder nein.

(Barbara Ahrons CDU: Zum Thema!)

Wir wissen nicht, wie lange die gegenwärtige Wirtschaftskrise anhalten wird. Aus diesem Grund würde die Politik mit der Weiterführung solch populistischer Ideen wie der Schuldenbremse zum jetzigen Zeitpunkt ein falsches Signal setzen. Ich möchte Sie daher bitten, unseren Antrag zu unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Waldowsky, in Bezug auf die Widersprüche zwischen Bundes-Grünen und Landes-GAL haben Sie uns nicht richtig aufklären können. Diese haben wir schon bei der Europawahl feststellen können: Insgesamt haben die Grünen bundesweit gar nicht so schlecht abgeschnitten, einzig in Hamburg haben Sie 5 Prozent ihrer Stimmen verloren, was ein richtiger Einschnitt ist. Jetzt zeigen Sie uns die Hamburger Dimension auch an einem anderen Punkt: Auf Bundesebene wird gesagt, das Gesetz sei nicht realitätstauglich, wie Sie selbst eben noch einmal dargestellt haben. Jetzt sagen Sie, auf Hamburger Ebene können wir dem ruhig zustimmen. Zumindest wäre eine Enthaltung vernünftig gewesen; so scheint es doch, dass Sie Ihre eigene Kritik und Ihre eigene Politik auf Bundesebene hier in Hamburg nicht richtig ernst nehmen. Ich halte das für fahrlässig.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Zusammenhang mit der Sozialdemokratie habe ich den Eindruck, dass Sie unseren Vorschlag

nicht richtig unterstützen werden, obwohl ich mit Freude festgestellt habe, dass auch gerade Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete gegen die Schuldenbremse gestimmt haben.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wer ist das?)

Das waren vor allen Dingen unser ehemaliger Bürgermeister, Herr Ortwin Runde, und Herr Niels Annen, immerhin zwei wichtige Bundestagsabgeordnete, das hat uns sehr gefreut. Wir haben den Eindruck, dass Sie hier vielleicht auch unterschiedlich abstimmen werden, da bin ich sehr gespannt. Im Zusammenhang mit Ihrem Antrag finde ich einiges ganz richtig, anderes nicht so richtig. In Bezug auf die Schuldenbremse beantwortet er die Frage nicht richtig. Deshalb sind wir für eine Überweisung, wir würden uns dort aber ansonsten enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Bevor der Abgeordnete Heintze das Wort bekommt, möchte ich die stehenden Diskutanten bitten, sich zu setzen oder aber die Gespräche draußen fortzuführen. Herzlichen Dank. – Herr Heintze, Sie haben das Wort.

Herr Hackbusch hat wohl den Eindruck, nach den Wortbeiträgen, die wir bisher hatten, die Diskussion und die Widersprüche im Haus ganz gut aufgezeigt zu haben. Aber Ihr Beitrag überschreitet ein Maß an Populismus, der nichts mehr mit jedweder Art von Debatte zu tun hat, sondern der eine unverantwortliche Mischung aus Unverständnis, falscher Politik und falscher Darstellung von Sachverhalten ist.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Fangen wir mit der Geschichtsklitterei an: Die Brüning'sche Finanzpolitik, ob nun heute oder zur Weimarer Zeit, hätte auf jeden Fall direkt zu Hitler geführt und was wir hier mit der Schuldenbremse machen, wäre ungefähr vergleichbar. Diese Art von Populismus würden Sie uns aber ganz dick ankreiden. Die würden wir gar nicht bringen, aber Sie machen das hier ganz nonchalant und sammeln in Ihrer Fraktion auch noch Applaus dafür ein, na herzlichen Glückwunsch.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Hätten Sie sich mit der Schuldenbremse inhaltlich befasst, wüssten Sie, dass die Schuldenbremse den Ländern in Notsituationen selbstverständlich die Aufnahme von Krediten erlaubt. Jetzt stellen Sie mir doch bitte die historische Analogie her, wie das mit der Finanzpolitik der zusammenbrechenden Weimarer Republik und dem aufkommenden Nationalsozialismus zusammenpasst.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Warum machen wir das denn dann?)

Ich könnte mir vorstellen, dass das länger dauert. Das können Sie gerne tun, aber verschonen Sie das Plenum mit unrichtigen Vergleichen, die auch historisch betrachtet eine Frechheit sind.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

(Klaus-Peter Hesse CDU: Da hat er noch geschlafen!)

Wenn Sie hier schon anfangen, Fraktionen zu diffamieren, lesen Sie bitte vorher die Protokolle, das könnte helfen, die Diskussion zu versachlichen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ganz anders wird mir bei Ihren Aussagen über Instabilität und die Wirtschaftskrise und dass das alles eine riesige Katastrophe sei. Ich gebe Ihnen recht, dass die Wirtschaftskrise momentan in einem Stadium ist, wo wir handeln müssen. In Bezug auf kommende Generationen und hinsichtlich der Stabilität ist die Schuldenbremse ein ganz wichtiges Element.

(Dr. Monika Schaal SPD: 2 Milliarden Euro HSH, ne!)

Denn jeder, der sich jetzt verschulden möchte und gegen die Schuldenbremse ist, betreibt eine unsoziale Politik auf dem Rücken kommender Generationen – da machen wir nicht mit.